Ein Ohrenarzt setzt einem Mann Kopfhörer für einen Hörtest auf.
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Taubheit, Gehörlosigkeit

Von: Onmeda-Redaktion, Dr. rer. nat. Geraldine Nagel (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 19.01.2022

Sind beide Ohren von Taubheit betroffen, bevor das Kind seine Muttersprache erworben hat, ist der normale Spracherwerb nicht möglich. Bei völliger Gehörlosigkeit ist daher eine frühe Behandlung und Förderung der betroffenen Kinder wichtig. Wenn ein Kind einseitig taub ist, ist seine Sprachentwicklung hingegen nicht beeinträchtigt.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Als Ursachen für eine Taubheit oder Gehörlosigkeit kommen verschiedene Schädigungen infrage, die sowohl angeboren als auch später erworben sein können, zum Beispiel:

Die Behandlung einer Taubheit hängt vom Ausmaß der Hörbehinderung ab: Einen einseitigen Hörverlust lassen viele Menschen – anders als eine völlige Gehörlosigkeit – gar nicht behandeln. Dabei kann auch jemand, der einseitig taub ist, von einer Behandlung profitieren: Wer auf einem Ohr taub ist, kann weder die Richtung noch die Entfernung einer Schallquelle feststellen – damit ist auch das Ausblenden von Hintergrundlärm erschwert. Zu den Folgen einseitiger Taubheit gehören demnach Schulprobleme oder eine Gefährdung im Straßenverkehr.

Bei ein- und beidseitiger Taubheit bietet sich (unter bestimmten Voraussetzungen) eine Innenohrprothese (sog. Cochlea-Implantat) an, um das Hörvermögen wiederherzustellen. Um das Cochlea-Implantat ins Ohr einzusetzen, ist eine Operation (meist unter Vollnarkose) nötig. Besteht eine Gehörlosigkeit von Geburt an, ist eine frühzeitige Implantation der Innenohrprothese (zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr) ratsam.

Vor allem bei beidseitiger Taubheit ist nach der Implantation eine Rehabilitation entscheidend: Nur ein intensives Hör- und Sprechtraining sowie eine hohe Motivation führen zu guten Erfolgen. Neben diesen Maßnahmen ist es bei angeborener oder früh erworbener Gehörlosigkeit empfehlenswert, die Gebärdensprache – eine visuelle Sprache mit eigener Grammatik – zum festen Bestandteil der Frühförderung zu machen: Erhalten gehörlose Kinder möglichst früh (am besten ab der Geburt) die Chance, die Gebärdensprache zu erwerben, kann dies auch das Erlernen der Lautsprache erleichtern.

Was ist das?

Taubheit ist ein Hörverlust, der einseitig oder beidseitig auftreten kann. Ist nur ein Ohr taub, ist die Fähigkeit beeinträchtigt, Richtung und Entfernung einer Schallquelle festzustellen. Sind beide Ohren taub, liegt eine Gehörlosigkeit vor: Dann sind Geräusche und Töne nicht mehr wahrnehmbar.

Bei Gehörlosigkeit bezieht sich die medizinische Definition nur auf das Hörvermögen. Dabei unterscheiden Mediziner zwischen absoluter und praktischer Taubheit:

  • Absolute Taubheit bedeutet einen Hörverlust von mehr als 60 Dezibel (dB) im Bereich zwischen 125 und 250 Hertz (Hz) sowie von mehr als 100 dB im restlichen Frequenzbereich.
  • Praktische Taubheit bedeutet, dass Hörverluste zwischen 85 und 100 dB vorliegen. Diese sogenannte Resthörigkeit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit ermöglicht noch eine Wahrnehmung einzelner Töne oder Geräusche (sog. Hörreste).

Daneben definiert die Gemeinschaft der Gehörlosen die Gehörlosigkeit auch über sprachliche und kulturelle Identität: Demnach sind Gehörlose Hörbehinderte, die vorzugsweise in Gebärdensprache kommunizieren und sich als Teil dieser Sprachgemeinschaft und deren Kultur sehen. Auch wer selbst nicht von Taubheit betroffen ist, aber die Gebärdensprache beherrscht, kann sich als Mitglied dieser Sprachgemeinschaft und Kultur verstehen.

