Betablocker

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 18.10.2007

auch bezeichnet als:
Beta-Adrenozeptor-Antagonisten; Beta-Adrenozeptorenblocker; Beta-Sympatholytika; Betarezeptorenblocker

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "Betablocker" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Betablocker sind Medikamente, die den Herzschlag verlangsamen und so den Blutdruck senken. Daher werden Betablocker hauptsächlich bei Bluthochdruck eingesetzt. Durch ihre dämpfende Wirkung auf den Herzschlag finden sie aber auch häufig in der Therapie verschiedener Herzerkrankungen Anwendung. Zu diesen Herzerkrankungen gehören Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz), Durchblutungsstörungen am Herzen (koronare Herzkrankheit, KHK, Angina Pectoris) sowie Herzrhythmusstörungen. Auch nach einem Herzinfarkt werden Betablocker eingesetzt, um das Herz zu entlasten.

Neben diesen Hauptanwendungsgebieten gibt es noch weitere Einsatzmöglichkeiten für Betablocker:
  • Die Schilddrüsenüberfunktion, bei der zum Teil eine erhöhte Herzfrequenz gedämpft werden muss.
  • Bei Angststörungen können Betablocker die "Aufgeregtheit" verringern.
  • Betablocker lindern nicht-organisch bedingtes Zittern (essenziellen Tremor).
  • Bei Migräne dienen Betablocker (vor allem Propranolol und Metoprolol) zur Intervallbehandlung, um Migräneanfällen vorzubeugen.
  • Betablocker können auch örtlich am Auge zur Behandlung des grünen Stars (Glaukom) dienen. Dabei senken Betablocker wie Timolol den für diese Augenerkrankung typischen erhöhten Augeninnendruck.

Wirkung

Betablocker wirken auf das vegetative Nervensystem. Da es von uns nicht willentlich beeinflusst werden kann, wird es auch unwillkürliches oder autonomes Nervensystem genannt.

Das vegetative Nervensystem durchzieht mit seinen Fasern den gesamten Körper und wird von untergeordneten und daher unbewussten Hirnregionen gesteuert. Es hat die Aufgabe, unsere Körper- und Organfunktionen zu koordinieren und zu regulieren. Es wird von zwei Nervensträngen, dem Sympathikus und dem Parasympathikus, beherrscht, die Gegenspieler sind. Stellt sich der Mensch auf Ruhe und Nahrungsaufnahme ein, übernimmt der Parasympathikus die Steuerung. Im Wachen, bei Aktivität und unter Stress-Situationen ist der Sympathikus aktiviert. Er steigert die Fähigkeit zur Arbeitsleistung und stellt Energie für das bewusste Handeln bereit: Die Aufmerksamkeit ist gesteigert, die Pupillen weiten sich, Muskelspannung und Schweißproduktion steigen. Die Muskeln von Magen, Darm, Harnblase und Gebärmutter erschlaffen, der Mund ist trocken, weil weniger Speichel produziert wird. Die Blutgefäße (außer denen des Herzens und der Skelettmuskulatur) verengen sich, das Herz schlägt schneller, der Blutdruck wird erhöht und die Atmung wird beschleunigt.

Normalerweise wird die Erregung des Sympathikus durch körpereigene Botenstoffe ausgelöst wie Adrenalin und Noradrenalin (auch "Stresshormone" genannt). Sie binden sich dabei an unterschiedliche Rezeptoren des Sympathikus und lösen so unterschiedliche Teilreaktionen aus. Die verschiedenen Rezeptoren sind "alpha" und "beta" benannt und werden noch spezieller in die Untertypen "alpha-1", "alpha-2", "beta-1" und "beta-2" unterteilt. Beta-1-Rezeptoren befinden sich hauptsächlich am Herzen, wo sie die Geschwindigkeit des Herzschlages beeinflussen. Aber auch an der Niere sind Beta-1-Rezeptoren zu finden, hier regeln sie die Freisetzung des Hormons Renin, das die Blutgefäße verengt und den Blutdruck steigert. Beta-2-Rezeptoren sind überwiegend an der Lunge zu finden.

Die Betablocker besetzen ausschließlich die beta-Rezeptoren derart, dass diese Rezeptoren unempfindlich für den Angriff der körpereigenen Botenstoffe werden - die typischen Reaktionen auf eine Erregung bleiben aus. Je genauer die Blockade auf die beta-1-Rezeptoren ausgerichtet ist, desto gezielter wirken die Betablocker am Herzen sowie der Niere und desto weniger Nebenwirkungen an der Lunge treten auf. Nach ihrer Angriffsstelle an den beta-Rezeptoren werden die Betablocker in "unselektive" und "beta-1-selektive" eingeteilt.
  • Zu den unselektiven gehören unter anderem Propranolol, Pindolol, Carteolol, Oxprenolol, Carvedilol, Sotalol, Timolol und Penbutolol.
  • Zu den beta-1-selektiven zählen zum Beispiel Acebutolol, Metoprolol, Bisoprolol, Atenolol und Celiprolol.
Die so genannte "Selektivität" ist allerdings nur unscharf und geht bei höheren Dosierungen verloren. So bewirken fast alle Betablocker eine mehr oder weniger starke Verengung der Bronchien. Deshalb sollten Betablocker nicht bei Asthma oder anderen Erkrankungen eingesetzt werden, die die Luftwege verengen (chronische obstruktive Lungenerkrankung, COPD). Auch bei Erregungsleitungsstörungen am Herzen oder Schuppenflechte (Psoriasis) sollten Betablocker nicht eingenommen werden.

Manche Betablocker haben dazu noch spezielle Eigenschaften. So gibt es
  • Betablocker mit partieller agonistischer Aktivität (PAA). Sie blockieren den Sympathikus nur teilweise. Als Folge haben sie keine so nachdrücklich verlangsamende Wirkung auf den Herzschlag.
    Betablocker mit diesen Eigenschaften sind unter anderem Acebutolol, Carteolol, Pindolol und Oxprenolol.
  • Betablocker mit einem gefäßererweiternden Effekt, der das Herz zusätzlich entlastet.
    Dazu zählen Carvedilol, Celiprolol und Nebivolol.
Betablocker können die Wirkungen anderer Medikamente verstärken. Dies ist bei anderen blutdrucksenkenden Medikamenten wie Calciumkanalblockern, bestimmten Narkosemitteln, Medikamenten gegen Herzrhythmusstörungen (Antiarrhythmika) und oralen Antidiabetika der Fall. Werden solche Mittel eingenommen, sollten Betablocker erst nach genauer Abwägung der Risiken durch den Arzt verordnet werden.

Kontaktlinsenträger sollten beachten, dass Betablocker sowohl bei Einnahme wie Anwendung als Augentropfen gelegentlich eine störende Einschränkung des Tränenflusses verursachen. Bei Männern können Betablocker zu Potenzstörungen führen.