Boceprevir

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 01.03.2012

Allgemeines

Boceprevir wird eingesetzt zur Behandlung der chronischen Leberentzündung vom Typ Hepatitis C. Voraussetzung ist, dass der Erreger genau festgestellt wurde und dem sogenannten Genotyp 1 angehört, der besonders in Europa und den USA verbreitet ist.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Blockade eines an der Produktion von Hepatitis-C-Viren beteiligten Enzyms
  • Abbruch der Virenherstellung in den Leberzellen
  • Vermehrung von Hepatitisviren hemmen

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Boceprevir im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Boceprevir nicht verwendet werden?

Boceprevir in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin darf bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und bei Patienten mit einer Autoimmunhepatitis (Leberentzündung aufgrund einer gegen körpereigene Stoffe gerichteten Immunabwehr) nicht gegeben werden.

Patienten mit einem Risiko für Herzrhythmusstörungen dürfen nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle mit Boceprevir behandelt werden. Besonders bei erblicher Vorbelastung oder Kaliummangel kann es zu einer EKG-Veränderung (QT-Verlängerung) kommen.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Boceprevir in Kombination mit Ribavirin und Peginterferon alfa darf bei schwangeren Frauen nicht eingesetzt werden. Behandelte Patienten und ihre Partner müssen zwei wirksame Methoden zur Empfängnisverhütung anwenden, wenn Boceprevir in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin angewendet wird.

Boceprevir und seine Abbauprodukte finden sich bei der Ratte in der Muttermilch wieder. Es ist nicht bekannt, ob das auch beim Menschen der Fall ist. Ein Risiko für den Säugling kann nicht ausgeschlossen werden. Das Arzt wird daher die Entscheidung treffen, das Stillen oder die Behandlung zu unterbrechen oder ganz auf sie zu verzichten. Dabei wird sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau berücksichtigt.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Boceprevir bei Kindern unter 18 Jahren ist nicht bekannt. Es liegen hierzu keine Daten aus Studien vor. Die Anwendung liegt im Ermessen des Arztes.

Welche Nebenwirkungen kann Boceprevir haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Boceprevir. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Blutarmut, Blutbildveränderung (Mangel an Neutrophilen), verminderter Appetit, Angst, Depressionen, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, Schwindel, Kopfschmerz, Husten, Atembeschwerden, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, Mundtrockenheit, Geschmackstörung, Haarausfall, trockene Haut, Juckreiz, Ausschlag, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Schwäche, Schüttelfrost, Erschöpfung, Fieber, Grippe-artige Erkrankung, Gewichtsverlust.

