Frau arbeitet im Labor
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Affenpocken: WHO erklärt Ausbruch zur Notlage

Von: Alexandra Maul (News-Redakteurin)
Letzte Aktualisierung: 26.07.2022

Affenpocken sind eine seltene Erkrankung, die in den vergangenen Jahrzehnten überwiegend in den Ländern West- und Zentralafrikas aufgetreten ist. Das Besondere: Affenpocken verbreiten sich gerade weltweit –  in über 70 Ländern wurde die Infektionskrankheit registriert, darunter auch in Großbritannien, Spanien, Portugal, Italien, den USA und Deutschland. Seit 23. Juli 2022 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Ausbruch der Erkrankung zudem zur Notlage erklärt. Wie die Affenpocken übertragen werden und welche Symptome bei einer Ansteckung typisch sind.

Täglich neue Fälle: Ursache der Affenpocken

Während in Deutschland bereits über 2.000 Fälle aufgetreten sind, steigen auch in Großbritannien und Spanien die Zahl der Neuinfektionen mit Affenpocken. Welche Ursachen den aktuellen Infektionen zugrunde liegen, ist noch nicht endgültig geklärt. Ersten Vermutungen zufolge könnte die Krankheit während einer großen Pride Parade auf der spanischen Insel Gran Canaria verbreitet worden sein.

Bei Affenpocken handelt es sich um eine seltene Viruserkrankung (Monkeypox virus, Genus Orthopoxvirus), welche in der Regel von Nagetieren übertragen wird. Meist geschieht das durch Kontakt mit Hauteffloreszenzen (Hautblüten), Blut, Gewebe oder Ausscheidungen bereits infizierter Tiere oder dem Umgang und Verzehr von infiziertem Fleisch. Den Namen Affenpocken verdankt die Viruserkrankung dänischen Forschenden, die das Virus erstmals 1958 bei einem Affen entdeckt hatten.

Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist laut Robert Koch-Institut (RKI) selten, kann allerdings bei engem Kontakt, etwa durch Körperflüssigkeiten oder Schorf (abgestorbenes Hautgewebe) der Affenpocken übertragen werden, ebenfalls im Rahmen sexueller Handlungen. Eine Übertragung kann in der Vorphase der Erkrankung auch über die Atemwege erfolgen.

WHO: Ausbruch ist eine Notlage von internationaler Tragweite

Die Weltgesundheitsorganisation hat den Ausbruch der Affenpocken offiziell zur Notlage erklärt. Ärzt*innen und Krankenhäuser sollen auf die Situation intensiv vorbereitet werden. Bei Verdachtsfällen sollen Schutzmaßnahmen aktiviert, Symptome schnell erkannt und mögliche Ansteckungen verhindert werden.

Symptome von Affenpocken

Die Inkubationszeit, also der Zeitraum zwischen Infektion und Ausbruch der Erkrankung, kann zwischen 7 und 21 Tagen andauern. Erste Symptome sind

Der Hautausschlag setzt erst nach einigen Tagen ein: Er beginnt meist im Gesicht und breitet sich auf andere Körperteile aus. Bei einigen der aktuellen Fälle war zu Beginn auch der Urogenitalbereich betroffen.

Wie gefährlich sind Affenpocken?

Eine Infektion mit der Viruserkrankung ist laut Forschenden eine ernste Erkrankung. Besonders Kinder, ältere Menschen sowie Personen mit Immunschwäche sind gefährdet. Bei Schwangeren besteht zudem das Risiko, das Virus auf das Ungeborene zu übertragen – mögliche Folgen sind Schwangerschaftskomplikationen sowie Fehlgeburten.

Da das Immunsystem bereits geschwächt ist, kann eine sogenannte Superinfektion durch Bakterien erfolgen. Diese können zu Lungen- oder Hirnhautentzündungen sowie einer Infektion der Hornhaut im Auge und somit zur Erblindung führen.

Zudem muss bei Affenpocken zwischen verschiedenen Virustypen unterschieden werden:

  • Westafrikanischer Typ: Bei diesem Virustyp ist die Sterblichkeitsrate niedriger (1 Prozent), führt aber bei einigen Personen zu schweren Erkrankungen.
  • Typ des Kongobeckens: Die Sterblichkeitsrate bei diesem Typ liegt bei zirka 10 Prozent.

Die bisher aufgetretenen Erkrankungen aus Großbritannien gehen ersten Angaben zufolge allerdings auf den westafrikanischen Typ der Affenpocken zurück.

Diagnose von Affenpocken

Liegt ein Verdacht auf Affenpocken vor, werden bei der Anamnese folgende Punkte gefragt:

  • War die betroffene Person in einem Endemiegebiet (West- und Zentralafrika)?
  • Hatte die infizierte Person engen Kontakt zu Reisenden?
  • Hatte die betroffene Person engen Kontakt zu Infizierten?

Zudem sollten weitere Erkrankungen, beispielsweise Windpocken, Gürtelrose sowie Syphilis, ausgeschlossen werden.