Eine beidseitige Taubheit kann schon bei der Geburt bestehen (angeborene Taubheit oder Gehörlosigkeit) oder sich erst im Lauf des Lebens entwickeln (erworbene Taubheit). Abhängig davon, zu welchem Zeitpunkt das Hörvermögen verloren geht, sind folgende Formen zu unterscheiden:

  • Prälinguale Taubheit: Die Betroffenen sind schon gehörlos, bevor sie eine Sprache entwickeln können.
  • Postlinguale Taubheit: Die beidseitige Taubheit stellt sich erst nach erfolgter Sprachentwicklung ein.

Diese Unterteilung ist wichtig hinsichtlich der Folgen, die eine beidseitige Taubheit für den normalen Spracherwerb eines Kindes haben kann:

  • Macht ein Hörverlust ein Kind schon vor dem siebten Lebensjahr auf beiden Ohren taub, ist dies ohne Gegenmaßnahmen meist mit dem vollständigen Verlust des bis dahin erworbenen Sprachwortschatzes verbunden.
  • Tritt die Gehörlosigkeit erst nach dem siebten Lebensjahr ein, bleibt der Wortschatz erhalten.

Eine frühe einseitige Taubheit hingegen beeinträchtigt das Kind nicht in seiner Sprachentwicklung.

Häufigkeit

In der Bundesrepublik Deutschland sind etwa 80.000 Menschen von beidseitiger Taubheit oder Gehörlosigkeit betroffen, was einer Häufigkeit von etwa 0,1 Prozent entspricht. Jedes Jahr kommen ungefähr 600 bis 800 Kinder in Deutschland gehörlos zur Welt.

 

 

 

Historisches

Seit dem 17. Jahrhundert sind die Zusammenhänge zwischen Gehör und Sprechen bekannt – und somit die möglichen Folgen von Taubheit oder Gehörlosigkeit. Diese Erkenntnis bildete die Voraussetzung dafür, Schulen für Gehörlose zu schaffen. Die Gründung der ersten Gehörlosenschule fand in Deutschland als Taubstummen-Anstalt 1788 in Berlin statt.

Ursachen

Für eine Taubheit oder Gehörlosigkeit kommen als Ursachen sowohl angeborene als auch erworbene Schädigungen infrage. Etwa 15 Prozent der Menschen, die beidseitig taub sind, haben diese Gehörlosigkeit geerbt; in den meisten Fällen kommt es erst später zum Hörverlust.

Die angeborene Taubheit oder Gehörlosigkeit ist entweder erblich bedingt oder die Folge schädigender Einflüsse während der Schwangerschaft.

Hat eine angeborene Taubheit erbliche Ursachen, sind Mittelohr, Innenohr und/oder Hörnerv im Ohr nicht oder nur unvollständig ausgebildet. Kinder gehörloser Eltern kommen dann meist ebenfalls gehörlos zur Welt. Oft sind bei erblich bedingter Gehörlosigkeit auch andere Organe wie Augen, Nieren, Knochen und Haut geschädigt. Mittlerweile ist es gelungen, mehrere Träger der Erbanlage (Gene) zu identifizieren, die bei Schwerhörigkeit und Taubheit eine Rolle spielen.

Hat sich eine angeborene Taubheit oder Gehörlosigkeit während einer Schwangerschaft (intrauterin) entwickelt, können in seltenen Fällen Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus vom Typ 1 oder 2 hierfür verantwortlich sein. Die häufigsten Ursachen für eine beim Ungeborenen entstandene Gehörlosigkeit oder Taubheit sind jedoch:

Eine Taubheit oder Gehörlosigkeit kann auch während der Geburt (perinatal) auftreten. Risikofaktoren sind Frühgeburten, Kernikterus (d.h. schwere Schädigung des Zentralnervensystems bei Neugeborenen durch erhöhte Werte des Gallenfarbstoffs Bilirubin im Blut) oder Atemstillstand mit Sauerstoffmangel (Neugeborenen-Asphyxie). Zudem können mechanische Geburtstraumata eine Taubheit verursachen.

Für eine nach der Geburt (postnatal) erworbene Taubheit oder Gehörlosigkeit kommen als Ursachen zum Beispiel Erkrankungen des Gehirns (Meningitis, Enzephalitis), Infektionen wie Mumps, Zoster oticus (eine seltene Form der Gürtelrose), Masern oder eine chronische Mittelohrentzündung infrage. Auch ein Schädelbruch oder toxische Schäden (z.B. durch das Antibiotikum Streptomycin) können nach der Geburt eine Taubheit verursachen. Des Weiteren können Menschen nach einem Hörsturz im Extremfall einseitig taub sein.

