Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Zu viel Schilddrüsenhormone


Verfasst von Astrid Clasen • Medizinredakteurin
Geprüft von Prof. Dr. med. Onno Janßen • Endokrinologe
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Mehr erfahrenEine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) beschleunigt den Stoffwechsel und die Herzfrequenz – mit weitreichenden Folgen: etwa Gewichtsverlust, Haarausfall, Bluthochdruck, Nervosität, Schwitzen, Schlafstörungen oder Durchfall. Was tun?

Inhaltsverzeichnis
Der Begriff Hyperthyreose für die Schilddrüsenüberfunktion setzt sich zusammen aus
- der griechischen Vorsilbe hyper (= über) und
- der medizinischen Kurzbezeichnung Thyroidea für die Schilddrüse.
Was ist eine Schilddrüsenüberfunktion?
Die Schilddrüsenüberfunktion ist eine Funktionsstörung der Schilddrüse: Infolge der Überfunktion bildet die Schilddrüse die beiden Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) in zu großer Menge. Diese Schilddrüsenhormone steuern alle Stoffwechselvorgänge des Körpers. Ein Zuviel an Schilddrüsenhormonen kurbelt den Stoffwechsel übermäßig an.
Video: Die Schilddrüse
Streng genommen ist die Schilddrüsenüberfunktion keine eigenständige Schilddrüsenerkrankung. Vielmehr ist die Hyperthyreose ein Symptom für verschiedene andere Erkrankungen.
Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Symptome
Die mit einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) verbundenen Symptome sind sehr vielfältig. Denn durch die Überversorgung mit Schilddrüsenhormonen ist der Stoffwechsel insgesamt beschleunigt. Typische allgemeine Symptome der Schilddrüsenüberfunktion sind zum Beispiel:
- Unruhe
- vermehrtes Schwitzen
- Wärmeintoleranz (d.h., die Betroffenen empfinden Wärme schnell als unangenehm)
- Gewichtsabnahme bei gesteigertem Appetit und trotz ausreichender Ernährung
- vermehrter Haarausfall
Die Hyperthyreose wirkt sich aber auch spürbar auf einzelne Organsysteme aus. So arbeitet etwa das Herz-Kreislauf-System beschleunigt, weil die Schilddrüsenhormone den Körper empfindlicher gegenüber den Stresshormonen Adrenalin und Noradrenalin machen. Diese Auswirkung der Schilddrüsenüberfunktion kann folgende Symptome auslösen:
- beschleunigten Puls
- Herzklopfen bis Herzrasen
- Herzrhythmusstörungen
- Bluthochdruck (Hypertonie)
Durch ihre Wirkung auf das Zentralnervensystem (ZNS = Gehirn und Rückenmark) verursacht die Schilddrüsenüberfunktion Symptome wie:
- Nervosität
- Zittern der Hände
- Schlafstörungen bei gesteigerter Ermüdbarkeit
- Stimmungsschwankungen
- Bewegungsunruhe
- schnelle Erschöpfung schon bei leichter Belastung
- Muskelschmerzen und Muskelschwäche
Auch Durchfall kann bei einer Schilddrüsenüberfunktion Teil der Symptome sein. Eine Frau kann zusätzlich Zyklusstörungen entwickeln. Außerdem kann bei einer Hyperthyreose die Schilddrüse vergrößert sein: Mediziner bezeichnen das als Struma. Wenn die Schilddrüse dabei auch Knoten enthält, wird dies Struma nodosa genannt.
Je nach Ursache der Schilddrüsenüberfunktion können weitere Symptome hinzukommen. So erkrankt zum Beispiel beim Morbus Basedow oft die Augenhöhle. Diese endokrine Orbitopathie führt dazu, dass der Augapfel hervortritt. Mediziner bezeichnen dieses Symptom als Exophthalmus, umgangssprachlich nennt man es auch Glupschauge, Glotzauge oder Glanzauge. Wie stark es ausgeprägt ist, sagt allerdings nichts über den Grad der Hyperthyreose aus.