Häufige Nebenwirkungen:
Bronchitis, Entzündung von Haut- und Bindegewebe, Lippenherpes, Grippe, Pilzinfektion im Mund, Nebenhöhlenentzündung, Mangel an weißen Blutkörperchen, Mangel an Butplättchen, Kropf, Schilddrüsenunterfunktion, Austrocknung, Blutzuckerüberschuss, Fettstoffwechselstörung (Überschuss an Triglyceriden im Blut), Harnsäure-Überschuss im Blut, Gefühlslabilität, Aufregung, Störung der Libido, Stimmungsänderung, Schlafstörung, vermindertes Schmerzempfinden, nervliche Missempfindung, keuchende Atmung, Bauchschmerzen, Oberbauchschmerzen, Verstopfung, Sodbrennen, Hämorrhoiden, Bauchbeschwerden, Blähbauch, Beschwerden am Enddarm, (blasige) Mundschleimhautentzündung, Lippenentzündung, Verdauungsstörungen, Blähungen, Zungenschmerz, Mundgeschwüre, Schmerzen im Mundbereich, Zahnerkrankung, Hautentzündung, Ekzeme, Hautrötung, vermehrtes Schwitzen, Nachtschweiß, Wasseransammlungen in Armen und Beinen, Schuppenflechte, Hautausschlag (rötlich, fleckig, blasig, mit Knötchen, juckend), Hautschäden, Rückenschmerz, Gliederschmerz, Muskelkrämpfe, Muskelschwäche, Nackenschmerz, vermehrtes Wasserlassen, Erektionsstörungen, Beschwerden im Brustbereich, Schmerzen im Brustbereich, Unwohlsein, gefühlte Veränderung der Körpertemperatur, Schleimhauttrockenheit, Schmerz.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Magen-Darm-Entzündung, Lungenentzündung, Infektion durch Staphylokokken, Hefepilzinfektionen, Ohrinfektion, Pilzinfektion der Haut, Nasen-Rachen-Entzündung, Nagelpilzinfektion, Rachenentzündung, Atemwegsinfektion, Schnupfen, Hautinfektion, Harnwegsinfektion, Schilddrüsenüberfunktion, Kaliummangel im Blut, Appetitstörung, Zuckerkrankheit, Gicht, Calcium-Überschuss im Blut, Aggression, Tötungsgedanken, Panikattacke, Verfolgungswahn, Drogensucht, Selbstmordgedanken, Verhaltensstörung, Wut, Teilnahmslosigkeit, Verwirrtheit, Veränderung des Gemütszustandes, Ruhelosigkeit, Nervenstörung in Armen und Beinen, Hirnleistungsstörung, Schmerzüberempfindlichkeit, Abgestumpfheit, Bewusstseinsverlust, geistige
Beeinträchtigung, Nervenschmerzen, Vorstufe zur Ohnmacht, Minderdurchblutung der Netzhaut, Netzhautschäden, abnormes Gefühl im Auge, Bindehautblutung, Bindehautentzündung, Augenschmerz, Augenjucken, Augenschwellung, Augenlidschwellung, verstärkter Tränenfluss, Überwärmung des Auges, Lichtscheu, Taubheit, Ohrbeschwerden, Hörstörung, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankung, Verstopfung tiefliegender Venen, fliegende Hitze, Blässe, Kältegefühl in Füßen und Händen, Brustfellschmerzen, Lungenembolie, Rachentrockenheit, Sprechstörung, vermehrte Schleimabsonderung in den oberen Atemwegen, Blasenbildung in Mund und Rachen, Unterbauchschmerzen, Magenschleimhautentzündung, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Afterjucken, Dickdarmentzündung, Schluckstörung, verfärbter Stuhl, häufiger Stuhlgang, Zahnfleischbluten, Schmerzen am Zahnfleisch, Zahnfleischentzündung, Zungenentzündung, Trockenheit der Lippen, Schluckschmerz, Afterschmerz, Blutung aus dem After, vermehrter Speichelfluss, empfindliche Zähne, Verfärbung der Zunge, Zungengeschwüre, Stoffwechselstörung (Hyperbilirubinämie), Lichtempfindlichkeitsreaktion, Hautgeschwüre, Nesselsucht, Muskel-/ Knochenschmerz im Brustbereich, Gelenksentzündung, Knochenschmerz, Gelenkschwellung, Muskel-/Knochenschmerz, Störungen beim Wasserlassen, nächtliches Wasserlassen, Ausbleiben der Monatsregel, Regelstörungen (mangelhafte oder zu heftige Blutung), Krankheitsgefühl, gestörte Heilung, Schmerzen im Brustbereich (nicht herzbedingt), Herzgeräusche, schneller Puls.

Seltene Nebenwirkungen:
Kehldeckelentzündung, Mittelohrentzündung, Blutvergiftung, Schilddrüsenknötchen, Auflösung von Blutzellen, Bindegewebserkrankung (Sarkoidose), nicht akute Porphyrie, Depression mit Übersteigerungsphasen, Selbstmord, Selbstmordversuch, eingebildete Geräusche, eingebildete optische Wahrnehmungen, seelisches Ungleichgewicht, Durchblutungsstörungen des Gehirns, Hirnerkrankung, Schwellung der Austrittsstelle des Sehnerven aus dem Augapfel (Papillenödem), akuter Herzinfarkt, Vorhofflimmern, Angina pectoris, Herzbeutelentzündung, Herzbeutelerguss, Venenverstopfung, Brustfellversteifung, Atemstörungen, Atemschwäche, Bauchspeicheldrüsenschwäche, Gallenentzündung, fehlende Spermienbildung.

Welche Wechselwirkungen zeigt Boceprevir?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Boceprevir ist ein starker Hemmstoff eines wichtigen Enzyms, das an dem Abbau vieler anderer Wirkstoffe beteiligt ist. So kann es bei gleichzeitiger Anwendung zu erhöhten Konzentrationen dieser Wirkstoffe im Körper und damit verstärkten Wirkungen und Nebenwirkungen kommen. Dies ist beispielsweise der Fall bei der Einnahme der Psychopharmaka Midazolam und Triazolam, dem CalciumkanalblockerBepridil, bei Pimozid (gegen Psychosen), den Malaria-MittelnLumefantrin und Halofantrin, bei Zytostatika aus der Gruppe der Tyrosin-Kinase-Inhibitoren und bei Mutterkornalkaloiden wie Dihydroergotamin, Ergonovin, Ergotamin, Methylergonovin (gegen Migräne und Blutungen).

