Lungenembolie
Eine Lungenembolie entsteht, wenn sich ein Blutgerinnsel im Körper löst, über die Blutbahn und das Herz in die Lunge wandert und dort ein Gefäß teilweise oder vollständig verschließt. Mögliche Lungenembolie-Anzeichen sind plötzliche Atemnot oder Schmerzen in der Brust.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Lungenembolie
In Deutschland entwickeln pro Jahr ungefähr 60 bis 70 von 100.000 Einwohnern eine Lungenembolie. Welchen Verlauf die Erkrankung nimmt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, wie dem Schweregrad der Embolie, dem Alter und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Betroffenen. Entscheidend ist, dass eine Lungenembolie möglichst früh behandelt wird.
Was ist eine Lungenembolie?
Bei einer Lungenembolie ist ein Blutgefäß der Lunge teilweise oder vollständig verstopft – in der Regel durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) in einer Becken- oder Beinvene, das sich gelöst hat und über den Blutkreislauf in die Lunge gelangt ist.
Als Folge einer Lungenembolie wird der Teil der Lunge hinter dem Gefäßpfropf (Embolus) nicht mehr oder nur noch unzureichend durchblutet. Um den Lungenkreislauf aufrechtzuerhalten, muss die rechte Herzkammer stärker gegen die Verstopfung anpumpen. Der Druck in den Lungengefäßen steigt. Ist das Lungengefäß vollständig verschlossen, spricht man nicht mehr von Lungenembolie, sondern von einem Lungeninfarkt.
Lungenembolie: Symptome
Bei einer Lungenembolie hängen die Symptome davon ab, wie groß das eingeschwemmte Blutgerinnsel ist und welche Gefäße der Lungees verschließt.
Mögliche Symptome einer Lungenembolie:
- plötzliche Atemnot
- beschleunigte Atmung
- beschleunigter Herzschlag (Herzrasen)
- Schmerzen im Brustkorb, verstärkt beim EinatmenKoma, Ohnmacht, BewusstlosigkeitErste Hilfe bei Schock
- Husten (evtl. mit Blutbeimengung)
- Angst und Beklemmungsgefühle
- Schweißausbrüche
- Ohnmacht
- Blutdruckabfall (Hypotonie) und Kreislaufschock.
Das eine typische Anzeichen, das eindeutig auf eine Lungenembolie hinweist, gibt es nicht. Während in manchen Fällen Symptome nur einzeln auftreten, zeigt sich in anderen Fällen eine Kombination verschiedener Beschwerden.
Je nach Größe des verschlossenen Gefäßes kann eine Lungenembolie ohne Symptome, mit deutlichen Beschwerden oder sogar tödlich verlaufen. Betrifft eine Lungenembolie ein größeres Lungengefäß, wirkt sich dies deutlich auf den Blutfluss zwischen Herz und Lunge aus. Die Beschwerden treten typischerweise schlagartig auf und können in schweren Fällen zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand führen und den Betroffenen in Lebensgefahr bringen.
Kleinere Lungenembolien verlaufen häufig auch ohne oder nur mit leichten Beschwerden.
Dass sich eine Lungenembolie durch so unterschiedliche Anzeichen bemerkbar machen kann, erschwert die Diagnose. Etwa jede zweite Lungenembolie bleibt unerkannt.
In vielen Fällen treten bei einer Lungenembolie Symptome schubweise auf, da sich in gewissen Abständen immer wieder Teile des Blutgerinnsels aus der betroffenen Becken- oder Beinvene lösen und als Embolus in Richtung Lunge verschleppt werden. Mögliche Symptome bei solch einem Schub sind:
- Schwindelanfälle
- kurz andauernde Ohnmachtsanfälle
- Herzrasen
- Fieber, für das keine andere Ursache (z.B. eine Infektion) bekannt ist
Lungenembolie: Ursachen
Ausgangspunkt einer Lungenembolie ist meist ein Gefäßverschluss (Thrombose): In neun von zehn Fällen ist ein aus den Becken- oder Beinvenen in ein Lungengefäß eingeschwemmtes Blutgerinnsel der Grund für die Lungenembolie. Den abgelösten Teil des Blutgerinnsels nennen Mediziner auch Embolus. Er gelangt über die untere Hohlvene zum rechten Herzen und von dort aus in die rechte oder linke Lungenarterie.