Symptome

Die für eine beidseitige Taubheit (Gehörlosigkeit) typischen Symptome hängen damit zusammen, dass der Hörsinn vollständig oder nahezu vollständig ausgeschaltet ist: Wer auf beiden Ohren taub ist, kann Geräusche und Töne nicht wahrnehmen und reagiert nicht auf entsprechende Reize. Damit ist auch die Kommunikation mit der hörenden und sprechenden Umwelt erschwert. Beidseitige Taubheit beeinträchtigt Sozialkontakte und Berufschancen außerhalb des Kreises anderer Gehörloser erheblich.

Ist die Taubheit oder Gehörlosigkeit angeboren, liegen manchmal weitere Symptome in Form von gleichzeitigen Schäden an anderen Organen wie Augen, Knochen, Nieren und Haut vor. Angeborene oder früh erworbene beidseitige Taubheit führt außerdem unbehandelt dazu, dass die Entwicklung der Sprache stark eingeschränkt ist oder völlig unterbleibt. Deswegen ist es wichtig, schon bei kleinen Kindern darauf zu achten, ob sie auf akustische Reize reagieren, und es so früh wie möglich zu erkennen, wenn sie gehörlos sind.

Im Vergleich zur Gehörlosigkeit zeigen sich bei einer einseitigen Taubheit nur Symptome einer leichteren Hörbehinderung: Wer auf einem Ohr taub ist, dem kann es zum Beispiel schwerfallen, einem Gespräch zu folgen, das auf der Seite mit dem tauben Ohr stattfindet. Typisches Anzeichen für eine einseitige Taubheit ist auch die Unfähigkeit, Hintergrundlärm auszublenden oder die Richtung und Entfernung einer Schallquelle festzustellen. Dies kann zum Beispiel Schulprobleme oder eine Gefährdung im Straßenverkehr mit sich bringen. Anders als Gehörlosigkeit wirkt sich eine früh bestehende einseitige Taubheit bei Kindern aber nicht unbedingt störend auf deren Spracherwerb aus.

Diagnose

Um bei einseitiger Taubheit, Gehörlosigkeit oder beginnendem Hörverlust die Diagnose so früh wie möglich zu stellen, findet heute bei jedem Kind nach der Geburt ein Hörtest statt. Auch bei den nachfolgenden Früherkennungs-Untersuchungen ist es üblich, das Gehör zu testen. Auf diese Weise gelingt es größtenteils, eine angeborene oder früh erworbene Taubheit zu erfassen und entsprechend zu behandeln.

Besteht der Verdacht auf eine Schwerhörigkeit, einseitige Taubheit oder völlige Gehörlosigkeit, bieten sich zur Diagnose folgende Untersuchungen an, um zu bestimmen, wo genau der Hörschaden liegt und welche Therapien möglich sind:

  • Objektiver Hörtest (BERA) zur Untersuchung des Hörnervs: Dieser kommt vor allem bei Kindern zum Einsatz, da er das Hörvermögen objektiv widerspiegelt.
  • Messung otoakustischer Emissionen (OAE) zum Nachweis einer Schädigung der äußeren Haarzellen des Innenohrs: Ist auch bei Kindern zur Diagnose geeignet, da dieser Test ebenfalls objektiv ist.
  • Gleichgewichtsprüfung zum Ausschluss einer Mitbeteiligung des Gleichgewichtsorgans.
  • Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) zum Nachweis, ob anatomische Veränderungen im Bereich der Hörschnecke (Cochlea) oder des Hörnervs vorliegen.
  • Promontorialtest zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Hörnervs, wenn zur Behandlung eine Innenohrprothese (sog. Cochlea-Implantat) vorgesehen ist.

Vor allem bei gehörlosen Kindern ist es immer ratsam, auch andere Ursachen für die Symptome der Taubheit oder Gehörlosigkeit (wie eine gestörte Wahrnehmung oder stark geminderte Intelligenz) bei der Diagnose auszuschließen. Dazu sind entsprechend körperliche Untersuchungen notwendig, um die Funktionen des Nervensystems zu prüfen (sog. neurologische Untersuchungen).

