Frau mit Magenschmerzen auf dem Sofa
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Reizmagen: Symptome und Behandlung bei nervösem Magen

Von: Miriam Funk (Medizinredakteurin und Redaktionsleitung)
Letzte Aktualisierung: 12.01.2022

Ein Reizmagen ist weit verbreitet: Schätzungsweise 20 Prozent der Menschen in Deutschland haben zumindest zeitweilig Beschwerden im Oberbauch, hinter denen ein Reizmagen steckt. Was Symptome des nervösen Magens sind und was hilft, erfahren Sie hier.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was ist ein Reizmagen?

Ein Reizmagen, umgangssprachlich oft nervöser Magen genannt, ist eine Störung der Magenfunktion, die vor allem zu Magenbeschwerden beziehungsweise Oberbauchschmerzen führt und für die keine organische Ursache festzustellen ist. Fachleute bezeichnen dies auch als funktionelle Dyspepsie:

  • griech. dys = Störung eines Zustands oder einer Funktion
  • griech. pepsis = Verdauung

Laut Definition liegt ein Reizmagen vor, wenn die typischen Oberbauchbeschwerden mindestens drei Monate lang (mit oder ohne Unterbrechung) bestehen und nach ärztlichen Untersuchungen Magengeschwüre, Magenentzündungen oder sonstige Erkrankungen des Magens als Auslöser ausgeschlossen sind.

Frauen sind vom Reizmagen etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Mit zunehmendem Alter nehmen die Beschwerden durch die funktionelle Dyspepsie meist ab.

Welche Symptome sind bei Reizmagen typisch?

Die für einen Reizmagen typischen Symptome sind:

Die Symptome können einzeln oder kombiniert auftreten. Die funktionelle Dyspepsie ist also nicht durch ein einheitliches Beschwerdebild gekennzeichnet. Darüber hinaus kann sich ein nervöser Magen ernährungsabhängig oder -unabhängig bemerkbar machen:

  • Bei manchen Menschen bereitet ein nervöser Magen im Hungerzustand Beschwerden und bessert sich durch Nahrungsaufnahme.
  • Bei anderen wiederum treten die Symptome beim oder nach dem Essen in Erscheinung.
  • Und manchmal bestehen die Beschwerden auch ohne einen Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme.

Dabei stehen meist verschiedene Beschwerden im Vordergrund: Treten die mit dem Reizmagen verbundenen Symptome vor allem nach dem Essen auf, können zum Beispiel ein vorzeitiges Sättigungs- und Völlegefühl überwiegen (sog. postprandialer Schmerztyp: lat. post = nach, prandium = Mahlzeit). Und wenn sich die funktionelle Dyspepsie essensunabhängig zeigt, bleiben die Probleme oft auf Schmerzen und Brennen im Oberbauch begrenzt (sog. epigastraler Schmerztyp: epigastrum = Oberbauch). Oft überschneiden sich die einzelnen Beschwerdebilder jedoch.

In etwa 30 Prozent der Fälle leiden Menschen mit Reizmagen zusätzlich am Reizdarmsyndrom. Wichtigstes Anzeichen für den Reizdarm sind Bauchschmerzen, die nach dem Stuhlgang zurückgehen. Daneben kommt es zu Durchfall und/oder Verstopfung (kann sich auch abwechseln) und zu Blähungen.

Neben dem Reizdarmsyndrom kann vor allem bei Frauen mit Reizmagen auch begleitend eine sogenannte Reizblase auftreten.

Zusätzlich kommen beim Reizmagen manchmal weitere Symptome hinzu, die nicht vom Magen-Darm-Trakt ausgehen, so zum Beispiel:

Ursachen für einen Reizmagen

Worin ein Reizmagen seine Ursachen hat, ist bisher unklar, es existieren aber verschiedene Theorien.

Die Schleimhautbarriere des Magens kann durch verschiedenste Faktoren beeinträchtigt sein, sodass reizende Stoffe leichter eindringen können. Zudem reagiert der Magen dann empfindlicher, da ihm der Schutz fehlt. Es kann zu Entzündungen im Bereich des Magens kommen. Auch ein gestörtes Mikrobiom (Besiedelung des Darms mit nützlichen Bakterien) scheint eine Rolle zu spielen. Dies kann beispielsweise bei einem Befall mit dem BakteriumHelicobacter pylori der Fall sein.

