Etravirin

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 07.01.2013

Allgemeines

Etravirin wird bei Infektionen mit dem AIDS-Erreger, dem menschlichen Immundefizienz-Virus 1 (HIV-1) eingesetzt. Allerdings muss es immer mit einem anderen virenhemmenden Mittel aus der Wirkstoffgruppe der HIV-1-Proteasehemmer kombiniert werden.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Bindungsstelle des Enzyms Reverse Transkriptase blockieren
  • Übersetzung von Virus-RNA in Zellenerbgut hemmen
  • Herstellung neuer HIV-Viren verhindern

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Etravirin im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Etravirin nicht verwendet werden?

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff darf Etravirin nicht verwendet werden. Weil bisher keine Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung (Child Pugh-Klasse C) mit Etravirin behandelt wurden, wird eine Anwendung bei dieser Patientengruppe ebenfalls nicht empfohlen.

Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf Etravirin eingesetzt werden bei
  • Patienten, die schon einmal Hautreaktionen auf nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Hemmer zeigten
  • mäßiger Beeinträchtigung der Leberfunktion oder gleichzeitiger Infektion mit dem Hepatitis-B- oder -C-Virus, weil es zu vermehrten Nebenwirkungen kommen kann.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Bei trächtigen Ratten gelang Etravirin mit dem müterlichen Blut zum Ungeborenen. Es ist jedoch nicht bekannt, ob dies auch bei schwangeren Frauen der Fall ist. Tierexperimente lassen nicht auf direkte oder indirekte schädliche Auswirkungen auf Schwangerschaft, Entwicklung der Leibesfrüchte, Geburt oder Entwicklung des Neugeborenen schließen. Auch ein Fehlbildungsrisiko bei Menschen scheint unwahrscheinlich. Die Studien geben keinen Anlass zu Sicherheitsbedenken, sind aber zu wenige, um eine sichere Aussage zu treffen. Daher muss der Arzt bei der Behandlung Schwangerer stets das Risiko für das Kind gegen die Gefahr der AIDS-Übertragung abwägen.

Es ist nicht bekannt, ob Etravirin in die Muttermilch übertritt. Um eine Übertragung des AIDS-Erregers zu vermeiden, wird grundsätzlich empfohlen, dass HIV-infizierte Mütter ihre Babys unter keinen Umständen stillen sollen.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Die Wirkung und Verträglichkeit von Etravirin wurde bisher noch nicht bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren erprobt. Der Einsatz liegt also im Ermessen des Arztes.

Welche Nebenwirkungen kann Etravirin haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Etravirin. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Hautausschlag.

Häufige Nebenwirkungen:
Mangel an Blutplättchen, Blutarmut, Zuckerkrankheit, Überschuss an Blutzucker, Überschuss an Cholesterin im Blut, Überschuss an Triglyceriden im Blut, Überschuss an Blutfetten, Angstzustände, Schlaflosigkeit, Nervenstörungen in Armen und Beinen, Kopfschmerz, Herzinfarkt, Bluthochdruck, Reflux-Krankheit, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, Bauchschmerzen, Blähungen, Magenschleimhautentzündung, Fettumverteilung im Körper, Nachtschweiß, Nierenfunktionsstörung, Erschöpfung.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Verschlechterung einer Infektion oder Entzündung (Immunrekonstitutionssyndrom), Arzneimittelüberempfindlichkeit, Essensverweigerung, Fettstoffwechselstörung (allgemein), Verwirrtheitszustände, Orientierungslosigkeit, Albträume, Schlafstörungen, Nervosität, anomale Träume, Krampfanfall, Ohnmacht, Gedächtnisverlust, Zittern, Benommenheit, nervliche Missempfindungen in Armen und Beinen, nervliche Empfindungslosigkeit, Schläfrigkeit, Aufmerksamkeitsstörung, verschwommenes Sehen, Schwindel, Vorhofflimmern, Angina pectoris, Bronchialkrämpfe, Atembeschwerden bei Belastung, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Bluterbrechen, Mundschleimhautentzündung, Verstopfung, aufgetriebener Bauch, Mundtrockenheit, Würgereiz, Leberentzündung (auch durch Zellauflösung), Steatosis hepatis, Leberschwellung, Gesichtsschwellung, übermäßiges Schwitzen, Juckreiz, trockene Haut, Brustdrüsenschwellung, Trägheit.

Seltene Nebenwirkungen:
schwere Hautreaktionen (Stevens-Johnson-Syndrom, Erythema multiforme).

Besonderheiten:
Bei Patienten, die schon einmal durch nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Hemmer Hautreaktionen bekamen, kann ein erhöhtes Risiko auch bei Behandlung mit Etravirin nicht ausgeschlossen werden. Wenn sich eine schwere Hautreaktion entwickelt, sollte die Therapie abgebrochen werden.

Patienten, bei denen die Behandlung wegen schwerer Überempfindlichkeitsreaktionen (Hautreaktionen, allgemeine Reaktionen) abgebrochen wurde,dürfen die Therapie nicht wieder beginnen.

Eine antiretrovirale Kombinationstherapie (CART) wurde mit einer Umverteilung des Körperfetts (Lipodystrophie) bei HIV-infizierten Patienten in Verbindung gebracht. Die Langzeit-Auswirkungen dieser Erscheinung und wie es dazu kommt, sind derzeit nicht bekannt. Ein fortgeschrittenes Lebensalter sowie eine länger andauernde antiretrovirale Behandlung scheinen das Risiko dafür zu erhöhen.

