Frau bei einer Joggingrunde
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Stoffwechsel anregen: Geht das überhaupt?

Von: Brit Weirich (Medizinautorin, M.A. Mehrsprachige Kommunikation)
Letzte Aktualisierung: 12.01.2024

Stoffwechsel ist ein beliebtes Schlagwort – vor allem, wenn es ums Abnehmen geht. So werben viele Hersteller mit Produkten und Programmen, die den Stoffwechsel anregen sollen. Dadurch werden Kalorien angeblich effizienter verbrannt. Doch so einfach ist das nicht. Der menschliche Stoffwechsel ist ein komplexer Prozess, der von vielen Faktoren beeinflusst wird. Wie funktioniert er? Und lässt er sich wirklich steuern, um einen Gewichtsverlust zu erzielen?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Stoffwechsel: Was ist das und wie funktioniert er?

Der Organismus nimmt bei der Atmung und durch die Ernährung Stoffe auf und verarbeitet sie in seinen Zellen weiter. Er baut sie ab, um und wieder neu auf, damit er sie für seine Bedürfnisse nutzen kann. Diese biochemischen Prozesse innerhalb der Zellen werden als Stoffwechsel oder Metabolismus bezeichnet. Darunter fällt beispielsweise auch die Verarbeitung von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen. Deshalb spielt der Stoffwechsel auch beim Abnehmen eine Rolle.

Allgemein gehören zu den Stoffwechselprozessen

  • die Atmung,
  • die Aufnahme von Nährstoffen über Essen und Trinken,
  • die Verwertung von Nährstoffen,
  • die Herstellung von Abfallprodukten aus der Nahrung (z. B. Harnstoff) und
  • die Ausscheidung von Abfallprodukten (z. B. mit dem Urin).

All die Stoffe, die der Mensch mit der Nahrung aufnimmt – zum Beispiel Vitamine, Kohlenhydrate oder Mineralstoffe –, werden entweder sofort verarbeitet oder zunächst gespeichert. Auf diese Weise kann der Körper seine Funktionen aufrechterhalten – auch, wenn er mal für eine gewisse Zeit auf Nahrungsnachschub warten muss.

Wie hängen Verdauung und Stoffwechsel zusammen?

Der Stoffwechsel ist nicht mit der Verdauung zu verwechseln. Vielmehr ist die Verdauung ein Teil – und die Grundvoraussetzung – des Stoffwechsels. Denn durch die Verdauung werden die einzelnen Nährstoffe wie Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett in kleinere Einheiten zersetzt. Diese Einzelteile werden dann über die Blutbahn weiter transportiert, zum Beispiel in die Leber, die eines der wichtigsten Stoffwechselorgane ist. Hier werden die aufgespaltenen Nährstoffe in Energie umgewandelt.

Metabolismus: Energiegewinn und -umsatz durch Anabolismus und Katabolismus

Die Begriffe "Stoffwechsel" und "Metabolismus" werden oft synonym verwendet. Es gibt jedoch einen subtilen Unterschied in ihrer Verwendung. 

Der Metabolismus bezieht sich speziell auf den Energieumsatz oder den Energieaustausch innerhalb des Stoffwechsels. Er umfasst zwei verschiedene Prozesse:

  • Katabolismus: dient zum Energiegewinn
  • Anabolismus: Energieverbrauch, um Körpersubstanz aufzubauen

Der Anabolismus ist insbesondere in der Wachstumsphase eines Menschen verstärkt aktiv, also bei Kindern und Jugendlichen. Denn in dieser Phase muss der Körper neue Zellen, Gewebe und Organe bilden, um mit dem Wachstum des Individuums Schritt zu halten. Die hierfür benötigte Energie gewinnt der Körper, indem er Nahrung zerlegt.

Der Katabolismus herrscht dagegen vor allem in Hungerzeiten vor: Wenn man wenig Nahrung zu sich nimmt, also zum Beispiel fastet, laufen mehr katabole als anabole Prozesse ab. Dann gewinnt der Körper die Energie, die er benötigt, indem er körpereigenes Eiweiß und Fett abbaut.

