Dantrolen

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 22.10.2007

Allgemeines

Dantrolen kommt bei einer krankhaft gesteigerten Muskelspannung zum Einsatz, die zu schweren Krämpfen (Spasmen) der Muskulatur führt. Ursache ist zumeist eine Schädigung der Nerven im Gehirn oder Rückenmark, beispielsweise durch multiple Sklerose, infolge einer Querschnittslähmung oder nach einem Schlaganfall. Von den Spasmen können einzelne Körperteile (zum Beispiel ein Arm oder ein Bein) oder bestimmte Körperregionen (beispielsweise der Arm und das Bein einer Körperhälfte) betroffen sein.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Krämpfe der Skelettmuskulatur lösen
  • Muskelspannung verringern
  • Harninkontinenz bei einer Reflexblase mindern
  • maligne Hyperthermie lindern.

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Dantrolen im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Dantrolen nicht verwendet werden?

Dantrolen darf bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff nicht angewandt werden. Von einem Einsatz des Wirkstoffs ist zudem bei schweren Störungen der Leberfunktion oder der Lungenfunktion sowie bei ausgeprägter Herzmuskelschwäche abzusehen. Er darf nicht verabreicht werden, wenn die erhöhte Muskelanspannung für eine aufrechte Haltung oder normale Bewegungsabläufe notwendig ist.

Nur nach einer sorgfältigen Abwägung von Nutzen und Risiko durch den Arzt darf der Wirkstoff bei Erkrankungen eingesetzt werden, die mit Lähmungserscheinungen einhergehen (wie beispielsweise die amyotrophische Lateralsklerose (ALS) oder eine Bulbärparalyse), da die Lähmungen verstärkt werden können. Vorsicht ist zudem bei Personen mit Rückbildung der Muskulatur (Atrophie) durch mangelnde Nerventätigkeit sowie mit Erkrankungen des Herzens oder Herzrhythmusstörungen geboten. Diese Patienten müssen verstärkt überwacht werden.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Der Wirkstoff darf während Schwangerschaft und Stillzeit nicht eingesetzt werden, weil die Unbedenklichkeit der Anwendung für Mutter und Kind noch nicht nachgewiesen ist.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Da zur Anwendung bei kleinen Kindern keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen, sollte der Wirkstoff bei Kindern unter fünf Jahren nicht angewendet werden.

Welche Nebenwirkungen kann Dantrolen haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Dantrolen. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Häufige Nebenwirkungen:
Müdigkeit, Schwindel, Benommenheit, Schwächegefühl, Schüttelfrost, Fieber, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, leichte Leberfunktionsstörungen, Vermehrung bestimmter Leberenzyme im Blut, gesteigerte Lichtempfindlichkeit der Haut, Hautausschläge, Akne-ähnliche Hauterscheinungen.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Häufiges Wasserlassen, Harninkontinenz, Restharnbildung, blutiger Urin (Hämaturie), Ablagerungen in den ableitenden Harnwegen (Harnsteine), Muskelschmerzen, Rückenschmerzen, verminderte Zahl der Blutplättchen (Thrombozytopenie), Blutarmut, verminderte Zahl weißer Blutkörperchen (Leukozytopenie).

Seltene Nebenwirkungen:
Leberentzündung, Gelbsucht, schwere Störung der Leberfunktion, Krampfanfälle, gesteigerte Nervosität, Depressionen, Verwirrtheit, Halluzinationen, Schlafstörungen, Lähmungserscheinungen, Verstärkung bestehender Lähmungen (Paresen), Sehstörungen, vermehrter Tränenfluss, Störungen der Herzfunktion, Herzrhythmusstörungen, beschleunigter Herzschlag (Tachykardie), Blutdruckschwankungen, Beeinträchtigung des Geruchs- und Geschmacksempfindens, vermehrte Speichelbildung, Kau- und Schluckbeschwerden, Verstopfung, Blutungen im Verdauungstrakt, verstärktes Schwitzen, Juckreiz, abnormer Haarwuchs.

Sehr seltene Nebenwirkungen:
Darmverschluss, Schwellungen der Lymphknoten, schwere Störung der Blutbildung im Knochenmark (aplastische Anämie), Entzündung des Herzbeutels, Entzündung des Lungenfells (Pleuritis) mit Bildung eines Ergusses und Beeinträchtigung der Atmung.

Besonderheiten:
Bei Dosen über 200 Milligramm Dantrolen täglich muss vermehrt mit Nebenwirkungen, insbesondere mit Störungen der Leberfunktion, gerechnet werden.

