Schwangere mit Fragezeichen und Herz auf dem Bauch
© Jupiterimages/iStockphoto

Risikoschwangerschaft

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 20.01.2022

Jede Erstgebärende ab 35 Jahren (Mehrgebärende ab 40 Jahren) und Frauen unter 18 Jahren werden grundsätzlich als Risikoschwangere eingestuft. Heutzutage gelten etwa 30 Prozent aller Schwangerschaften als Risikoschwangerschaft. Die Einstufung als Risikoschwangerschaft bedeutet aber nicht automatisch, dass eine akute Gefahr für Mutter und Baby besteht. Es bedeutet, dass die werdene Mutter mehr Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen kann und die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für einige Zusatzuntersuchungen übernehmen, die Schwangere gewöhnlich selber tragen müssen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Allgemeines

Je nachdem, aus welchem Grund Sie als Risikoschwangere gelten, kann diese Einstufung eine unterschiedliche Bedeutung für den Ablauf der Schwangerschaft haben – von engmaschigerer Überwachung bis hin zu bestimmten Verhaltensregeln zur Sicherheit von Mutter und Kind.

Einige Faktoren können ein Risiko für Leben und Gesundheit von Mutter und Kind während einer Schwangerschaft darstellen und sind daher für die Einstufung als Risikoschwangerschaft ausschlaggebend. Dazu gehört zum einen das Alter der werdenden Mutter: Jede Erstgebärende ab 35 Jahren (Mehrgebärende ab 40 Jahren) wird grundsätzlich als Risikoschwangere eingestuft, unabhängig von allen anderen Faktoren. Aber auch besonders junge Schwangere (jünger als 18 Jahre) werden als Risikoschwangere eingestuft.

Auch der Verlauf früherer Schwangerschaften sowie bestimmte Allgemeinerkrankungen der Schwangeren, frühere Fehlgeburten, Anomalien und nicht zuletzt, wenn die werdende Mutter mehr als ein Baby (Mehrlinge) erwartet, können darüber entscheiden, ob die aktuelle Schwangerschaft risikobehaftet ist.

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen und Vorsorgeuntersuchungen bei Frauenarzt und Hebamme können der werdenden Mutter helfen, sich durch die Einstufung als Risikoschwangere nicht zu sehr beunruhigen zu lassen. Eine Risikoschwangerschaft wird noch engmaschiger überwacht als eine normale Schwangerschaft und einige Untersuchungen, die Sie gewöhnlich selbst zahlen müssen, übernehmen in einer Risikoschwangerschaft die gesetzlichen Krankenkassen.

Einstufung als Risikoschwangerschaft

Sobald Sie wissen, dass Sie schwanger sind, und sich zur Erstuntersuchung zum Frauenarzt begeben, beginnt eine engmaschige Überwachung der Schwangerschaft. Bei der Erstuntersuchung, aber auch bei den nächsten Vorsorgeuntersuchungen, wird der Frauenarzt zahlreiche Fragen zur Krankengeschichte, möglichen früheren Schwangerschaften und aktuellen Problemen stellen und die Antworten im Mutterpass festhalten. Je nachdem, wie die Antworten ausfallen, kann anschließend die Einstufung der Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft erfolgen.

Wichtige Kriterien für die Einstufung als Risikoschwangerschaft sind:

Tatsächlich fallen viele Schwangere (etwa 3 von 10) in die Kategorie "Risikoschwangerschaft", da es unzählige Faktoren gibt, die eine Schwangerschaft negativ beeinflussen können. Die Betonung liegt hier jedoch auf "können". Die Einstufung als Risikoschwangerschaft bedeutet nicht zwingend, dass Komplikationen auftreten, eine Gefahr für Mutter und Kind besteht oder die Schwangere sich besonders schonen müsste.

Die Schwangere sollte hier – wie es auch der Frauenarzt tut – ganz klar trennen zwischen den theoretischen Risiken (wie beispielsweise einem höheren Alter oder einer Zwillings- oder Mehrlingsschwangerschaft) und den praktischen Risiken (wie einer bestehenden schweren Erkrankung).

Risikoschwangere werden zunächst lediglich noch engmaschiger betreut, können mehr Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen und die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für einige Zusatzuntersuchungen, die Schwangere gewöhnlich selber tragen müssen. So lassen sich Komplikationen frühzeitig erkennen und behandeln.