Nach derzeitigem Diskussionsstand könnten vor allem Funktionsstörungen des Magens hinter einem Reizmagen stecken – so etwa eine gesteigerte motorische Aktivität, deren Gründe jedoch nicht bekannt sind. Normalerweise bleibt der Nahrungsbrei länger im vorderen Magenabschnitt, wohingegen er sich bei Menschen mit funktioneller Dyspepsie schnell im hinteren Magenabschnitt vor dem Pförtner (im sog. Antrum) ansammelt. Die Betroffenen erleben das verstärkte Zusammenziehen (Kontraktion) der Magenwandmuskulatur als schmerzhaft.

Als weitere mögliche Ursachen für den Reizmagen gelten Ernährungsgewohnheiten und Nahrungsmittelunverträglichkeiten. So führt bei vielen Betroffenen der Genuss von Kaffee, scharfen Gewürzen, Alkohol und/oder fetthaltigen Lebensmitteln zu Oberbauchbeschwerden. Auch Unverträglichkeiten gegen Milchprodukte, Eier und bestimmte Obstsorten können Symptome einer funktionellen Dyspepsie auslösen.

Ein Reizmagen scheint sich auch durch erbliche Einflüsse entwickeln zu können. Außerdem können psychische Faktoren wie Stress und Ängste für einen Reizmagen mitverantwortlich sein.

Wie kommt es zu der Wechselwirkung von Magen und Psyche, die neben dem Reizmagen auch beim Reizdarm eine Rolle spielt?

Das sogenannte Bauchhirn ist über viele Nerven mit dem für Gedanken und Gefühle zuständigen Teil unseres Gehirns (dem Großhirn) verbunden. Über diese Nervenverbindungen kommunizieren die Nervenzellen des Bauchhirns und des Großhirns miteinander. Hierzu verwenden beide Hirne dieselben Überträgerstoffe (sog. Neurotransmitter) – ein Beispiel hierfür ist Serotonin:

  • Im Großhirn ist Serotonin an der Regelung unseres Appetits und unserer Stimmung beteiligt,
  • im Bauchhirn an der Regelung der Tätigkeit und Schmerzempfindlichkeit des Magen-Darm-Trakts.

Diagnose bei Reizmagen

Um einen Reizmagen beziehungsweise eine funktionelle Dyspepsie zu diagnostizieren, müssen andere Erkrankungen des Magens ausgeschlossen werden (sog. Ausschlussdiagnose). Eine sorgfältige Untersuchung ist daher besonders wichtig.

Alarmsignale, die unbedingt abgeklärt werden müssen, sind:

  • erstmaliges Auftreten bei Menschen über 40 Jahren
  • Verschlimmerung der Beschwerden
  • Schlafstörungen durch die Symptome
  • häufiges Erbrechen
  • blutiges Erbrechen
  • Schluckstörungen
  • unklarer Gewichtsverlust
  • Fieber
  • Blut im Stuhl

Zunächst erfolgt meist in der hausärztlichen Praxis eine Befragung nach den genauen Beschwerden, Ernährungsgewohnheiten und Lebensumständen (sog. Anamnese). Besteht der Verdacht, dass ein nervöser Magen hinter den Beschwerden steckt, kann es daher hilfreich sein, sich auf den Arztbesuch vorzubereiten und ein Tagebuch zu führen: Hier können Betroffene notieren, wann welche Symptome auftreten und welche anderen Begleitumstände gerade vorliegen. Dies kann wertvolle Hinweise für die Diagnose liefern.

Wenn sowohl die körperliche Untersuchung als auch Laboruntersuchungen von Blut und Stuhl keine Auffälligkeiten ergeben, erhärtet sich der Verdacht auf einen Reizmagen.

Bei anhaltenden Beschwerden kommen folgende Untersuchungen in Betracht:

Doch die Abläufe, durch die ein Reizmagen entsteht, sind bei all diesen Untersuchungen nicht nachweisbar, denn: Funktionelle Dyspepsie bedeutet, dass überwiegend die Funktion des Magens gestört ist, ohne dass der Magen selbst geschädigt ist. Auch die Blutwerte sind bei Reizmagen unauffällig.

