Levonorgestrel

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 11.11.2016

Allgemeines

Levonorgestrel dient zur Schwangerschaftsverhütung ("Pille", "Antibabypille"). Der Wirkstoff ist insbesondere für Frauen geeignet, die keine Östrogen-Gestagen-Kombinationen zur Verhütung anwenden wollen oder aufgrund einer Erkrankung keine Östrogene einnehmen dürfen. Da der Wirkstoff die Milchbildung nicht beeinflusst, kann er auch während der Stillzeit eingesetzt werden.

 

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Gebärmutterhalsschleim verdicken
  • männlichen Samenzellen den Weg in die Gebärmutter versperren
  • Einnisten einer befruchteten Eizelle in die Gebärmutter verhindern
  • Schwangerschaft verhüten

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Levonorgestrel im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Levonorgestrel nicht verwendet werden?

Levonorgestrel darf nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • Venenverstopfungen (tiefe Venenthrombose, Lungenembolie)
  • vorausgegangenen oder bestehenden Erkrankungen der Arterien oder Herzkranzgefäße (Schlaganfall, Herzinfarkt) oder deren Vorboten (Angina pectoris und vorübergehende Durchblutungsstörungen des Gehirns)
  • Diabetes mellitus mit Gefäßveränderungen
  • vorausgegangenen oder bestehenden schweren Lebererkrankungen, wenn die Leberfunktionswerte sich noch nicht normalisiert haben
  • vorausgegangenen oder bestehenden (gut- oder bösartigen) Leberkrebserkrankungen
  • bekannten oder vermuteten krebsigen Erkrankungen der Geschlechtsorgane oder der weiblichen Brust, wenn diese durch Sexualhormone beeinflusst werden
  • noch nicht vom Arzt abgeklärten Blutungen aus der Scheide.

Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abschätzung durch den Arzt darf der Wirkstoff eingenommen werden bei

  • Gefäßerkrankungen
  • Diabetes und auch Frauen, bei denen Diabetes mellitus während einer früheren Schwangerschaft aufgetreten ist
  • Bluthochdruck
  • Frauen mit dunklen Gesichtsflecken (Chloasma gravidarum) durch eine frühere Schwangerschaft
  • bei nur einem funktionsfähigen Eileiter oder mit einem erhöhten Risiko für eine Eileiterschwangerschaft (Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter)

Wird Levonorgestrel in einem Intrauterinpessar ("Spirale") verwendet, gelten folgende weitere Einschränkungen für die Anwendung:

  • Infektionen der Geschlechtsteile
  • Entzündung der Gebärmutterschleimhaut nach einer Geburt
  • Fehlgeburt, verbunden mit einer Blutvergiftung (septischer Abort) in den letzten drei Monaten
  • Entzündung des Gebärmutterhalses oder im sogenannten kleinen Becken
  • Fehlbildungen des Gebärmutterhalses oder der Gebärmutter
  • Nachweis oder Verdacht krebsiger Erkrankungen von Gebärmutter oder Gebärmutterhals
  • außergewöhnliche Blutungen der Gebärmutter unbekannter Ursache
  • Erkrankungen und Zustände, die mit einem höheren Infektionsrisiko verbunden sind (Beispielsweise Einnahme von Medikamenten zur Unterdrückung der körpereigenen Abwehr).

Hinweise:
Vor Beginn der Behandlung mit Levonorgestrel muss eine gründliche Untersuchung beim Frauenarzt erfolgen und eine Schwangerschaft ist ärztlich auszuschließen.
 

 

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Der Wirkstoff darf während der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden, da Entwicklungsstörungen des ungeborenen Kindes nicht auszuschließen sind.

In der Stillzeit kann Levonorgestrel zur Schwangerschaftsverhütung eingesetzt werden, denn es hemmt (anders als Östrogen-Gestagen-Kombinationen zur Verhütung) nicht die Bildung der Muttermilch. Da aber geringe Mengen des Wirkstoffs in die Milch übertreten und es zu möglichen Auswirkungen auf den Säugling keine ausreichenden Untersuchungen gibt, müssen Entwicklung und Wachstum des gestillten Kindes sorgfältig vom Arzt überwacht werden.

Nach der Einnahme einer hohen Dosis Levonorgestrel zur Schwangerschaftsverhütung nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr sollte erst nach 12 Stunden wieder gestillt werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Levonorgestrel ist zur Anwendung bei Kindern nicht geeignet.

Welche Nebenwirkungen kann Levonorgestrel haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Levonorgestrel. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Bei Einnahme in niedriger Dosierung ("Minipille")
Sehr häufige Nebenwirkungen:
Schmierblutungen, Zwischenblutungen, Zyklusunregelmäßigkeiten.

Häufige Nebenwirkungen:
verringerter Geschlechtstrieb, depressive Verstimmungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Nervosität, Übelkeit und Erbrechen, Akne, Brustspannen, Brustschmerzen, Schmerzen vor oder während der Regelblutung, Blutungsverlängerung, Zwischenblutungen.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Fleckenbildung im Gesicht (Chloasma), Wassereinlagerungen im Gewebe.

