Das Bild zeigt einen Jungen mit Büchern.
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Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS)

Von: Onmeda-Redaktion, Astrid Clasen (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 10.12.2021

Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS) ist eine sogenannte Teilleistungsstörung, bei der die Entwicklung der Lese- und Schreibfähigkeiten gestört ist: Legastheniker haben also Schwierigkeiten, Gehörtes richtig zu schreiben und Geschriebenes zu lesen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Berücksichtigt man auch leichte Fälle von Legasthenie, so sind rund zehn Prozent der Bevölkerung Legastheniker – Jungen etwa doppelt so häufig wie Mädchen. Doch nicht jedes Kind mit Leseschwäche oder Rechtschreibschwäche ist legasthenisch: Um eine echte Lese-Rechtschreib-Schwäche handelt es sich nur dann, wenn die Probleme beim Lesen und Schreiben nicht durch eine verminderte Intelligenz, Krankheit oder mangelnde Förderung bedingt ist.

Als mögliche Ursachen für die Legasthenie gelten erbliche Faktoren oder Schädigungen während der Schwangerschaft und Geburt, die die Informationsverarbeitung im Gehirn beeinflussen. Das Elternhaus und das Umfeld der Kinder dagegen haben für die Entstehung einer Lese-Rechtschreib-Schwäche nur wenig Bedeutung.

Meist fallen legasthenische Kinder in der Schule dadurch auf, dass sie eigentlich gute schulische Leistungen erbringen – außer beim Lesen und Schreiben. Oft sind es die Eltern, die die ersten Anzeichen einer Legasthenie bei ihrem Kind bemerken. Um festzustellen, ob hinter den Lernschwierigkeiten wirklich eine Lese-Rechtschreib-Schwäche steckt, steht ein speziell entwickelter LRS-Test zur Verfügung.

Kinder mit Legasthenie sind der Regel in der Schule großen Belastungen ausgesetzt: Die schlechten Noten in den schulischen Teilbereichen, in denen sich die Lese-Rechtschreib-Schwäche am meisten auswirkt, können zu einer allgemeinen Schulunlust führen, die dann alle schulischen Leistungen gefährdet. Wer legasthenisch ist, hat außerdem bis ins Jugendalter ein höheres Risiko, emotionale Störungen zu entwickeln.

Daher ist es wichtig, eine Legasthenie so früh wie möglich zu erkennen, denn: Erhalten Kinder mit LRS eine rechtzeitige Förderung, können sie ihre Lese- und Rechtschreibfähigkeiten deutlich verbessern – eine leichte Lese- und Rechtschreibschwäche lässt sich oft völlig beheben und eine schwere Legasthenie zumindest ausgleichen. Außerdem können Lehrer eine diagnostizierte Legasthenie bei der Benotung und Versetzung berücksichtigen. So sind eine schulische Ausbildung und ein normaler beruflicher Werdegang trotz Lese-Rechtschreib-Schwäche möglich.

Definition

Die Legasthenie oder Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) ist eine bestimmte (d.h. eine genau umgrenzte) Störung in der Entwicklung der Lese- und Schreibfähigkeiten. Diese Entwicklungsstörung gehört zu den sogenannten Teilleistungsstörungen, zu denen auch die Rechenschwäche (Dyskalkulie) zählt. Eine Teilleistungsstörung in den Bereichen Lesen und Rechtschreiben liegt per Definition vor, wenn folgende Punkte erfüllt sind:

  • Benotung mit der Note 5 oder 6 im Fach Deutsch. Die wissenschaftliche Definition lautet: Die schulische Bewertung ist schlechter als bei 97 Prozent der vergleichbaren Schulkinder.
  • Die Schwäche des Kindes in dem Fach ist nicht auf eine verminderte Intelligenz zurückzuführen.
  • Die Entwicklungsstörung ist spätestens bis zum fünften Schuljahr aufgefallen. Zeigen sich in späteren Klassenstufen ähnliche Probleme, liegt wahrscheinlich eine andere Ursache vor.
  • Das Kind ist bisher normal unterrichtet worden. Ist ein Kind schlecht im Lesen oder Schreiben, weil es die Schule versäumt oder mangelhaften Unterricht bekommen hat, ist meist keine Teilleistungsstörung festzustellen.
  • Das Kind hört und sieht gut und hat keine Erkrankung, die eine erfolgreiche Mitarbeit im Unterricht verhindert. Eine Teilleistungsstörung liegt auch nicht vor, wenn das Kind zum Beispiel schon einmal lesen konnte, aber diese Fähigkeit durch eine Erkrankung wieder verloren hat.

