Eine junge Frau liegt mit starken Kopfschmerzen im Bett
Symbolbild: © Getty Images/ DjelicS

Enzephalitis: Wie kommt es zur Gehirnentzündung?

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 28.02.2024

Eine Enzephalitis ist eine Entzündung des Gehirns, die häufig durch Viren ausgelöst wird. Es ist wichtig, sie rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln, um Folgeschäden und letztlich den Tod zu verhindern. Wie sich eine Enzephalitis äußert und wann eine Gehirnentzündung heilbar ist, lesen Sie hier.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zur Enzephalitis

Neben Kopfschmerzen können bei einer Enzephalitis Benommenheit und Fieber sowie neurologische Symptome wie Sprachstörungen, Verwirrtheit, Krampfanfälle und Lähmungen auftreten.

Wie gut sich eine Enzephalitis behandeln lässt, ist abhängig von der Ursache und ob diese gefunden wird. Auch ein schneller Therapiebeginn ist wichtig. Die Gehirnentzündung kann sowohl mild verlaufen und folgenlos abheilen, als auch lebensbedrohlich sein und dann unter Umständen tödlich enden.

Wie lange eine Gehirnentzündung dauert, lässt sich pauschal nicht beantworten und ist hängt von der Ursache ab. Die Heilung kann sich jedoch lange hinziehen. Manche Betroffene erholen sich gar nicht mehr vollständig.

Was ist eine Enzephalitis?

Bei einer Gehirnentzündung sind das Gehirn oder Teile davon entzündet. Dadurch kommt es zu Funktionsstörungen, welche sich anhand neurologischer oder kognitiver Symptome bemerkbar machen. Die Betroffenen können beispielsweise Verhaltens- und Denkstörungen aufweisen. 

Zu akuten Gehirnentzündungen kommt es in der Regel aufgrund von Infektionen. Aber auch autoimmune Reaktionen können eine Enzephalitis auslösen. Bestehende Autoimmunerkrankungen, etwa Multiple Sklerose (MS), können eine chronische Entzündung des Gehirns auslösen. Auch eine HIV-Erkrankung kann mit chronischer Enzephalitis einhergehen.

Sind zusätzlich die Gehirnhäute entzündet, sprechen Fachleute von einer Meningoenzephalitis.

Zu einer Enzephalitis kann es in jedem Alter kommen. Besonders häufig betroffen sind jedoch Kinder und Jugendliche sowie alte und immunschwache Menschen.

Wie äußert sich eine Enzephalitis?

Häufig entwickeln sich bei Menschen mit einer Enzephalitis zunächst unspezifische Symptome. Möglich sind etwa:

Anschließend kommt es zu den typischen Beschwerden einer Enzephalitis:

  • Sprachstörungen
  • Lähmungserscheinungen
  • Koordinationsschwierigkeiten
  • Krampfanfälle
  • Verwirrtheit
  • Bewusstseinsstörungen
  • Koma

Sind auch die Hirnhäute von der Entzündung betroffen, kommen Nackenschmerzen und Nackensteifigkeit hinzu. 

Je nach Ursache können andere Beschwerden auftreten. So verursacht eine Infektion

  • mit Herpesviren vor allem Sprachstörungen,
  • bei Enteroviren stehen Muskelzuckungen und Zittern im Vordergrund
  • und bei Arboviren Bewegungsstörungen.

Autoimmun-Enzephalitis

Bei einer Autoimmun-Enzephalitis stehen meist die neurologischen Beschwerden wie Krampfanfälle, Konzentrationsprobleme, Bewegungsstörungen und Verhaltensänderungen im Vordergrund. Krankheitsanzeichen wie plötzlich auftretendes, hohes Fieber sprechen eher für eine akute Infektion als eine autoimmune Reaktion.

Symptome bei Babys

Bei Säuglingen und kleinen Kindern äußert sich eine Enzephalitis unter Umstände durch folgende Symptome:

  • Trinkschwäche
  • Reizbarkeit
  • Teilnahmslosigkeit
  • Krämpfe

Warnsignale einer Enzephalitis

Da ein schneller Therapiebeginn ausschlaggebend für die Heilung einer Gehirnentzündung ist, sollte bereits bei folgenden Symptomen so schnell wie möglich ärztliche oder notärztliche Hilfe gesucht werden:

  • hohes Fieber
  • Bewusstseinstrübung
  • Übelkeit
  • Kopfschmerzen

Enzephalitis: Wie entsteht eine Gehirnentzündung?

