Streptokinase

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 25.01.2013

Allgemeines

Streptokinase wird einerseits in die Venen gespritzt und wirkt somit ganz allgemein im Körper. Andererseits kann er aber auch gezielt in Arterien eingebracht werden, um dort die Durchblutung dieses Gefäßes zu fördern. Je nach Anwendungart unterscheiden sich die Einsatzgebiete:

allgemeine Wirkung
  • akuter Herzinfarkt, der alle Wandschichten des Herzmuskels betrifft, aber nicht länger als zwölf Stunden zurückliegt. Das EKG muss noch verändert sein (ST-Strecken-Hebung) oder es lag eine Beeinträchtigung in der Tätigkeit der linken Herzkammer (Linksschenkelblock) vor
  • tiefliegende Verstopfung von Venen (nicht länger als 14 Tage bestehend)
  • akute massive Lungenembolie
  • akute und kürzliche Verstopfungen von Arterien außerhalb des Gehirns
  • chronische arterielle Verschlußkrankheit ("Schaufensterkrankheit"; nicht länger als sechs Wochen bestehend)
  • Verschlüsse der wichtigen Arterien oder Venen des Auges (arterielle Verschlüsse nicht älter als sechs bis acht Stunden, venöse Verschlüsse nicht älter als zehn Tage).
örtliche Anwendung
  • akuter Herzinfarkt (vor nicht mehr als zwölf Stunden), zur Öffnung der Herzkranzgefäße
  • akute, kürzliche und chronische Verstopfungen von Venen oder Arterien außerhalb des Gehirns.
Hinweis:
Bei Anwendung über die oben genannten Zeitfenster hinaus kann ein Therapie-Erfolg fraglich sein.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Plasminogen aktivieren
  • Fibrinfasern indirekt auflösen
  • Blutgerinnsel beseitigen

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Streptokinase im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Streptokinase nicht verwendet werden?

Streptokinase darf bei schweren allergischen Reaktionen auf den Wirkstoff nicht angewendet werden.

Aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos darf Streptokinase nicht gegeben werden bei:
  • bestehenden oder kurz zurückliegenden inneren Blutungen
  • allen Formen verminderter Blutgerinnungsfähigkeit, besonders wenn sie das Fibrin betreffen, und ausgeprägten Gerinnungsstörungen wie einer krankhaft gesteigerten Blutungsneigung
  • kurz zurückliegendem Schlaganfall sowie Eingriffen im Gehirn oder am Rückenmarkskanal
  • Geschwulsten im Gehirn
  • kurz zurückliegenden Verletzungen des Kopfes
  • Fehlbildungen oder Rissen von Venen oder Arterien
  • Krebserkrankungen, die mit einem erhöhten Blutungsrisiko einhergehen
  • akuter Bauchspeicheldrüsenentzündung
  • unkontrollierbarem Bluthochdruck mit Werten über 200/100mmHg oder chronischen Gefäßverändungen der Netzhaut des Auges infolge eines Bluthochdrucks
  • kurz zurückliegender Operation zur Gefäßprothese (beispielsweise Bypass) und allen anderen kurz zurückliegenden großen Operationen (sechster bis zehnter Tag danach, in Abhängigkeit von der Schwere des Eingriffs)
  • schweren Leber- oder Nierenschäden
  • Herzinnenwand- oder Herzbeutelentzündung
  • inneren Eingriffen, wie einer kurz zurückliegenden Gewebeentnahme aus Organen oder einer länger andauernden Herzmassage zur Wiederbelebung.
Auch bei der örtlichen Anwendung (Gabe in eine Arterie zur gezielten Wirkung im Durchblutungsgebiet) muß mit allgemeinen Effekten gerechnet werden. Daher gelten die vorgenannten Anwendungseinschränkungen ebenso für diese Form des Einsatzes.

Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf Streptokinase angewendet werden bei
  • kurz zurückliegenden, schweren Blutungen in Magen oder Darm
  • Risiko schwerer örtlicher Blutungen, beispielsweise durch die Einspritzung von Röntgenkonstrastmitteln in große Blutgefäße
  • kurz zurückliegenden Verletzungen und Wiederbelebungsmaßnahmen an Herz und Lungen
  • kurz zurückliegende künstliche Beatmung (wegen der möglichen Verletzungen in der Luftröhre)
  • Anstechen von Blutgefäßen, die nicht abgedrückt werden können oder Injektionen in Muskeln
  • kurz zurückliegende Entbindung, Abort
  • Erkrankungen des Schambereiches oder der Harnwege mit vorhandenen oder möglichen Blutungsquellen (Blasenverweilkatheter)
  • Blutgefäßverstopfung aufgrund einer Blutvergiftung
  • ausgeprägten Gefäßveränderungen durch Arteriosklerose und Erkrankungen der Gehirngefäße
  • offener Tuberkulose, weil es hier schon krankheitsbedingt zu Bluthusten kommen kann
  • Schäden an der Mitralklappe des Herzens oder bei Vorhofflimmern.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Wegen der Gefährdung des Ungeborenen ist Streptokinase in der Schwangerschaft nur unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt anzuwenden. Der Einsatz darf nur während der ersten 18 Schwangerschaftswochen und nur bei unbedingter Notwendigkeit erfolgen.