Um die für Legasthenie typische Leseschwäche (Dyslexie) oder Rechtschreibschwäche (Agraphie) verstehen zu können, ist der Vergleich mit einer anderen Störung hilfreich – der Farbenblindheit: In Bezug auf die Gesundheit und die Intelligenz unterscheiden sich Farbenblinde in keiner Weise von ihren Mitmenschen. Das einzig Auffällige ist, dass sie die Farben Rot und Grün nicht unterscheiden können. Neben ansonsten ganz normal ausgebildeten Fähigkeiten haben sie also eine klar umgrenzte Schwäche.

Ähnlich ist die Legasthenie zu verstehen: Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwäche verhalten sich in allen anderen Bereichen nicht anders als ihre Mitschüler. Legastheniker sind nur nicht fähig, so gut zu schreiben und zu lesen wie die anderen.

Doch unser Alltag verlangt viel häufiger, mit Buchstaben umzugehen, als Rot und Grün zu unterscheiden. Daher wirkt sich eine Legasthenie viel stärker auf das Leben der Betroffenen aus. Jemand, der nicht so schnell lesen lernt wie die Kinder im gleichen Alter, gilt oft als dumm oder faul. Die wegen ihrer Lese-Rechtschreib-Schwäche auffälligen Kinder sind daher oft einem starken Druck ausgesetzt und können mitunter bleibende seelische Schäden entwickeln.

Ursachen

Worin eine Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS) ihre Ursachen hat, ist nicht vollständig bekannt. Möglicherweise treffen mehrere Einflüsse aufeinander, die zusammen zur Entwicklung der Lese- und Rechtschreibschwäche führen (sog. multifaktorielle Genese).

Vermutlich ist bei der Legasthenie die Verarbeitung sprachlicher und visueller Informationen im Gehirn gestört: Über unsere Sinne nehmen wir ständig unsere Umwelt wahr. Das Gehirn vergleicht diese Informationen mit dem bereits Erlernten, sortiert Unwichtiges aus und verarbeitet Wichtiges weiter, speichert es ab und wendet es bei Bedarf an.

Die Teile des Gehirns, die dies in Bezug auf Buchstaben oder Zahlen leisten, funktionieren bei einer Legasthenie nicht richtig. Daher können Menschen mit Lese-Rechtschreib-Schwäche (mit den Augen wahrgenommene) Schrift nicht in die (über das Ohr erworbene) gesprochene Sprache übertragen. Mögliche Ursachen dafür sind etwa Schädigungen der linken Hirnhälfte während der Schwangerschaft oder Geburt (die linke Hirnhälfte ist bei den meisten Menschen für Sprachverständnis und Sprachbildung verantwortlich).

Außerdem kommen für eine Legasthenie erbliche Ursachen infrage: Dass man die Anlage für die Lese-Rechtschreib-Schwäche (d.h. die Möglichkeit, von LRS betroffen zu sein) erben kann, zeigt sich darin, dass Legastheniker – ebenso wie Menschen mit anderen Teilleistungsstörungen – innerhalb von Familien gehäuft vorkommen. Bei Kindern mit schwerer Lese- und Rechtschreibschwäche ist häufig ein bestimmter Träger der Erbanlage (d.h. ein bestimmtes Gen: das sog. DCDC2-Gen) verändert. Das LRS-Risiko steigt damit um das bis zu Fünffache. Wie genau das Gen zur Legasthenie beiträgt, ist noch nicht geklärt. Es dürfte aber besonders wichtig für die Verarbeitung von Sprachinformationen beim Schreibprozess sein.

Emotionale und soziale Umstände gelten hingegen nicht als Legasthenie-Ursachen. Allerdings können sie (mit) entscheiden, wie ausgeprägt die Entwicklungsstörung ist: Finden Legastheniker in der Familie oder in der Schule nicht die notwendige Unterstützung und erhalten sie zu wenig Förderung ihrer schwachen Stellen, kann dies die Lese-Rechtschreib-Schwäche verstärken.