Ein großer Embolus verlegt ein entsprechend großes Gefäß und löst plötzlich Symptome aus. Häufig entsteht eine Lungenembolie morgens nach dem Aufstehen, nach dem Stuhlgang oder einer plötzlichen körperlichen Anstrengung. Denn dabei kommt es zu Druckschwankungen im Gefäßsystem (z.B. durch starkes Pressen beim Stuhlgang), die begünstigen, dass sich ein Blutgerinnsel löst und mit dem Blut über die Venen in die Lungengefäße gelangt.
Ein erhöhtes Thrombose-Risiko geht häufig auch mit einem erhöhten Risiko für eine Lungenembolie einher.
Begriffserklärung: Thrombus, Thrombose, Embolus
Wenn ein Blutgerinnsel (Thrombus) ein Gefäß verschließt, entsteht eine Thrombose. Oft betrifft eine Thrombose eine Bein- oder Beckenvene. Ein Embolus ist ein über die Blutbahn verschlepptes Gebilde, zum Beispiel ein abgelöster Teil eines solchen Blutgerinnsels. Die Begriffe Embolie und Embolus leiten sich vom griechischen Wort embole ab, was so viel wie Eindringen bedeutet.
Ein Embolus (Mehrzahl: Emboli) ist im Blut nicht löslich und kann ein festes, flüssiges oder gasförmiges Gebilde sein:
- feste Emboli: verschleppte Blutgerinnsel (Ursache von 90 Prozent aller Lungenembolien), Gewebeteile (z.B. Teile eines Tumors), Parasiten
- flüssige Emboli: Fetttropfen, die aus zerstörtem Körpergewebe stammen (z.B. nach einem Knochenbruch); Fruchtwasser, das während der Geburt in Gefäße gelangt
- gasförmige Emboli: Luftblasen (z.B. nach offenen Verletzungen von Gefäßen)
Der Embolus wandert mit dem Blutstrom über die Bein- oder Beckenvenen durch die untere Hohlvene in Richtung des rechten Herzens. Aus dem rechten Herzen entspringt die Lungenschlagader (Lungenarterie). Sie beginnt mit einem großen Stamm, der sich in eine linke und rechte Lungenarterie aufspaltet. Im weiteren Verlauf gliedern sich die Gefäße in der Lunge immer weiter auf, ähnlich den Ästen eines Baums.
Risikofaktoren für eine Thrombose
Generell unterscheidet man zwei Arten von Risikofaktoren für eine Thrombose und somit auch für eine Lungenembolie:
- von außen wirkende Risikofaktoren: Mit einem erhöhten Risiko gehen insbesondere Operationen (z.B. bei Knie- oder Hüftgelenksersatz, Eingriffen an der Wirbelsäule), schwere Verletzungen der Wirbelsäule, des Beckens oder der Beine sowie längere Bettruhe oder Bettlägerigkeit einher.
- angeborene und erworbene Risikofaktoren: Hierzu zählen z.B. vererbbare Störungen der Blutgerinnung oder im Laufe des Lebens erworbene Faktoren wie Übergewicht und chronische Erkrankungen.
Faktoren, die das Risiko geringfügig erhöhen:
- Schwangerschaft und Wochenbett
- Nierenentzündung mit verschiedenen Symptomen (sog. nephrotisches Syndrom)
- stark ausgeprägte Krampfadern (Varikose)
Faktoren, die das Lungenembolie-Risiko mäßig erhöhen:
- Alter über 60 Jahre
- chronische Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
- Herzinfarkt in der Vorgeschichte
- Fettleibigkeit (Adipositas), d.h. bei einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 oder höher
Faktoren, die das Risiko stark erhöhen:
- frühere Thrombose oder Lungenembolie in der Krankengeschichte
- Blutvergiftung (Sepsis)
- Schlaganfall mit Lähmung eines Beins
- schwere Erkrankung, die eine intensivmedizinische Behandlung erfordert
- schwere chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), die eine Beatmung erfordert
Weitere Umstände, die das Risiko für eine Thrombose geringfügig bis stark erhöhen, sind:
- eine Therapie mit weiblichen Geschlechtshormonen (z.B. hormonelle Verhütung mit der Antibabypille)
- bestimmte Medikamente, die die Wirkung von Geschlechtshormonen blockieren
- Blutgerinnungsstörungen (z.B. APC-Resistenz bzw. Faktor-V-Leiden-Mutation)
- bestimmte bösartigen Erkrankungen
Lungenembolie: Diagnose
Bei einer Lungenembolie lässt sich die Diagnose in der Regel erst dann mit Sicherheit stellen, wenn die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen vorliegen.
