Eine Frau geht mit einer Rolle Klopapier im Wald spazieren, da sie eine Blasenschwäche hat
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Blasenschwäche: Was tun bei Inkontinenz?

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 23.04.2024 - 14:15 Uhr

Wenn unkontrolliert Urin aus der Blase abgeht, kann das viele Ursachen haben – von einem schwachen Beckenboden bei Frauen bis hin zur vergrößerten Prostata beim Mann. Was hilft bei einer Harninkontinenz, die umgangssprachlich auch Blasenschwäche genannt wird?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Blasenschwäche

Je nach Ursache existieren verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Es ist immer ratsam, die Beschwerden ärztlich abklären zu lassen. Darüber hinaus können Betroffene selbst einiges tun, um die Beschwerden zu bessern. Dazu gehört neben Beckenbodentraining der Verzicht auf koffeinhaltige Getränke. Wer übergewichtig ist, sollte zudem versuchen, Gewicht zu verlieren.

Wer sehr häufig wenig oder ganz plötzlich stark Wasserlassen muss, könnte unter einer Blasenschwäche leiden. Häufig kommt es auch zu unwillkürlichem Verlust von Harn – der Urin läuft dann einfach in kleinen Tropfen oder auch schwallartig aus der Harnröhre.

Bei Frauen sind vorangegangene Schwangerschaften und Geburten und damit eine schwache Beckenbodenmuskulatur ein häufiger Grund für Harninkontinenz. Bei Männern kommt eine vergrößerte Prostata im Alter als Grund infrage. Es kommen jedoch viele verschiedene Ursachen infrage.

Was ist eine Blasenschwäche?

Normalerweise sammelt sich Urin in der Harnblase und kann kontrolliert beim nächsten Toilettengang ausgeschieden werden. Kontinenz, also die Fähigkeit, die Harn- und Darmausscheidungen kontrollieren zu können, entwickelt sich im Kleinkindalter. 

Bei einer Blasenschwäche kommt es aus ganz unterschiedlichen Gründen dazu, dass die Blase den Urin nicht mehr speichern kann und er unwillkürlich ausläuft. Das kann in jedem Alter auftreten, wird jedoch mit zunehmendem Alter häufiger.

Menschen mit Harninkontinenz fühlen sich häufig sozial ausgegrenzt und in ihrer Lebensqualität im Alltag stark eingeschränkt. Harninkontinenz ist somit nicht nur ein körperliches Problem, sondern kann auch mit einer erheblichen psychischen Belastung verbunden sein. Aus Scham lassen viele Betroffene sich nicht ärztlich untersuchen, obwohl es häufig gute Behandlungsmöglichkeiten gibt.

Verschiedene Formen der Blasenschwäche

Je nach Ursache und Symptomen unterscheiden Fachleute verschiedene Formen der Blasenschwäche:

  • Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz): Bei dieser besonders häufigen Form der Blasenschwäche gehen bei körperlicher Anstrengung geringe Mengen Harn ab. Typische Situationen sind etwa Husten, Lachen, Niesen, Heben oder Tragen. Belastungsinkontinenz kommt vor allem bei Frauen vor.

  • Dranginkontinenz (Reizblase, überaktive Blase): Charakteristisch für die Dranginkontinenz ist ein geradezu überfallartig auftretender starker Harndrang. Die Betroffenen müssen überdurchschnittlich häufig urinieren, der Urin geht dann mit einem Schwall ab. Nicht immer ist Dranginkontinenz mit unwillkürlichem Urinabgang verbunden.

  • Mischinkontinenz: Von Mischinkontinenz spricht man, wenn Belastungs- und Dranginkontinenz gemeinsam auftreten.

  • Überlaufinkontinenz: Betroffene mit dieser Form der Blasenschwäche können ihre Harnblase nicht willkürlich leeren. Ist die Harnblase voll, führt der starke Druck zu einem unwillkürlichen, plötzlichen Harnabgang. Die Blase läuft förmlich über.

  • Reflexinkontinenz: Bei einer Reflexinkontinenz geht plötzlich Harn ab, ohne dass die*der Betroffene Harndrang verspürt. Die Person kann die Blasenentleerung weder willentlich beginnen noch unterbrechen. Die Reflexinkontinenz tritt durch Verletzungen oder Fehlbildungen von Nervenbahnen auf.