Symptome

Eine Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS) ist durch Symptome einer gestörten Entwicklung der Lese- und Schreibfähigkeiten (sog. Teilleistungsstörung) gekennzeichnet. Als Folge dieser Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben und der typischerweise damit verbundenen Probleme (wie schulischer Druck, Versagensängste, verständnislose Reaktionen der Umwelt) können Legastheniker zusätzliche Symptome entwickeln. Dazu gehören:

  • Schulprobleme in anderen Fächern, in denen Lesen und Schreiben eine Rolle spielen (z.B. in Fremdsprachen)
  • Verlust der Freude am Lernen
  • vermindertes Selbstwertgefühl
  • Schulangst
  • psychosomatische Beschwerden (wie Übelkeit, Bauchschmerzen)
  • allgemeine Lustlosigkeit
  • aggressives Verhalten

Leseschwäche (Dyslexie)

Bei Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS) treten die Symptome für die beeinträchtigte Entwicklung der Lesefähigkeit meistens im ersten Schuljahr zutage. Diese Leseschwäche (Dyslexie) verbessert sich jedoch in der Regel mit zunehmendem Alter. Die Probleme beim Lesen zeigen sich typischerweise wie folgt:

  • Legastheniker haben Startschwierigkeiten beim Vorlesen, zögern lange oder verlieren die Zeile im Text,
  • sie lesen langsam,
  • betonen den Text ungenau,
  • vertauschen Wörter im Satz oder Buchstaben in den Wörtern.

Die Dyslexie macht es außerdem schwierig, den Text zu verstehen: Menschen mit Legasthenie können Gelesenes schlechter wiedergeben und Zusammenhänge nicht erkennen. Solche Symptome einer Leseschwäche sind jedoch noch kein Nachweis einer echten Lese-Rechtschreib-Schwäche: Bei der Beurteilung der Lesefähigkeit sind stets das Alter und der schulische Entwicklungsstand der Kinder zu berücksichtigen.

Rechtschreibschwäche (Agraphie)

Leseprobleme sind bei Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS) nicht die einzigen Symptome – neben der Lese- besteht auch eine Rechtschreibschwäche (Agraphie): Für die meisten Legastheniker ist die beeinträchtigte Rechtschreibung das größere Problem, da die Leseschwäche in der Regel mit zunehmendem Alter abnimmt.

Besonders kennzeichnend sind die mit einer Legasthenie verbundenen Symptome der Rechtschreibschwäche nicht: Die Betroffenen machen keine bestimmte Art von Fehlern, an denen ihre Legasthenie zu erkennen ist. Wichtig ist also nicht, welche Rechtschreibfehler Legastheniker machen, sondern wie oft diese Fehler auftreten. Jedoch sind bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche folgende Probleme beim Schreiben häufig:

  • Reversionen: Innerhalb eines Worts sind Buchstaben verdreht, besonders oft bei den Buchstabenpaaren b-d und p-q.
  • Reihenfolgefehler: In einem Wort sind die Buchstaben umgestellt.
  • Es fehlen einzelne Buchstaben oder Wortteile.
  • Die Betroffenen fügen falsche Buchstaben oder Wortteile ein.
  • Regelfehler: Es liegen Fehler in der Groß- und Kleinschreibung sowie Dehnungsfehler vor.
  • Wahrnehmungsfehler: Die Betroffenen verwechseln ähnlich klingende Buchstaben, etwa d-t oder g-k.
  • Fehlerinkonstanz: Auch nach angestrengtem Üben schreiben die Betroffenen dasselbe Wort immer wieder unterschiedlich falsch.

Vor allem bei Diktaten und Aufsätzen fällt eine Legasthenie auf, da sich die Rechtschreibschwäche hier deutlich zeigt. Einen Text fehlerlos abzuschreiben kann trotz Lese-Rechtschreib-Schwäche fehlerlos gelingen. Außerdem können Kinder mit LRS die Wörter korrekt aussprechen und trotzdem falsch schreiben. Doch Legastheniker haben oft schon im Vorschulalter Schwierigkeiten, das Alphabet aufzusagen, Buchstaben zu benennen, Laute zu unterscheiden und Wortreime zu bilden.

Beispiel für Rechtschreibstörungen bei einer Legasthenie

FehlerKommentar
Der Schmecklg (Der Schmetterling) 
Nech ist schnr, alls in Sonne Lisch (Nichts ist schöner, als im Sonnenlicht)Verbleiben auf dem phonetischen Prinzip: etwa als - alls
hasch schu spilen. Mon punden Fugle (Häschen zu spielen. Meine bunten Flügel)Auditive Gestaltwahrnehmung: Kontamination: Tausend Blüten - Tausenbeden
tagen mis üpen geser Bar (tragen mich über den glitzernden Bach)Speicherschwäche: Erkennbar an Schwierigkeiten, Wortbilder zu behalten: dort - dorn
su der wise. Tausenbeden aden dorn (zu der Wiese. Tausend Blüten halten dort)Sequenzierungsschwäche: breid, Fugle, Schmecklg
die suß Nega fur us breid. (den süßen Nektar für uns bereit.)In der Spontansprache ersetzt dieser Legastheniker das Sch durch S – Auswirkung auf die Schriftsprache beispielsweise mis

Diagnose

Bei einer Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS) kann die Diagnose – wie bei anderen Teilleistungsstörungen – nur im Zusammenwirken von Psychologen, Fachärzten, Lehrern und Eltern gelingen.