Am häufigsten liegt einer Gehirnentzündung eine Infektion mit einem Krankheitserreger zugrunde. Verschiedene Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten können ins zentrale Nervensystem vordringen, dort Zellen schädigen und zu einer Entzündung führen. 

Eine Enzephalitis kann jedoch auch durch eine Autoimmunerkrankung ausgelöst werden. In diesem Fall bildet das Immunsystem Antikörper, welche die Zellen im Gehirn angreifen und so zu einer chronischen Entzündung führen. Manchmal lösen eine Krebserkrankung, eine Infektion oder ein Impfstoff eine solche Autoimmunreaktion aus.

Auslöser einer infektiösen Enzephalitis

In 70 Prozent der Fälle handelt es sich bei den Erregern einer infektiösen Gehirnentzündung um Viren. 

In Deutschland lösen am häufigsten Herpesviren eine Gehirnentzündung aus. Wer sich einmal mit ihnen infiziert hat, trägt die Erreger lebenslang im Körper. Sie können später reaktiviert werden. Bei immungeschwächten Personen können die Viren in seltenen Fällen zu Komplikationen wie einer Gehirnentzündung führen. Manchmal kommt es auch schon bei der Erstinfektion mit Herpesviren zur Enzephalitis. Auch Neugeborene können sich bei der Geburt bei der Mutter anstecken und eine Gehirnentzündung entwickeln.

Zu den Herpesviren gehören beispielsweise:

  • Herpes-simplex-Viren, die beispielsweise Lippenherpes auslösen
  • Varizella-Zoster-Viren, die Erreger der Windpocken und der Gürtelrose
  • Epstein-Barr-Viren, die das Pfeiffersche Drüsenfieber verursachen
  • Cytomegalieviren, mit denen 60 bis 90 Prozent aller Erwachsenen asymptomatisch infiziert sind, das aber für Immungeschwächte und Neugeborene gefährlich werden kann

Weiterhin können in seltenen Fällen auch andere Viren auf das zentrale Nervensystem übergehen und als Komplikation eine Gehirnentzündung auslösen. Dazu gehören:

Enzephalitis durch Bakterien, Pilze und Parasiten

Auch Bakterien können eine Gehirnentzündung auslösen. Meist ist das der Fall, wenn eine bakterielle Meningitis (Hirnhautentzündung) auf das Gehirn übergeht. Ursächlich sein können beispielsweise Meningokokken, Listerien oder Tuberkulosebakterien.

Pilze können im Rahmen einer Kryptokokkose zu einer Enzephalitis führen. Die Infektion mit dem Hefepilz wird durch Vogelkot übertragen und betrifft in der Regel stark immungeschwächte Menschen.

Zu den Parasiten, die zu einer Entzündung des Gehirns führen können, zählen Einzeller wie Toxoplasma gondii und Würmer wie der Schweinebandwurm.

Ansteckung bei Enzephalitis

Die meisten Erreger werden über eine Tröpfcheninfektion übertragen, also etwa beim Husten oder Sprechen. Dies ist beispielsweise bei Herpesviren oder Mumpsviren der Fall. Nur in sehr seltenen Fällen kommt es daraufhin jedoch zur Gehirnentzündung. Primär lösen die meisten dieser Erreger andere Erkrankungen aus. Die Enzephalitis ist dann eine Komplikation, die häufig besonders immunschwache Personen betrifft. Gegen viele Erreger existieren zudem Impfungen.

Auch eine Übertragung von Erregern über

  • Zecken (FSME),
  • Mücken (West-Nil-Fieber und Japanische Enzephalitis) oder über
  • Tierbisse (Tollwut) ist möglich.

Enzephalitis: Therapie der Gehirnentzündung

Eine Enzephalitis macht eine intensivmedizinische Betreuung im Krankenhaus nötig. Da Viren die Hauptursache einer Gehirnentzündung sind, wird bis zur sicheren Diagnose immer mit einem antiviralen Medikament (Virostatika) behandelt. In der Regel handelt es sich dabei um Aciclovir. Falls beispielsweise Herpesviren die Ursache sind, kann dieses Vorgehen entscheidend für das Überleben der Betroffenen sein.