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Wenn bei einem Morbus Basedow neben der endokrinen Orbitopathie auch eine vergrößerte Schilddrüse und Herzrasen bestehen, sprechen Mediziner von der Merseburger Trias: Das gleichzeitige Auftreten dieser drei Symptome hat der Arzt Dr. Basedow erstmals 1840 bei Patienten aus der Stadt Merseburg beschrieben.
Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Ursachen
Hinter einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) können viele verschiedene Erkrankungen stecken. Häufigste Ursachen sind der Morbus Basedow und die Schilddrüsenautonomie.
Morbus Basedow (basedowsche Krankheit)
Die Schilddrüsenüberfunktion ist häufig das erste Anzeichen für die Autoimmunerkrankung namens Morbus Basedow (basedowsche Krankheit). Bei Autoimmunerkrankungen richtet sich das Immunsystem fälschlicherweise gegen körpereigenes Gewebe – die Ursache hierfür ist unbekannt. Neben Umweltfaktoren scheint auch die erbliche Veranlagung eine Rolle zu spielen.
Beim Morbus Basedow aktivieren Antikörper fälschlicherweise die Hormonproduktion im Schilddrüsengewebe: Ein gegen körpereigene Antigene gerichteter Antikörper (Autoantikörper) ahmt die Wirkung des schilddrüsenstimulierenden Hormons (thyreoideastimulierendes Hormon, TSH) nach. Die Autoantikörper heißen TRAK (TSH-Rezeptorantikörper). Als Folge bildet die Schilddrüse unkontrolliert zu viel Schilddrüsenhormone – es kommt zur Schilddrüsenüberfunktion.
Schilddrüsenautonomie
Eine Schilddrüsenüberfunktion kann auch infolge einer Schilddrüsenautonomie entstehen. "Autonomie" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Teile der Schilddrüse nach ihren eigenen Gesetzen funktionieren: Die Hormonbildung entkoppelt sich von der Kontrolle durch die übergeordneten Zentren im Gehirn – Hypothalamus und Hirnanhangsdrüse (Hypophyse).
Eine der häufigsten Ursachen für die Schilddrüsenautonomie – und die damit verbundene Schilddrüsenüberfunktion – ist ein langjähriger Jodmangel. Die Autonomie betrifft immer nur bestimmte Bereiche der Schilddrüse. Ein solcher Bereich wird als autonomes Adenom bezeichnet. Je nach Menge des autonomen Schilddrüsengewebes kann die Schilddrüsenautonomie
- die normale Schilddrüsenfunktion unbeeinträchtigt lassen (kompensierte Autonomie),
- eine nur leichte Überfunktion der Schilddrüse verursachen oder
- mit einer ausgeprägten Hyperthyreose verbunden sein.
Seltene Ursachen
In seltenen Fällen steckt weder ein Morbus Basedow noch eine Schilddrüsenautonomie hinter einer Schilddrüsenüberfunktion. Beispiele für seltene Ursachen einer Hyperthyreose sind:
- eine Schilddrüsenentzündung, z.B. eine Thyreoiditis de Quervain
- ein hormonbildender Tumor der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), der unkontrolliert zu viel TSH bildet (ein solches Hypophysenadenom wird TSHom genannt)
Zu den seltenen Ursachen der Schilddrüsenüberfunktion gehört auch die Anwendung von Substanzen, die Jod enthalten (z.B. Röntgenkontrastmittel oder der Wirkstoff Amiodaron gegen Herzrhythmusstörungen). Die Jodgabe allein verursacht keine Hyperthyreose, kann aber eine kompensierte Autonomie oder einen unerkannten milden Morbus Basedow in eine Hyperthyreose überführen. Zudem kann jemand, der zu viel Schilddrüsenhormone einnimmt, eine Hyperthyreosis factitia entwickeln. Diese Form der Überfunktion der Schilddrüse ist in dem Sinne selbst gemacht.