Über die Anwendung während der Stillzeit liegen keine Erfahrungen aus Studien vor. Sie liegt daher im Ermessen des Arztes.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Die Einsatzgebiete (Herzinfarkt, Blutgefäßverstopfung) kommen normalerweise nicht bei Kindern vor. Daher gibt es für die Behandlung von Kindern noch keine ausreichenden Erfahrungen. Der Nutzen der Therapie wird vom Arzt abgewogen gegen die möglichen Risiken, die eine akute lebensbedrohliche Situation verschlimmern können.

Welche Nebenwirkungen kann Streptokinase haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Streptokinase. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Wirkungsabschwächung durch Antistreptokinase-Antikörper. bei Herzinfarkt-Behandlung:
niedriger Blutdruck, Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris.

Häufige Nebenwirkungen:
Magen-Darm-Blutungen, Blutungen im Bereich der Schamteile und Harnwege, Nasenbluten, allergische Reaktionen (Hautausschlag, fliegende Hitze, Juckreiz, Nesselsucht, Gesichsschwellung, Atembeschwerden, Bronchialkrampf, niedriger Blutdruck), Blutdruckabfall (zu Beginn der Therapie), Herzrasen, verlangsamter Puls, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Schmerzen um den Magen herum, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Muskelschmerzen, Schüttelfrost, Temperaturerhöhung, Schwäche, Abgeschlagenheit, vorübergehende Blutwerteveränderung (Transaminasen, Bilirubin).
an der Injektionsstelle:
Blutungen, punktförmige Unterhautblutungen.
bei Herzinfarkt-Behandlung:
wiederholte Durchblutungsstörungen am Herzen, Herzversagen, erneuter Infarkt, herzbedingter Schock, Herzbeutelentzündung, Wasser in der Lunge.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Gehirn-Blutungen (mit Komplikationen und möglichem tödlichen Ausgang), Blutungen im Bereich des Auges, schwere Blutungen (auch mit tödlichem Ausgang, einschließlich Leberblutungen), Blutungen hinter dem Bauchfell, Milzriss.
bei Herzinfarkt-Behandlung:
Herzstillstand (einschließlich Atemstillstand), Funktionsstörung der Mitralklappe, Herzbeutelerguß, Wassereinlagerung im Herzen, Herzmuskelriss, Wasser in der Lunge, Wassereinlagerungen in Armen und Beinen

Seltene Nebenwirkungen:
Erfordernis von Bluttransfusionen, Schwindel, Verwirrtheit, Lähmung, Halbseitenlähmung, Unruhe, Krampfanfälle (im Zusammenhang mit Gehirn-Blutungen oder Herz-Kreislauf-Störungen mit Minderdurchblutung des Gehirns).

Sehr seltene Nebenwirkungen:
Blutungen in den Herzbeutel einschließlich Herzmuskelriss während der Therapie des akuten HeErzinfarktes, allergische Spätreaktionen (z.B. Serumkrankheit, Gelenksentzündung, Blutgefäßentzündung, Nierenentzündung und Nervenstörungen wie das Guillain-Barré-Syndrom), schwere allergische Reaktionen bis hin zum Schock (einschließlich Atemstillstand), Blutgefäßverstopfung durch Cholesterin, nicht herzbedingte Wasseransammlung in der Lunge nach gezielter Blutpfropfauflösung im Herzkranzgefäß bei Patienten mit ausgedehntem Herzinfarkt.

Welche Wechselwirkungen zeigt Streptokinase?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Bei Vorbehandlung mit oder bei gleichzeitiger Gabe von Blutverdünnern (Antikoagulantien), von Thrombozytenaggregationshemmern oder Dextran (zum Blutersatz) besteht eine erhöhte Blutungsgefahr.

