Das Wort WC mit Kreide auf den Asphalt geschrieben.
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Inkontinenz (Blasenschwäche, Harninkontinenz)

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 11.03.2021

Wenn unkontrolliert Urin aus der Blase abgeht, kann das viele Ursachen haben – von einem schwachen Beckenboden bis hin zur vergrößerten Prostata. Fachleute bezeichnen eine Blasenschwäche auch als Harninkontinenz. Die Therapie ist abhängig von Form und Ursachen der Inkontinenz.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Blasenschwäche (Inkontinenz, Harninkontinenz)

Normalerweise sammelt sich Urin in der Harnblase und entweicht kontrolliert beim nächsten Toilettengang. Die Fähigkeit, die Harn- und Darmausscheidungen kontrollieren zu können, nennt man Kontinenz. Kontinenz entwickelt sich im Kleinkindalter. Babys haben Stuhl und Harn noch nicht unter Kontrolle.

Definition: Was ist Inkontinenz?

Wenn die Blase den Urin nicht speichern kann, kommt es zum unwillkürlichen Harnverlust. Mögliche Gründe für eine Blasenschwäche sind organische Störungen wie eine akute Blasenentzündung und psychische Belastungssituationen genauso wie Geburt oder Operationen an der Prostata. Harninkontinenz kann sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen auftreten.

Es gibt verschiedene Formen der Blasenschwäche:

  • Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz): Bei einer Belastungsinkontinenz gehen bei körperlicher Anstrengung einige Spritzer Harn ab. Typische Situationen sind etwa Husten, Lachen, Niesen, Heben oder Tragen. Belastungsinkontinenz kennen mehrheitlich Frauen.
  • Dranginkontinenz (sog. Reizblase, überaktive Blase): Charakteristisch für die Dranginkontinenz ist ein geradezu überfallartig auftretender starker Harndrang. Bei dieser Form der Blasenschwäche geht der Urin mit einem Schwall durch die Harnröhre ab.
  • Mischinkontinenz: Von Mischinkontinenz spricht man, wenn Belastungs- und Dranginkontinenz gemeinsam auftreten.
  • Überlaufinkontinenz: Betroffene mit dieser Form der Blasenschwäche können ihre Harnblase nicht willkürlich leeren. Ist die Harnblase voll, führt der starke Druck zu einem unwillkürlichen, plötzlichen Harnabgang. Die Blase läuft förmlich über.
  • Reflexinkontinenz: Bei einer Reflexinkontinenz geht plötzlich Harn ab, ohne dass die*der Betroffene Harndrang verspürt. Die Person kann die Blasenentleerung weder willentlich beginnen noch unterbrechen. Die Reflexinkontinenz tritt durch Verletzungen oder Fehlbildungen von Nervenbahnen auf.
  • Eine Sonderform der Blasenschwäche ist die extraurethrale Harninkontinenz:Hier entweicht der Harn nicht über die Harnröhre, sondern auf anderem Wege. Die Ursache kann zum Beispiel eine angeborene Fehlanlage der Harnröhre sein. Bei Erwachsenen kann der Harn über sogenannte Fisteln umgeleitet werden. Fisteln sind kleine Gänge, die sich im Körperinneren bilden können.

Menschen mit Blasenschwäche leiden meist stark unter der fehlenden Blasenkontrolle. Sie fühlen sich häufig sozial ausgegrenzt und in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt. Blasenschwäche ist somit nicht nur ein lästiges körperliches Problem, sondern kann auch mit einer erheblichen psychischen Belastung verbunden sein.

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Häufigkeit

Schätzungen zufolge leiden über neun Millionen Menschen in Deutschland an unkontrolliertem Stuhl- oder Urinabgang. Frauen sind dabei wesentlich häufiger von Harninkontinenz betroffen als Männer. Dies gilt vor allem für die Belastungsinkontinenz. Die Blasenschwäche tritt mit zunehmendem Lebensalter gehäuft auf. Blasenschwäche und Inkontinenz sind auch heute noch Tabuthemen.

Blasenschwäche: Ursachen

Eine Blasenschwäche (Harninkontinenz, unwillkürlicher Harnverlust) kann sehr unterschiedliche Ursachen haben. Je nachdem, welche Form der Blasenschwäche vorliegt, kann sie zum Beispiel durch eine Erkrankung, psychische Belastung, Verletzungen oder hormonelle Umstellungen entstehen.