Häufigkeit
Etwa ein Prozent der Bevölkerung hat eine Schilddrüsenüberfunktion. Dabei sind Frauen deutlich öfter betroffen als Männer. In den meisten Fällen setzt die Hyperthyreose zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr ein.
Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Diagnose
Um eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) zu diagnostizieren, ermittelt der Arzt die Schilddrüsenwerte im Blut. Dabei unterscheiden sich eine beginnende oder milde (latente) und eine ausgeprägte (manifeste) Überfunktion der Schilddrüse:
- Bei einer latenten Hyperthyreose ist nur der Wert für das schilddrüsenstimulierende Hormon (thyreoideastimulierendes Hormon, TSH) niedrig. Die Werte für die freien Schilddrüsenhormone FT3 und FT4 sind (noch) normal.
- Bei einer mainfesten Hyperthyreose ist TSH erniedrigt oder nicht nachweisbar, während FT3 und FT4 erhöht sind.
- Eine Ausnahme stellt das TSHom dar: Dabei sind TSH und FT4 und häufig auch FT3 erhöht.
Ein Überangebot an Schilddrüsenhormonen allein sagt allerdings nichts darüber aus, warum es zu der Schilddrüsenüberfunktion kam. Darum sind eine gründliche Befragung (z.B. zu eingenommenen Medikamenten und vorausgegangenen Untersuchungen) und gegebenenfalls weitere Untersuchungen nötig, um die Ursache der Hyperthyreose einzugrenzen.
Ob ein Morbus Basedow hinter der Schilddrüsenüberfunktion steckt, kann der Arzt anhand der Merseburger Trias feststellen (= hervortretender Augapfel, vergrößerte Schilddrüse, Herzrasen). Der Nachweis der TSH-stimulierenden Autoantikörper (TRAK) kann die Diagnose bekräftigen. In der Ultraschalluntersuchung (Sonographie) ist beim Morbus Basedow erkennbar, dass die Schilddrüse dunkler (echoarm) und vermehrt durchblutet ist.
Hat eine Schilddrüsenautonomie die Schilddrüsenüberfunktion verursacht, ist eine Szintigraphie hilfreich: Hierbei bekommt man eine radioaktiv markierte Substanz in die Vene gespritzt. Nach etwa 20 Minuten lässt sich die Substanz im Schilddrüsengewebe durch eine spezielle Kamera nachweisen. Da gesundes und krankes Schilddrüsengewebe die Substanz unterschiedlich stark aufnehmen, kann der Arzt Gebiete mit gesteigerter Hormonbildung (heiße Knoten) von solchen mit normaler, niedriger oder fehlender Bildung (kalte Knoten) unterscheiden.
Video: Schilddrüsenerkrankung
Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Ernährung
Eine spezielle Diät, die gegen eine Schilddrüsenüberfunktion hilft, gibt es nicht. Die richtige Ernährung ist bei einer Hyperthyreose dennoch wichtig:
- Zum einen ist es ratsam, dass Sie Ihren ohnehin schon durch die Überversorgung mit Schilddrüsenhormonen beschleunigten Stoffwechsel nicht zusätzlich durch koffeinhaltige Getränke oder Alkohol anregen.
- Zum anderen ist es wichtig, das Sie ein Zuviel an Jod vermeiden. Allerdings müssen Sie trotz der Schilddrüsenüberfunktion Ihre Ernährung nicht völlig jodfrei gestalten – Sie können weiter Jodsalz verwenden oder Fisch essen.
Viel Jod liefern Meeresfische wie Schellfisch, Seelachs, Scholle, Kabeljau: 100 Gramm dieser Fische können bis zu 140 Mikrogramm Jod enthalten. Weitere wichtige Jodquellen sind Milch und Milchprodukte sowie mit jodiertem Speisesalz hergestellte Lebensmittel (z.B. Brot).
