Piriformis-Syndrom
Beim Piriformis-Syndrom engt der im Gesäß liegende Piriformis-Muskel den nahe gelegenen Ischiasnerv ein. Das kann zu starken Schmerzen im Gesäß führen, die unter Umständen bis ins Bein ausstrahlen. Auch Taubheitsgefühle oder kribbelnde Missempfindungen sind möglich. Erfahren Sie, wie man das Piriformis-Syndrom behandelt und welche Übungen helfen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Piriformis-Syndrom: Ursachen
Das Piriformis-Syndrom ist eine neuromuskuläre Erkrankung, die von den Beschwerden her leicht mit einer Ischialgie (Ischiasschmerzen) oder einem Bandscheibenvorfall verwechselt werden kann.
Es tritt auf, wenn der Piriformis-Muskel den Ischiasnerv einengt, oft als Folge sportlicher Betätigung (z. B. durch ungewohntes oder zu starkes Krafttraining, Joggen oder Radfahren) oder aber durch länger anhaltenden Druck auf die Stelle (z. B. durch langes Sitzen auf harten Unterlagen). Aber auch ein Sturz auf das Gesäß kann Ursache für ein Piriformis-Syndrom sein.
Bei manchen Betroffenen entsteht das Piriformis-Syndrom auch durch eine langfristig veränderte Muskelspannung, bei der das Kreuzbein fehlgestellt ist (z. B. bei einer Funktionsstörung des Iliosakralgelenks). Was letztlich ein Piriformis-Syndrom tatsächlich ausgelöst hat, lässt sich in nicht in allen Fällen klären.
Die eigentliche Ursache des Piriformis-Syndroms ist letztlich eine Quetschung im Gesäßbereich, genauer dort, wo der Piriformis-Muskel aus dem Beckenknochen austritt und den Ischiasnerv bedeckt. Die Beschwerden durch die Quetschung können dann jedoch nicht nur im Gesäß, sondern entlang des gesamten Versorgungsgebiets des Ischiasnervs auftreten.
Piriformis-Muskel und Ischiasnerv
Der Piriformis-Muskel liegt nah am oberen Ende des Hüftgelenks als flaches Muskelband in jeder Gesäßbacke. Der kleine Muskel ist vor allem für die Bewegungen der unteren Körperhälfte wichtig. Er stabilisiert das Hüftgelenk und ermöglicht es, den Oberschenkel anzuheben und zu drehen. Erst dadurch kann der Mensch im Grunde laufen, das Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagern oder das Gleichgewicht behalten. Der Piriformis-Muskel kommt im Prinzip bei allen Sportarten zum Einsatz, bei denen es erforderlich ist, den Oberschenkel anzuheben und zu drehen. Kurzgesagt brauchen wir den Muskel bei fast allen Bewegungen der Hüfte oder der Beine.
Der Ischiasnerv ist ein vergleichsweise dicker und langer Nerv und verläuft am Piriformis-Muskel entlang oder durch ihn hindurch. Er beginnt im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins (Wirbel L4 bis S3) und verläuft von dort erst über die Streckseite des Hüftgelenks, dann über die Rückseite des Oberschenkels zur Kniekehle und schließlich – nun teilweise verzweigt – über die Waden bis zur Innenseite der Füße. Häufige Anspannungen oder Verkrampfungen im Piriformis-Muskel können dazu führen, dass der Ischiasnerv eingeengt wird.
Piriformis-Syndrom: Symptome
Das Piriformis-Syndrom zeigt sich durch Symptome wie Schmerzen und Kribbel- oder Taubheitsgefühle im Gesäß. Die Schmerzen und Missempfindungen können jedoch bis in Oberschenkel, Wade oder Fuß ausstrahlen.
Die Schmerzen und Missempfindungen treten meist beim Sitzen auf, können sich aber auch beim Joggen, Radfahren oder Treppensteigen bemerkbar machen. Im Grunde kann jede Bewegung oder Körperhaltung, bei der ein fester Druck direkt über dem Piriformis-Muskel entsteht und so den Ischiasnerv belastet, die Beschwerden auslösen. Meist sind das Bewegungen oder Körperhaltungen, bei denen man die Beine anwinkelt.
