Das Bild zeigt Akupunkturnadeln, die gesetzt werden.
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Akupunktur

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 19.01.2022 - 09:55 Uhr

Akupunktur (von lat. acus = Nadel, pungere = stechen) ist eine Methode der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Mithilfe von dünnen Nadeln, die er in bestimmte Hautpunkte einsticht, versucht der Akupunktur-Therapeut, Krankheiten zu heilen, Schmerzen zu lindern und das Wohlbefinden zu steigern. Abwandlungen der Methode sind die Elektro- und Laserakupunktur.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Wie wirkt Akupunktur? Methoden und Wirksamkeit

Die Einstichpunkte – auch als Akupunkturpunkte bezeichnet – liegen bei der Akupunktur über den gesamten Körper verteilt auf sogenannten Energiebahnen ("Meridianen"). Nach Ansicht der traditionellen chinesischen Medizin fließt in diesen Meridianen die körpereigene Energie, das Qi (sprich: "tschi"). Die einzelnen Akupunkturpunkte sind das Ergebnis jahrtausendelanger Akupunktur-Erfahrung und haben auch heute noch Bestand in der TCM.

Der genaue Wirkmechanismus der Akupunktur ist bislang nicht vollständig geklärt. Mediziner vermuten jedoch, dass der Reiz, der von der eingestochenen Nadel ausgeht, bestimmte Reaktionen von Nerven- und Gewebezellen bewirkt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Jahr 2002 eine Liste mit Beschwerdebildern veröffentlicht, die sich für Akupunkturbehandlungen eignen sollen. Westliche Schulmediziner setzen die Akupunktur vor allem in der Schmerzbehandlung (Rücken, Knie, Kopfschmerzen) ein.

Für die verschiedenen Anwendungen gibt es unterschiedliche Arten von Akupunkturnadeln aus verschiedenen Materialien und in verschiedenen Dicken und Längen. In der Regel nutzt man Nadeln aus dünnem Edelstahl als Einwegnadeln. Silber- oder Goldnadeln werden vor allem bei der Ohrakupunktur verwendet. Die Länge der Nadeln variiert je nach Einsatzbereich:

  • Kürzere Nadeln von wenigen Zentimetern kommen vor allem im Gesichtsbereich,
  • längere Nadeln über zehn Zentimeter bei der Behandlung tiefer liegender Muskelstränge zum Einsatz.

Die moderne Akupunktur setzt neben Nadelakupunktur auch Laserakupunktur oder Elektroakupunktur ein; hierbei stimuliert der Therapeut die Akupunkturpunkte nicht mit Nadeln, sondern durch andere physikalische Reize:

  • bei der Elektroakupunktur mithilfe von elektrischem Strom,
  • bei der Laserakupunktur durch elektromagnetische Wellen, den Laserstrahlen.

Prinzip der traditionellen Akupunktur

Die Akupunktur soll – wie alle anderen Methoden der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) – das Gleichgewicht von Yin und Yang erhalten beziehungsweise wiederherstellen. Yin und Yang sind die zwei gegensätzlichen Prinzipien, welche die Lebensenergie Qi maßgeblich beeinflussen. Eine Krankheit entsteht nach Ansicht der TCM, wenn die Harmonie zwischen Yin und Yang gestört ist. Das Qi, das laut Theorie durch die Meridiane (Energiebahnen) strömt, kann dann nicht mehr richtig fließen.

Indem der Therapeut Akupunkturnadeln in bestimmte Hautpunkte entlang des Meridians sticht, kann er laut TCM das Gleichgewicht von Ying und Yang wieder harmonisieren und den Qi-Fluss positiv beeinflussen. Dabei kann er bestimmte Energiepunkte je nach Bedarf beruhigen oder stimulieren.

Für die Diagnosestellung berücksichtigt der Therapeut ganzheitliche Aspekte wie:

  • die Lebensweise oder
  • die Ernährung des Erkrankten,
  • die Persönlichkeit und
  • die Krankengeschichte.

Wie wirkt Akupunktur?