Wenn Sie sich bedarfsgerecht und ausgewogen ernähren, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, dass Sie zu viel Jod aufnehmen könnten. Aber Achtung: Mehr als 500 Mikrogramm Jod am Tag sollten es bei einer Schilddrüsenüberfunktion nie sein! Bei der Ernährung ist eine größere Jodzufuhr also unbedingt zu vermeiden. Gleiches gilt übrigens auch für den äußerlichen Kontakt mit Jod. Darum gilt bei Hyperthyreose:
- Kein Verzehr von Meeresalgen (z.B. Sushi) in großen Mengen, weil der Jodgehalt von Algen stark schwankt und extrem hoch sein kann
- Kein Konsum von jodhaltigem Heilwasser
- Keine Anwendung jodhaltiger Haut- oder Wunddesinfektionsmittel
- Keine jodhaltigen Medikamente (wie Amiodaron)
- Keine Untersuchungen mit jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln
Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Behandlung
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) zielt die Behandlung in erster Linie darauf ab, die Symptome zu verbessern. Dies kann geschehen durch
- Medikamente,
- eine Operation oder
- eine Radiojodtherapie (d.h. durch Zuführung von radioaktivem Jod).
Medikamente
Ob bei einer Schilddrüsenüberfunktion Medikamente zur Behandlung geeignet sind und welche Mittel der Arzt verschreibt, hängt vor allem von der Ursache der Hyperthyreose ab.
Steckt ein Morbus Basedow hinter Ihrer Schilddrüsenüberfunktion, erhalten Sie zur Behandlung vor allem Tabletten aus der Wirkstoffgruppe der Thyreostatika (Thiamazol und Carbimazol). Diese Medikamente hemmen die Bildung der Schilddrüsenhormone und lindern so die Symptome der Hyperthyreose.
Oft ist es bei Morbus Basedow ratsam, die Thyreostatika etwa ein bis anderthalb Jahre lang einzunehmen, da sonst Rückfälle häufig sind. Tritt nach mehreren Jahren ein Rückfall auf, kommt eine Operation oder eine Radiojodtherapie infrage, um die Schilddrüsenüberfunktion ein für alle Mal zu beheben.
Video: Schilddrüsenmittel
Wenn Sie aufgrund einer Schilddrüsenautonomie eine Schilddrüsenüberfunktion haben, sind Thyreostatika nur als symptomatische Behandlung wirksam: Thyreostatika hemmen auch in diesem Fall die Hormonproduktion der Schilddrüse. Doch nach Absetzten der Medikamente besteht die Autonomie unverändert fort. Damit die Therapie dauerhaft wirkt, müssten Sie die Mittel also auch dauerhaft einnehmen. Das Problem dabei sind die möglichen Nebenwirkungen – wie:
- allergische Reaktionen mit Hautausschlag,
- Fieber,
- Gelenkschmerzen,
- Muskelschmerzen und
- Übelkeit;
- in sehr seltenen Fällen auch eine gestörte Blutbildung und gestörte Leberfunktion.
Eine lebenslange Einnahme der Medikamente ist häufig nicht ratsam. Daher fällt bei einer Schilddrüsenüberfunktion durch Schilddrüsenautonomie die Wahl oft von vornherein auf eine Operation oder eine Radiojodtherapie.
Wenn die Empfindlichkeit Ihres Organismus gegenüber den Stresshormonen Adrenalin und Noradrenalin durch die Schilddrüsenüberfunktion gesteigert ist, bieten sich zur Behandlung weitere Medikamente an: In dem Fall helfen Beta-Blocker wie zum Beispiel der Wirkstoff Propranolol, die Symptome der Überfunktion zu lindern.