Zur Gewichtsabnahme sollte man sich den Katabolismus jedoch nicht zu eigen machen, denn

  • zum einen fehlen dem Organismus so wichtige Nährstoffe, die er zum Überleben braucht und 
  • zum anderen schaltet der Stoffwechsel bei einer dauerhaft zu geringen Kalorienzufuhr auf Sparbetrieb, in den sogenannten Hungerstoffwechsel. Diese Umstellung behält er auch dann noch bei, wenn man sich wieder normal ernährt – der Jojo-Effekt ist dadurch vorprogrammiert.

Welche Stoffwechselarten gibt es?

Umgangssprachlich sind mit Stoffwechsel meist die zentralen, mit der Ernährung zusammenhängenden Prozesse gemeint:

  • der Kohlenhydratstoffwechsel,
  • der Fettstoffwechsel,
  • der Eiweißstoffwechsel und
  • der Mineralstoffwechsel.

Kohlenhydratstoffwechsel

Kohlenhydrate werden auch als Zucker bezeichnet. Sie liegen als Einfach-, Zweifach- und Mehrfachzucker (bzw. Mono-, Di- und Polysaccharide) vor und liefern Energie. Bevor der Körper diese nutzen kann, muss er die Kohlenhydratmoleküle, die er über die Nahrung aufnimmt, erst in Einfachzucker wie Traubenzucker (Glucose), Fruchtzucker (Fructose) und Schleimzucker (Galaktose) verwandeln. Dies geschieht mithilfe verschiedener Enzyme während der Verdauung im Magen-Darm-Trakt.

Anschließend gelangen die Einfachzucker – insbesondere die Glucose – über das Blut zu den Zellen. Dort werden sie mithilfe von Sauerstoff in der sogenannten Glykolyse verbrannt. Bei der Glykolyse entsteht Energie: Aus 1 Gramm Kohlenhydrate werden 4,1 Kilokalorien (kcal) beziehungsweise 17 Kilojoule (kJ).

Ein wichtiger Teil des Kohlenhydratstoffwechsels findet in der Leber statt: 

  • Das Organ versorgt den Körper kontinuierlich mit Glucose – auch, wenn er nicht ständig neue Glucose über Nahrung zugeführt bekommt. Dies ist möglich, weil die Leber die Glucose speichert. 

  • Wenn gerade keine zusätzliche Energie benötigt wird, wandelt das Organ die Glucose in den Mehrfachzucker Glykogen um. Glykogen ist also die Speicherform von Glucose und dient als Energievorrat für Zeiten, in denen mehr Energie benötigt wird, als man mit der Nahrung aufgenommen hat. Auch Muskeln können diesen Stoffwechselvorgang vollbringen. 

  • Sind die Glykogenspeicher vollständig aufgefüllt – weil deutlich mehr Kalorien über die Nahrung aufgenommen wurden, als benötigt –, werden überschüssige Kohlenhydrate in Fett umgewandelt und im Fettgewebe gespeichert. Die Folge: Man nimmt zu.

Fettstoffwechsel (Lipidstoffwechsel)

Genau wie die Kohlenhydrate dienen auch Fette (Lipide) als Energielieferant. Nahrungsfette haben eine hohe Energiedichte, sind also sehr kalorienhaltig – und liefern mehr als doppelt so viele Kalorien wie Kohlenhydrate oder Eiweiß. 

1 Gramm Fett enthält 9 Kilokalorien (kcal). Zum Vergleich: 1 Gramm Kohlenhydrate oder Eiweiß enthält rund 4 Kilokalorien.

Damit sind Fette der wichtigste Energielieferant und Energiespeicher des Körpers. Sie werden auch bei den sogenannten anabolen – also energieraubenden, substanzaufbauenden – Prozessen benötigt. So sind Fette zum Beispiel an der Bildung von Zellmembranen und Hormonen beteiligt.