  • Extraurethrale Harninkontinenz: Hier entweicht der Harn nicht über die Harnröhre, sondern beispielsweise über Fisteln (Verbindungskanäle). Diese Fehlbildungen sind häufig angeboren, können aber auch etwa infolge von Entzündungen entstehen.

  • Blasenschwäche bei Kindern: Ab dem vierten Lebensjahr sind Kinder in der Regel kontinent. Anschließend kommt es noch häufiger zum nächtlichen Bettnässen und seltener zu Harnikontinenz tagsüber. 

Was tun bei Blasenschwäche?

Die Therapie hängt von der Form und der Ursache der Blasenschwäche ab. Falls etwa eine gutartige Prostatavergrößerung bei Männern die Ursache für die Harninkontinenz ist, muss diese behandelt werden. 

Bei vielen Formen der Inkontinenz ist ein gezieltes Toilettentraining Bestandteil der Therapie. Ziel dabei ist es, nach und nach die Zeit zwischen den Toilettengängen zu verlängern.

Medikamentöse Behandlung bei Blasenschwäche

Je nach Ursache können verschiedene Medikamente die Beschwerden einer Harninkontinenz lindern:

  • Bei einem Östrogenmangel, der häufig in den Wechseljahren auftritt, können lokal angewendete Hormonpräparate die fehlenden Hormone ersetzen, etwa in Form von Salben oder Zäpfchen.

  • Eine bakterielle Infektion lässt sich mit Antibiotika behandeln. 

  • Bei einer Belastungsinkontinenz lindert der Wirkstoff Duloxetin, eigentlich ein Antidepressivum, die Beschwerden, indem es die Muskulatur des Blasenschließmuskels beeinflusst.

  • Die Dranginkontinenz lässt sich häufig gut mit Medikamenten behandeln. Dabei kommen zum Beispiel sogenannte Anticholinergika (z. B. Oxybutynin, Tolterodin, Darifenacin) oder Beta-3-Adrenorezeptor-Agonisten (Mirabegron) zum Einsatz. Diese können allerdings Nebenwirkungen wie Übelkeit und Blutdruckerhöhung mit sich bringen.

  • Bei der Reflexinkontinenz kommt je nach Ursache in der Regel die Selbstkatheterisierung zum Einsatz, bei der die Betroffenen ihre Blase regelmäßig selbstständig mithilfe eines Katheters entleeren können. Auch ein Dauerkatheter ist eine Option.

Wann ist eine Operation nötig?

Bei Dranginkontinenz und Belastungsinkontinenz ist nur selten eine Operation notwendig. Sie ist dann eine Option, wenn andere Behandlungsmöglichkeiten versagt haben. Die extraurethrale Inkontinenz dagegen erfordert immer eine Operation, in der die Fistel verschlossen wird.

Bei einer Dranginkontinenz kommen etwa folgende operative Verfahren infrage:

  • eine Harnblasenspiegelung, bei der das Medikament Onabotulinumtoxin A in die Blasenwand gespritzt wird. Dieses entspannt den Blasenmuskel. Die Wirkung ist allerdings nicht von Dauer, sodass die Behandlung wiederholt werden muss.

  • eine elektrische Neuromodulation, bei der Nervenbahnen durch elektrische Stimulationen angeregt werden. Dies soll die Funktion von Harnblase und Schließmuskeln verbessern.

  • eine operative Erweiterung der Harnblase (Blasenaugmentation), um deren Kapazität zu erweitern

Bei einer Belastungsinkontinenz kann beispielsweise ein Band um die Harnröhre eingesetzt werden, welches in das umliegende Gewebe einwächst und eine kontrollierte Blasenentleerung unterstützt. Alternativ können Vagina und Blasenhals operativ angehoben werden.

Tipps bei Blasenschwäche

Menschen mit Blasenschwäche können folgende Dinge selbst beachten, um die Beschwerden zu verbessern und ihren Alltag zu erleichtern:

  • wenig Getränke mit Koffein wie Tee, Kaffee und Cola trinken
  • für ausreichend Bewegung sorgen
  • übergewichtige Menschen sollten versuchen, ihr Körpergewicht zu reduzieren, um die Muskulatur der unteren Beckenregion zu entlasten
  • vor dem Zubettgehen nicht zu viel trinken
  • verschiedene Hilfsmittel wie Inkontinenzvorlagen können helfen, den Tagesablauf wieder normal zu gestalten 

Übungen gegen Blasenschwäche

Oft können gezielte Übungen für die Beckenbodenmuskulatur bei Blasenschwäche helfen. Das gilt insbesondere bei einer Belastungsinkontinenz, bei der der Schließmechanismus zwischen Blasenhals und Harnröhre geschädigt ist. Beckenbodentraining verbessert nicht nur die Funktion des Beckenbodens als Halteapparat der Beckenorgane, sondern stabilisiert auch die Harnröhre und die Aktivität der Blasenmuskulatur.