Operation
Unter Umständen kommt bei einer Schilddrüsenüberfunktion eine operative Behandlung infrage. Die Operation ist bei einer Überfunktion der Schilddrüse zum Beispiel dann sinnvoll, wenn
- ein Morbus Basedow Ihre Schilddrüsenüberfunktion verursacht und Sie trotz Behandlung mit Medikamenten einen Rückfall (Rezidiv) haben oder
- eine Schilddrüsenautonomie die Ursache für Ihre Hyperthyreose ist.
Um die Schilddrüsenüberfunktion operativ zu beheben, muss der Chirurg ausreichend viel von der Schilddrüse entfernen. Das heißt:
- Wenn die Hyperthyreose durch eine Schilddrüsenautonomie bedingt ist, die nur einen bestimmten Bereich der Schilddrüse betrifft (autonomes Adenom), entfernt der Chirurg nur diesen Bereich.
- Bei einem Morbus Basedow ist die ganze Schilddrüse betroffen, sodass der Chirurg sie fast vollständig entfernen muss.
Bleibt nach der Operation nicht mehr genug Schilddrüsengewebe übrig, um den Körper ausreichend mit Hormonen zu versorgen, kommt es anstelle der Schilddrüsenüberfunktion zu einer Schilddrüsenunterfunktion. Diese kann man jedoch ohne Probleme mit einer Hormonersatztherapie (mit dem Wirkstoff L-Thyroxin) behandeln.
Meist hat eine Schilddrüsenoperation keine bleibenden Folgen. Nur in etwa einem von hundert Fällen treten dauerhafte und schwerwiegende Komplikationen auf. Beispiele:
- Wenn der Operateur den Stimmbandnerv (Nervus laryngeus recurrens) verletzt, der direkt hinter der Schilddrüse verläuft, führt dies zu Heiserkeit und einer schwachen Stimme.
- Entfernt der Operateur versehentlich mit dem Schilddrüsengewebe auch die Nebenschilddrüsen, kann es zu einem Mangel an Calcium im Blut mit Muskelkrämpfen (Tetanie) kommen, was man aber durch Medikamente behandeln kann.
Die operative Therapie der Hyperthyreose birgt zudem – wie jede Operation – das Risiko, dass es im Anschluss zu Nachblutungen kommen kann. In jedem Fall ist sorgfältig abzuwägen, ob die Schilddrüsenüberfunktion eine operative Behandlung erfordert. Außerdem ist es empfehlenswert, sich einen erfahrenen Operateur zu suchen.
Radiojodtherapie
Unter bestimmten Umständen kann bei einer Schilddrüsenüberfunktion statt einer operativen Behandlung auch eine Radiojodtherapie weiterhelfen.
Bei der gegen Hyperthyreose eingesetzten Radiojodtherapie handelt es sich um eine Strahlenbehandlung der Schilddrüse. Hierzu nehmen Sie ein radioaktives Jodisotop – Jod 131 – ein, das gezielt auf das Schilddrüsengewebe wirkt und so die Schilddrüsenüberfunktion mindert. Für andere Organe bedeutet die Behandlung nur eine verschwindend geringe Strahlenbelastung. Nach aktuellem Kenntnisstand ist die Strahlenmenge zu gering, um Krebserkrankungen auszulösen.
Bei einer Schilddrüsenautonomie ist eine Radiojodtherapie eine sehr gute Alternative zur Operation. Bei einem Morbus Basedow gibt es Hinweise, dass die Behandlung womöglich das Risiko für eine endokrine Orbitopathie erhöht oder dass sich eine schon bestehende endokrine Orbitopathie verschlechtern kann.
In der Schwangerschaft und Stillzeit darf keine Radiojodtherapie erfolgen, weil sonst die Schilddrüse des Fötus geschädigt werden kann. Wer eine Schilddrüsenüberfunktion durch Radiojodtherapie behandeln lässt, sollte nach der Behandlung einen eventuellen Kinderwunsch für mindestens sechs Monate zurückzustellen.
Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Verlauf
Prognose
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion hängen Verlauf und Prognose vor allem davon ab, wodurch die Funktionsstörung der Schilddrüse bedingt ist:
- Der Morbus Basedow heilt nach angemessener Behandlung in den meisten Fällen dauerhaft aus. Wenn die Erkrankung erneut auftritt (Rezidiv) – dies kann auch noch nach mehreren Jahren geschehen –, sollte über eine Operation nachgedacht werden.
- Bei der Schilddrüsenautonomie kann eine medikamentöse Therapie nur die Symptome lindern, eine Heilung bewirkt sie nicht. Daher ist bei einer Autonomie der Schilddrüse eine Operation oder eine Radiojodtherapie ratsam.
Komplikationen
Eine Schilddrüsenüberfunktion kann in ihrem Verlauf mit verschiedenen Komplikationen verbunden sein.
Eine mögliche Komplikation jeder Schilddrüsenüberfunktion – unabhängig von deren Ursache – ist die thyreotoxische Krise. Hierbei verschlimmert sich die Hyperthyreose lebensbedrohlich. Zu den Symptomen gehören:
- hohes Fieber mit Schweißausbrüchen
- beschleunigter Puls (Tachykardie)
- starkes Erbrechen
- schwerer Durchfall
- Muskelkrämpfe
- Muskelschwäche
- Unruhe bis hin zur Psychose
Bleibt die Schilddrüsenüberfunktion in einem solchen Zustand unbehandelt, kommt es im weiteren Verlauf der Krise zu Bewusstseinsstörungen und Verwirrtheit und letztendlich zu Koma und Kreislaufversagen. Die thyreotoxische Krise ist eine lebensbedrohliche Notfallsituation, die eine schnelle intensivmedizinische Hilfe notwendig macht.
Eine thyreotoxische Krise bei einer Schilddrüsenüberfunktion kann verschiedene Gründe haben. Oft entsteht sie bei einer unerkannten Überfunktion der Schilddrüse durch die Zufuhr von zu viel Jod (z.B. bei der Gabe von Röntgenkontrastmitteln). Auch eine unzureichend behandelte Hyperthyreose sowie zusätzliche Belastungen (z.B. Zweiterkrankungen, schwere Infektionen, Unfälle oder Narkosen) können eine thyreotoxische Krise auslösen.
Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Vorbeugen
Einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) können Sie nicht wirklich vorbeugen, denn sie ist fast ausnahmslos durch Erkrankungen bedingt, deren Entstehung Sie nicht beeinflussen können.
Doch eine Überfunktion der Schilddrüse kann auch andere – äußere – Ursachen haben, die sich durchaus vermeiden lassen. So kann eine Hyperthyreose zum Beispiel durch Überdosierung von Schilddrüsenhormonen oder Anwendung jodhaltiger Substanzen (wie z.B. Medikamente oder Röntgenkontrastmittel) entstehen. Einer solchen Schilddrüsenüberfunktion vorbeugen heißt: die jeweiligen Substanzen nur in der vorgeschriebenen Dosis einnehmen beziehungsweise nur sorgfältig verabreichen!
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Weitere Informationen
ICD-10-Diagnoseschlüssel:
Hier finden Sie den passenden ICD-10-Code zu "Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)":
Onmeda-Lesetipps:
Linktipps:
- www.morbusbasedow.de
Diese Seiten bieten Informationen und Hilfestellung für Betroffene und Ärzte. Es gibt neben dem umfangreichen Informationsangebot auch ein gut besuchtes Diskussionsforum. - www.schilddruesenzentrum-koeln.de
Das unabhängige Schilddrüsenzentrum Köln bietet umfangreiche, von Spezialisten unterschiedlicher Fachrichtungen zusammengetragene Informationen zu allen Themen rund um die Schilddrüse.
Letzte inhaltliche Prüfung: 14.05.2019
Letzte Änderung: 09.09.2019