Eine Frau in Jeans und weißem Top fasst sich mit der rechten Hand an ihr Kreuz.
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Periduralanästhesie (PDA)

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 20.01.2022 - 14:45 Uhr

Mit der Periduralanästhesie, kurz PDA, lässt sich vorübergehend der Schmerz in einer bestimmten Körperregion ausschalten. Der Patient bleibt dabei bei Bewusstsein, sofern die PDA nicht mit einer Allgemeinnarkose kombiniert wird. Die Periduralanästhesie eignet sich zum Beispiel für Eingriffe an den Beinen und im Beckenbereich oder um chronische Schmerzen zu lindern. Zudem kann eine PDA die normale Geburt erleichtern oder bei einem Kaiserschnitt zum Einsatz kommen.

Allgemeines

Die Periduralanästhesie ist eine Form der Regionalanästhesie und unterscheidet sich grundlegend von einer Allgemeinanästhesie, also Vollnarkose. Als Synonym wird auch der Begriff Epiduralanästhesie verwendet. Prinzip der PDA: Sie blockiert vor allem an den Wurzeln der sogenannten Spinalnerven die Weiterleitung von Signalen wie etwa dem Schmerzempfinden. Die Spinalnerven entspringen dem Rückenmark und liegen – geschützt durch die harte Rückenmarkhaut – in den Zwischenwirbellöchern. Der Arzt spritzt ein örtliches Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum) in den sogenannten Periduralraum oder "Epiduralraum", der Teil des Wirbelkanals ist.

Das Betäubungsmittel verteilt sich im Periduralraum und gelangt zu den Zwischenwirbellöchern. Um an die Wurzeln der Spinalnerven zu gelangen und dort wirken zu können, muss das Betäubungsmittel die bindegewebige Schicht der Rückenmarkhaut durchdringen. Das braucht eine gewisse Zeit: Eine Periduralanästhesie wirkt erst nach circa 20 bis 30 Minuten.

Mithilfe der PDA lassen sich an den Spinalnervenwurzeln je nach Medikament und Dosierung unterschiedliche Arten von Nervenfasern blockieren:

  • sympathische Fasern (Teil des vegetativen Nervensystems, unter anderem wichtig für den Blutdruck); nur oberhalb des 2. Lendenwirbelkörpers
  • sensorische Fasern (leiten Empfindungen wie Schmerzen weiter) und
  • motorische Fasern (ermöglichen Muskelbewegungen).

Der Periduralraum liegt zwischen den beiden Blättern der harten Rückenmarkshaut, lateinisch Dura mater spinalis. Die äußere Schicht dieser Haut entspricht der Wand des Wirbelkanals, die innere Schicht der Dura mater umhüllt das Rückenmark und die Wurzeln der Spinalnerven. Der Periduralraum liegt zwischen diesen beiden Blättern und enthält lockeres Bindegewebe, Fett und ein Venengeflecht.

Häufigste Form der Periduralanästhesie ist die sogenannte lumbale Periduralanästhesie. Dabei erfolgt die Punktion im Bereich der Lendenwirbelsäule zwischen zwei Lendenwirbelkörpern – meist zwischen dem 3. und 4. Lendenwirbelkörper (L3/L4). Führt der Arzt die Nadel unterhalb der Lendenwirbelsäule im Bereich des Kreuzbeins ein, spricht man von einer Kaudalanästhesie oder sakralen Periduralanästhesie. Dieses Verfahren wird häufiger bei Kindern angewendet. Auch im Bereich der Brustwirbelsäule lassen sich die Schmerzen mittels PDA ausschalten (thorakale PDA).

Die Periduralanästhesie ähnelt der Spinalanästhesie. Bei ihr setzt die Wirkung allerdings schneller ein als bei der PDA: nämlich bereits nach etwa 5 bis 10 Minuten.

Durchführung

Bei der Periduralanästhesie (PDA) nutzt der Arzt entweder eine Kanüle oder, wie in den meisten Fällen, einen durch eine Kanüle geschobenen Katheter ("Katheterperiduralanästhesie"). Er kann die PDA am sitzenden oder auf der Seite liegenden Patienten vornehmen.

Vor der PDA betäubt der Arzt die Einstichstelle örtlich. Anschließend erfolgt die Punktion, und zwar häufig zwischen dem dritten und vierten Lendenwirbelkörper (L3/L4) oder zwischen dem 2. und 3. (L2/L3). Der Einstichort richtet sich nach dem geplanten Eingriff, da sich je nach Einstichhöhe unterschiedliche Nerven und in der Folge unterschiedliche Körperbereiche betäuben lassen.