Zusammengefasst konzentriert sich die Diagnostik bei einer Lungenembolie vor allem darauf,
Arztgespräch
Körperliche Untersuchung
Eine körperliche Untersuchung kann wichtige Hinweise auf eine Lungenembolie geben und somit zur Diagnose beitragen. Der Arzt hört das Herz ab, misst den Blutdruck und den Puls. Eine Pulsoxymetrie kann zeigen, wie gut die Sauerstoffversorgung im Blut ist.
Außerdem nimmt der Arzt den Körper des Betroffenen näher in Augenschein. Treten beispielsweise die Venen des Halses stärker hervor, spricht dies dafür, dass sich Blut vom rechten Herzen aus in die Venen zurückstaut. In diesem Fall staut sich auch das Blut über die untere Hohlvene in Richtung der Bauchorgane zurück. Dadurch kann die Leber anschwellen. Diese Schwellung kann der Arzt bei der körperlichen Untersuchung ertasten oder in einer Ultraschalluntersuchung der Leber sehen.
Wichtig ist zudem eine Untersuchung der Beine. Die tief im Beininneren liegenden Venen sind oftmals der Ausgangspunkt einer Lungenembolie. Typische Zeichen für eine tiefe Beinvenenthrombose (TVT) sind:
Zeigen sich solche Beschwerden – insbesondere bei einem bettlägerigen Patienten –, erhärtet sich der Verdacht auf eine Lungenembolie. Meist bleibt eine ursächliche TVT jedoch verborgen.
Risiko-Berechnung
Mit dem sogenannten Wells-Score, einer Art Punktesystem, schätzt der Arzt die Wahrscheinlichkeit einer Lungenembolie ein. In die Beurteilung des Scores fließen sieben Parameter ein, die der Arzt mittels körperlicher Untersuchung und Erhebung der Vorgeschichte bestimmt.
Wells-Score
- Gibt es Anhaltspunkte für eine Thrombose? Falls ja: 3 Punkte
- Ist eine Lungenembolie wahrscheinlicher als eine andere Diagnose? Falls ja: 3 Punkte
- Schlägt das Herz schneller als 100-mal pro Minute (Tachykardie)? Falls ja: 1,5 Punkte
- Wurde der Betroffene innerhalb der letzten vier Wochen operiert oder musste er strenge Bettruhe einhalten? Falls ja: 1,5 Punkte
- Hatte der Patient schon einmal eine Thrombose oder Lungenembolie? Falls ja: 1,5 Punkte
- Enthalten Auswurf oder Speichel beigemengtes Blut? Falls ja: 1 Punkt
- Leidet der Betroffene akut oder litt er innerhalb der letzten sechs Monate an einer Krebserkrankung? Falls ja: 1 Punkt
Je höher die Summe des Wells-Score, desto wahrscheinlicher liegt eine Lungenembolie vor:
- 0-2 Punkte: Die Wahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie ist gering.
- 2-6 Punkte: Die Wahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie ist mittelhoch.
- > 6 Punkte: Die Wahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie ist hoch.
Blutuntersuchungen
Blutuntersuchungen sind ein wichtiger Bestandteil der Lungenembolie-Diagnostik. Im Fokus stehen dabei die sogenannten D-Dimere. Sie sind Bruchstücke des Blutgerinnsels, die entstehen, wenn der Körper Teile des Gerinnsels aufzulösen beginnt.
Allerdings können auch andere Erkrankungen (z.B. Tumorerkrankungen oder spezielle Gerinnungsstörungen), Verletzungen, Operationen und einige Medikamente (z.B. der Wirkstoff Furosemid) die Konzentration der D-Dimere im Blut erhöhen. Auch während einer Schwangerschaft steigt die Konzentration der D-Dimere im Blut.
Gerinnungswerte können Aufschluss über die Blutgerinnung geben. Eine Analyse der Blutgase (sog. BGA) informiert den Arzt über die Verteilung von Sauerstoffs und Kohlendioxid sowie den Status des Säure-Basen-Haushaltes im Blut.
