Polymyositis: Symptome und Therapie der Autoimmunerkrankung
Polymyositis (PM) ist eine entzündliche Muskelerkrankung des rheumatischen Formenkreises. Muskelschwäche und -schmerzen sind die Leitsymptome. Die Ursache sind Antikörper, mit denen das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift. Welche Therapie nötig ist und wie die Erkrankung verläuft.
Zusammenfassung
- Definition: Polymyositis ist eine rheumatisch-entzündliche Muskelerkrankung (Myopathie).
- Symptome: Muskelschwäche und Schmerzen, insbesondere im Bereich von Schultern und Becken, sind charakteristisch. Die Beschwerden können von allgemeinen Krankheitszeichen begleitet werden.
- Ursachen: Das Immunsystem der Betroffenen greift den eigenen Körper an und schädigt die Muskulatur. Ursache scheint eine genetische Veranlagung zu sein, etwa durch Virusinfekte. Auch eine Tumorerkrankung kann die Polymyositis auslösen.
- Diagnose: Um Polymyositis zu diagnostizieren, sind Untersuchungen des Bluts und der Muskulatur nötig.
- Therapie: Die Behandlung erfolgt im Akutfall mit Kortison. In der Langzeittherapie kommen synthetische DMARDs, intravenöse Immunglobuline, Cyclophosphamid oder Rituximab zum Einsatz. In schweren Fällen ist eine Blutwäsche nötig.
- Verlauf: Die Erkrankung ist in der Regel gut behandelbar, sodass Polymyositis die Lebenserwartung nicht zwingend einschränkt. Vier von zehn Betroffenen erreichen unter geeigneter Therapie völlige Beschwerdefreiheit.
Polymyositis – was ist das?
Polymyositis (PM) ist eine Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass das Immunsystem Autoantikörper bildet, die die Muskulatur angreifen. Dadurch kommt es zu Muskelschädigungen und entzündlichen Prozessen.
Myositis ist die wissenschaftliche Bezeichnung für Entzündungen in der Muskulatur. Das Präfix Poly- zeigt an, dass mehrere Muskeln von den entzündlichen Prozessen betroffen sind.
PM wird den sogenannten Kollagenosen zugeordnet. Dabei handelt es sich um eine Untergruppe der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Neun bis zehn von einhunderttausend Personen sind betroffen. Frauen erkranken etwa doppelt so häufig wie Männer.
Polymyositis: Symptome der entzündlichen Erkrankung
Typisch für Polymyositis sind Muskelschwäche und -schmerzen, insbesondere im Bereich der Schultern und des Beckens. Begleitet werden können diese Symptome durch ein allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber und Gewichtsverlust.
Die Beschwerden entwickeln sich meist langsam, typischerweise über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten. Erstmalig zeigt sich die Erkrankung größtenteils im Alter von 5 bis 14 und etwa 40 bis 65 Jahren. PM kann in Verbindung mit Arthritis oder dem Raynaud-Syndrom auftreten.
Auch innere Organe können zu Schaden kommen, etwa das Herz und die Lunge. Betroffene Patient*innen leiden dann beispielsweise unter Kurzatmigkeit.
Polymyositis oder Dermatomyositis?
Treten zusätzlich zu den Muskelbeschwerden noch Hautveränderungen auf, kann das auf eine Dermatomyositis hindeuten, bei der Autoantikörper auch die Gefäße angreifen. Typisch sind:
- rötlich-blaue Verfärbungen und Schwellungen an den Augenlidern und/oder im Bereich von Hals und Schultern
- Gottron-Papeln, also rötliche Verfärbungen und Schuppen an den Streckseiten der Gelenke
Myositis durch Autoantikörper: Was sind die Ursachen von Polymyositis?
Bei PM bildet das Immunsystem Autoantikörper. Das sind Antikörper, die sich gegen körpereigenes Gewebe richten. Das Immunsystem der Patient*innen reagiert zudem überschießend: Es kommt zu Entzündungen der Muskulatur, die das Gewebe dauerhaft schädigen können.
Mögliche Auslöser von Polymyositis
Die Ursachen von Polymyositis sind noch nicht abschließend geklärt. Forschende haben jedoch Hinweise auf verschiedene potentielle Auslöser gefunden:
- genetische Veranlagung
- Fehlsteuerung des Immunsystems
- Virusinfekte
- Vitamin-D-Mangel
- UV-Strahlung
Zudem kann PM in Verbindung mit einer Tumorerkrankung (paraneoplastisch) auftreten. Wird die Erkrankung diagnostiziert, sind weiterführende Untersuchungen nötig, um einen Tumor als Ursache ausschließen zu können.
Wie lässt sich Polymyositis diagnostizieren?