So haben manche Menschen mit Piriformis-Syndrom auch beim Schlafen Beschwerden, abhängig von der Schlafposition: In der Regel sind vor allem Seitenschläfer betroffen, die die Beine stark anwinkeln. Die Beschwerden lassen oft nach, wenn man die Beine nicht so stark beugt beziehungsweise diese eher langstreckt.
Welchen Verlauf das Piriformis-Syndrom nimmt, hängt auch von den jeweiligen Ursachen ab. Oft dauert es jedoch länger, bis sich die Beschwerden bessern, sodass etwas Geduld gefragt ist.
Piriformis-Syndrom: Diagnose
Um herauszufinden, ob ein Piriformis-Syndrom vorliegt, wird der Arzt den Betroffenen zunächst zu dessen Beschwerden befragen und ihn dann körperlich untersuchen. In manchen Fällen lässt sich ertasten, dass der Piriformis-Muskel stark angespannt und/oder schmerzempfindlich ist.
Für das Piriformis-Syndrom gibt es jedoch bislang keinen Test, der die Erkrankung eindeutig nachweist. Es handelt sich vielmehr um eine Ausschlussdiagnose. Das heißt, der Arzt muss sichergehen, dass beim Betroffenen keine andere Erkrankung vorliegt, die ähnliche Beschwerden hervorrufen könnten, wie zum Beispiel
- eine Reizung des Ischiasnervs durch einen Bandscheibenvorfall der unteren Lendenwirbelsäule oder andere Nervenwurzelreizsyndrome
- Hüftgelenkserkrankungen
- Funktionsstörungen des Iliosakralgelenks
- Gelenkverschleiß im Bereich der Lendenwirbelsäule oder des Kreuzbeins
- Tumoren im kleinen Becken
Zu diesem Zweck veranlasst der Arzt in der Regel Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren, wie:
Das Piriformis-Syndrom selbst lässt sich jedoch mit solchen bildgebenden Untersuchungen sowie bei Untersuchungen des Nervs nicht nachweisen. Erst, wenn andere Erkrankungen ausgeschlossen sind, kann der Arzt ein Piriformis-Syndrom in Erwägung ziehen.
Piriformis-Syndrom: Therapie
Der erste Schritt bei der Behandlung des Piriformis-Syndroms besteht in der Regel darin, für eine Weile alles zu meiden, was Schmerzen oder Missempfindungen auslöst oder verstärkt (z. B. Joggen, Radfahren).
Falls Symptome wie Schmerzen beim Sitzen, bei bestimmten Aktivitäten oder bei bestimmten Bewegungen auftreten, versuchen Sie möglichst, eine andere Haltung einzunehmen. Legen Sie bei sportlichen Aktivitäten, die Beschwerden bereiten, vorübergehend eine Pause ein. Auch Entspannung, Kälte- oder Wärmepackungen können die Beschwerden lindern.
Wer das Piriformis-Syndrom hat und im Sitzen arbeitet, kann die Behandlung unterstützen, indem er etwa alle 20 Minuten einmal aufsteht. So lassen sich die Muskeln im Gesäßbereich regelmäßig strecken.
Um gerade am Anfang den Schmerz und andere mit dem Piriformis-Syndrom einhergehende Beschwerden zu lindern, kann die Einnahme von Medikamenten sinnvoll sein, wie etwa Schmerzmittel, die auch entzündungshemmend wirken (z. B. Ibuprofen, Diclofenac) oder Mittel, die die Muskeln entspannen (sog. Muskelrelaxanzien). Je nach Ausmaß der Beschwerden, rät der Arzt möglicherweise auch zu einer Injektion von Schmerzmitteln oder entzündungshemmenden Glukokortikoiden in die betroffene Gesäßseite.
Physiotherapeutische Maßnahmen können dabei helfen, den Druck auf den Ischiasnerv zu verringern, indem der Physiotherapeut zum Beispiel die umgebende Muskulatur dehnt oder Triggerpunkte in der Gesäßmuskulatur bearbeitet.