In der modernen "verwestlichten" Akupunktur spielt der philosophische Hintergrund meist nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr sind es die Veränderungen in den Zellen und im Gewebe, die bei der Akupunktur von Interesse sind. Die Wirkungsweise der Akupunktur wird dabei häufig anhand der folgenden Mechanismen erklärt:

  • vermehrte Bildung von körpereigenen morphinartigen (also schmerzlindernden) Substanzen wie Endorphinen
  • Einfluss auf körpereigene Botenstoffe an den Synapsen (Übertragungsstellen) von Nerven- oder Muskelzellen
  • Aktivierung oder Deaktivierung schmerzkontrollierender oder schmerzleitender Nervenzellen
  • Reflexwirkung: Ein erkranktes Organ führt zu einer Reihe von teilweise schmerzhaften Veränderungen auch in weiter weggelegenen Muskel- und Hautpartien, z.B. zu Verspannungen, Verkrampfungen und Durchblutungsveränderungen. Durch Einwirken auf diesen Bereich ist eine Rückwirkung (Reflex) auf das erkrankte Organ möglich.
  • bioelektrische Regulation: Alle Nerven- und Muskelvorgänge sind unter anderem elektrische Vorgänge. Mit einer Stimulierung durch Akupunkturnadeln kann der Therapeut z.B. die Polarität (elektrischen Ladungsverhältnisse) der Muskelzelle beeinflussen. Die Folge kann eine verbesserte Durchblutung der umliegenden Muskulatur sein.

Überblick über Akupunkturpunkte

Als Akupunkturpunkte bezeichnet man bestimmte Stellen auf der Haut. Nach Ansicht der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) gelingt es über diese Punkte, auf ein System energieleitender Bahnen ("Meridiane") zuzugreifen, das darunter liegt. Laut TCM helfen diese klassischen Akupunkturpunkte dabei, den Transport der sogenannten Lebenskraft Qi zu beeinflussen. TCM-Mediziner bezeichnen Akupunkturpunkte als Shu ("Ort des Transports") oder Xue ("Loch", "Vertiefung").

Indem der Therapeut die Akupunkturnadeln setzt, löst er bei manchen Patienten eine spezielle Wahrnehmung oder Schmerzempfindung aus: das De Qi oder Deqi (sprich: "dör tschi"). Dies gelingt dem Therapeuten, indem er die Nadeln mit der Hand wiederholt dreht oder mithilfe eines elektrischen Apparates bewegt. Was der Betroffene genau empfindet, kann sehr unterschiedlich sein. Das Gefühl reicht von

  • "kribbelnd" über
  • "dumpf drückend" und
  • "muskelkaterartig" bis hin zu
  • "warm, elektrisierend".

Häufig liegen Akupunkturpunkte im direkten Umfeld von Knochen, Muskeln oder Sehnen beziehungsweise zwischen den genannten Strukturen. Akupunkturpunkte lassen sich nicht nur durch Akupunkturnadeln, sondern auch durch Druck stimulieren, so etwa durch den Druck des Fingers, der Hand, des Ellenbogens oder anderer Körperteile.

Arten der Akupunktur

Ohrakupunktur

Bei der Ohrakupunktur reizt der Therapeut Akupunkturpunkte am Ohr. Er setzt dazu die Nadeln in die Haut der Ohrmuschel. Er setzt dazu die Nadeln in die Haut der Ohrmuschel. Die traditionellen chinesischen Medizin (TCM) geht davon aus, dass die Ohrmuschel ein verkleinertes und auf dem Kopf stehendes Abbild des gesamten Körpers darstellt. Dabei ist jedes Areal der Ohrmuschel gemäß TCM einer bestimmten Region oder einem inneren Organ zugeordnet. Der Therapeut soll ganze Körperbereiche beeinflussen können, indem er gezielt Nadeln in die Akupunkturpunkte am Ohr setzt. Diese Theorie lässt sich jedoch bislang nicht ausreichend wissenschaftlich belegen.

