Heilerde: Anwendung, Wirkung und Risiken
Heilerde ist ein beliebtes Naturheilmittel. Ob zur äußeren Anwendung auf Haut und Haaren, zur Linderung von Magen-Darm-Beschwerden oder um den Körper zu „entgiften“: Das pulvrige Erdprodukt wird als Alleskönner vermarktet. Ob von Heilerde tatsächlich eine gesundheitliche Wirkung ausgeht, in welchen Bereichen sie eingesetzt wird und mit welchen Risiken eine Anwendung verbunden sein kann, lesen Sie hier.
Was ist Heilerde?
Heilerde ist ein mineralisches Pulver, das aus Löß (Löss) gewonnen wird. Löß ist eine Lehmart. Sie entstand aus den Resten eiszeitlicher Gletscher, die zerkleinert und anschließend zu pulvriger Moorerde zersetzt wurden. Heilerde setzt sich unter anderem aus Aluminiumsilikat (einer Substanz, die natürlicherweise in der Erdkruste vorkommt) sowie Mineralstoffen, Spurenelementen und Sauerstoffmolekülen zusammen.
Diese chemische Verbindung hat stark bindende Eigenschaften, die man sich schon lange zunutze macht: Heilerde wird beispielsweise in der Tierfutterindustrie oder als Trockenmittel eingesetzt.
Daneben wird Heilerde auch als Medizinprodukt vertrieben – sowohl zur äußerlichen Anwendung auf Haut oder Haaren als auch bei inneren Beschwerden wie Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes. Auch zur „Entgiftung“ wird das Produkt beworben. Heilerde ist freiverkäuflich in der Apotheke, im Drogeriemarkt oder online als Paste, Pulver und in Kapselform erhältlich.
Bereits in der Antike wurde Heilerde im medizinischen Bereich angewendet. Das Heilmittel galt als besonders wertvoll und wurde zwischenzeitlich sogar mit Gold aufgewogen.
Bislang konnte die Wirksamkeit von Heilerde noch nicht durch aussagekräftige wissenschaftliche Studien belegt werden. Zudem gibt es keine wissenschaftliche Evidenz dafür, dass der Mensch Giftstoffe bzw. sogenannte „Schlacken“ im Darm ansammelt, die mithilfe bestimmter Produkte ausgeschieden werden müssten.
Wirkung und Anwendung von Heilerde
Heilerde kommt in verschiedenen Gebieten zur Anwendung. Achten Sie beim Kauf eines Heilerde-Produkts stets auf die Verpackungsangabe: Ist das Produkt zur inneren oder äußeren Anwendung gedacht? Das ist wichtig, da die Produkte je nach Hersteller und Anwendungsgebiet unterschiedlich zusammengesetzt sein können. Eine einheitliche Vorgabe zur Rezeptur gibt es nicht.
Äußere Anwendung (z. B. als Maske, Wickel oder Dampfbad):
- im Wellnessbereich, z. B. als Naturkosmetik
- bei Hauterkrankungen wie Akne sowie bei Hautunreinheiten, Pickeln, und/oder großen Poren
- zur Behandlung von Wunden und Ekzemen
- zur Behandlung von Pilzerkrankungen, etwa der Bartflechte
- zur Haarwäsche, etwa bei fettigen Haaren oder juckender, schuppiger Kopfhaut
- zur Zahnpflege (Reinigung und Bleaching-Effekt)
Innere Anwendung (z. B. zur Einnahme in Kapselform):
- zur Linderung von Magen-Darm-Beschwerden, etwa bei Reizdarm, Reizmagen, Völlegefühl, Sodbrennen oder Durchfall
- zur Behandlung von Entzündungen und Gelenkschmerzen
- zur Entgiftung und Reinigung des Darms
Die Wirkungsweise von Heilerde ist noch nicht ausreichend in Studien belegt. Hersteller der Produkte erklären den vermeintlich entgiftenden Effekt von Heilerde dadurch, dass die chemische Zusammensetzung für eine besonders große Oberfläche der Struktur sorgt und wie eine Art Schwamm wirkt. Dadurch soll das Produkt die Fähigkeit besitzen, schädliche Stoffe (Toxine) zu binden und aus dem Körper auszuleiten.
