Eine Frau niest in ein Taschentuch.
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Niesen

Von: Dr. rer. nat. Geraldine Nagel (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 19.01.2022

Erst bahnt es sich mit einem kribbeligen Gefühl in der Nase an, dann stößt der Körper plötzlich explosionsartig Luft durch Mund und Nase aus. Niesen ist ein Schutzreflex, der sich nicht willentlich kontrollieren lässt. Lesen Sie hier, welche Ursachen es für Niesen gibt und was dagegen hilft.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was beim Niesen passiert

In der Regel ist Niesen harmlos. Meist ist es eine Reaktion auf Reizungen der oberen Atemwege, in der Regel der Nasenhöhlen. Werden die Schleimhäute durch chemische Stoffe (z. B. Duftstoffe) oder physikalische Stoffe (z. B. Fremdkörper wie Pollen, Staub oder Krankheitserreger) gereizt, setzt das eine Kette von Signalen in Gang, die schließlich das Gehirn erreicht.

Treffen ausreichend viele Signale ein, dass eine Schwelle überschritten wird, gibt das Gehirn den Befehl zum Niesen. Als Folge schließen wir meist die Augen, atmen tief ein und pressen explosionsartig Luft durch Mund und Nase aus. Nasensekret und etwaige Reizstoffe werden herausgeschleudert – mit bis zu 160 Stundenkilometern (km/h). Der Druck in der Nasenhöhle steigt dabei kurzzeitig an.

Beim Niesen entlädt der Körper eine wirbelnde Wolke aus kleineren und größeren Tröpfchen, die sich in der Umgebung verteilen. Die Tröpfchen fliegen dabei weiter als bislang gedacht: Bis zu zweieinhalb Meter Distanz können sie überwinden. Hat der Betroffene einen Atemwegsinfekt (wie eine Erkältung), verteilen sich damit auch jede Menge Erreger. Pro Nieser können es Tausende sein.

Um störende Partikel loszuwerden, reicht ein einzelner Nieser nicht immer aus. Häufig niest man deshalb gleich mehrfach hintereinander.

Niesen: Signal für die Putzkolonne

Niesen hat auch noch einen anderen wichtigen Effekt. In der Nasenschleimhaut sitzen verteilt zwischen den Schleimhautzellen spezielle haarähnliche Zellen: die sogenannten Zilien. Sie bilden eine Art langflorigen Teppich, der ständig in Bewegung ist. Er soll Eindringlinge oder schädliche Partikel bemerken und aus der Nase raustransportieren.

Im Normalzustand bewegen sich die Zilien der Nasenschleimhaut eher langsam. Ein Niesen aktiviert die Zilien jedoch kurzzeitig und bringt sie dazu, für einige Minuten in Höchstgeschwindigkeit zu schlagen. Das unterstützt den Rausschmiss der Fremdkörper.

Damit die Zilien gut funktionieren, produziert die Nase übrigens fortwährend Schleim – gut einen Liter pro Tag. Das meiste davon landet unbemerkt im Magen, wo der saure Magensaft Fremdkörper oder Erreger in der Regel bereits zerstört.

Niesen: Was schiefgehen kann

Meist ist Niesen völlig harmlos, wenn auch manchmal etwas lästig. In seltenen Fällen sind jedoch Verletzungen beim Niesen nicht ausgeschlossen. Etwa, wenn man versucht, beim Niesen Mund und Nase zu verschließen, um die Lautstärke zu dämpfen und andere nicht zu belästigen. Dann entlädt sich der kurzfristig ansteigende Druck ins Körperinnere und steigt dabei auf das bis zu 20-Fache des Normalen an. Das kann (sehr selten) dazu führen, dass Gewebe reißt (z. B. im Rachen) und Luft hineingepresst wird.

 

Zwar schließen übrigens die meisten Menschen beim Niesen reflexartig die Augen, es ist aber nicht unmöglich, diese dabei offen zu halten. Dass man beim Niesen die Augen schließen muss, weil durch den Druck sonst vielleicht die Augäpfel herausgedrückt werden, ist jedoch ein Mythos. Manche Menschen können allerdings aufgrund einer Muskelschwäche die Augen aus den Höhlen hervortreten lassen.

Entwarnung gibt es auch beim Mythos, dass beim Niesen das Herz stehen bleibt oder der Körper für eine Sekunde tot sei. Beim Niesen kann sich zwar der Rhythmus des Herzschlags kurzzeitig verändern, normalisiert sich danach aber wieder.

Niesen: Ursachen

In der Regel muss man niesen, weil etwas die Schleimhäute der Nase oder oberen Atemwege reizt. Mögliche Ursachen für Niesen sind unter anderem Allergien (z. B. gegen Pollen, Hausstaub, Tierhaare, Schimmel) oder Schnupfen, etwa im Rahmen einer Erkältung oder Grippe. Häufig ist Niesen einer der ersten Vorboten solch eines Infekts. Daneben provozieren häufig Umweltreize oder eingeatmete Fremdkörper (z. B. Staub, trockene Luft) einen Niesreiz.

Teilweise lösen auch scharfes Essen, Sättigungsgefühle oder sexuelle Erregung einen Niesreiz oder eine verstopfte Nase aus. In letzterem Fall spricht man von einer sogenannten Honeymoon Rhinitis, was so viel wie Flitterwochen-Schnupfen bedeutet.

Etwa ein Viertel der Menschheit reagiert auf plötzliche Helligkeit mit einem kräftigen Niesen, etwa, wenn sie in Sonnenlicht schauen. Das passiert vor allem, wenn die Lichtverhältnisse plötzlich wechseln. Der Fachbegriff dafür lautet Licht-Nies-Reflex, Sonnenniesen, photischer Niesreiz oder Autosomal Cholinergic Helio-Ophtalmologic Outburst (ACHOO-Syndrom). Diese Art von Niesreiz ist erblich. Besitzt ein Elternteil dieses Erbmerkmal, besteht bei den Nachkommen eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, die Eigenschaft zu erben.

Wird ein bestimmter Gesichtsnerv gereizt (der Trigeminusnerv), etwa beim Augenbrauenzupfen, kann das ebenfalls zu Niesreiz führen.

Niesen kann zudem als Nebenwirkung mancher Medikamente auftreten.

Niesen: Was hilft?

Steckt eine Allergie (z. B. Heuschnupfen) hinter dem Niesen, können antiallergische Nasensprays oder andere Allergiemittel helfen. Auch den Allergieauslöser zu meiden oder regelmäßig eine Nasendusche zu verwenden kann Niesanfälle wahrscheinlich verringern.

Bei einem Infekt wie einer Erkältung oder Grippe lassen die Beschwerden im Laufe der Genesung in der Regel von alleine nach. Bei einer verstopften Nase können kurzfristig abschwellende Nasensprays helfen.

Tritt das Niesen als Nebenwirkung eines Medikaments auf, kann möglicherweise auf ein anderes Präparat gewechselt werden. Betroffene sollten in diesem Fall mit dem behandelnden Arzt sprechen.

Wirksam unterdrücken lässt sich ein Niesreiz kaum. Er lässt sich jedoch womöglich etwas hinauszögern, indem man beim ersten Kribbeln noch vor dem Luftholen die Finger auf die Nasenwurzel drückt (dabei aber nicht die Nase zuhält) oder die Zunge gegen den Gaumen presst.