Pflanzliche Mittel zur Behandlung von Wechseljahrsbeschwerden

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 15.03.2012

auch bezeichnet als:
pflanzliche Mittel zur Behandlung von menopausalen Beschwerden; Phytoestrogene; Phytoöstrogene

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "pflanzliche Mittel zur Behandlung von Wechseljahrsbeschwerden" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Das Einsatzgebiet pflanzlicher Mittel gegen Wechseljahrsbeschwerden sind: Hitzewallungen, Schwindel, Herzjagen und -klopfen, seelische Verstimmungen, Schlafstörungen und Harninkontinenz.

Sofern die pflanzlichen Mittel eine ähnliche Wirkung wie das Hormon Östrogen haben (daher der Name Phytoöstrogene), werden sie häufig als Alternative zur Behandlung mit Sexualhormonen genutzt. Diese alternative Behandlung wird von Patienten vorgezogen, die eine Hormonbehandlung nicht wünschen, nicht vertragen oder als individuell zu risikoreich einschätzen.

Andere Pflanzenpräparate dienen der gezielten Behandlung einzelner Symptome (wie Depression, Herzprobleme oder Harninkontinenz), die in den Wechseljahren häufig auftreten.

Wirkung

Viele Pflanzen enthalten so genannte Phytoöstrogene, die ähnliche Wirkungen zeigen wie die vom menschlichen Körper produzierten Östrogene. Andere Pflanzenwirkstoffe sind so genannte Phytohormone oder Substanzen mit gezielten Wirkungen gegen einzelne Aspekte der Wechseljahrsbeschwerden.
  • Pflanzen mit Phytoöstrogenen sind zum Beispiel die Heilpflanzen Rhapontikrhabarberwurzel und Traubensilberkerze (Cimicifuga). Aber auch einfache Nahrungs- und Futterpflanzen enthalten Phytoöstrogene: vor allem die Sojabohne, Lein und der Rotklee. Ein östrogener Effekt des Hopfens ist wahrscheinlich, vieles deutet darauf hin. Hierfür stehen allerdings genaue wissenschaftliche Untersuchungen noch aus.
    Der Einsatz pflanzlicher Wirkstoffe mit Phytoöstrogenen kann kurzfristig Symptome der Wechseljahre wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, Schwindel, Stimmungsschwankungen und Kopfschmerzen lindern. Neue Studien deuten darauf hin, dass auf längere Sicht die Gabe von Phytoöstrogenen auch vor Knochenabbau (Osteoporose) und Krebs schützen könnte. Diese Vermutungen werden durch Untersuchungen an asiatischen Einwanderern gestützt. Geben diese ihre phytoöstrogenreiche Ernährung mit Sojaprodukten auf, leiden sie öfter als in ihrer Heimat unter Brust- und Prostatakrebs. Effekte der Phytoöstrogene auf Gefäßablagerungen (Ateriosklerose) und Zellschutz (antioxidativer Effekt) werden ebenfalls vermutet und sind derzeit Gegenstand der Forschung.

    Phytoöstrogene sind sekundäre Pflanzenstoffe, die in unterschiedlicher Konzentration und biochemischer Struktur in verschiedenen Pflanzen vorkommen. Zu den Phytoöstrogenen werden die biologischen Stoffgruppen der Isoflavone, Lignane und Coumestane gerechnet. Diese sind vor allem in Früchten und Blättern verschiedener Pflanzen wie Soja, Rotklee und Lein enthalten. Aber auch Rhaponticin und Desoxyrhaponticin sowie Rhapontigenin und Desoxyrhapontigenin aus Rhapontikrhabarberwurzel gehören dazu. In ihrer Struktur ähneln Phytoöstrogene dem weiblichen Sexualhormon Östradiol. Durch Bindung an spezielle Östrogen-Rezeptoren in den weiblichen Geschlechtsorganen, den Brustdrüsen und bestimmten Zentren im Zwischenhirn regelt Östradiol unter anderem den Zyklus der Monatsblutungen und nimmt Einfluss auf die Psyche. Der ähnliche chemische Aufbau der Phytoöstrogene führt dazu, dass die pflanzlichen Substanzen im menschlichen Stoffwechsel an die gleichen Rezeptoren wie das Östrogen gebunden werden können. Ihre Wirkung liegt allerdings im Vergleich zum menschlichen Hormon bei nur etwa einem Fünfhundertstel oder Tausendstel. Ihre Wirksamkeit ist wegen dieser geringen Aktivität sehr umstritten und konnte auch bisher in klinischen Studien noch nicht stichhaltig nachgewiesen werden. Auf der anderen Seite steht auch die Harmlosigkeit solcher Phytoöstrogene in der Diskussion. Jedenfalls ist es denkbar, dass eine - wenn auch geringe - Östrogenwirkung zumindest zu leichten Nebenwirkungen führen kann.

  • Neben den Phytoöstrogenen gibt es noch weitere Naturstoffe, die an anderen Stellen als dem Östrogen-Rezeptor in den Hormonhaushalt eingreifen. Sie können als so genannte Phytohormone direkte und indirekte hormonähnliche Effekte bewirken. So wirken die Auszüge aus Mönchspfeffer (Agnus castus) einerseits hemmend auf das Hormon Prolactin, regen aber in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) die Ausschüttung von Gonadotropinen an, die die Produktion von Sexualhormonen steuern. Die Inhalsstoffe von Pflanzen wie Brennesselwurzel oder Ginseng wirken wie männliche Sexualhormone (Phytoandrogene) und werden bei männerspezifischen Gesundheitsstörungen des höheren Lebensalters eingesetzt.

    Indirekt auf menschliche Hormone wirken Pflanzenstoffe wie Flavonoide, Aminosäuren sowie manche Sterine, bestimmte Gerbstoffe und Saponine. Die Wirkmechanismen sind bisher nur zum Teil aufgeklärt. So hemmen Flavonoide bestimmte Enzyme, die Hormone abbauen. Aminosäuremischungen bewirken oder verstärken die Ausschüttung von Hormonen.

  • Gezielt gegen leichte Depressionen werden Mono- oder Kombinationspräparate mit Johanniskraut eingesetzt, die ähnlich den synthetischen Antidepressiva wirken. Bei Herzproblemen kommt Weißdorn, allein oder kombiniert mit anderen Pflanzenwirkstoffen, zum Einsatz. Harninkontinenz wird mit Präparaten aus Kürbiskernen (Cucurbita) behandelt.