Streptokinase darf erst eingesetzt werden, wenn der Effekt von Thrombozytenaggregationshemmern oder Dextran abgeklungen ist. Allerdings ergänzen sich Acetylsalicylsäure (ASS) und Streptokinase positiv; die Kombination verlängert die Lebenserwartung von Patienten mit Verdacht auf Herzinfarkt. Die ASS-Gabe sollte vor der Streptokinase-Therapie beginnen und für mindestens einen Monat fortgesetzt werden.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Streptokinase?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Streptokinase enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform
Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung

So wirkt Streptokinase

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Streptokinase. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Blutverdünner (Antikoagulantien), zu welcher der Wirkstoff Streptokinase gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Streptokinase

Streptokinase wird einerseits in die Venen gespritzt und wirkt somit ganz allgemein im Körper. Andererseits kann er aber auch gezielt in Arterien eingebracht werden, um dort die Durchblutung dieses Gefäßes zu fördern. Je nach Anwendungart unterscheiden sich die Einsatzgebiete:

allgemeine Wirkung
  • akuter Herzinfarkt, der alle Wandschichten des Herzmuskels betrifft, aber nicht länger als zwölf Stunden zurückliegt. Das EKG muss noch verändert sein (ST-Strecken-Hebung) oder es lag eine Beeinträchtigung in der Tätigkeit der linken Herzkammer (Linksschenkelblock) vor
  • tiefliegende Verstopfung von Venen (nicht länger als 14 Tage bestehend)
  • akute massive Lungenembolie
  • akute und kürzliche Verstopfungen von Arterien außerhalb des Gehirns
  • chronische arterielle Verschlußkrankheit ("Schaufensterkrankheit"; nicht länger als sechs Wochen bestehend)
  • Verschlüsse der wichtigen Arterien oder Venen des Auges (arterielle Verschlüsse nicht älter als sechs bis acht Stunden, venöse Verschlüsse nicht älter als zehn Tage).
örtliche Anwendung
  • akuter Herzinfarkt (vor nicht mehr als zwölf Stunden), zur Öffnung der Herzkranzgefäße
  • akute, kürzliche und chronische Verstopfungen von Venen oder Arterien außerhalb des Gehirns.
Hinweis:
Bei Anwendung über die oben genannten Zeitfenster hinaus kann ein Therapie-Erfolg fraglich sein.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Streptokinase sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Streptokinase

Bei der Blutgerinnung spielt das Eiweiß Fibrin eine zentrale Rolle. Fibrin besteht aus langen Fäden, die sich wie ein Gewebe zusammenlagern und den ersten Wundverschluss bewirken. Damit es zu dieser Reaktion kommt, durchläuft die Blutgerinnung einen stufenweisen Prozeß ("Gerinnungskaskade"), bei dem jeweils aus Vorläuferprodukten die aktiven und beteiligten Substanzen hergestellt werden.

Im Körper entstehen aber auch immer wieder unerwünschte Blutgerinnsel. Dagegen schützt er sich durch die Aktivierung eines Enzyms, des Plasmins. Plasmin wirkt wie eine Schere, die die Fibrinfasern zerschneidet und den Blutpfropf auflöst.

Auch Plasmin entsteht aus einer inaktiven Vorstufe, dem Plasminogen. Wenn sich Streptokinase an Plasminogen anlagert, wird dieses zu dem wirksamen, fibrinauflösenden Plasmin umgewandelt. Streptokinase selbst gehört zur Wirkstoffgruppe der Blutverdünner (Antikoagulantien). Es ist ein wasserlösliches, chemisch einheitliches Eiweiß, das aus verschiedenen Stämmen des Bakteriums Streptococcus haemolyticus gewonnen wird.

Streptokinase kann praktisch nicht überdosiert werden, denn je mehr Plasminogen sich damit verbindet, desto weniger wird davon in seine
aktive Form Plasmin umgewandelt. Daher sind selbst hohe Dosen von Streptokinase mit einem geringen Blutungsrisiko verbunden.

Da Streptokinase auch natürlicherweise von Bakterien in den Körper eingebracht wird, hat jeder Organismus dagegen Antikörper (Antistreptokinase) gebildet. Nach der Gabe in Venen oder Arterien muss Streptokinase daher zunächst die individuell unterschiedliche Antistreptokinase-Konzentration neutralisieren, steht dann aber unmittelbar zur Auflösung der Fibrinklumpen zur Verfügung.

Maß für den Gehalt an Urokinase ist nicht die Menge, sondern das Ausmaß der Blutgerinnungshemmung. Diese wird in internationalen Einheiten anhand von der Welt-Gesundheitsorganisation festgelegten Standardpräparaten bestimmt.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.