Therapie

Bei einer Taubheit oder Gehörlosigkeit hängt die Therapie von Ausmaß und Ursache des Hörverlusts ab: Um eine starke ein- oder beidseitige Schwerhörigkeit zu behandeln, ist unter Umständen ein Hörgerät geeignet. Wenn die Hörschädigung zu stark ausgeprägt ist, erzielen Sie mit einem Hörgerät jedoch keine Verbesserung. In dem Fall ist zur Behandlung womöglich ein Implantat (sog. Innenohrprothese oder Cochlea-Implantat: Cochlea = Hörschnecke im Innenohr) geeignet, um das Hörvermögen wiederherzustellen. Das hierdurch erreichte Hörvermögen ist allerdings nicht mit dem gesunden Gehör gleichzusetzen.

Eine einseitige Taubheit scheint – anders als eine völlige Gehörlosigkeit – gar keine Therapie erforderlich zu machen: Man kann ja schließlich noch mit dem anderen Ohr hören. Doch auch wer einseitig taub ist, kann von einer Behandlung durchaus profitieren!

Zwar durchlaufen Kinder, die früh auf einem Ohr stark hörbehindert sind, in der Regel eine ungestörte Sprachentwicklung. Doch spätestens in der Schule treten oft Probleme auf, weil die einseitige Taubheit es zum Beispiel unmöglich macht, Hintergrundgeräusche auszublenden. Und auch bei späterer Ertaubung eines Ohrs durch Hörsturz mit Ohrgeräuschen (Tinnitus) bringt eine Behandlung Vorteile:

  • Zum einen kann eine Innenohrprothese die verloren gegangene Fähigkeit zum räumlichen Hören (d.h. die Lokalisation von Schallquellen) wieder ermöglichen,
  • zum anderen gelingt es häufig, die quälenden Ohrgeräusche zu unterdrücken.

Entscheidend dafür, dass bei beidseitiger Taubheit eine Implantation erfolgreich ist, ist eine anschließende Rehabilitation: Diese ist sehr umfangreich und langwierig und erfolgt in speziellen Zentren. Zunächst ist es notwendig, das Hören und Sprechen neu zu erlernen. Nur ein ständiges Training und eine entsprechende Motivation führen zu guten Erfolgen. Wenn die Gehörlosigkeit von Geburt an besteht, erhält das betroffene Kind die Implantate in der Regel zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr, damit sich seine Sprechfähigkeit herausbilden kann. Vor dem ersten Lebensjahr ist der Eingriff wegen der möglichen Operationsrisiken nicht ratsam; nach dem achten Lebensjahr ist er nicht mehr möglich. Bei Erwachsenen, die ihr Gehör verlieren, ist eine Cochlea-Implantation dann erfolgversprechend, wenn sie bereits sprechen konnten.

Video: Cochlea-Implantat

Bei früher Gehörlosigkeit ist es – neben der Therapie durch Implantate und lautsprachliche Förderung – jedoch auch zu empfehlen, die Gebärdensprache zum festen Teil der Frühförderung zu machen. Wenn Kinder gehörlos sind und so früh wie möglich (in den ersten Lebensjahren – am besten von Anfang an) die Chance bekommen, die Gebärdensprache zu erwerben, wirkt sich dies günstig auf ihre allgemeine Sprachkompetenz aus: Dies zeigt sich darin, dass gehörlose Kinder, die zweisprachig (mit Gebärdensprache als Erstsprache und Lautsprache als Zweitsprache) aufwachsen, bei Sprachtests auch in der Lautsprache deutlich bessere Ergebnisse erzielen als Gehörlose, die nur die Lautsprache erlernt haben.

Weil auch ein schon im frühesten Kindesalter eingesetztes Cochlea-Implantat eine erfolgreiche Hör- und Sprachentwicklung nicht sicher gewährleisten kann, ist es also nicht sinnvoll, bei beidseitiger Taubheit das Implantat einzusetzen, die so behandelten Kinder dann von anderen gehörlosen Kindern abzusondern und ihre anschließende Förderung ausschließlich lautsprachlich zu orientieren.

Cochlea-Implantat

Bei einer Taubheit oder Gehörlosigkeit kann die Therapie darin bestehen, ein sogenanntes Cochlea-Implantat in einer Operation in das Ohr einzusetzen. Die Operation erfolgt in der Regel unter Vollnarkose und dauert zwei bis drei Stunden. Das Operationsrisiko ist dabei nicht höher als bei anderen Operationen unter Vollnarkose.

Allerdings ist ein Cochlea-Implantat nicht bei jeder Taubheit oder Gehörlosigkeit geeignet: Nur wenn der Hörnerv nicht geschädigt ist, kann ein Cochlea-Implantat das Hörvermögen des tauben Ohrs wiederherstellen!