Gegen Magen-Darm-Beschwerden soll Heilerde aufgrund verschiedener enthaltener Substanzen helfen, die
- die Magensäure binden und neutralisieren und somit gegen Sodbrennen und Aufstoßen unterstützen sollen,
- quellfähig sind und somit bei Durchfall wirken könnten.
Die stark bindenden Eigenschaften der in Heilerde enthaltenen Substanzen sollen auch für eine reine Haut sorgen und gegen fettige Haare helfen, indem überschüssiger Talg gebunden und abtransportiert wird.
Zudem wird Heilerde eine antibakterielle Wirkung nachgesagt, weshalb das Produkt zur Wundversorgung und bei Entzündungen Anwendung findet.
Risiken und Nebenwirkungen
Da es keine Vorgaben hinsichtlich einer einheitlichen Zusammensetzung von Heilerde-Produkten gibt, können auch mögliche Nebenwirkungen unterschiedlich ausfallen. Grundsätzlich gelten die Einnahme und Anwendung von Heilerde als relativ sicher. Folgende Punkte gilt es jedoch zu beachten:
Bei anhaltenden Beschwerden ärztlichen Rat aufsuchen
Die Wirksamkeit von Heilerde ist nicht wissenschaftlich bewiesen. Wer das Produkt aufgrund von gesundheitlichen Beschwerden anwendet, sollte daher – zumindest begleitend – auch ärztlichen Rat einholen. Das gilt vor allem dann, wenn die Symptome über einen längeren Zeitraum bestehen oder sich verschlimmern.
Genug trinken
Wer Heilerde in Kapselform einnimmt, sollte darauf achten, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Durch die stark bindende Eigenschaft von Heilerde kann es in seltenen Fällen zu einem Darmverschluss kommen.
Heilerde und Medikamente: Ärztlichen Rat einholen
Wer Medikamente einnimmt, sollte vor einer inneren Heilerde-Anwendung Rücksprache mit einem*einer Arzt*Ärztin halten. Möglicherweise besteht das Risiko einer Wechselwirkung. Je nach Wirkstoff kann es zudem passieren, dass das Medikament im Magen-Darm-Trakt von der Heilerde gebunden wird. Somit würde das Arzneimittel nicht ins Blut gelangen, sondern vorher wieder ausgeschieden werden. Daher sollten immer einige Stunden zwischen Einnahme eines Medikaments und einer Heilerde-Kapsel verstreichen.
Keine zielgerichtete Wirksamkeit garantiert
Heilerde hat bindende Eigenschaften – genau dieses Merkmal will man sich zunutze machen. Mit dem Produkt, das wir einnehmen, binden wir also diverse Stoffe, die im Darm gelöst vorliegen, indem sie an die Molekülstruktur andocken.
Genau hier liegt aber auch die Schwierigkeit: Untersuchungen deuten darauf hin, dass Heilerde unselektiv bindet. Das bedeutet, dass nicht zwischen einem
- vermeintlichen Schadstoff
- und für den Körper wichtigen Substanzen wie Mineralien, Nährstoffen und Vitaminen
unterschieden wird. So zeigte eine Studie, dass sich die Anzahl der Darmbakterien der Proband*innen nach der Einnahme von Heilerde deutlich reduzierte. Das macht zwar deutlich, dass das Produkt sehr wohl einen Effekt hat – nämlich, Stoffe zu binden und auszuscheiden. Substanzen wie Darmbakterien sind allerdings notwendig für eine gesunde Darmflora. Somit könnte eine innere Anwendung von Heilerde sogar einen gegenteiligen Effekt auslösen.
Zudem verfügt der Körper – sofern er gesund ist – über diverse Methoden, um Schadstoffe, die wir mit der Nahrung aufnehmen, selbstständig wieder loszuwerden. So filtert beispielsweise die Leber Giftstoffe aus dem Blut heraus und leitet sie weiter. Anschließend werden die Toxine über den Urin oder den Stuhl aus dem Körper nach draußen abgegeben.
Anwendung bei Schwangerschaft
Insbesondere werdende Mütter sollten beim Kauf von Heilerde darauf achten, dass das Produkt geprüft ist. Das ist nicht bei allen Herstellern der Fall, da eine Reinheitsprüfung keine Voraussetzung für den Verkauf ist. So besteht ein – wenn auch geringes – Risiko von Verunreinigungen, etwa durch Schwermetalle.