Der Nachweis der Affenpocken erfolgt in der akuten Krankheitsphase mithilfe eines PCR-Tests. Verwendet werden hierbei Bläschenflüssigkeit, Eiterflüssigkeit oder Schorf der Pocken. Ein Nachweis der Antikörper ist nur schwer mittels Labordiagnostik möglich.

Behandlung der Affenpocken

Eine Impfung gegen die ursprüngliche Pockenerkrankung soll laut Forschenden bis zu 80 Prozent vor einer Infektion mit Affenpocken schützen. Zur Behandlung der Viruserkrankung wurde zudem ein Mittel (Tecovirimat) in der Europäischen Union zugelassen. Laut RKI empfiehlt es sich außerdem, eine mögliche bakterielle Superinfektion der Pusteln zu verhindern. In der Regel heilen Affenpocken allerdings ohne zusätzliche Behandlung und Medikamente aus.

Impfung gegen Affenpocken: Wie funktioniert der Impfstoff?

Der Pockenimpfstoff Imvanex des Herstellenden Bavarian Nordic soll auch gegen Affenpocken wirksam sein. Da das Vakzin zunächst nur eingeschränkt verfügbar sein wird, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung besonders Risikogruppen. Dazu zählen:

  • Enge Kontaktpersonen von Infizierten
  • Medizinisches Personal, das Kontakt zu Infizierten hatte
  • Laborpersonal, das im engen Kontakt mit Pockenmaterial arbeitet
  • Personen, die sehr häufig ungeschützten Geschlechtsverkehr haben

Bei Imvanex handelt es sich um einen Lebendimpfstoff zum Schutz gegen Pocken, der bereits im Jahr 2019 von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zugelassen wurde. Imvanex wird, wie viele weitere Impfstoffe auch, unter die Haut (meist den Oberarm) injiziert. Insgesamt werden zwei Dosen des Vakzins geimpft, die zweite Dosis erfolgt frühestens 28 Tage nach der ersten.

Seit Juli 2022 wird das Vakzin auch offiziell von der EMA gegen Affenpocken empfohlen.

Der Impfstoff soll dem Immunsystem helfen, sich gegen die Erreger zu verteidigen. Erhält eine Person den Impfstoff, erkennt das Immunsystem die Fremdkörper und beginnt, entsprechende Abwehrstoffe zu produzieren. Bei erneutem Kontakt mit dem Erreger ist die Immunabwehr auf die Viren vorbereitet und in der Lage, sich zu wehren.

Was ist ein Lebendimpfstoff?

Lebendimpfstoffe sind Vakzine, welche vermehrungsfähige Krankheitserreger enthalten. Diese wurden im Labor abgeschwächt, wodurch sie keine Erkrankung mehr auslösen können. In seltenen Fällen können allerdings leichte Impfreaktionen auftreten. Zu den Lebendimpfstoffen zählen unter anderem die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln sowie Windpocken.

Der Impfstoff gegen Affenpocken ist grundsätzlich gut verträglich, sehr häufige Nebenwirkungen sind:

Achtung: Imvanex darf nicht bei Patient*innen angewendet werden, welche unter anderem auf Hühnereiweiß, das Protein Benzonase sowie das Antibiotikum Gentamicin allergisch reagieren. Eine Auflistung der Einschränkungen und Nebenwirkungen kann auch der Packungsbeilage des Vakzins entnommen werden.

Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wirken Pockenimpfstoffe mit einer Wahrscheinlichkeit von 85 Prozent. Nach bisherigem Stand sind Massenimpfungen nicht erforderlich.

Schutz vor einer möglichen Infektion mit Affenpocken

Um sich vor der Pockeninfektion zu schützen, sollte der enge Kontakt mit oder Verzehr von infizierten Tieren vermieden werden. Zudem ist es ratsam, auf sichere Hygienemaßnahmen beim Umgang mit Infizierten sowie einer schnellen Isolation und die Kontaktverfolgung potenziell erkrankter Personen zu achten.

Affenpocken mutieren häufiger als erwartet

Bisher waren Fachleute der Überzeugung, das Affenpockenvirus würde nur sehr langsam mutieren. Der Erreger, der für die aktuellen Ausbrüche verantwortlich ist, weist nach ersten Angaben der Forschenden allerdings deutliche Veränderungen zum Affenpockenvirus auf, das 2018 in Nigeria intensiv analysiert wurde. Mit rund 50 Veränderungen im genetischen Material des Virus, sei es sechs bis zwölf Mal häufiger mutiert, als in diesem Zeitraum erwartet.  

Das macht das Virus allerdings nicht ansteckender: Anders als beim Coronavirus begünstigen Mutationen nicht immer eine höhere Infektiosität, da etwa Affenpocken sich anders an die menschlichen Zellen binden.

Vielmehr fördert das menschliche Immunsystem bei einer Infektion Veränderungen der genetischen Struktur, um dem Virus zu schaden und somit eine mögliche Ausbreitung zu verhindern. Das Virus mutiert somit also schneller, ist aber dennoch nicht ansteckender.

Die rasche Ausbreitung der aktuellen Affenpocken-Fälle geht auf Reisen, Körperkontakt und spezifische Hot-Spots zurück, nicht aber auf Mutationen.