Das Cochlea-Implantat besteht aus einem zu implantierenden Teil und aus einem äußeren Teil (dem Sprachprozessor). Der zu implantierende Teil verfügt über Elektroden, die der Operateur mithilfe eines sehr dünnen Kabels in die Hörschnecke (Cochlea) einführt. Dort erregen beziehungsweise reizen sie anstelle der geschädigten Sinneszellen den Hörnerv direkt. Im Prinzip ist bei einem Cochlea-Implantat keine Wartung und vor allem kein Austausch von Batterien erforderlich.

 

 

 

Funktionsweise

Ein bei Taubheit oder Gehörlosigkeit zur Therapie eingesetztes Cochlea-Implantat sorgt über folgende Funktionsweise für ein Hörvermögen:

  • Ein ohrnahes Mikrofon nimmt den Schall auf.
  • Ein Spezialkabel leitet das analoge Schallsignal vom Mikrofon zum Sprachprozessor, einem Mikroprozessor.
  • Der Sprachprozessor analysiert, digitalisiert und codiert den Schall als elektrische Impulse und leitet diese an die Sendespule weiter.
  • Die Sendespule sendet die codierten Signale an das unter der Haut sitzende Cochlea-Implantat.
  • Hier erfolgt die Umwandlung von Code in elektrische Signale und deren Weiterleitung an die implantierten Elektroden im Innenohr, um die Fasern der Hörnervs direkt anzuregen.
  • Das Gehirn interpretiert die Signale wie normale Reize als Schall beziehungsweise als Sprache, das heißt, es entsteht eine Hörempfindung.

 

 

 

Voraussetzungen

Bei einer Taubheit oder Gehörlosigkeit ist die Therapie mit Cochlea-Implantat nur unter folgenden Voraussetzungen möglich:

  • Bei Kindern: vor, während oder nach der Geburt erworbene, beidseitige Taubheit mit bestehender Leitfähigkeit des Hörnervs
  • Bei Jugendlichen und Erwachsenen: beidseitige Taubheit oder hochgradige Schwerhörigkeit; einseitige Ertaubung durch Hörsturz mit Ohrgeräuschen (Tinnitus)
  • positives Ergebnis im sogenannten Promontorialtest zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Hörnervs
  • ausreichende anatomische Voraussetzungen – so muss die Hörschnecke oder Schneckenwindung im Innenohr vorhanden sein
  • keine schwerwiegenden Grunderkrankungen oder wiederholt auftretenden Entzündungen neben der Taubheit
  • nachgewiesene Lernfähigkeit und Lernbereitschaft, gute Fähigkeit zum Lippenablesen
  • Gewährleistung einer entsprechenden Rehabilitation
  • intaktes und motiviertes soziales Umfeld

Außerdem kann ein Cochlea-Implantat unter bestimmten Voraussetzungen auch zusammen mit einem Hörgerät zum Einsatz kommen: Wenn bei tieffrequenten Tönen nur eine leichte bis mittelschwere Schwerhörigkeit vorliegt, Töne mit einer Frequenz von über 1000 Hertz aber kaum bis gar nicht zu hören sind, kann das Hörgerät den Hörverlust in den tiefen Frequenzen ausgleichen und das Cochlea-Implantat die Taubheit beheben.

Alternativen

Wenn bei einer Taubheit oder Gehörlosigkeit eine Innenohrprothese nicht zur Therapie geeignet ist, können verschiedene Alternativen in Betracht kommen. Ist der Hörnerv geschädigt, besteht die Möglichkeit, ein Hirnstamm-Implantat einzusetzen: Hier sorgt eine direkte Reizung der Hörkerne im Gehirn über Elektroden für eine Hörempfindung. Zur Implantation ist ein neurochirurgischer Eingriff erforderlich. Außerdem ist eine intensive Rehabilitation unerlässlich. Die Erfahrungen mit dieser Technik sind aber noch gering.

Ist es nicht möglich, die Taubheit durch eine Operation zu beheben, oder lehnen die Betroffenen sie aus persönlichen Gründen ab, ist die Gehörlosigkeit zu akzeptieren. In diesem Fall stehen andere Möglichkeiten der Kommunikation zur Verfügung: vor allem die Gebärdensprache, aber auch Lippenablesen oder Computer. Darüber hinaus sind für Gehörlose im Alltag technische Hilfsmittel (wie Lichtsignalanlagen, Vibrationsmeldegeräte, Licht- und Vibrationswecker) sinnvoll.