Ursachen der Dranginkontinenz

Die Dranginkontinenz ist mit einem sehr plötzlichen, starken Harndrang verbunden. Mögliche Ursachen für eine Dranginkontinenz sind:

  • eine Instabilität des Blasenmuskels (Detrusor)
  • Infektionen der Harnwege (z.B. Blasenentzündung)
  • Tumoren der Harnblase oder der ableitenden Harnwege
  • Blasensteine oder Harnwegssteine

Manchmal stecken auch neurologische Erkrankungen dahinter, so zum Beispiel:

Eine Dranginkontinenz kann auch ohne erkennbare Gründe auftreten und wird dann als idiopathische Reizblase bezeichnet.

Ursachen der Belastungsinkontinenz

Wenn bei körperlicher Belastung – etwa beim Niesen, Husten oder Tragen – unwillkürlich Harn abgeht, spricht man von einer Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz).

Eine Belastungsinkontinenz kann mit einem geschädigten Schließmechanismus zwischen Blasenhals und Harnröhre zusammenhängen. Häufige Ursachen sind:

Ursachen der Reflexinkontinenz

Eine Reflexinkontinenz entsteht aufgrund einer mangelnden Kontrolle des Blasen-Schließmuskels, etwa aufgrund von Verletzungen des Rückenmarks. Sie tritt beispielsweise auf bei

Ursachen der Überlaufinkontinenz

Eine Überlaufinkontinenz entsteht, wenn der Blasendruck größer ist als der Druck des Harnröhrenverschlusses. Die Blase entleert sich, sobald sie voll ist, und läuft sprichwörtlich über. Von dieser Form der Blasenschwäche sind besonders Männer betroffen. Mögliche Ursachen sind zum Beispiel:

  • eine gutartige Prostatavergrößerung bei Männern, bei der die Prostata auf die Blase drückt
  • Verengungen oder eine Blockade der Harnröhre durch Harnsteine, Fremdkörper oder Tumoren
  • Nervenschädigungen, zum Beispiel bei einer autonomen Neuropathie oder einem Diabetes mellitus

Bei einer gutartigen Prostatavergrößerung drückt die vergrößerte Prostata auf die Blase. Hierdurch kann es zu erhöhtem Harndrang und Blasenschwäche kommen.

Weitere Ursachen

Verschiedene Medikamente, wie Diuretika, Antidepressiva und Neuroleptika, aber auch Alkohol können eine bestehende Blasenschwäche verstärken. Die Sonderform der Blasenschwäche, die extraurethrale Inkontinenz, ist meist angeboren.

Inkontinenz bei Frauen

Unter Belastungsinkontinenz leiden Frauen wesentlich häufiger als Männer. Die Stütz- und Haltefunktion des weiblichen Beckenbodens ist deutlich stärker beansprucht, weil Frauen ein breiteres Becken haben als Männer. Zum anderen hat der weibliche Körper am Beckenboden drei Öffnungen für Harnröhre, Scheide und Enddarm, während es bei Männer nur zwei sind – eine naturgemäß größere Anfälligkeit für Inkontinenz.

Vor allem aber fordern Schwangerschaften und Entbindungen den Beckenboden in erheblichem Maße. Bereits in den letzten Schwangerschaftsmonaten kann es zur Belastungsinkontinenz kommen. In den meisten Fällen löst sich das Problem nach der Geburt des Kindes wieder.

Daneben gibt es die sogenannte postpartale Harninkontinenz, die direkt nach der Entbindung einsetzt. Auch sie verschwindet in der Regel aber innerhalb des nächsten Jahres. Beckenbodentraining wirkt hier als unterstützende Maßnahme gut.

Inkontinenz beim Mann

Bei jüngeren Männern liegt die Ursache einer Harninkontinenz oder Blasenschwäche häufig in einer Infektion der Harnwege. Mit zunehmendem Alter rückt dann aber die Prostata in den Fokus. Daher empfehlen Ärzte, ab dem 50. Lebensjahr regelmäßig die Vorsteherdrüse untersuchen zu lassen.

Bei Prostatakrebs hilft häufig nur eine Operation – die immer das Risiko einer Inkontinenz mit sich bringt. In vielen Fällen bessert sich die Blasenschwäche innerhalb der ersten 12 Monate nach einer Operation. In einigen Fällen bleibt sie aber dauerhaft bestehen. Wird die Prostata komplett entfernt, kann es zu einer Absenkung des eigentlich intakten Schließmuskels kommen. Aufgrund der veränderten Lage verliert er an Kraft, wodurch eine Inkontinenz entstehen kann.

