Das Bild zeigt Lebertran-Tabletten, Fisch und Zitrone.
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Lebertran: Wie gesund ist er wirklich?

Von: Dr. rer. nat. Brit Neuhaus (Medizinautorin und Biologin)
Letzte Aktualisierung: 25.11.2021

Lebertran werden zahlreiche gesundheitsfördernde Eigenschaften nachgesagt. Doch wie gesund ist das Öl aus der Leber von Fischen wirklich? Und warum kann die Einnahme größerer Mengen sogar schädlich sein?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was ist Lebertran?

Lebertran ist ein gelbliches, dickflüssiges Öl, das aus der Leber bestimmter Fische – hauptsächlich Kabeljau (Dorsch) und Schellfisch – gewonnen wird. Das unterscheidet Lebertran von anderen Fischölen, die aus dem Fettgewebe verschiedener Tiefseefische, insbesondere Makrele und Hering, stammen. Auch mit dem früher aus dem Fettgewebe von Meeressäugern wie Walen und Robben gewonnenen Tran hat Lebertran nichts zu tun.

Lebertran bzw. Kabeljauleber wird bereits seit dem 18. Jahrhundert zur Behandlung von Rheuma eingesetzt, seit dem 19. Jahrhundert auch zur Vorbeugung und Behandlung der Rachitis bei Kindern. Dass die schwere Knochenerkrankung auf einen Vitamin-D-Mangel zurückzuführen ist, der sich durch den hohen Vitamin-D-Gehalt von Lebertran vermeiden oder ausgleichen lässt, war zu dieser Zeit allerdings noch nicht bekannt. Zudem galt Lebertran bis in die 60er-Jahre als beliebtes Stärkungsmittel. Heutzutage ist das Öl, dessen Geschmack oft als penetrant beschrieben wird, auch in Kapselform erhältlich.

Welche Nährstoffe enthält Lebertran?

Lebertran ist reich an verschiedenen anderen Vitaminen und Nährstoffen, vor allem

Im Vergleich zu Fischöl ist der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren im Lebertran geringer, dafür enthält dieser aber größere Mengen an Vitamin A und D.

Lebertran: Wirkung

Was ist der Nutzen von Lebertran?

Die in Lebertran enthaltenen Vitamine, Spurenelemente und Fettsäuren sind an zahlreichen Prozessen im Körper beteiligt, auf die sich die Einnahme von Lebertran dementsprechend positiv auswirken kann:

  • Omega-3-Fettsäuren sind langkettige mehrfach ungesättigte Fettsäuren und – in kleinen Mengen – für den Körper lebensnotwendig. Sie sind ein wichtiger Baustein aller Körperzellen und können sich positiv auch auf die Blutgerinnung, den Blutdruck und den Fettsäurestoffwechsel auswirken.
  • Vitamin A ist unter anderem wichtig für das Sehen, die Funktion des Immunsystems, den Aufbau und die Regeneration von Haut und Schleimhäuten, die Bildung von Blutzellen, die Knochenmineralisierung und die Fruchtbarkeit.
  • Vitamin D ist vor allem für den Calcium- und Phosphatstoffwechsel und die Mineralisation der Knochen wichtig, aber auch an zahlreichen anderen Vorgängen beteiligt.
  • Vitamin E ist für die Funktion des Immunsystems und die Blutgerinnung entscheidend. Außerdem fängt das Antioxidans freie Radikale ab, also hochreaktive und aggressive chemische Verbindungen, die Schäden an den Zellen verursachen können.
  • Jod wird für die Bildung der Schilddrüsenhormone benötigt. Sie steuern zahlreiche Vorgänge, darunter das Wachstum, die Knochenbildung und den Energiestoffwechsel.

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Studienlage

Was sagt die Wissenschaft?

Es gibt Studien, die den Einfluss von Lebertran auf verschiedene Erkrankungen untersucht haben. Sie liefern Hinweise darauf, dass Lebertran dazu beitragen kann,

Es ist aber wichtig zu beachten, dass es sich mehrheitlich nur um einzelne oder kleine Studien mit geringer Teilnehmerzahl handelt, sodass sich aus den Ergebnissen kein sicherer Beweis für die Wirksamkeit von Lebertran ableiten lässt.

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Lebertran: Risiken

Gibt es Risiken bei der Einnahme von Lebertran?

Die Einnahme von Lebertran kann mit gewissen Risiken verbunden sein. Zudem stellen Vitaminmangelzustände laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Deutschland eher eine Ausnahme dar. Daher besteht bei zusätzlicher Einnahme von Lebertran vor allem für die darin in hoher Konzentration enthaltenen Vitamine A und D die Gefahr einer Überdosierung oder sogar einer Vitamin-Vergiftung.

Eine Vitamin-A-Vergiftung äußert sich beispielsweise durch

Außerdem haben Studien Hinweise geliefert, dass Lebertran aufgrund der hohen Vitamin-A-Konzentration mit einer verringerten Knochendichte, Knochenschäden und einer erhöhten Asthmarate in Verbindung stehen könnte. Bei schwangeren Frauen kann es durch eine übermäßige Vitamin-A-Zufuhr zu Fehlbildungen beim Ungeborenen kommen.

Eine Vitamin-D-Überdosierung begünstigt dagegen die Bildung von Nierensteinen und Nierenverkalkung. Anwendende sollten außerdem berücksichtigen, dass Lebertran mit verschiedenen Umweltgiften, wie beispielsweise Quecksilber und Dioxinen, belastet sein kann.

Lebertran: Tagesbedarf an Vitamin A und D beachten

Wer Lebertran einnimmt, sollte vor allem darauf achten, die empfohlene Tagesdosis von Vitamin A und D nicht zu überschreiten. Entsprechende Angaben zum Vitamin-Gehalt sollten auf dem jeweiligen Produkt angegeben sein. In etwa liefert ein Esslöffel Lebertran (entspricht ungefähr 14 Gramm) 34 Mikrogramm Vitamin D und 4.080 Mikrogramm Vitamin A. Der Tagesbedarf an Vitamin A nach Alter ist in der nachfolgenden Tabelle dargestellt, er liegt für Erwachsene bei etwa 700 bis 850 Mikrogramm. Für Vitamin D empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung eine Höchstmenge von 20 µg pro Tag.

Tagesbedarf an Vitamin A nach Geschlecht und Alter in Mikrogramm (µg)

Jahremännlichweiblich
1-3300300
4-6350350
7-9450450
10-12600600
13-15800700
15-19950800
Erwachsene unter 65850700
Erwachsene ab 65800700
Schwangere-800
Stillende-1.300

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Lebertran: Alternativen

Welche Alternativen gibt es zu Lebertran?

Als Alternative zum Lebertran stehen grundsätzlich verschiedene Nahrungsergänzungsmittel zur Verfügung, die die im Lebertran enthaltenen Vitamine und Omega-3-Fettsäuren in aufgereinigter Form enthalten. Allerdings ist besonders die Einnahme von Vitamin-Präparaten nur dann sinnvoll, wenn tatsächlich ein Mangel vorliegt.

Deshalb ist es ratsam, vor der Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels Rücksprache mit einem*einer Ärzt*in zu halten und bei Bedarf die Vitaminversorgung überprüfen zu lassen. Das gilt vor allem für die fettlöslichen Vitamine A und D, die sich im Körper anreichern und eine Vitamin-Vergiftung auslösen können.