Am besten werden diese Übungen unter physiotherapeutischer Anleitung durchgeführt. Beckenbodenübungen lassen sich jedoch auch gut in den Alltag integrieren.

Blasenschwäche: Ursachen und Risikofaktoren

Eine Blasenschwäche kann sehr unterschiedliche Ursachen haben. Je nach Inkontinenzform kann sie zum Beispiel:

  • durch eine Erkrankung,
  • psychische Belastung,
  • Verletzungen oder
  • hormonelle Umstellungen entstehen.

Ursachen von Belastungsinkontinenz

Eine Belastungsinkontinenz kann mit einem geschädigten Schließmechanismus zwischen Blasenhals und Harnröhre zusammenhängen. Der Schließmuskel ist dann nicht mehr in der Lage, dem erhöhten Druck bei Belastungen standzuhalten und es kommt zum Urinverlust. Häufige Ursachen sind:

  • Beckenbodenschwäche
  • Operationen in der Beckenregion, z. B. an der Prostata
  • Verletzungen oder Überdehnung der unteren Beckenmuskulatur während einer Geburt
  • Östrogenmangel (z. B. in den Wechseljahren)
  • Gebärmuttersenkung oder Gebärmuttervorfall

Ursachen von Dranginkontinenz

Mögliche Ursachen für eine Dranginkontinenz sind:

  • überaktiver Harnblasenmuskel
  • Überempfindlichkeit der Blasenwand
  • Infektionen der Harnwege (z. B. Blasenentzündung)
  • Tumoren der Harnblase oder der ableitenden Harnwege
  • Blasensteine oder Harnwegssteine

Manchmal stecken auch andere Erkrankungen hinter einer Dranginkontinenz, so zum Beispiel:

Eine Dranginkontinenz kann auch ohne erkennbare Gründe auftreten und wird dann als überaktive Blase oder idiopathische Reizblase bezeichnet.

Ursachen von Überlaufinkontinenz

Eine Überlaufinkontinenz entsteht, wenn der Blasendruck größer ist als der Druck des Harnröhrenverschlusses. Die Blase entleert sich, sobald sie voll ist. Sie läuft sprichwörtlich über. Von dieser Form der Blasenschwäche sind besonders Männer betroffen. Mögliche Ursachen sind zum Beispiel:

  • eine gutartige Prostatavergrößerung bei Männern, bei der die Prostata auf die Blase drückt
  • Verengungen oder eine Blockade der Harnröhre durch Harnsteine, Fremdkörper oder Tumoren
  • Nervenschädigungen, zum Beispiel bei einer autonomen Neuropathie oder einem Diabetes mellitus

Ursachen von Reflexinkontinenz

Eine Reflexinkontinenz entsteht aufgrund einer mangelnden Kontrolle des Blasen-Schließmuskels, etwa aufgrund von Verletzungen des Rückenmarks. Sie tritt beispielsweise auf bei:

  • einem schweren Bandscheibenvorfall
  • Querschnittslähmung
  • einem offenen Rücken (Spina bifida)
  • Demenz
  • Multipler Sklerose
  • Nervenschädigungen, etwa aufgrund von Diabetes
  • Tumoren

Ursachen einer extraurethralen Harninkontinenz

Eine extraurethrale Harninkontinenz ist in der Regel angeboren, zum Beispiel, wenn eine Fehlanlage der Harnröhre besteht. 

Ursachen kindlicher Blasenschwäche

Wenn Kinder nachts oder tagsüber einnässen, kann das verschiedene Gründe haben. Dazu gehören beispielsweise:

  • familiäre Veranlagung
  • verzögerte Blasenreifung
  • funktionelle Harninkontinenz (Blasenmuskel und Schließmuskel arbeiten nicht richtig zusammen)
  • unter- oder überaktive Blasenfunktion
  • Harnwegsinfekte
  • vesikoureteraler Reflux (Rückfluss von Harn aus der Blase in die Harnleiter)
  • ADHS

Eine funktionelle Harninkontinenz kann entstehen, wenn Kinder den Harndrang unterdrücken und nicht zur Toilette gehen, weil sie etwa ihr Spiel nicht unterbrechen möchten.