Der Arzt schiebt die Punktionsnadel behutsam zwischen die Wirbelkörper vor. In dieser Phase der Periduralanästhesie ist es besonders wichtig, dass der Patient einen runden Rücken macht, damit die Nadel ohne Widerstand bis in den epiduralen Raum vorgleiten kann. Nun führt der Arzt entweder einen Katheter durch die Punktionsnadel ein oder er spritzt das gewählte Medikament direkt über die Nadel. Ein Katheter kann für längere Zeit "liegen bleiben" und ermöglicht es, immer wieder eine gewisse Menge des Betäubungsmittels zu verabreichen.

Die Schmerzen lassen sich durch eine einmalige Injektion ausschalten (sog. Single-Shot- oder Single-Dose-Methode) oder durch eine wiederholte beziehungsweise kontinuierliche Medikamentenabgabe; hierfür eignen sich spezielle Katheter- und Pumpensysteme.

In den blockierten Bereichen verspürt man zunächst Wärme, dann Gefühllosigkeit. Die Nervenfasern, die die Signale zu den Muskeln leiten, sprechen als Letztes auf die Betäubung an. Daher setzt die muskellähmende Wirkung erst ein, wenn das Areal bereits gefühllos ist. Je nach Dosis der Medikamente und je nachdem, welcher Effekt erwünscht und für den Eingriff sinnvoll ist, lassen sich die Muskeln für die Dauer der Operation teilweise oder vollständig lähmen.

Etwa 20 bis 30 Minuten nach der Punktion setzt die schmerzausschaltende Wirkung ein. Örtliche Betäubungsmittel, die häufig im Rahmen einer Periduralanästhesie verwendet werden, sind zum Beispiel die Wirkstoffe

Erfolgt die PDA mittels eines Katheters, lässt sich das Betäubungsmittel mehrmals verabreichen. Die Betäubung kann entweder für die Dauer des Eingriffs aufrechterhalten werden. Andernfalls ist es möglich, durch mehrfaches Nachspritzen die Schmerzen über die Operation hinaus zu lindern (sog. postoperative Schmerztherapie).

Hinweise für Patienten

Vor dem Eingriff

Folgende Hinweise sollten Sie vor einer Periduralanästhesie (PDA) beachten:

  • Mindestens 6 Stunden vor dem Eingriff sollte man keine feste Nahrung zu sich nehmen, in manchen Fällen (bitte mit dem Arzt besprechen) gilt eine längere Nahrungskarenz.
  • Klare Flüssigkeiten wie Wasser (keine Milch!) darf man in gewissen Mengen bis 2 Stunden vor dem Eingriff zu sich nehmen.
  • Raucher sollten das Rauchen spätestens am Vorabend des Eingriffs einstellen.
  • Entfernen Sie sämtlichen Schmuck (auch Piercings), künstliche Haarteile, Kontaktlinsen und herausnehmbare Zahnprothesen.
  • Verzichten Sie auf Make-up oder Nagellack.

Nach dem Eingriff

Tritt eines der folgenden Symptome auf, sollte ein Arzt verständigt werden:

Nach einem ambulanten Eingriff muss der Patient unbedingt von einer Begleitperson nach Hause gebracht werden. Er darf in den folgenden 24 Stunden kein Auto fahren, nicht an laufenden Maschinen arbeiten und keinen Alkohol trinken.

PDA unter der Geburt

Bei der PDA unter der normalen Geburt handelt es sich um einen Sonderfall. Hier geht es nur darum, den Schmerz auszuschalten, die Muskeln werden nicht gelähmt (keine sog. motorische Blockade). Die Schwangere kann sich mit der PDA vor der Geburt frei im Kreisssaal bewegen.

Dank des Katheters lässt sich das Medikament über die PDA im Verlauf der Geburt bei Bedarf erneut einleiten. Häufig bekommt die Gebärende die Möglichkeit, das Medikament selber zu verabreichen – um eine Überdosierung zu vermeiden, ist dies nur in bestimmten Zeitabständen möglich (technisch begrenzt).

Außerdem lässt sich die Dosierung der PDA erhöhen, wenn ungeplant statt einer normalen Geburt ein Kaiserschnitt (Sectio) durchgeführt werden muss. Dann ist keine weitere Narkose nötig, sofern es Mutter und Kind gut genug geht und keine Zeitnot besteht. Für einen sogenannten Notfall-Kaiserschnitt ("Notfall-Sectio"), bei dem das Leben des Kindes oder der Mutter bedroht ist, erfolgt statt einer PDA oder Spinalanästhesie eine Vollnarkose. Sie wirkt direkt und erlaubt somit eine möglichst schnelle Entbindung.