Besonders bei Patienten mit fortgeschrittener HIV-Erkrankung und/oder Langzeitbehandlung mit antiretroviralen Kombinationstherapien kommt es manchmal zum Knochenabbau (Osteonekrose). Wenn Gelenkschmerzen, Gelenksteifigkeit oder Beschwerden bei Bewegungen auftreten, sollte daher sofort ein Arzt befragt werden.

Welche Wechselwirkungen zeigt Etravirin?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Aufgrund einer ausgeprägten Verringerung der Wirksamkeit von Etravirin sollte der Wirkstoff nicht mit Tipranavir + Ritonavir kombiniert werden.

Die Kombination von zwei nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Hemmern hat sich als nicht vorteilhaft erwiesen. Die gleichzeitige Anwendung von Efavirenz oder Nevirapin kann die Wirkung von Etravirin deutlich verringern. Auch die Kombination mit Nelfinavir und Indinavir ist zu vermeiden.

Bei manchen Antiarrhythmika wie Amiodaron, Bepridil, Disopyramid, Flecainid, Lidocain, Mexiletin, Propafenon und Chinidin verringert Etravirin möglicherweise die Wirkung.

Weil Etravirin die Wirksamkeit von Clarithromycin verringern kann, wird der Arzt, wenn nötig, andere Antibiotika verschreiben.

Möglicherweise erhöht Etravirin zusammen mit Warfarin das Blutungsrisiko, was der Arzt bei der Dosierung von Warfarin berücksichtigen muss.

Die AntiepileptikaCarbamazepin, Phenobarbital und Phenytoin schwächen die Wirkung von Etravirin ab, daher wird diese Kombination nicht empfohlen.

Die Tuberkulose-MittelRifampicin und Rifapentin verringern dem Blutgehalt von Etravirin und damit die Wirkung. Außerdem bestehen nachteilige Wechselwirkungen mit dem vorgeschriebenen Kombinationspartner für Etravirin, den HIV-1-Proteasehemmern. Eine Kombination ist zu vermeiden.

Möglicherweise wird Diazepam in seiner Wirkung durch Etravirin verstärkt. Der Arzt wird also ein anderes Mittel zur Beruhigung oder Krampflösung anwenden.

Dexamethason kann - besonders bei Langzeiteinsatz - die Wirkung von Etravirin abschwächen und wird daher vom Arzt durch ein anderes Glukokortikoid ersetzt werden.

Auch Johanniskraut kann die Etravirin-Wirkung abschwächen.

Manche Statine werden in ihrer Wirkung durch Etravirin verändert und müssen in ihrer Dosierung vom Arzt angepasst werden.

Wirkstoffe, die die körpereigene Abwehr unterdrücken, wie die ImmunologikaCiclosporin, Sirolimus und Tacrolimus können durch Etravirin in ihrer Wirkung abgeschwächt werden.

Potenzmittel wie Sildenafil, Vardenafil und Tadalafil müssen bei gleichzeitiger Anwendung mit Etravirin möglicherweise stärker dosiert werden, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.

Möglicherweise wird der BlutverdünnerClopidogrel durch Etravirin in seiner Wirksamkeit behindert. Von der Kombination wird daher abgeraten.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Wenn schwerer Ausschlag oder Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten, muss die Behandlung sofort abgebrochen und ärztlicher Rat eingeholt werden.
  • Wenn Gelenkschmerzen, Gelenksteifigkeit oder Beschwerden bei Bewegungen auftreten, sollte sofort ein Arzt befragt werden.
  • Die Therapie mit dem Medikament sollte von einem Arzt begonnen werden, der in der Behandlung von HIV-Infektionen erfahren ist.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Etravirin?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Etravirin enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Etravirin

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Etravirin. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen virenhemmende Mittel, Reverse-Transkriptase-Hemmer, zu welcher der Wirkstoff Etravirin gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Etravirin

Etravirin wird bei Infektionen mit dem AIDS-Erreger, dem menschlichen Immundefizienz-Virus 1 (HIV-1) eingesetzt. Allerdings muss es immer mit einem anderen virenhemmenden Mittel aus der Wirkstoffgruppe der HIV-1-Proteasehemmer kombiniert werden.

Diese Therapie darf erst zur Anwendung kommen, wenn vorher schon eine andere Behandlung gegen Retroviren fehlgeschlagen ist.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Etravirin sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Etravirin

Der AIDS-Erreger, das menschliche Immundefizienz-Virus Typ 1 (HIV-1), kann sich nicht selbsttätig vermehren. Es benötigt dazu die von ihm befallenen Zellen, in die er sein Virus-Erbgut einschleust. Damit die Zelle dieses Erbgut, die Virus-RNA, überhaupt "verarbeiten" kann, muss es in die für die Zelle "lesbare" DNA-Form "übersetzt" werden. Dazu wird ein Enzym benötigt, die Reverse Transkriptase. Ist das Virus-Erbgut mittels dieses Enzyms in zelleigenes Erbgut übersetzt, beginnt die Herstellung neuer Viren.

Etravirin ist ein sogenannter nicht-nukleosidischer Hemmstoff der Reversen Transkriptase. Es lässt sich also nicht als störendes Element in das entstehende Erbgut einbauen wie die nukleosidischen Hemmstoffe, sondern bindet direkt an das Enzym und blockiert die Stelle, an der die Virus-RNA "andocken" muss, um übersetzt zu werden.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.