  • Beim Fettstoffwechsel werden die tierischen oder pflanzlichen Fette zunächst während der Verdauung im Darm zu Fettsäuren und Glyceriden aufgespalten. 

  • Diese werden dann über das Blut weiter transportiert, unter anderem zur Leber.

  • Wird mehr Fett aufgenommen als verbraucht, speichert der Körper diese überschüssige Energie – als Depot- oder Bauchfett. 

  • Während längerer Hunger- und Mangelzustände greift der Körper auf seine Energiereserven, die Depotfette, zurück. Wer hingegen kontinuierlich mehr Fett aufnimmt, als er verbrennt, nimmt zu.

Eiweißstoffwechsel (Protein- oder Aminosäurestoffwechsel)

Eiweiß (Protein) gehört neben Kohlenhydraten und Fetten zu den Hauptnährstoffen, die der Organismus braucht, um zu überleben. Anders als zum Beispiel Fett kann der Mensch Eiweiß nicht lange speichern. Daher muss es regelmäßig über proteinhaltige Nahrungsmittel aufgenommen werden.

  • Proteine sind der Grundbaustein aller menschlichen Zellen. Um neue Zellen aufzubauen oder bestehende zu reparieren, müssen sie allerdings in Form von Aminosäuren vorliegen. 

  • Das geschieht bei der Verdauung: Das Eiweiß wird in seine Einzelteile aufgespalten. Aus den Aminosäuren werden beispielsweise auch Enzyme und Hormone hergestellt. Zum Aufbau von Muskelzellen sind ebenfalls Proteine notwendig. 

  • Auch, wenn Aminosäuren nicht gespeichert werden können: Als Energiereserve dienen sie im Notfall dennoch. Denn wenn sich die Glucose- und Fettreserven dem Ende zuneigen, beginnt der Körper, Proteine im Muskelgewebe abzubauen – dort befinden sich große Mengen Eiweiß, die im Zweifel entbehrlich sind.

Mineralstoffwechsel

Mineralstoffe müssen über die Nahrung aufgenommen werden, da der Körper sie nicht selbst herstellen kann. Zu den Mineralstoffen zählen beispielsweise:

Ebenso zu den Mineralstoffen zählen Spurenelemente wie

Mineralstoffe kommen in pflanzlichen Lebensmitteln, aber auch in tierischen Produkten vor. Sie sind wichtig, um die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit des Körpers zu erhalten. Phosphor und Calcium sind etwa am Aufbau von Zähnen und Knochen beteiligt.

Lässt sich der Stoffwechsel anregen?

Der Stoffwechsel an sich lässt sich nicht anregen, ankurbeln oder beschleunigen, um schneller unliebsame Kilos zu verlieren. Denn wenn es um den Metabolismus geht, der zum Abnehmen in Schwung gebracht werden soll, dann ist meist von dem sogenannten Grundumsatz die Rede.

Der Grundumsatz bezeichnet den Energieverbrauch eines Menschen, der sich im Ruhezustand befindet. Dieser ist wahrscheinlich zum großen Teil genetisch bedingt. Das bedeutet: Einige Menschen können mehr essen als andere, ohne zuzunehmen – denn sie verbrauchen auch ohne Bewegung vergleichsweise viele Kalorien.

Energiestoffwechsel anregen, um abzunehmen

Im übertragenen Sinne lässt sich zumindest ein Stoffwechsel aber sehr wohl anregen – der Energiestoffwechsel. Damit ist der gesamte Energieverbrauch eines Menschen gemeint, sowohl im Ruhezustand als auch in Aktivität. Dieser lässt sich durch verschiedene Methoden steigern:

  • Ausdauertraining: Wer Sport treibt, benötigt mehr Energie. Dadurch verschiebt sich die sogenannte Energiebilanz in den negativen Bereich. Wenn man nun mehr Energie verbraucht, als man mit der Nahrung aufnimmt, muss der Körper seine Energiereserven im Fett angreifen – und verbrennt sie.