Anhänger des Verfahrens beschreiben die Ohrakupunktur als sehr schnell wirksam. Besonders gut eignet sie sich nach ihrer Ansicht dazu, innere Organe zu beeinflussen. Befürworter der Ohrakupunktur setzen die Methode zum Beispiel zur Behandlung folgender Erkrankungen oder Gesundheitsprobleme ein:

Die Ohrakupunktur ist auch als Elektroakupunktur durchführbar.

Moxibustion

Bei der Moxibustion (Moxa-Therapie) stimuliert der Therapeut die Akupunkturpunkte des Körpers durch Wärmereize. Hierzu verbrennt er Moxa-Wolle, die aus Beifußblättern hergestellt wird, auf der Haut über eine kleine Ingwerscheibe. Die Haut verbrennt dabei selbst nicht, sie "empfängt" nur den Wärmereiz.

Wann wird Akupunktur angewendet?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2002 eine Liste für Erkrankungen veröffentlicht, die sich für eine Akupunkturbehandlung anbieten. Diese Auflistung wurde unter Wissenschaftlern jedoch kritisch diskutiert, da die Wirksamkeit für viele Einsatzgebiete bislang noch nicht wissenschaftlich bewiesen ist. Folgende Krankheiten sollen auf Akupunktur ansprechen:

Auch um Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen nach einer Operation zu reduzieren, setzen Therapeuten häufig Akupunktur ein,.

Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland übernehmen die Kosten für eine Akupunkturbehandlung bei Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereichund Kniegelenkschmerzen, sofern die Schmerzen seit mindestens einem halben Jahr bestehen und die Behandlung von einem Arzt mit entsprechender Zusatzausbildung durchgeführt wird.

Ergebnisse der German Acupuncture Trials

Eine Studie aus dem Verbund der sogenannten GERAC-Studien (Abkürzung für German Acupuncture Trials) ergab, dass Akupunktur chronische Schmerzen im unteren Rücken und Knieschmerzen stärker reduziert als eine nach Leitlinien durchgeführte Standardtherapie.

Bei der Untersuchung zeigte sich zudem, dass es unerheblich ist, ob die Nadeln bei der Akupunktur in die klassischen Akupunkturpunkte eingestochen werden oder sehr oberflächlich in "Scheinpunkte" (auch Sham-Akupunktur genannt), die nicht dem Verständnis der traditionellen chinesischen Medizin entsprechen. Dies bestärkte die Diskussion, inwiefern die Wirkung der Akupunktur tatsächlich auf die vermeintlichen Energiebahnen des Körpers zurückzuführen sei.

Eine weitere GERAC-Studie ergab, dass Akupunktur bei chronischen Spannungskopfschmerzen und Migräne zu ähnlich guten Ergebnissen kommt wie die Standardbehandlung.

Nicht mit Akupunktur behandelt werden sollten Patienten

  • ohne eindeutige Diagnose,
  • mit schweren psychischen Erkrankungen,
  • mit jeder Art von Krebs (außer ggf. zur Schmerzlinderung)
  • und den meisten Infektionskrankheiten.

Akupunktur in der Schwangerschaft

Akupunktur lässt sich in der Schwangerschaft zu unterschiedlichen Zeitpunkten einsetzen: Zum Beispiel lassen sich Übelkeit und Erbrechen während der ersten Monaten durch Akupunktur mildern. Am Ende der Schwangerschaft spielt das Verfahren eine Rolle in der Geburtsvorbereitung und kann während des Geburtsvorgangs Schmerzen lindern. Jede Art der Stimulation durch Akupunktur sollte während der Schwangerschaft jedoch mit der nötigen Umsicht angewandt werden, um Komplikationen zu vermeiden.

Risiken und Komplikationen

Nebenwirkungen sind bei der Akupunktur eher selten. An der behandelten Stelle kann es zu:

  • einer vorübergehenden Hautrötung,
  • einem Wärmegefühl oder
  • (selten) zu Unwohlsein kommen.
  • Ebenfalls selten treten Blutergüsse (Hämatome) auf.

Bei den ersten zwei bis drei Behandlungen können sich (wie auch in der Homöopathie) die Beschwerden kurzzeitig verschlechtern (sog. Erstverschlimmerung).