Weißkittelhypertonie: Wenn der Blutdruck in der Praxis zu hoch ist
Eine Ärztin oder ein Arzt hat bei Ihnen erhöhte Blutdruckwerte festgestellt? Das heißt noch lange nicht, dass Ihr Blutdruck dauerhaft erhöht ist. Denn nicht selten steckt hinter erhöhten Messergebnissen eine Weißkittelhypertonie. Was genau bedeutet das?

Inhaltsverzeichnis
Ist der Blutdruck über längere Zeit zu hoch, sind Gegenmaßnahmen angebracht. Denn Bluthochdruck ist ein wichtiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im Extremfall kommt es infolge der erhöhten Werte zu Herzinfarkten und Schlaganfällen.
Von Bluthochdruck spricht man, wenn der Druck in den Arterien mehr als 140 zu 90 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) beträgt. Die genaue medizinische Bezeichnung hierfür lautet arterielle Hypertonie.
Die Weißkittelhypertonie (engl. white coat hypertension) ist eine häufig vorkommende Sonderform von Bluthochdruck. Hierbei sind nur die in der Arztpraxis oder Klinik gemessenen Blutdruckwerte zu hoch. Die zu Hause selbst gemessenen Werte liegen im Normalbereich.
Andere Bezeichnungen für die Weißkittelhypertonie lauten:
- Weißkittelhochdruck
- Weißkittelsyndrom
- Praxishypertonie
- isolierte klinische Hypertonie
Fachleute sprechen auch vom Weißkitteleffekt. Eine mögliche Ursache hierfür ist beispielsweise die Nervosität, die bei manchen Menschen in einer Arztpraxis oder Klinik aufkommt.
Wie lässt sich eine Weißkittelhypertonie feststellen?
Um eine Weißkittelhypertonie nachzuweisen oder auszuschließen, ist eine Blutdruckmessung außerhalb der Praxis oder Klinik sinnvoll. Denn indem man den Blutdruck zu Hause selbt misst, lässt sich der Weißkitteleffekt ausschalten.
Video: Blutdruck messen – wie geht's richtig?
Unterscheiden sich die in der Praxis und zu Hause gemessenen Werte deutlich, kann eine ergänzende Blutdrucklangzeitmessung Klarheit verschaffen: Hierzu wird Ihnen ein Gerät angelegt, das etwa 24 Stunden lang in regelmäßigen Abständen über eine Manschette am Oberarm Ihren Blutdruck misst und die Messwerte speichert.
Anhand der vielen Blutdruckwerte, die diese Blutdruckmessungen liefern, kann die Ärztin oder der Arzt den tatsächlichen Blutdruck zuverlässiger bestimmen als anhand von vereinzelten Praxismessungen. Zudem ermöglichen zusätzliche praxisunabhängige Blutdruckmessungen eine bessere Einschätzung des Herz-Kreislauf-Risikos.
Weißkittelhypertonie erkennen: Warum ist das so wichtig?
Menschen mit Weißkittelhypertonie haben ein niedrigeres Herz-Kreislauf-Risiko, als es die in der Praxis gemessenen Blutdruckwerte vermuten lassen. Das gilt vor allem dann, wenn keine zusätzlichen Risikofaktoren vorliegen – wie Diabetes, Herz-Kreislauf- oder Nierenerkrankungen. Gerade in solchen Fällen sind Medikamente gegen Bluthochdruck in der Regel nicht notwendig.
Wird bei Ihnen nur anhand von Praxismessungen einen Bluthochdruck diagnostiziert, kann es aber passieren, dass Sie irrtümlich blutdrucksenkende Mittel verschrieben bekommen. Wegen der Weißkittelhypertonie bleiben die in der Praxis gemessenen Blutdruckwerte jedoch trotz Behandlung zu hoch. Dann erhöht die Ärztin oder der Arzt eventuell die Dosis oder wechselt zu einem anderen Mittel – Sie schlucken also die ganze Zeit überflüssige Medikamente und riskieren dabei Neben- und Wechselwirkungen.
Wenn ein Bluthochdruck scheinbar auf keine Behandlung anspricht (sog. pseudoresistente Hypertonie), steckt oft eine Weißkittelhypertonie dahinter.
Weißkittelhypertonie – was tun?
Sind die Blutdruckwerte nur situationsbedingt in der Arztpraxis erhöht, ist das Herz-Kreislauf-Risiko geringer als bei Menschen, die auch sonst einen zu hohen Blutdruck haben. Dennoch ist bei einer Weißkittelhypertonie ein gesunder Lebensstil empfehlenswert. Das heißt vor allem:
- sich salzarm ernähren,
- sich ausreichend bewegen,
- eventuell vorhandenes Übergewicht abbauen,
- keinen oder nur wenig Alkohol trinken,
- aufs Rauchen verzichten (oder den Tabakkonsum zumindest einschränken ) und
- Stress verringern.
Wenn neben der Weißkittelhypertonie ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht, kann zusätzlich zur Lebensstiländerung eine Behandlung mit Medikamenten in Betracht kommen.
In jedem Fall sind bei einer Weißkittelhypertonie regelmäßige Nachuntersuchungen ratsam. Das heißt: Lassen Sie Ihren Blutdruck wenigstens einmal jährlich in einer Arztpraxis und außerhalb der Praxis kontrollieren und Ihr Herz-Kreislauf-Risiko prüfen.
Online-Informationen der Deutschen Hochdruckliga e. V. (DHL): www.hochdruckliga.de (Abrufdatum: 14.7.2020)
Arterielle Hypertonie. Online-Informationen des Pschyrembel: www.pschyrembel.de (Stand: August 2018)
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V., Deutsche Hochdruckliga e. V. DHL (Hrsg.): Leitlinien für das Management der arteriellen Hypertonie. Börm Bruckmeier, Grünwald 2013
Weitere Informationen
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Letzte Änderung: 14.07.2020