EKG und Herzultraschall
Herzstromkurve (EKG) und Herzultraschall (Echokardiographie) dienen dazu, einen Eindruck von
- der Größe des Herzens,
- den Druckverhältnissen in den Gefäßen sowie
- über den Blutfluss zu bekommen.
Das EKG(Elektrokardiogramm) gibt dem Arzt Hinweise auf eine Überlastung des rechten Herzens, zeigt aber nicht in allen Fällen von Lungenembolie Auffälligkeiten.
Eine Untersuchung des Herzens mit Ultraschall (Echokardiographie) hilft dem Arzt, den Zustand des rechten Herzens einzuschätzen und ermöglicht außerdem, den Blutdruck in den Lungengefäßen zu messen. Bei einer Lungenembolie steigt der Druck in dem betroffenen Gefäß.
Darüber hinaus dient ein EKG dazu, andere Erkrankungen des Herzens auszuschließen, die ähnliche Symptome wie eine Lungenembolie verursachen können. Beispiele sind ein Herzinfarkt oder ein gerissenes Gefäß (Aortenruptur). Der Arzt setzt den Herzultraschall bei einer Lungenembolie nicht nur ein, um die Diagnose zu stellen, sondern auch um die Prognose des Patienten einzuschätzen.
Bildgebende Verfahren: Computertomographie (CT), Röntgen und Lungenszintigraphie
Neben einer Herzultraschalluntersuchung sind folgende bildgebende Verfahren besonders bedeutsam für die Lungenembolie-Diagnostik:
Neben der Suche nach dem in die Lunge verschleppten Blutgerinnsel ist es ebenso wichtig, den Ausgangspunkt der Lungenembolie zu finden.
Da es sich dabei in den meisten Fällen um ein Blutgerinnsel (Thrombus) handelt, das eine Becken- oder Beinvene verschlossen hat, erfolgt eine Ultraschalluntersuchung dieser Venen.
Bei einer Computertomographie ist die sogenannte Spiral-CT die Methode der ersten Wahl. Diese Untersuchung erfolgt mit Kontrastmittel und stellt die Lungengefäße sehr detailliert dar. Ein anderer Name für diese Technik lautet CT-Angiographie.
Eine Röntgenaufnahme der Lunge kann dreierlei zeigen:
- Werden bestimmte Bereiche der Lunge schlechter durchblutet?
- Wo hat sich der Embolus festgesetzt?
- Ist das Herz durch rückgestautes Blut und den erhöhten Druck in den Lungengefäßen vergrößert?
Bei einer Lungenszintigraphie kommen zwei Arten mitunter kombiniert zum Einsatz:
- die Perfusionsszintigraphie und
- die Ventilationsszintigraphie
Hiermit lassen sich Durchblutung und Belüftung der Lunge bildlich darstellen.
Lungenembolie in der Schwangerschaft
Eine Lungenembolie während der Schwangerschaft und im Wochenbett ist eine ernstzunehmende Gefahr. Daher ist es wichtig, jedem Verdacht auf eine Lungenembolie sofort und umfassend nachzugehen. Während der Schwangerschaft ist es jedoch nicht immer ganz einfach, eine klare Diagnose zu stellen.
Gängige Verfahren wie Röntgen und Computertomographie (CT), die zur Diagnose einer Lungenembolie angewendet werden, bringen eine Strahlenbelastung mit sich, die dem Kind schaden kann. Sie sollten daher nur in Notfällen eingesetzt werden. Hinzu kommt, dass eine Thrombose in der Schwangerschaft oft nur unklare und unzuverlässige Symptome hervorruft. Die klinische Untersuchung ist daher häufig nicht sehr aussagekräftig.
Welche Untersuchungen infrage kommen, muss der Arzt für jede Frau individuell entscheiden. Um einer möglichen Thrombose nachzugehen, eignet sich besonders die Ultraschalluntersuchungder Beinvenen, da sie zu keinen Nebenwirkungen bei Frau oder Kind führt. Auch eine sogenannte MR-Angiographie, also eine Darstellung der Lungengefäße mit Hilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) bietet sich an.
Lungenembolie: Therapie
Bei einer Lungenembolie richtet sich die Therapie vor allem nach dem Schweregrad der Erkrankung. Da meist ein eingeschwemmtes Blutgerinnsel einer Lungenembolie zugrunde liegt, setzt die Therapie vorrangig an der Blutgerinnung an. Ziel der Behandlung ist es auch, weitere Embolien zu verhindern.