Seltene Nebenwirkungen:
Unverträglichkeit von Kontaktlinsen, Zunahme der Körperbehaarung, Hauterkrankungen, Scheidenausfluss, Gewichtsveränderung.

Bei Einnahme in hoher Dosierung ("Pille danach")
Sehr häufige Nebenwirkungen:
Kopfschmerz, Übelkeit, Unterbauchschmerzen, unabhängig von der Regel auftretende Blutungen, Müdigkeit.

Häufige Nebenwirkungen:
Schwindel, Durchfall, Erbrechen, Regelblutung mehr als sieben Tage verspätet, Zwischenblutungen, Schmierblutungen, Spannungsgefühl der Brust.

Sehr seltene Nebenwirkungen:
allgemeine Bauchschmerzen, Ausschlag, Nesselsucht, Juckreiz, Beckenschmerzen, Regelschmerzen, Gesichsschwellung.

Besonderheiten:
Vorübergehend können Unregelmäßigkeiten bei der Monatsblutung auftreten; bei den meisten Frauen setzt sie jedoch innerhalb von sieben Tagen zum erwarteten Termin ein. Ist die nächste Regelblutung mehr als fünf Tage überfällig, muss eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden.

Nach der Einnahme einer hohen Dosis Levonorgestrel zur Schwangerschaftsverhütung nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr kann es zu Durchfall kommen.

Bei Verwendung in Intrauterinpessaren ("Spirale")
Sehr häufige Nebenwirkungen:
Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Schmerzen im Becken, Veränderung der Monatsblutung (zu stark, zu schwach, Schmierblutungen, gelegentliche oder fehlende Blutung), Scheidenentzündung, Ausfluss.

Häufige Nebenwirkungen:
Depressive Stimmung, Depressionen, Migräne, Übelkeit, Akne, Überbehaarung, Rückenschmerzen, Infektionen von Gebärmutter oder Eierstöcken, Eierstockzysten, Schmerzen bei der Monatsblutung, Schmerzen in der Brust, Ausstoßung des Intrauterinpessars (vollständig und teilweise).

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Haarausfall, braune Hautflecken im Gesicht, Dunkelfärbung der Haut.

Seltene Nebenwirkungen:
Durchbohrung der Gebärmutter.

Nebenwirkungen unbekannter Häufigkeit:
Überempfindlichkeitsreaktionen (einschließlich Hautausschlag, Nesselsucht
und Gesichtsschwellung).

Besonderheiten:
In vielen Fällen lassen Schmier- und Zwischenblutungen nach einigen Monaten der Anwendung (Minipille oder Spirale) nach.

Nach dem Einsetzen eines Intrauterinpessars) kommt es häufig zu krampfhaften Unterleibsschmerzen und Ausstoßung der Spirale.

Während der Anwendung ist das Risiko für eine Eileiterschwangerschaft (Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter) leicht erhöht. Bei Ausbleiben der Regelblutung und bei Unterleibsschmerzen sollte daher eine ärztliche Untersuchung erfolgen. Auch die Möglichkeit eines Lebertumors ist in Betracht zu ziehen.

Bei ersten Anzeichen von Venenerkrankungen aufgrund einer Blutgerinnselbildung (Thrombose), bei plötzlich auftretenden migräneartigen oder ungewohnt starken Kopfschmerzen, akuten Sehstörungen jeder Art, schweren Depressionen oder deutlichen Störungen der Leberfunktion ist die Behandlung mit Levonorgestrel abzubrechen.

 

Welche Wechselwirkungen zeigt Levonorgestrel?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Bei Anwendung des Wirkstoffs in Form eines Intrauterinpessars sind keine Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln bekannt. Nachfolgend genannte Wechselwirkungen sind bei Einnahme des Wirkstoffs als Tablette möglich.

Wird Levonorgestrel eingenommen, können Substanzen, die das abbauende Enzymsystem aktivieren, den Abbau von Levonorgestrel beschleunigen und seine Wirkung abschwächen. Dazu gehören: Antiepileptika (wie Carbamazepin, Primidon, Barbexaclon, Lamotrigin oder Phenytoin), Barbiturate, Antibiotika (wie Ampicillin, Tetracycline, Rifampicin und Rifabutin), Griseofulvin (Wirkstoff zur Behandlung von Pilzinfektionen), Acitretin (Mittel gegen Schuppenflechte), Johanniskraut sowie die virenhemmenden Mittel Ritonavir und Nevirapin.

Besondere Beachtung muss diese Wirkungsabschwächung bei der Notfallverhütung finden: Wenn bis zu vier Wochen vor der ­Anwendung von Levonorgestrel einer der vorgenannten Wirkstoffe eingenommen wurde, kann dies zur Folge haben, dass die zur Verhütung übliche Dosierung von einmal 1,5 Milligramm nicht zuverlässig wirkt. Der Arzt wird daher bei einem solchen Sachverhalt eine Kupferspirale einlegen. Diese kann noch bis zu fünf Tage nach dem ungeschützten ­Geschlechtsverkehr eingesetzt werden. Falls dies nicht möglich ist, sollte die Dosis zur Notfallverhütung auf 3 Milligramm Levonorgestrel verdoppelt werden. Ulipristal (Markenname Ellaone) ist keine Alternative, da dessen Wirksamkeit durch die vorgennnten Substanzen noch viel stärker abgeschwächt wird.