Boceprevir wird teilweise ebenfalls durch das oben erwähnte Enzym verstoffwechselt. Die gleichzeitige Anwendung mit Wirkstoffen, die dessen Aktivität fördern oder hemmen, könnte die Boceprevir-Konzentration im Körper erhöhen oder vermindern.

Die gleichzeitige Anwendung mit Rifampicin (Tuberkulose-Mittel) oder Antiepileptika (wie Phenytoin, Phenobarbital oder Carbamazepin) kann den Blutspiegel von Boceprevir deutlich senken. Daher wird die Kombination von Boceprevir mit diesen Substanzen nicht empfohlen.

Wird Boceprevir gleichzeitig mit Kombinationen wie Ritonavir + Darunavir oder Ritonavir + Lopinavir (alle gegen AIDS) gegeben, sind die Blutkonzentrationen aller Wirkstoffe, auch von Boceprevir, verringert. Eine solche Kombination sollte nicht erfolgen. Auch die Kombination mit Ritonavir + Atazanavir, ist nur zulässig, wenn es der Arzt für unumgänglich hält.

Ärztliche Vorsicht muss walten bei der Kombination mit Wirkstoffen wie den AntiarrhythmikaAmiodaron und Chinidin, dem Drogenersatzmittel Methadon, dem Parasitenmittel Pentamidin und einigen Neuroleptika. Sie sind dafür bekannt, dass sie die Reizleitung am Herzen verändern (QT-Verlängerung) und diesen Effekt von Boceprevir verstärken.

Bei Patientinnen, die Drospirenon-haltige Verhütungsmittel anwenden und bei denen Störungen vorliegen, die einen Kaliumüberschuss im Blut fördern, sind nur mit ärztlicher Vorsicht mit Boceprevir zu behandeln. Eventuell wird der Arzt eine andere "Pille" verschreiben. Gleiche Vorsicht gilt bei Patienten, die kaliumsparende Entwässerungsmittel anwenden.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Behandelte Patienten und ihre Partner müssen während der Therapie zwei wirksame Methoden zur Empfängnisverhütung anwenden.
  • Die Behandlung mit dem Medikament sollte nur von Ärzten begonnen und überwacht werden, die Erfahrung in der Behandlung der chronischen Hepatitis C haben.
  • Die Kombinationstherapie des Medikaments zusammen mit Peginterferon alfa und Ribavirin kann zu Erschöpfung, Schwindel, Ohnmacht, Blutdruckschwankungen und verschwommenem Sehen führen, die Autofahren und das Bedienen von Maschinen gefährlich machen.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Boceprevir?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Boceprevir enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Boceprevir

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Boceprevir. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe virenhemmende Mittel, zu welcher der Wirkstoff Boceprevir gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Boceprevir

Boceprevir wird eingesetzt zur Behandlung der chronischen Leberentzündung vom Typ Hepatitis C. Voraussetzung ist, dass der Erreger genau festgestellt wurde und dem sogenannten Genotyp 1 angehört, der besonders in Europa und den USA verbreitet ist.

Boceprevir wird in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin bei erwachsenen Patienten angewendet. Deren Lebererkrankung darf noch nicht zur Funktionseinschränkung geführt haben, sie dürfen nicht vorbehandelt sein oder eine vorangegangene Therapie war wirkungslos beziehungsweise erfolgte ein Rückfall.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Boceprevir sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Boceprevir

Bei einer Leberentzündung aufgrund der Infektion mit Hepatitis-C-Viren dringen diese in die Leberzellen ein. Dort knüpfen sie ihr Erbgut an das der Zelle und zwingen sie so, neue Hepatitisviren herzustellen. Haben sich genug Viren in der Zelle angesammelt, platzt sie auf. Die Zelle setzt die neuen Viren frei, stirbt dabei aber selbst ab.

Boceprevir hemmt ein wichtiges Enzym, das eine zentrale Rolle in der Vermehrung der Hepatitis-Viren spielt. Es blockiert in den Leberzellen das aktive Zentrum der Eiweiß-produzierenden NS3-Protease. Dadurch kann das Enzym seine Aufgabe nicht mehr erfüllen und die Produktion der Hepatitisviren kommt zum Erliegen.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.