Reizmagen: Behandlung

Bei einem Reizmagen zielt die Behandlung darauf ab, die Beschwerden zu beseitigen und so die Lebensqualität zu erhöhen. Gut für Betroffene zu wissen ist, dass ein Reizmagensyndrom nicht gefährlich ist.

Grundsätzlich ist gegen den Reizmagen eine individuell zugeschnittene Behandlung sinnvoll. Dabei stehen folgende Maßnahmen zur Verfügung:

  • allgemeine Maßnahmen (z.B. Veränderung des Lebensstils)
  • psychotherapeutische Maßnahmen (vorrangig oder begleitend)
  • Medikamente

Allgemeine Therapie bei Reizmagen

Einen Reizmagen muss man nicht immer mit Medikamenten behandeln. Manchmal reicht schon das aus, was Betroffene selbst gegen die funktionelle Dyspepsie tun können. Je genauer sie wissen, wann die Beschwerden auftreten, desto besser kann dem entgegengewirkt werden.

  • Ernährung: Wenn bestimmte Essgewohnheiten oder Nahrungsmittel (mit)verantwortlich für den Reizmagen sind, kann eine Umstellung der Ernährung sinnvoll sein. In manchen Fällen bessert sich ein nervöser Magen beispielsweise, wenn man den Genuss von scharfen Gewürzen, Kaffee oder blähenden Speisen vorübergehend einschränkt. In vielen Fällen wirkt sich regelmäßige Nahrungsaufnahme in kleineren Portionen günstig auf eine funktionelle Dyspepsie aus.

  • Stress abbauen: Auch Entspannungsübungen wie autogenes Training oder eine Meditation, mit denen sich Konfliktsituationen besser bewältigen lassen, können beim Reizmagen hilfreich sein.

  • Psychotherapie: Manchmal ist es hilfreich, eine psychotherapeutische Behandlung zu beginnen: So bieten sich bei hartnäckiger funktioneller Dyspepsie oder gleichzeitiger psychischer Störung zum Beispiel eine Verhaltenstherapie oder psychoanalytische Verfahren an.

  • Bewegung: Ein gesunder Lebensstil mit ausreichend Bewegung wirkt sich auch bei nervösem Magen positiv aus.

  • Nichtrauchen: Rauchen reizt den Magen zusätzlich und sollte bei Reizmagen tabu sein.

Medikamente bei Reizmagen

Bei einem Reizmagen können Medikamente als begleitende Therapie infrage kommen, um die Beschwerden zu lindern oder vorübergehend zu beseitigen.

Die Medikamente wirken symptomatisch – das heißt: Die Ursache für den Reizmagen können sie nicht beheben, sondern nur die Symptome verringern. Daher sind Medikamente gegen die funktionelle Dyspepsie nur über einen begrenzten Zeitraum empfehlenswert, solange die Magenfunktionsstörung ausgeprägte Beschwerden bereitet.

Daneben gibt es weitere pflanzliche Arzneimittel, die bei Reizmagen Hilfe versprechen: So zeigen Mittel, die Kümmel, AnisFenchel, Kamille oder Wermut enthalten, eine gute Wirkung. Verursacht der nervöse Magen starke Schmerzen, können zur Behandlung krampflösende Mittel zum Einsatz kommen. Auch japanisches Heilpflanzenöl und die sogenannte Heilerde können möglicherweise gegen eine funktionelle Dyspepsie helfen, indem sie beruhigend und schmerzlindernd wirken.

Wurde Helicobacter pylori nachgewiesen, sollte dieser gezielt behandelt werden.

Reizmagen: Verlauf

Ein Reizmagen kann zwar starke Beschwerden verursachen und so die Lebensqualität massiv einschränken – es besteht aber kein erhöhtes Risiko, im weiteren Verlauf eine entzündliche oder bösartige Erkrankung des Magens zu entwickeln. Auch auf die Lebenserwartung hat ein nervöser Magen keinen Einfluss. Zudem bessern sich die Beschwerden bei den meisten Betroffenen mit zunehmendem Alter.

Oft reichen beim Reizmagen schon einfache Maßnahmen (wie veränderte Ernährung und Entspannungsmaßnahmen), um die Magenbeschwerden zu lindern. Nur in etwa einem Prozent der Fälle macht die funktionelle Dyspepsie wegen anhaltender Beschwerden eine dauerhafte Behandlung nötig.