Bei Verdacht auf PM ist zunächst eine Blutuntersuchung notwendig. Dabei werden verschiedene Werte überprüft:
- Entzündungswerte
- Muskelenzyme
- Muskeleiweiße
- spezifische Antikörper
Die Einnahme bestimmter Medikamente kann die Ergebnisse der Blutuntersuchung verfälschen. Nach ärztlicher Absprache kann es daher sinnvoll sein, die Präparate vorübergehend abzusetzen.
Sind die genannten Blutwerte erhöht, kann das auf Polymyositis hindeuten. Für eine endgültige Diagnose sind jedoch weitere Tests nötig:
Muskelbiopsie: Hier wird unter lokaler Betäubung Muskelgewebe entnommen und im Labor untersucht.
Elektromyografie: Um die elektrische Aktivität in der Muskulatur beurteilen zu können, werden Elektronen in Form von dünnen Nadeln in den Muskel eingeführt.
Elektroneurografie: Mithilfe von Elektroden, die auf die Haut geklebt werden, lassen sich Informationen über die Aktivität der Nerven sammeln, die das entsprechende Muskelareal versorgen.
Magnetresonanztomografie (MRT): Das bildgebende Verfahren dient dazu, entzündlich bedingte Veränderungen in der Muskulatur sichtbar zu machen.
Ergänzende Untersuchungen bei Polymyositis
Besteht der Verdacht auf eine Beteiligung der inneren Organe, müssen diese ebenfalls untersucht werden, beispielsweise durch einen Lungenfunktionstest oder ein Elektrokardiogramm (EKG).
Steht die Diagnose PM fest, wird nach einem Tumor als mögliche Ursache gesucht. Dazu können etwa Blutuntersuchungen und bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen.
Polymyositis: Welche Therapie ist notwendig?
Beim akuten Polymyositis-Schub kommt Kortison zum Einsatz. Das Immunsuppressivum eignet sich wegen starker Nebenwirkungen jedoch nicht für eine Langzeittherapie.
Kortison wird auch vorübergehend verordnet, wenn die betroffene Person dauerhaft Medikamente gegen PM einnehmen muss. Bis deren Wirkung eintritt, dauert es eine gewisse Zeit. Diese Phase kann durch eine Kortisoneinnahme überbrückt werden.
Medikamente gegen Polymyositis
Reicht die kurzfristige Gabe von Kortison nicht aus, liegt ein schwerer Verlauf vor oder sind innere Organe beteiligt, ist eine Langzeittherapie mit anderen Wirkstoffen möglich:
- synthetische DMARDs (disease-modifying anti-rheumatic drugs, auf Deutsch krankheitsmodifizierende antirheumatische Medikamente)
- intravenöse Immunglobuline
- Cyclophosphamid
- Rituximab
Weitere Therapieoptionen bei PM
Bringt keine der medikamentösen Therapien den gewünschten Erfolg, besteht noch die Option, eine Plasmapherese durchzuführen. Dabei handelt es sich um eine Form der Blutwäsche, bei der Antikörper aus dem Blut gefiltert werden.
Ergänzend dazu können Betroffene von Physiotherapie profitieren. Ist die Schluckmuskulatur beeinträchtigt, ist eine logopädische Mitbehandlung angezeigt.
Liegt der PM eine Tumorerkrankung zugrunde, steht deren Therapie im Vordergrund.
Polymyositis: Lebenserwartung und Verlauf
Bei etwa drei Viertel der Betroffenen führt die Therapie zu einer Besserung der Beschwerden, bei vier von zehn sogar zu vollständiger Beschwerdefreiheit. Polymyositis ist jedoch nicht heilbar. Regelmäßige Blutkontrollen sind in jedem Fall notwendig.
Risikofaktoren für einen schweren Verlauf von PM
Grundsätzlich ist bei Polymyositis die Lebenserwartung nicht eingeschränkt. Doch auch wenn den meisten Betroffenen gut geholfen werden kann, gibt es Fälle mit schweren Verläufen und verringerter Lebenserwartung. Problematisch sind dabei vor allem Folgeschäden an den Organen. Risikofaktoren dafür sind
- biologisch männliches Geschlecht der Betroffenen
- hohes Lebensalter
- Beteiligung der inneren Organe
- Tumorerkrankung als Ursache
AA-Amyloidose durch Polymyositis
Bei mangelndem Therapieerfolg laufen dauerhaft entzündliche Prozesse im Organismus ab. Über einen längeren Zeitraum hinweg erhöhen diese das Risiko einer AA-Amyloidose.
Hier lagern sich gesundheitsschädliche Eiweiße (Amyloide) im Gewebe ab. Dadurch kommen innere Organe zu Schaden, etwa Leber, Milz, Nieren und/oder der Verdauungstrakt. Mit fortschreitendem Verlauf verlieren die Organe ihre Funktionsfähigkeit.
AA-Amyloidose ist nicht heilbar, der Prozess kann allenfalls verlangsamt werden. Die Lebenserwartung von Betroffenen beträgt etwa zwei Jahre.