Verlauf

Eine frühe einseitige Taubheit stört – anders als eine völlige Gehörlosigkeit – den Verlauf der Sprachentwicklung nicht unbedingt. Wie sich eine frühe beidseitige Taubheit bei Kindern auf den normalen Spracherwerb auswirkt, hängt vom Zeitpunkt des Hörverlusts ab:

  • Ist ein Kind vor dem Erwerb der Muttersprache auf beiden Ohren taub, ist keine normale Sprachentwicklung möglich.
  • Ein beidseitiger Hörverlust vor dem siebten Lebensjahr kann ohne Gegenmaßnahmen den vollständigen Verlust des bis dahin erworbenen Sprachwortschatzes bedeuten.
  • Tritt die Gehörlosigkeit erst nach dem siebten Lebensjahr ein, bleibt der Wortschatz erhalten.

Eine frühe Diagnose und entsprechende Maßnahmen können bei beidseitiger Taubheit den Verlauf des Spracherwerbs günstig beeinflussen: Zum einen kann der frühzeitige Einsatz einer Innenohrprothese (sog. Cochlea-Implantat) die Sprachfähigkeit eines Kleinkindes positiv beeinflussen. Mithilfe dieser Maßnahme haben in den letzten Jahren viele Betroffene die Fähigkeit zu hören erlangt. Zum anderen wirkt es sich positiv auf die Beherrschung von Sprache aus, wenn gehörlose Kinder so früh wie möglich (am besten ab der Geburt) die Chance erhalten, die Gebärdensprache zu lernen: Dies macht auch das Erlernen der Lautsprache leichter.

Bei Behandlung einer Taubheit mit einem Cochlea-Implantat ist zu beachten, dass ein derartiges Gerät mit etwa 20 Elektroden nur begrenzt die Funktion des gesunden Ohrs mit beispielsweise 30.000 Nervenfasern übernehmen kann. Das Hören mit einem Cochlea-Implantat nach einer Gehörlosigkeit ist demnach nicht mit dem normalen Hörempfinden vergleichbar. Da das Implantat die akustischen Reize in weniger Tonhöhen und -tiefen umwandelt, gleicht das Hörerlebnis eher einer metallenen Computerstimme. So ist es beispielsweise praktisch unmöglich, unerwünschte Nebengeräusche herauszufiltern.

  • Kinder, die nie gehört haben, sondern von Geburt an auf beiden Ohren taub sind, werden sich daran wenig stören.
  • Wenn die Taubheit erst im Verlauf des Lebens entsteht, haben die Betroffenen (v.a. Erwachsene) hingegen anfangs häufig Probleme mit der Umstellung.

Ohne intensive Förderung bedeutet beidseitige Taubheit, dass die lautsprachliche Kommunikation eingeschränkt ist oder völlig verloren geht. So kann Gehörlosigkeit in unserer besonders auf das Hören und Sprechen ausgerichteten Gesellschaft dazu führen, dass die Betroffenen vereinsamen, aus dem Kreis derer, die die Gebärdensprache nicht beherrschen, zunehmend ausgeschlossen sind und sogar ihren Arbeitsplatz und Freundschaften verlieren.

Vorbeugen

Einer erblich bedingten angeborenen Taubheit oder Gehörlosigkeit können Sie nicht vorbeugen. Auch einige Erkrankungen oder Geburtstraumata, die zu Taubheit führen können, sind nur schwer zu verhindern. Allerdings können schwangere Frauen folgende Maßnahmen ergreifen, um schädigende Einflüsse auf das Gehör des ungeborenen Kindes zu vermeiden:

  • Meiden Sie Infektionen (wie Röteln, Zytomegalie, Toxoplasmose, Syphilis), indem Sie sich beispielsweise rechtzeitig impfen lassen.
  • Nehmen Sie keine Medikamente ein, die das Gehör Ihres Kindes schädigen können (wie bestimmte Antibiotika, Diuretika, Zytostatika).
  • Rauchen Sie nicht.
  • Trinken Sie keinen Alkohol.

Wer einer Taubheit oder Gehörlosigkeit vorbeugen möchte, für den gilt allgemein: Infektionen oder plötzlicher sowie dauerhafter Hörverlust sind immer ein Grund, umgehend einen Arzt aufzusuchen.