Im Rahmen der Physiotherapie erlernt der Betroffene zudem in der Regel auch korrekte Körperhaltungen sowie Übungen und Dehnungsmöglichkeiten, die speziell auf den Piriformis-Muskel zugeschnitten sind und die sich zu Hause eigenständig durchführen lassen. Mit Wärme lassen sich die Muskeln vor den Dehnübungen lockern. Um den Nerv nicht zusätzlich zu reizen, sollte das Dehnen außerdem möglichst sanft von statten gehen.
Ob es beim Pririformis-Syndrom etwas bringen kann, einen Teil des Gesäßbereichs zu tapen, ist unklar. Einer Studie zufolge lassen sich damit möglicherweise Schmerzen lindern und der Bewegungsumfang des Hüftgelenks verbessern. Die Teilnehmerzahl der Studie war jedoch sehr klein und die Ergebnisse sind deshalb im Grunde nicht aussagekräftig. Insgesamt ist die Studienlage zum Thema Tapen allgemein noch recht dürftig und die Meinungen zur Wirksamkeit gehen unter Experten auseinander.
Bei manchen Betroffenen kann eine Behandlung mit Ultraschall die Beschwerden bessern.
In schweren Fällen kann ein operativer Eingriff infrage kommen, bei dem der Arzt die Sehne des Piriformis-Muskels durchtrennt.
Piriformis-Syndrom: Übungen
Um den Piriformis-Muskel zu dehnen, gibt es verschiedene Möglichkeiten – so zum Beispiel die folgenden beiden Übungen.
Übung: Piriformis-Muskel im Sitzen dehnen
- Setzen Sie sich auf einen Stuhl.
- Legen Sie den Unterschenkel des rechten Beins auf dem linken Oberschenkel ab.
- Umfassen Sie nun das linke Knie und beugen Sie ihren Oberkörper sanft nach vorne.
- Sie sollten nun eine Dehnung (ziehendes Gefühl) in der rechten Gesäßbacke spüren.
- Sie können den Zug durch mehr oder weniger starkes Vorbeugen individuell steuern.
- Der Zug lässt sich auch verstärken, indem Sie mit den Sitzbeinhöckern etwas nach vorne rollen.
- Halten Sie die Dehnung etwa 30 Sekunden und lassen Sie dann locker.
- Wiederholen Sie die Übung auch mit dem anderen Bein.
Übung: Piriformis-Muskel im Liegen dehnen
- Legen Sie sich auf den Boden, am besten auf eine Matte oder auch einen Teppich.
- Stellen Sie beide Beine hüftbreit auf.
- Legen Sie den Unterschenkel des rechten Beins auf dem linken Oberschenkel ab.
- Umfassen Sie nun den linken Oberschenkel und ziehen Sie ihn sanft zu sich ran.
- Sie sollten nun eine Dehnung (ziehendes Gefühl) in der rechten Gesäßbacke spüren.
- Sie können die Dehnung durch mehr oder weniger starkes Heranziehen individuell steuern.
- Halten Sie die Dehnung etwa 30 Sekunden und lassen Sie dann locker.
- Wiederholen Sie die Übung auch mit dem anderen Bein.
Piriformis-Syndrom: Vorbeugen
Das Piriformis-Syndrom entsteht in der Regel als Folge von Sportarten oder Bewegungen bei denen der Piriformis-Muskel wiederholt belastet wird – also zum Beispiel durch Joggen, durch häufige Ausfallschritte oder durch manche Übungen beim Bauch-Beine-Po-Training.
Wer dem Piriformis-Syndrom vorbeugen will, muss jedoch keinesfalls mit dem Sport aufhören, sondern sollte einfach ein paar Dinge beim Sport beachten. Folgende Tipps können beim Vorbeugen helfen:
- Wärmen Sie sich vor dem Sport ausreichend auf.
- Steigern Sie Ihre Leistung eher langsam.
- Vermeiden Sie beim Joggen Steigungen oder unebenen Boden.
- Achten Sie beim Joggen auf eine gute Körperhaltung.
- Achten Sie bei Sportübungen auf eine korrekte Haltung und Ausführung.
- Falls Schmerzen auftreten, machen Sie eine Pause, bis der Schmerz wieder nachlässt.