Lungenembolie: Einteilung nach Schweregrad
Schweregrad I
- Kennzeichen: Der Kreislauf des Betroffenen funktioniert problemlos und das rechte Herz ist nicht beeinträchtigt.
- Therapie der Wahl sind gerinnungshemmende Mittel.
Schweregrad II
- Kennzeichen: Der Kreislauf des Betroffenen funktioniert regelrecht, das rechte Herz ist in seiner Funktion jedoch beeinträchtigt.
- In der Regel kommen zu Therapie gerinnungshemmende Medikamente zum Einsatz.
Schweregrad III
- Kennzeichen: Der Patient hat einen niedrigen Blutdruck (Hypotonie) und der Puls geht schneller als 100-mal pro Minute (Tachykardie). Es liegt ein Kreislaufschock vor und das Herz droht zu versagen. Vordringliches Ziel ist es, das rechte Herz zu entlasten.
- Therapie der Wahl ist die Auflösung des Blutgerinnsels mit Medikamenten (Lyse-Therapie). Zusätzlich erfolgt eine Therapie mit Gerinnungshemmern.
- Nur wenn wichtige Gründe (absolute Kontraindikationen) gegen eine Lyse-Therapie sprechen, verzichtet der Arzt auf die Lyse und behandelt ausschließlich mit gerinnungshemmenden Medikamenten.
Schweregrad IV
- Kennzeichen: Es besteht ein Herz-Kreislauf-Stillstand. Der Betroffene ist in Lebensgefahr, er muss umgehend wiederbelebt werden (Reanimation).
- Therapie: Der Fokus liegt in erster Linie auf der Herzdruckmassage. Diese sollte so lange durchgeführt werden, bis ein stabiler Zustand des Patienten erreicht wird, oder mindestens 60 Minuten.
- Es gilt, das verstopfte Lungengefäß rasch von dem Blutgerinnsel zu befreien, um den Blut-Rückstau ins rechte Herz zu beheben und den Kreislauf wieder in Gang zu bringen. Nur so kann der Betroffene überleben.
- Um dies zu erreichen, gibt es drei Möglichkeiten:
- Der Arzt löst das Blutgerinnsel mit Medikamenten auflösen (Lyse-Therapie),
- Der Arzt entfernt das Blutgerinnsel auf mechanischem Weg mit einem Katheter.
- Das Blutgerinnsel wird bei einer Operation entfernt.
- Zusätzlich erfolgt eine Therapie mit Gerinnungshemmern.
Rezidivprophylaxe: Behandlung mit gerinnungshemmenden Medikamenten
Bei leichteren Lungenembolien (Schweregrad I und II) besteht die Therapie meist ausschließlich aus Gerinnungshemmern (Antikoagulanzien). Diese dienen der Rezidivprophylaxe, beugen also weiteren Embolien vor, und verbessern die Prognose des Betroffenen.
Besonders wichtig sind hierbei der Wirkstoff Heparin und das zur Gruppe der Cumarine (Vitamin-K-Antagonisten) gehörende Phenprocoumon. Heparin und Cumarine kommen bei allen vier Schweregraden einer Lungenembolie zum Einsatz. In letzter Zeit gewinnen außerdem Wirkstoffe aus der Gruppe NOAKs (neue orale Antikoagulanzien) zunehmend an Bedeutung.
Heparin
Zu Beginn jeder Lungenembolie-Behandlung setzen Ärzte Heparin ein – meist in Form sogenannter niedermolekularer Heparine (z.B. die Wirkstoffe Enoxaparin, Dalteparin und Nadroparin), die in eine Vene gegeben oder unter die Haut gespritzt werden.
Alternativ zu Heparin eignet sich auch der Wirkstoff Fondaparinux, ein sogenanntes Heparin-Analogon. Heparin oder Fondaparinux werden mindestens über fünf Tage verabreicht.
Phenprocoumon
Kurze Zeit nach Therapiebeginn schließt sich eine sogenannte Cumarintherapie an, die das Heparin nach und nach ablöst, bis es ganz abgesetzt werden kann. Die Cumarintherapie umfasst Wirkstoffe wie Phenprocoumon und Warfarin. Diese hemmen in der Leber den Aufbau mancher Gerinnungsfaktoren, indem sie als Gegenspieler von Vitamin K wirken, weshalb man Cumarine auch Vitamin-K-Antagonisten nennt.