  • Krafttraining: Muskeln verbrauchen mehr Energie als Fettgewebe. Das gilt auch im Ruhezustand.

  • ausgewogene Ernährung: Wer sich insgesamt ausgewogen und gesund ernährt, führt seinem Körper außerdem alle wichtigen Nährstoffe zu und sorgt dafür, dass er reibungslos funktioniert – ohne ihn dabei unnötig zu belasten. 

  • regelmäßig essen: Regelmäßige Mahlzeiten helfen dabei, den Stoffwechsel stabil zu halten. Das Auslassen von Mahlzeiten kann dazu führen, dass der Körper in den Hungermodus geht und den Stoffwechsel verlangsamt, um Energie zu sparen.

  • ausreichend Wasser trinken: Dehydration kann den Stoffwechsel verlangsamen. Empfohlen wird (bei Erwachsenen) ungefähr ein Milliliter Wasser pro verbrauchter Kalorie und pro Tag. Bei einer täglichen Kalorienaufnahme von 2.500 ergibt dies eine empfohlene Wassermenge von 2,5 Litern pro Tag für Erwachsene.

  • genügend Schlaf: Forschende haben herausgefunden, dass Schlafmangel den Energiestoffwechsel bremsen und eine Gewichtszunahme begünstigen kann. Denn der Körper braucht Ruhe, um Fett und Zucker zu verarbeiten.

Können bestimmte Lebensmittel den Stoffwechsel anregen?

Immer wieder liest man, dass bestimmte Lebensmittel, Gewürze oder Getränke den Stoffwechsel beschleunigen. Genannt werden etwa 

  • Heißgetränke wie Kaffee und Tee,
  • Senf,
  • Ingwer und
  • scharfe Gewürze wie Chili.

Die Theorie: Scharfe und heiße Nahrungsmittel enthalten einen Stoff namens Capsaicin. Dieser aktiviert Schmerzrezeptoren. Zuerst kommt es zu dem typischen Verbrennungsschmerz auf der Zunge, dann strömt Wärme durch den Körper. Um zu heizen, benötigt der Körper Energie, muss also Kalorien verbrennen. Folglich müsste man durch diese Lebensmittel abnehmen – theoretisch.

In der Praxis scheint das jedoch nicht so einfach zu sein. Studien, in denen äußerst scharfe Mahlzeiten verspeist wurden, kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen: In einigen Studien erhöhte sich der Kalorienverbrauch der Teilnehmenden tatsächlich kurzfristig, in anderen zeigte sich überhaupt kein Effekt. 

Ein ungarisches Forschungsteam stellte 2018 in einer Überblicksarbeit fest, dass diese Unterschiede offenbar mit dem Body-Mass-Index (BMI) der Proband*innen zusammenhingen: Die erhoffte Wirkung trat – wenn überhaupt – nur in Studien mit stark übergewichtigen Menschen ein, nicht aber bei Normalgewichtigen.

Bei Menschen mit einem BMI über 25 könnte Capsaicin möglicherweise zu einem Kalorien-Minus von 70 Kilokalorien pro Tag führen. Wer übergewichtig ist und allein durch scharfe Kost abnehmen möchte, müsste dieser Berechnung zufolge täglich mindestens eine Chili-Schote verspeisen, um ein Kilogramm Körperfett zu verlieren. 

Stoffwechselerkrankungen als Risikofaktor für Übergewicht

Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus, Schilddrüsenprobleme oder Insulinresistenz können den Energiestoffwechsel beeinträchtigen und zu Übergewicht führen. Der Grund: Sie stören die biochemischen Prozesse, die für den Abbau und die Umwandlung von Nährstoffen in Energie verantwortlich sind.

Die Auswirkungen variieren ja nach Art und Schweregrad der Stoffwechselstörung. Basierend auf der genauen Diagnose können eine umfassende medizinische Betreuung und eine professionelle Ernährungsberatung ratsam sein, um die Stoffwechselprozesse bestmöglich zu unterstützen.