Blasenschwäche: Diagnose

Um die Ursachen für eine Blasenschwäche (Harninkontinenz, unwillkürlicher Harnverlust) herauszufinden, erkundigt sich die*der Ärztin*Arzt zunächst zu den genauen Beschwerden. Zum Beispiel fragt er:

  • Wie häufig tritt die Blasenschwäche auf?
  • Verspüren Sie gleichzeitig einen Harndrang?
  • Haben Sie noch andere Beschwerden neben der Blasenschwäche, zum Beispiel Flankenschmerzen oder Stuhlunregelmäßigkeiten?
  • Wie intensiv ist der Harnstrahl?

Da auch eine Geburt zu einer Blasenschwäche führen kann, fragt die*der Ärztin*Arzt zudem gegebenenfalls nach vorherigen Schwangerschaften.

Nach dem Gespräch folgt eine gründliche körperliche Untersuchung. Bei Männern mit Blasenschwäche werden zur Diagnose auch Enddarm und Prostata abgetastet. Bei Frauen mit einer Harninkontinenz führt er eine gynäkologische Untersuchung durch. Zur Basisdiagnostik bei Blasenschwäche gehören zudem eine Urin- und Blutuntersuchung sowie eine Ultraschalluntersuchung der Harnwege und Harnblase, bei der auch die Restharnmenge in der Blase bestimmt werden kann.

Für eine genaue Diagnose kann ein sogenanntes Miktionstagebuch (lat. mictio = Wasserlassen) helfen. Hier trägt die*der Betroffene Zeitpunkt, Menge und Begleitumstände des Harnverlusts und des Wasserlassens ein.

Je nachdem, welche Ursachen für die Blasenschwäche vermutet wird, kommen weitere Diagnose-Verfahren infrage, etwa:

  • Computertomographie (CT)
  • Blasenspiegelung (Zystoskopie)
  • diverse urologische Untersuchungen, um den Harnfluss, den Blasendruck und bei Frauen den Druck der Gebärmutter zu testen
  • Bestimmung des PSA-(prostataspezifisches Antigen)-Werts bei Männern.

Blasenschwäche: Therapie

Bei Harninkontinenz und Blasenschwäche ist die Therapie immer davon abhängig, welche Form der Blasenschwäche vorliegt und welche Ursache dahintersteckt. Ist die Blasenschwäche die Folge einer anderen Grunderkrankung, ist immer eine gezielte Therapie dieser Krankheit notwendig.

Falls eine akute Infektion zu der Blasenschwäche geführt hat, wird die*der Ärztin*Arzt eine entsprechende Therapie einleiten. Gegen eine bakterielle Blasenentzündung helfen beispielsweise antibakterielle Medikamente (Antibiotika).

Bei vielen Formen der Blasenschwäche kann ein gezieltes Toilettentraining Bestandteil der Therapie sein. Gleichzeitig sollten Betroffene darauf achten, dass immer eine Toilette in erreichbarer Nähe ist. Außerdem ist es ratsam, nicht zu viel zu trinken, bevor man ins Bett geht. Verschiedene Hilfsmittel wie Inkontinenzvorlagen können helfen, den Tagesablauf wieder normal zu gestalten und die Lebensqualität zu verbessern.

Bei einer Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz), bei der der Schließmechanismus zwischen Blasenhals und Harnröhre geschädigt ist, kann oft eine gezielte helfen. Das Training stärkt den Beckenboden und die Schließfunktion der Blase. Bei einem Östrogenmangel werden Hormonpräparate verschrieben, um die fehlenden Hormone zu ersetzen. Übergewichtige Menschen sollten versuchen, ihr Körpergewicht zu reduzieren, um die Muskulatur der unteren Beckenregion zu entlasten.

Der Wirkstoff Duloxetin aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer kann die Belastungsinkontinenz nicht heilen, aber die Beschwerden lindern. Mögliche Nebenwirkungen sind etwa Übelkeit, Erbrechen, Schwindel oder Müdigkeit. In manchen Fällen ist bei einer Belastungsinkontinenz auch eine Operation nötig. Hierbei wird zum Beispiel ein Band um die Harnröhre eingesetzt, welches in das umliegende Gewebe einwächst und eine kontrollierte Blasenentleerung unterstützt.

Bei der Überlaufinkontinenz ist es wichtig, zunächst die eigentliche Ursache zu behandeln, etwa eine gutartige Prostatavergrößerung bei Männern. Nur dann ist für diese Form der Blasenschwäche eine erfolgreiche Therapie möglich.

Die Dranginkontinenz kann man häufig gut mit Medikamenten behandeln. Dabei kommen zum Beispiel sogenannte Anticholinergika (z.B. Oxybutynin, Tolterodin, Darifenacin) zum Einsatz. Nur in seltenen Fällen ist eine Operation notwendig.

Die extraurethrale Inkontinenz besteht meist von Geburt an und erfordert immer eine Operation.