Cumarine muss der Betroffene mindestens drei Monate lang, unter Umständen sogar über mehrere Jahre oder zeitlich unbegrenzt, in Form von Tabletten einnehmen. Währenddessen sind regelmäßige Kontrollen der Gerinnungswerte wichtig. Denn zu hoch dosierte Vitamin-K-Antagonisten können die Blutgerinnung zu stark hemmen und in der Folge die Gefahr für Blutungen erhöhen.
NOAKs
Als Alternative zu Cumarinen kommen mittlerweile oft Wirkstoffe aus der Gruppe der neue oralen Antikoagulanzien (NOAKs) zum Einsatz, wie zum Beispiel Dabigatran, Apixaban oder Edoxaban. Diese haben den Vorteil, dass sie Vitamin K nicht entgegenwirken. Dadurch beeinträchtigen sie die Blutgerinnung kaum und die regelmäßigen Kontrollen der Gerinnungswerte können entfallen.
Lyse-Therapie: Auflösen des Blutgerinnsels
Bei einem Lungenembolie-Schweregrad von III oder IV ist die Funktion des rechten Herzens so sehr eingeschränkt, dass der Blutkreislauf beinah oder vollständig zum Erliegen kommt. Nur wenn es gelingt, das Gerinnsel in der Lunge aufzulösen, wird das rechte Herz entlastet und das Blut kann wieder frei fließen.
Bei Fällen mit Schweregrad III und IV kommen deshalb sogenannte Thrombolytika zum Einsatz. Dazu zählen zum Beispiel Wirkstoffe wie Streptokinase, Urokinase oder der rekombinante Gewebe-Plasminogenaktivator (rtPA, auch Alteplase genannt). Diese Medikamente können den Blutpfropf auflösen.
Diese Art der Behandlung einer Lungenembolie heißt Lyse-Therapie (oder auch Thrombolyse, Fibrinolyse). Da eine Lyse-Therapie die Blutgerinnung im gesamten Körper stark hemmt, kann sie mit schweren Blutungen einhergehen (z.B. im Gehirn oder im Magen-Darm-Trakt).
Bei Schweregrad III eignet sich eine Thrombolyse nur für Patienten, die nicht zusätzlich an einer anderen Erkrankung leiden, die gegen eine Lyse-Therapie spricht (z.B. eine innere Blutung oder eine vor Kurzem erfolgte größere Operation). Bei Schweregrad IV ist jede Art der Therapie gerechtfertigt, da der Patient ohne Behandlung versterben würde.
Weitere Medikamente
Erste Hilfe: Schnell handeln!
Eine Lungenembolie kann nicht nur während eines Krankhausaufenthalts auftreten, sondern auch außerhalb – zum Beispiel zu Hause. Besteht bei einer Person außerhalb einer Klinik der Verdacht auf eine Lungenembolie, ist sofort der Notarzt zu verständigen (112)!
Erhärtet sich der Verdacht, dass es sich um eine Lungenembolie handelt, bekommt der Betroffene vom Notarzt Medikamente und Sauerstoff. Im Anschluss wird er in halbsitzender Position gelagert und vorsichtig in die Klinik transportiert. Erschütterungen müssen vermieden werden, da sie weitere Embolien auslösen können.
Bei einer sehr schweren Lungenembolie kann es zu Bewusstlosigkeit und einem Herz-Kreislauf-Stillstand kommen. Dann müssen Wiederbelebungsmaßnahmen ergriffen und durchgeführt werden, bis der Notarzt eintrifft und übernimmt.
Lungenembolie: Verlauf
Bei einer Lungenembolie hängen Verlauf und Prognose davon ab,
- welcher Schweregrad vorliegt,
- wie alt der Betroffene ist,
- welche Vorerkrankungen bestehen,
- wie früh eine Behandlung begonnen wurde,
- ob Komplikationen auftreten und
- ob sich erneut Blutgerinnsel bilden und Gefäße verschließen (Thrombose).
Überlebenschancen bei Lungenembolie
Kurz nach Auftreten einer Lungenembolie nimmt diese bei etwa 10 von 100 Betroffenen einen tödlichen Verlauf – meist innerhalb der ersten zwei Stunden. Ursache für einen tödlichen Verlauf sind meist große Embolien, die entsprechend große Blutgefäße verstopfen. In der Folge führt die Lungenembolie durch eine Überlastung des Herzens und einen Kreislaufstillstand zum Tod.