Alter der werdenden Mutter

Zwischen 20 und 29 Jahren ist das Risiko für Komplikationen in der Schwangerschaft am geringsten. Frauen unter 20 Jahren haben ein erhöhtes Risiko für Durchblutungsstörungen der Gebärmutter und es kommt häufiger als bei älteren Schwangeren zu vorzeitigen Wehen. Auch sind – prozentual gesehen – Kinder von Schwangeren unter 20 Jahren eher unterentwickelt als Kinder älterer Schwangerer. Nicht zuletzt ist bei ihnen die Frühgeburten-Rate höher.

Bei sehr jungen Schwangeren – Mädchen unter 16 Jahren – kommt es im Lauf der Schwangerschaft häufiger zur sogenannten Präeklampsie, dem schwangerschaftsbedingten Bluthochdruck.

Bei Frauen über 35 Jahren ist dagegen das Fehlgeburten-Risiko höher als bei jüngeren Schwangeren. Außerdem steigt die Gefahr für Schwangerschaftsdiabetes, Myome (gutartige Gebärmuttergeschwülste) und Präeklampsie. Auch chromosomale Störungen des Fötus, vor allem das Down-Syndrom (Trisomie 21), kommen bei Kindern älterer Frauen häufiger vor.

Darum werden nach den Mutterschafts-Richtlinien folgende Altersgruppen als Risikoschwangere eingestuft:

  • Schwangere, die 18 Jahre oder jünger sind.
  • Erstgebärende, die 35 Jahre oder älter sind.
  • Mehrgebärende (also Schwangere, die bereits mindestens einmal schwanger waren), die 40 Jahre oder älter sind.

Komplikationen in der Schwangerschaft

Bestimmte Komplikationen in der Schwangerschaft können dazu führen, dass diese als Risikoschwangerschaft eingestuft wird. Hierzu gehören:

Verlauf früherer Schwangerschaften

Gab es im Verlauf früherer Schwangerschaften Probleme, kann dies dazu führen, dass die aktuelle Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingestuft wird. Zu solchen Problemen zählen zum Beispiel:

  • Gerinnungsstörungen
  • Plazenta praevia (die Plazenta liegt nahe oder über dem Muttermund)
  • Probleme mit der Nachgeburt (z.B. Nachgeburtsblutungen)
  • Rissverletzungen bei der Geburt (z.B. Dammriss)
  • Thrombose / Embolie
  • übermäßige Krämpfe während der Schwangerschaft
  • vorzeitige Plazentaablösung

Sind bei einer vorherigen Schwangerschaft bereits Chromosomenanomalien beim Kind (z.B. Down-Syndrom) aufgetreten, sollte vor einer erneuten Schwangerschaft eine sogenannte genetische Beratung erfolgen. Während der Schwangerschaft empfiehlt es sich, im Rahmen der Pränataldiagnostik eine Chorionzottenbiopsie oder Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) durchzuführen, um etwaige Chromosomenstörungen frühzeitig feststellen zu können.

Ein erhöhtes Risiko in der Schwangerschaft besteht auch, wenn die werdende Mutter bereits mehrere Fehlgeburten hatte. Auch vorherige Frühgeburten können ein Grund für die Einstufung als Risikoschwangerschaft sein. Da in etwa der Hälfte der Fälle Infektionen für eine Frühgeburt verantwortlich sind, führt man in solchen Fällen frühzeitig eine Infektionsprophylaxe durch.

Wog ein Kind einer früheren Schwangerschaft bei der Geburt mehr als 4.000 Gramm, kann dies ein Hinweis auf einen Schwangerschaftsdiabetes (auch in der aktuellen Schwangerschaft) sein.

Trat bereits früher eine Rhesusunverträglichkeit zwischen Mutter und Kind auf, wird regelmäßig die Konzentration der entsprechenden Antikörper bestimmt.

Auch wenn bereits ein Kind per Kaiserschnitt entbunden wurde, kann die aktuelle Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingestuft werden.

Nicht zuletzt werden Frauen, die bereits mehr als vier Kinder haben, als Risikoschwangere eingestuft, da sie ein erhöhtes Risiko für genetische Defekte, eine Plazentainsuffizienz und Komplikationen während der Geburt haben.

Vorerkrankungen der Schwangeren

Verschiedene Vorerkrankungen der werdenden Mutter können Risikofaktoren in der Schwangerschaft darstellen und damit beeinflussen, ob es sich um eine Risikoschwangerschaft handelt. Hierzu zählen:

Diese Erkrankungen müssen natürlich auch während der Schwangerschaft weiterhin behandelt werden und können – je nach Ausmaß und Verlauf der Krankheit – den Frauenarzt dazu veranlassen, die werdende Mutter als Risikoschwangere einzustufen.