Um eine Lese-Rechtschreib-Schwäche zu diagnostizieren, überprüft man zunächst die Fähigkeiten im Lesen und Schreiben. Dazu dienen einfache Aufgaben – wie das Schreiben eines Diktats, das Vorlesen einer Leseprobe oder ein speziell zum Nachweis der Legasthenie entwickelter Test: Beim LRS-Test tritt eine mögliche Lese- oder Rechtschreibschwäche deutlich zutage. Anschließend kann man durch folgende Schritte feststellen, ob eine Teilleistungsstörung im Sinne einer Legasthenie vorliegt:

Befragung: Als Erstes ist zur Legasthenie-Diagnose eine umfassende Befragung nötig, bei der unter anderem folgende Punkte zu klären sind:

  • Entwicklung des Kindes
  • Stationen der bisherigen Schullaufbahn
  • Art und Weise, in der das Kind seine Hausaufgaben erledigt (einschließlich möglicher Probleme bei den Hausaufgaben)
  • Gefühle und Motivation des Kindes während des Besuchs der einzelnen Klassenstufen

Intelligenztest: Wenn man ein Kind auf eine mögliche Legasthenie testet, ist es auf jeden Fall ratsam, auch seine Intelligenz zu testen. Bei einer Lese- und Rechtschreibschwäche ist dieser Test wichtig, um auszuschließen, dass statt einer echten Legasthenie eine verminderte Intelligenz hinter den schlechten Leistungen in der Schule steckt.

Ärztliche Untersuchung: Hierbei ist sicherzustellen, dass das Kind gut hören und sehen kann und auch sonst keine Krankheit hat, die anstelle einer Legasthenie für die schulischen Probleme verantwortlich sein könnte. Eventuell untersucht der Arzt noch die Gehirnströme über ein EEG, um hier andere Ursachen für die Lese-Rechtschreib-Schwäche auszuschließen: Bei einem echten Legastheniker sind hier in der Regel keine Auffälligkeiten zu erkennen.

Untersuchung auf andere Teilleistungsstörungen: Bei Verdacht auf eine Legasthenie ist es zur weiteren Diagnose ratsam, auch andere Teilleistungen des Kindes zu beurteilen. Dazu sind unter anderem folgende Fragen abzuklären:

  • Wie weit ist die Sprache des Kindes entwickelt?
  • Wie ist seine bewegliche Geschicklichkeit einzuschätzen (motorische Diagnostik)?
  • Kann sich das Kind gut konzentrieren?

Therapie

Bei einer Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS) ist eine rechtzeitige Therapie wichtig: Wenn Ihr Kind Anzeichen für eine Lese- und Rechtschreibschwäche zeigt, lassen Sie also am besten abklären, ob es sich um eine echte Legasthenie handelt, damit die Behandlung so früh wie möglich beginnen kann.

Zu empfehlen sind für Legastheniker ein bis zwei Stunden Einzeltherapie pro Woche etwa ab der zweiten Klasse.

Grundsätzlich sind bei der Legasthenie zur Therapie die gleichen Maßnahmen geeignet wie bei einer Rechenschwäche (Dyskalkulie):