Eine PDA für eine Kaiserschnitt-Geburt zu wählen, hat gegenüber einer Vollnarkose folgende Vorteile:

  • Die Frau ist wach, sie atmet selbstständig und ihre Schutzreflexe (z.B. im Mund-Rachen-Raum) bleiben erhalten.
  • Sie bekommt die Geburt mit.
  • Das Kind wird nicht mit Narkosemedikamenten belastet.

Anwendungsgebiete

Häufige Anwendungsgebiete der Periduralanästhesie (PDA) sind:

  • Schmerzlinderung während der Geburt
  • Schmerzaussschaltung während einer Kaiserschnitt-Operation
  • Schmerzaussschaltung bei Operationen an den Beinen, Füßen oder im Bereich des Beckens
  • postoperative Schmerztherapie
  • Schmerzlinderung nach Traumata (z.B. bei einer Rippenserienfraktur)
  • Behandlung chronischer Schmerzen

In folgenden Situationen beziehungsweise bei folgenden Erkrankungen erfolgt keine PDA:

  • Schockzustände
  • manche Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z.B. ausgeprägte Herzschwäche, Formen der koronaren Herzkrankheit (KHK), schwere Herzklappenfehler)
  • Gerinnungsstörungen (angeborene oder erworbene, etwa durch Einnahme gerinnungshemmender Medikamente bzw. Blutverdünner)
  • manche neurologische Erkrankungen
  • bestimmte Erkrankungen des Rückenmarks wie die sog. Syringomyelie (Höhlenbildung innerhalb des Rückenmarks)
  • bestimmte Wirbelsäulenveränderungen, die das Einführen einer Nadel erschweren oder unmöglich machen
  • Allergie gegen die Betäubungsmittel
  • Hautinfektionen in dem Bereich des Rückens, in den die Nadel eingestochen werden muss
  • Blutvergiftung (Sepsis)
  • erhöhter Hirndruck
  • bestimmte für die jeweilige OP nötige Lagerungen (z.B. extreme Kopftieflage)
  • Der Patient lehnt das Verfahren ab.

Risiken und Komplikationen

Die Risiken und Komplikationen einer Periduralanästhesie (PDA) hängen vor allem damit zusammen, welche örtlichen Betäubungsmittel und in welcher Menge sie zum Einsatz kommen. Sie wirken sich zum Beispiel unterschiedlich auf das Herz-Kreislauf-System aus.

Während der Periduralanästhesie kann der Blutdruck stark sinken. Der Narkosearzt ist auf diese Situation gut vorbereitet und kann mit Medikamenten gegensteuern. Ebenso kann es zu allergischen Reaktionen, einem verlangsamten Puls (Bradykardie) und Atemnot kommen.

Zusätzlich können sich aus der Punktion selbst Komplikationen ergeben, wie etwa

  • Verletzungen der Dura mater mit Verlust von Nervenwasser (Liquor): Kopfschmerzen als mögliche Folge
  • Blutergüsse durch Verletzung einer Vene im Periduralraum (mögliche Komplikation: Erguss drückt Nervengewebe ab)
  • Infektionen
  • Abreißen des Katheters (meist ohne Folgen)
  • Rückenschmerzen

Zu einer direkten Verletzung des Rückenmarks kann es nur bei Punktionen oberhalb des zweiten Lendenwirbels kommen, da das Rückenmark meist etwa auf Höhe des ersten Lendenwirbelkörpers endet. Diese Komplikation ist extrem selten.

Periduralanästhesie im Vergleich zur Vollnarkose

PeriduralanästhesieVollnarkose
örtlich begrenzte Schmerzausschaltung (Nervenbahnen, Gewebe)zentrale Schmerzausschaltung (zentrales Nervensystem / Gehirn)
Wirkung tritt langsam ein (20-30 min)wirkt rasch
waches Bewusstseinfehlendes Bewusstsein; daher nachfolgende Erinnerungslücke
Dauer der Wirkung variabelDauer der Wirkung variabel
die Atmung wird nicht unterdrückt, Patient atmet spontanhäufig keine Eigenatmung; dann muss der Patient beatmet werden (die Beatmung ist hier eine geplante Maßnahme)
Schutzreflexe (z.B. Lidschluss, Schluckreflex) sind vorhandenSchutzreflexe sind eingeschränkt bzw. komplett aufgehoben
Schmerzausschaltung ist nach Beendigung der Operation beliebig verlängerbarSchmerzausschaltung ist nach Ausleitung der Narkose beendet, lässt sich aber durch Medikamente aufrechterhalten