    Risikofaktoren für eine Blasenschwäche

    Verschiedene Faktoren können eine Harninkontinenz begünstigen. Dazu zählen etwa:

    • ein höheres Lebensalter
    • Übergewicht
    • Nebenwirkungen von Medikamenten wie Diuretika oder einer systemischen Hormonersatztherapie in den Wechseljahren
    • familiäre Veranlagung
    • übermäßiger Konsum von Kaffee, Tee oder Alkohol
    • psychische Belastung
    • chronische Verstopfung (Obstipation)

    Blasenschwäche bei Frauen

    Frauen sind insgesamt öfter von Blasenschwäche betroffen als Männer. Etwa jede zehnte Frau in Deutschland leidet unter Harninkontinenz.

    Vor allem die Belastungsinkontinenz kommt bei Frauen häufig vor. Das liegt daran, dass die Stütz- und Haltefunktion des weiblichen Beckenbodens stärker beansprucht wird, weil Frauen ein breiteres Becken haben als Männer. 

    Schwangerschaften als Belastung für den Beckenboden

    Vor allem aber fordern Schwangerschaften und Entbindungen den Beckenboden in erheblichem Maße. Bereits in den letzten Schwangerschaftsmonaten kann es zur Belastungsinkontinenz kommen. In den meisten Fällen löst sich das Problem nach der Entbindung des Kindes wieder.

    Allerdings gibt es auch die sogenannte postpartale Harninkontinenz, die direkt nach der Geburt einsetzt. Auch sie verschwindet in der Regel aber innerhalb des nächsten Jahres. Beckenbodentraining wirkt hier als unterstützende Maßnahme gut.

    Blasenschwäche beim Mann

    Bei Männern tritt Blasenschwäche häufig mit dem Alter auf: Etwa 4 von 100 Männern im Alter von über 65 Jahren leiden unter Harninkontinenz.

    Häufig hängt sie dann mit einer vergrößerten Prostata zusammen, die die Harnröhre verengt. Daher empfehlen Fachleute, die Vorsteherdrüse ab dem 50. Lebensjahr regelmäßig untersuchen zu lassen. 

    Im Falle von Prostatakrebs hilft häufig nur eine Operation – die immer das Risiko einer Inkontinenz mit sich bringt. In vielen Fällen bessert sich die Blasenschwäche innerhalb der ersten 12 Monate nach einer Operation. In einigen Fällen bleibt sie aber dauerhaft bestehen. 

    Bei jüngeren Männern ist die Ursache einer Harninkontinenz oder Blasenschwäche häufig eine Infektion der Harnwege.

    Blasenschwäche: Diagnose

    Um die Ursachen für eine Blasenschwäche herauszufinden, erkundigt sich die*der Ärztin*Arzt zunächst zu den genauen Beschwerden, eventuell vorangegangenen Schwangerschaften und eingenommenen Medikamenten.

    Anschließend folgt eine gründliche körperliche Untersuchung. Bei Männern mit Blasenschwäche werden zur Diagnose auch Enddarm und Prostata abgetastet. Bei Frauen mit einer Harninkontinenz ist meist eine gynäkologische Untersuchung nötig.

    Zur Basisdiagnostik gehören zudem eine Urin- und Blutuntersuchung sowie ein Ultraschall der Harnwege und Harnblase, bei der auch die Restharnmenge in der Blase bestimmt werden kann.

    Für eine genaue Diagnose kann ein sogenanntes Miktionstagebuch helfen. Hier trägt die*der Betroffene Zeitpunkt, Menge und Begleitumstände des Harnverlusts und des Wasserlassens ein.

    Weitere Untersuchungen bei Blasenschwäche

    Je nachdem, welche Ursachen vermutet wird, kommen weitere Diagnose-Verfahren infrage, etwa:

    • Computertomographie (CT)
    • Blasenspiegelung (Zystoskopie)
    • diverse urologische Untersuchungen, um den Harnfluss, den Blasendruck und bei Frauen den Druck der Gebärmutter zu testen
    • Bestimmung des PSA-(prostataspezifisches Antigen)-Werts bei Männern