  • Die betroffenen Kinder, deren Eltern und Lehrer erhalten eine ausführliche Aufklärung zur Bedeutung der Legasthenie. Ein verständnisvoller Umgang mit der Teilleistungsstörung hilft, die seelische Belastung der Legastheniker zu vermindern.
  • Der Therapeut bespricht Hilfsmaßnahmen mit den Eltern und Lehrern. Dazu gehören wichtige Tipps für den Umgang mit von Legasthenie betroffenen Kindern: auf die Stärken der Kinder achten, diese hervorheben, fördern und schon kleine Erfolge loben.
  • Legastheniker erhalten weitere schulische und sonstige Unterstützung wie Förderkurse, Rücksichtnahme bei der Benotung und Versetzung. Dabei sollte das Grundgesetz Artikel 3 konsequente Anwendung finden: Niemand darf wegen einer Behinderung benachteiligt werden. Wenn die Legasthenie außerschulische Fördermaßnahmen nötig macht, ist es möglich, eine finanzielle Unterstützung durch das jeweilige Bundesland zu beantragen.
  • Gegen die Legasthenie helfen spezielle Übungen im Lesen oder Schreiben. Bei diesen zur LRS-Behandlung geeigneten Übungen kommen verschiedene Techniken zum Einsatz, wie etwa Lesen lernen mit einer Handzeichensprache, Computerprogramme oder die Verwendung von rhythmischen Hilfen.
  • Des Weiteren ist es ratsam, psychische Begleitstörungen zu behandeln und Techniken zur Fehlerkontrolle und Selbstbestärkung zu vermitteln.

Allerdings bleiben Teilleistungsstörungen wie die Legasthenie noch immer häufig unerkannt und somit unbehandelt. Aufgrund der weitreichenden Folgen plädieren manche Fachleute daher für eine Früherkennung bereits im Vorschulalter oder zumindest in der ersten Klasse und dafür, dass Kinder mit einer möglichen LRS eine vorbeugende frühe Förderung erhalten.

Verlauf

Eine Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS) kann sich im weiteren Verlauf durch eine gezielte Förderung erheblich verbessern: In der Regel haben entsprechend geförderte Legastheniker mit der Zeit deutlich weniger Schwierigkeiten beim Lesen. Die Rechtschreibschwäche bei Legasthenie kann jedoch auch für ältere Kinder und Erwachsene noch ein Problem sein.

Allerdings kann sich auch eine frühzeitig erkannte und behandelte Legasthenie ungünstig auf den Verlauf der schulischen Ausbildung auswirken.

Kinder mit Legasthenie machen trotz Förderung meist häufiger Fehler beim Lesen und Schreiben als ihre Mitschüler. Außerdem ist für legasthenische Kinder ein langsameres Arbeitstempo typisch. So erreichen nur etwa 25 Prozent der Legastheniker während der Grundschulzeit das gleiche Leistungsniveau wie ihre Mitschüler. Je schwerer eine Lese-Rechtschreib-Schwäche im Einzelfall ausgeprägt ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines Schulabbruchs. Außerdem sinken im gleichen Verhältnis die Chancen auf eine qualifizierte Berufsausbildung.

Die weitere Schullaufbahn ist für Schüler mit Legasthenie besonders schwierig. In den höheren Klassenstufen müssen sich Legastheniker oft noch unbekannte Wörter mühsam erlesen und brauchen vielerlei Merkhilfen und Eselsbrücken, um die Auswirkungen der Lese-Rechtschreib-Schwäche gering zu halten. Dadurch geraten sie bei schriftlichen Aufgaben oft unter erheblichen Zeitdruck. Legastheniker machen mehr Fehler, ihre Schrift verschlechtert sich und ihre Konzentrationsfähigkeit nimmt schneller ab. Auch das spätere Erlernen einer Fremdsprache ist durch die Lese- und Rechtschreibschwäche erschwert.

Durch all das ist eine Legasthenie für die betroffenen Kinder seelisch sehr belastend – und das kann Folgen haben:

  • Zuerst ist oft das Selbstwertgefühl gemindert.
  • Die ständigen Misserfolge infolge der Legasthenie führen zu einem Motivationsverlust, manchmal sogar zu einer regelrechten Schulangst.
  • Mit der Zeit lassen auch die Leistungen in den anderen Fächern nach, in denen die Kinder sonst normale Noten erreichen.
  • Manche Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwäche reagieren mit depressiven oder aggressiven Verhaltensänderungen auf die Dauerbelastung.
  • Nicht selten treten infolge der LRS auch psychosomatische Beschwerden wie Bauchschmerzen und Panikattacken vor Prüfungen auf.

Vorbeugen

Einer Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS) können Sie nicht vorbeugen: Legastheniker haben eine komplexe Störung, deren Ursachen zum Teil erblich bedingt sind. Darum lässt sich das Auftreten der Störung nicht verhindern. Allerdings wirkt sich bei Kindern mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche eine frühzeitige Förderung durch spezielles Training positiv auf die spätere Leistung beim Lesen und Rechtschreiben aus.

Daher ist es besonders wichtig, eine mögliche Legasthenie bereits im Vorschulalter zu erkennen, um die Förderung möglichst frühzeitig einzuleiten.