Sind Bakterien die Auslöser einer Enzephalitis, werden Antibiotika verabreicht, bei Pilzen Antimykotika.

Löst eine Autoimmunreaktion die Entzündung des Gehirns aus, können hoch dosierte Glukokortikoide oder Immunglobuline verabreicht werden. Mitunter werden die Autoantikörper mithilfe einer Blutwäsche vorübergehend aus dem Körper entfernt.

Bei einigen Erregern wie Enteroviren ist nur eine symptomatische Behandlung möglich, beispielsweise mit Schmerzmitteln.

Enzephalitis: Wie wird sie festgestellt?

Es ist äußerst wichtig, den Grund für eine Enzephalitis zu finden, damit rasch eine entsprechende Behandlung eingeleitet werden kann. Um die Ursache enger eingrenzen zu können, müssen zunächst folgende Fragen geklärt werden:

  • Fanden Reisen in Gebiete von Erregern wie dem West-Nil-Virus statt?
  • Gab es Tierkontakte?
  • Kam es kürzlich zu Zecken- oder Mückenstichen?
  • Welche Impfungen liegen vor?

Weitere Untersuchungen

Anschließend erfolgen weitere Tests und Untersuchungen. Dazu zählen:

  • Blutuntersuchung: Ermittelt werden beispielsweise die Entzündungswerte, die jedoch nicht in jedem Fall erhöht sein müssen. Gesucht wird auch nach spezifischen Antikörpern. So lässt sich beispielsweise häufig der Erreger der Frühsommer-Enzephalitis (FSME) nachweisen.

  • Liquoruntersuchung: Mittels PCR-Test lassen sich im Nervenwasser (Liquor) Erreger entweder direkt nachweisen oder über Antikörper bestimmen.  Das Nervenwasser wird dem Rückenmarkskanal bei einer Lumbalpunktion der Wirbelsäule entnommen.

  • Bildgebende Verfahren: Mithilfe einer Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) lassen sich manchmal Auffälligkeiten im Bereich des Gehirns feststellen und Entzündungen nachweisen. Außerdem können bestimmte andere Erkrankungen ausgeschlossen werden.

  • Messung der Gehirnströme: Ein Elektroenzephalogramm (EEG) wird vor allem gemacht, wenn die betroffene Person Krampfanfälle hat.

Nicht immer kann die Ursache für die Gehirnentzündung gefunden werden.

Enzephalitis: Verlauf und Prognose einer Gehirnentzündung

Eine akute Gehirnentzündung entwickelt sich schrittweise über mehrere Tage. Verlauf und Prognose hängen stark vom jeweiligen Auslöser, vom betroffenen Hirnbereich sowie vom Alter und Gesundheitszustand der Patient*innen ab.

Sind Herpes-simplex-Viren die Ursache, verschlechtert sich der Zustand der betroffenen Person meist rasch. Unbehandelt verläuft die Infektion in rund 70 Prozent der Fälle tödlich. Bei Behandlung mit Virostatika überleben mehr als 80 Prozent der Betroffenen.

Bei FSME sieht die Prognose deutlich besser aus. Behandelte Infektionen verlaufen in nur rund 2 Prozent der Fälle tödlich.

Dagegen gar nicht heilbar ist die in seltenen Fällen auftretende subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE). Sie tritt in einem von 1.000 Fällen etwa sechs bis acht Jahre nach einer Maserninfektion und verläuft fast immer tödlich.

Komplikationen und Langzeitfolgen

Eine potenziell lebensbedrohliche Komplikation bei einer Enzephalitis ist ein Hirnödem. Dabei schwillt das Gehirn an, was letztlich zum Hirntod führen kann. Auch Krampfanfälle und eine Sepsis können auftreten.

Eine Gehirnentzündung kann folgenlos abheilen. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen bleiben jedoch Schäden zurück, weil Nervenzellen zerstört wurden. Langfristige Konzentrations- oder Sprachprobleme sowie häufig auftretende epileptische Anfälle können die Folgen sein. Seltener treten auch Verhaltensauffälligkeiten auf.

Bei Kindern mit Enzephalitis kann es zur Entwicklungsverzögerung und manchmal zu einem Hydrocephalus (Wasserkopf) kommen.