Bei frühzeitiger Diagnose und raschem Therapiebeginn sterben jedoch weniger als vier von 100 Betroffenen. Viele Betroffene, die eine Lungenembolie überleben, erholen sich danach jedoch wieder vollständig.
Mögliche Komplikationen
Im Anschluss an eine Lungenembolie kann es zu verschiedenen Komplikationen kommen. Mögliche Komplikationen sind zum Beispiel:
- erneute Lungenembolie
- Lungeninfarkt
- Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie)
- Lungenfell-Entzündung mit Flüssigkeitsansammlung
- Herzrhythmusstörungen
- erhöhte Belastungen des rechten Herzens mit möglichem Herzversagen
Lungenembolie: Vorbeugen
Wichtigste Maßnahme, um einer Lungenembolie vorzubeugen, ist eine wirksame Thromboseprophylaxe. Dazu gehört unter anderem
- die Einnahme von Medikamenten,
- sich nach einer Operation (mit Hilfe eines Physiotherapeuten) oder längerer Bettlägerigkeit wieder zu bewegen und
- das Tragen von Thromboseprophylaxestrümpfen.
Thrombosen verhindern
Einer Lungenembolie lässt sich vorbeugen, indem man das Risiko für eine Thrombose senkt. Einer der größten Risikofaktoren für eine Thrombose ist ein verminderter Blutfluss in den Beinvenen, etwa nach langer, krankheitsbedingter Bettruhe. Auch Operationen, zum Beispiel ein Hüft- oder Kniegelenksersatz, erhöhen das Risiko für eine Thrombose und Lungenembolie deutlich.
Allgemeine Tipps:
- Nach einer Operation sollten Sie so früh wie möglich mit Hilfe eines Physiotherapeuten aufstehen und sich unter seiner Anleitung bewegen (sog. Frühmobilisation).
- Wer Kompressionsverbände oder sorgfältig angepasste Kompressionsstrümpfe (Thromboseprophylaxestrümpfe) trägt, verbessert den Abfluss des Bluts aus den Beinvenen und wirkt somit einem Blutgerinnsel entgegen (z.B. vor und nach Operationen oder nach einer Entbindung).
- Medikamente, die eine Thrombose begünstigen, sollten Sie nach Rücksprache mit Ihrem Arzt absetzen, wenn ihr Risiko den Nutzen überwiegt und Alternativen bestehen. Diese Bewertung kann individuell sehr unterschiedlich ausfallen.
- Vermeiden Sie allgemeine Risikofaktoren wie Übergewicht oder Rauchen.
- Trinken Sie ausreichend.
- Bewegen Sie sich bei längeren Reisen (z.B. mit Flugzeug, Auto oder Bahn) ausreichend. Durch wechselweises Anspannen und Loslassen der Beinmuskeln unterstützen Sie das Blut auch in sitzender Position dabei, aus den Venen zum Herzen zu fließen (sog. Muskelpumpe).
- Machen Sie Venengymnastik, um Krampfadern vorzubeugen und den Blutfluss zu fördern.
- Sofern Sie bereits gerinnungshemmende Medikamente einnehmen, halten Sie sich an die Vorgaben des Arztes und lassen Sie im Falle einer Cumarin-Therapie (z.B. mit dem Wirkstoff Phenprocoumon) regelmäßig Ihre Gerinnungswerte kontrollieren.
Gerinnungshemmende Medikamente
Einer Lungenembolie beziehungsweise deren erneuten Auftreten kann man außerdem mit folgenden gerinnungshemmenden Medikamenten (Antikoagulanzien) vorbeugen:
- Wirkstoffen aus der Gruppe der niedermolekularen Heparine (wie Enoxaparin, Dalteparin, Nadroparin, Rivaroxaban, oder Danaparoid) oder aus der Gruppe der Heparin-Analoga (wie Fondaparinux)
- Wirkstoffen aus der Gruppe der neuen oralen Antikoagulanzien (NOAKs) wie Dabigatran, Apixaban oder Edoxaban
- Wirkstoffen aus der Gruppe der Vitamin-K-Antagonisten (Cumarine), wie Phenprocoumon