Welche Wechselwirkungen zeigt Dantrolen?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Metoclopramid aus der Gruppe der Prokinetika kann Wirkung und Nebenwirkungen von Dantrolen steigern.

Gleichzeitig mit dem Wirkstoff sollten keine Barbiturate, Benzodiazipine, Narkosemittel, H1-Antihistaminika oder weitere Muskelrelaxanzien verabreicht werden, da sonst verstärkt mit Nebenwirkungen zu rechnen ist. Auch auf den Konsum von Alkohol ist zu verzichten.

Werden zeitgleich Wirkstoffe angewendet, die ebenfalls eine leberschädigende Wirkung entfalten können (zum Beispiel Östrogene), ist das Risiko für schwere Leberfunktionsstörungen erhöht.

Bei Patienten mit Störungen des Mineralstoffwechsels oder einer Veranlagung zur malignen Hyperthermie (siehe Anwendungsgebiet) kann es bei intravenöser Gabe (Spritzen in die Vene) von Dantrolen und gleichzeitiger Behandlung mit Kalziumkanalblockern oder Betablockern zu einem erhöhten Kalium-Gehalt im Blut (Hyperkaliämie) und infolgedessen zu Störungen der Herzfunktion kommen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Bei anhaltenden Durchfällen sollte die Therapie beendet werden.
  • Bei einer Herzbeutel- oder Lungenfellentzündung sowie bei schwerer Atemdepression ist die Therapie abzubrechen.
  • Vor und während der Anwendung muss die Leberfunktion kontrolliert werden.
  • Während der Behandlung ist eine Sonnenbestrahlung der Haut (Solarien, ausgedehnte Sonnenbäder) zu vermeiden.
  • Der Wirkstoff kann Müdigkeit hervorrufen und das Reaktionsvermögen beeinträchtigen.
  • Die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen kann vermindert sein.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Dantrolen?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Dantrolen enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Dantrolen

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Dantrolen. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Muskelrelaxanzien, zu welcher der Wirkstoff Dantrolen gehört.

Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Dantrolen

Dantrolen kommt bei einer krankhaft gesteigerten Muskelspannung zum Einsatz, die zu schweren Krämpfen (Spasmen) der Muskulatur führt. Ursache ist zumeist eine Schädigung der Nerven im Gehirn oder Rückenmark, beispielsweise durch multiple Sklerose, infolge einer Querschnittslähmung oder nach einem Schlaganfall. Von den Spasmen können einzelne Körperteile (zum Beispiel ein Arm oder ein Bein) oder bestimmte Körperregionen (beispielsweise der Arm und das Bein einer Körperhälfte) betroffen sein.

Zudem kann eine so genannte Reflexblase mit dem Wirkstoff behandelt werden. Bei diesem Krankheitsbild ist die Kontrolle des Schließmuskels der Harnblase durch Schädigung des Rückenmarks gestört. Ab einem bestimmten Füllungszustand der Blase kommt es reflexartig zur Entleerung der Blase und dem Abgang von Urin, ohne dass der Betreffende Einfluss darauf nehmen kann (Harninkontinenz).

Schließlich dient Dantrolen zur Behandlung maligner Hyperthermie. Dabei handelt es sich um eine sehr seltene Komplikation, die im Rahmen einer Narkose auftreten kann. Durch eine starke Steigerung des Stoffwechsels kommt es zu übermäßiger Wärmeproduktion und zu einem lebensbedrohlichen Überhitzen des Körpers. Voraussetzung für das Auftreten der malignen Hyperthermie ist vermutlich eine angeborene Störung des Kalzium-Stoffwechsels im Muskelgewebe.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Dantrolen sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Dantrolen

Dantrolen hat einen muskelentspannenden Effekt und wird daher zur Gruppe der Muskelrelaxanzien gezählt. Es wirkt insbesondere auf Muskeln, die für willkürlich gesteuerte Bewegungen zuständig sind, die so genannte Skelettmuskulatur. Der Herzmuskel und die nicht dem Willen unterworfene Muskulatur der Eingeweide werden erst bei höherer Dosierung beeinflusst.

Dantrolen hemmt in den Muskelzellen die Freisetzung des Minerals Kalzium, mindert dadurch das Zusammenziehen der Muskelfasern (Kontraktion) und verringert auf diese Weise die Anspannung der Muskeln.

Durch den Eingriff in den Kalzium-Haushalt der Muskelzellen kann Dantrolen bei maligner Hyperthermie die Stoffwechselaktivität und damit das Fieber senken.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.