Myome

Gutartige Geschwülste der Gebärmutter (Myome) treten mit zunehmendem Alter bei vielen Frauen auf. Sie sind grundsätzlich nicht gefährlich, bedeuten während einer Schwangerschaft aber ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten sowie Blutungen während und nach der Geburt. Myome können außerdem ein Hindernis während der Geburt darstellen, besonders, wenn sie in der Nähe des Gebärmutterhalses liegen.

Da bereits vor der Schwangerschaft bestehende Myome häufig während einer Schwangerschaft einen Wachstumsschub bekommen, ist eine engmaschige Überwachung der Größe und eine genaue Absprache zum Ablauf der Geburt wichtig.

Zusätzliche Untersuchungen

Bei einer Risikoschwangerschaft überwachen Ärzte und Hebamme die werdende Mutter und das ungeborene Kind noch engmaschiger als gewöhnlich. Die einfachen Vorsorgeuntersuchungen, die sich an die Erstuntersuchung anschließen, können daher (je nach Einschätzung des Frauenarztes) in folgenden Intervallen vorgenommen werden:

Im Rahmen einer normalen Schwangerschaft sind neben dem Ultraschall bei der Erstuntersuchung zwei weitere Ultraschalluntersuchungen im Verlauf der Schwangerschaft vorgesehen, die jeweils mit einer der regulären Vorsorgeuntersuchungen zusammengelegt werden. Bei einer Risikoschwangerschaft können häufigere Ultraschalluntersuchungen sowie ein Organultraschall vorgenommen werden.

Im Rahmen einer Risikoschwangerschaft übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen einige zusätzliche Untersuchungen, die Schwangere gewöhnlich selber tragen müssen. So kann in der Zeit zwischen der 10. bis 12. Schwangerschaftswoche die sogenannte Chorionzottenbiopsie durchgeführt werden, die genetische Besonderheiten wie Trisomien und verschiedene Stoffwechselerkrankungen nachweisen kann. Bei unklarem Befund schließt sich an die Chorionzottenbiopsie eine Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) an.

Zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche können Sie außerdem eine Nackenfaltenmessung vornehmen lassen. Sie dient dazu, bestimmte genetische Erkrankungen wie das Down-Syndrom sowie bestimmte Herz- und Skelettfehler auszuschließen oder zu erkennen.

Beschäftigungsverbot bei Risikoschwangerschaft

Während einer Schwangerschaft gibt es verschiedene Schutzfristen (Beschäftigungsverbote), die über das Mutterschutzgesetz geregelt sind und je nach Ausgangslage auf die werdende Mutter angewendet werden können. Die Schutzfristen umfassen

  • das allgemeine Beschäftigungsverbot,
  • das generelle Beschäftigungsverbot und
  • das individuelle Beschäftigungsverbot.

Das allgemeine Beschäftigungsverbot gilt für alle Schwangeren und umfasst bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft folgende Zeiträume:

  • 6 Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin
  • 8 Wochen nach der Geburt (bzw. 12 Wochen bei Mehrlingen)

Kommt das Baby früher zur Welt, werden die "verpassten" Tage an die Zeit nach der Geburt angehängt.

Das generelle Beschäftungsverbot gilt für Schwangere, die einer Beschäftigung nachgehen, welche die Schwangerschaft gefährden kann. Hierzu zählen beispielsweise:

  • Fließbandarbeit
  • Nachtarbeit
  • Sonntagsarbeit

Das individuelle Beschäftigungsverbot kann auf ärztliches Attest hin ausgesprochen werden, zum Beispiel wenn im Rahmen einer Risikoschwangerschaft Gefahr für Leben oder Gesundheit von Mutter und Kind besteht.

Darf ich arbeiten?

Eine Risikoschwangerschaft bedeutet nicht gleichzeitig, dass Sie nicht mehr arbeiten dürfen oder sollten. Je nachdem, warum Sie als Risikoschwangere eingestuft wurden, dient das lediglich dazu, die Schwangerschaft engmaschiger zu überwachen. Sind sogenannte praktische Risiken (z.B. eine schwere Vorerkrankung) Grundlage für die Einstufung, kann Ihr Arzt Ihnen aber ein Attest für ein Beschäftigungsverbot ausstellen.

Beschäftigungsverbot – wer zahlt?

Das Mutterschutzgesetz regelt die Finanzen von angestellten Schwangeren während der verschiedenen Schutzfristen. So kann die werdende Mutter je nach Schutzfrist folgende Zuschüsse geltend machen:

  • Mutterschaftsgeld
  • Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld
  • Arbeitsentgelt bei Beschäftigungsverboten außerhalb der Mutterschutzfristen (Mutterschutzlohn)