Die gleichzeitige Anwendung von medizinischer Kohle beeinträchtigt die Aufnahme des Wirkstoffs in den Körper.

Levonorgestrel kann die Wirksamkeit oraler Antidiabetika sowie die von Insulin beeinflussen. Eventuell sind Dosisanpassungen erforderlich.

 

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Während der Einnahme des Medikaments sollten regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Frauenarzt erfolgen.
  • Bei Frauen mit Diabetes mellitus sollte der Blutzuckerspiegel, insbesondere zu Beginn der Behandlung, regelmäßig kontrolliert werden.
  • Frauen mit einer Neigung zu dunklen Hautflecken (Chloasma) sollten während der Anwendung Sonnenbäder und Solarien meiden.
  • Bei ersten Anzeichen von Durchblutungsstörungen (Atemnot, Beinschwellungen, Schwindel, Sehstörungen)sollte das Medikament abgesetzt werden.
  • Während der Anwendung des Medikaments kann die Kontaktlinsen-Verträglichkeit beeinträchtigt sein.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

 

Welche Medikamente beinhalten Levonorgestrel?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Levonorgestrel enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

 

 

So wirkt Levonorgestrel

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Levonorgestrel. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen Gestagene, Kontrazeptiva, Sexualhormone, zu welcher der Wirkstoff Levonorgestrel gehört.

Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Levonorgestrel

Levonorgestrel dient zur Schwangerschaftsverhütung ("Pille", "Antibabypille"). Der Wirkstoff ist insbesondere für Frauen geeignet, die keine Östrogen-Gestagen-Kombinationen zur Verhütung anwenden wollen oder aufgrund einer Erkrankung keine Östrogene einnehmen dürfen. Da der Wirkstoff die Milchbildung nicht beeinflusst, kann er auch während der Stillzeit eingesetzt werden.

Voraussetzung für einen zuverlässigen Empfängnisschutz ist die tägliche Einnahme einer Levonorgestrel-haltigen Tablette zur etwa gleichen Tageszeit. Wird dieser Zeitpunkt um mehr als drei Stunden überschritten, ist die verhütende Wirkung nicht mehr gewährleistet und an den darauf folgenden 14 Tagen sind zusätzliche nicht-hormonelle Maßnahmen zur Vermeidung einer Schwangerschaft notwendig. Auch Übelkeit und Erbrechen sowie schwerer Durchfall können die Wirksamkeit von Levonorgestrel beeinträchtigen.

Eine weitere Möglichkeit des Empfängnisschutzes bietet ein Levonorgestrel-haltiges Intrauterinpessar. Ein solches Einlegesystem, auch Spirale genannt, besteht aus Kunststoff und wird in die Gebärmutter eingesetzt. Es gibt über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren kontinuierlich geringe Mengen des Wirkstoffs ab und verhindert in dieser Zeit mit hoher Zuverlässigkeit eine Schwangerschaft.

Weiterhin kann die einmalige Gabe einer hohen Dosis des Wirkstoffs eine Schwangerschaft innerhalb von maximal 72 Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr verhindern. Die Zuverlässigkeit ist dabei umso größer, je weniger Zeit seit dem Geschlechtsverkehr vergangen ist. Da der Körper durch die hohe Hormondosis stark belastet wird, sollte diese Art der Verhütung auf Notfallsituationen beschränkt bleiben.

In Kombination mit einem Östrogen dient Levonorgestrel ebenfalls der Schwangerschaftsverhütung (beispielsweise Ethinylestradiol und Levonorgestrel), zudem können solche Kombinationen Zyklusstörungen und -beschwerden lindern.

 

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Levonorgestrel sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Levonorgestrel

Levonorgestrel ist ein künstlich hergestellter Wirkstoff mit hormonartiger Wirkung. Es wird der Gruppe Gestagene zur Verhütung zugeordnet und kann als Minipille oder Intrauterinpessar (Spirale) zum Einsatz kommen. Der Wirkstoff verdickt den Schleim im Gebärmutterhals, dadurch können männliche Samenzellen nicht in die Gebärmutter gelangen. Weiterhin verändert er den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, so dass eine befruchtete Eizelle sich nicht einnisten kann.

Die Gabe einer hohen Dosis Levonorgestrel kann zudem eine Schwangerschaft nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr abwenden ("Pille danach"). In diesem Fall unterdrückt der Wirkstoff einen unmittelbar bevorstehenden Eisprung und verhindert, dass eine bereits befruchtete Eizelle sich in die Gebärmutterschleimhaut einlagern und wachsen kann. Hat die Einnistung zur Zeit der Einnahme schon stattgefunden, kann Levonorgestrel die Schwangerschaft nicht mehr verhindern, da es nicht abtreibend wirkt.

 

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.