Kreuzschmerzen
Kreuzschmerzen können in jedem Alter auftreten. Obwohl überwiegend ältere Menschen betroffen sind, kommen Kreuzschmerzen immer häufiger auch bei jüngeren Erwachsenen vor – besonders durch Haltungsschäden und langes Sitzen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Kreuzschmerzen
Was sind Kreuzschmerzen?
Kreuzschmerzen sind Schmerzen im unteren Rücken, und zwar im Bereich
- der Lendenwirbelsäule und
- der Illiosakralgelenke (auch Kreuzbein-Darmbeingelenke oder Sakroiliakalgelenke).
Der Fachbegriff für Kreuzschmerzen ist Lumbalsyndrom. Eine spezielle Form von Kreuzschmerzen ist das sogenannte Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom).
Es gibt drei Stadien des Lumbalsyndroms, je nach Stärke der Schmerzen und der Art weiterer Symptome:
- Lokales Lumbalsyndrom: Die Kreuzschmerzen beschränken sich auf die Lendenwirbelsäule.
- Lumbales Wurzelsyndrom: Die Schmerzen strahlen ins Bein aus.
- Alarmierendes Lumbalsyndrom: Es treten weitere Symptome wie Lähmungen oder Harn- und Stuhlinkontinenz auf.
Anatomie des unteren Rückens
Das Kreuzbein (Os sacrum) befindet sich unter den Lendenwirbeln und über dem Steißbein. Über das Kreuzbein-Darmbeingelenk (auch Iliosakralgelenk oder Sakroiliakalgelenk) ist es mit dem Becken (Pelvis) verbunden und bildet mit den Hüftbeinen (Os coxae) das knöcherne Becken oder den Beckengürtel. Das Kreuzbein besteht aus fünf Wirbeln, die miteinander verwachsen sind und dem Oberkörper eine feste Basis geben.
Die Iliosakralgelenke liegen jeweils links und rechts schräg unterhalb der Lendenwirbelsäule. Sie verbinden über starre Bänder das Kreuzbein mit den Hüftknochen (Darmbeine).
Kreuzschmerzen: Ursachen
Kreuzschmerzen entstehen häufig durch
- Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule,
- angeborene Erkrankungen,
- erworbene Erkrankungen oder
- psychosomatische Ursachen.
Verschleißerscheinungen
Eine mögliche Ursache für Kreuzschmerzen sind Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule – weshalb besonders ältere Menschen betroffen sind: Der aufrechte Gangbelastet Wirbel und Bandscheibendauerhaft. Darum sollte man dem Rücken durch Bewegung und eine möglichst natürliche Haltung einen Wechsel von Be- und Entlastung bieten. So werden die Bandscheiben mit Nährstoffen versorgt, die Rückenmuskulatur trainiert und die Wirbelgelenke geschont.
Bewegungsmangel, Übergewicht sowie Fehlhaltungen oder Fehlbelastungen können vorzeitige Verschleißerscheinungen verursachen. Aufgrund der Schmerzen verkrampft sich die Rückenmuskulatur, die Fehlhaltung verstärkt sich und es entsteht ein Teufelskreis aus Verschleiß und Verspannung.
Angeborene Erkrankungen
Angeborene Erkrankungen können Kreuzschmerzen verursachen. Hierzu gehört beispielsweise die vererbbare Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew). Es handelt sich dabei um eine chronisch-entzündliche Erkrankung, deren Ursache weitgehend ungeklärt ist. Jedoch besteht in mehr als 90 von 100 Fällen eine erbliche Veranlagung (genetische Disposition); außerdem enthält das Gewebe bei Morbus Bechterew bestimmte Merkmale, die sich in einem Bluttest bestimmen lassen.
Erworbene Erkrankungen
entzündlichen Erkrankungen
- rheumatische Erkrankungen
- Morbus Crohn
- Durchfallerkrankungen durch
- Salmonellen,
- Shigellen und
- Yersinien
- Gelenkentzündung infolge einer bakteriellen Infektionen (reaktive Arthritis) – meist urogenitale Infekte durch
- Chlamydien,
- Gonokokken und
- Ureoplasmen
Kreuzschmerzen im Rahmen degenerativer Erkrankungen kommen eher bei älteren Personen vor, etwa im Rahmen einer fortgeschrittenen Osteoporose (Knochenschwund) oder Arthrose.
Beim Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom) ist das Kreuzbein-Darmbeingelenk blockiert, die Muskeln in diesem Bereich sind schmerzhaft angespannt. Grund dafür ist eine Überlastung oder Lockerung der Muskulatur, zum Beispiel durch
- Schwangerschaft
- Geburt
- Verletzung
Die Beschwerden können auch infolge einer Bandscheibenerkrankung entstehen: Die Wirbel sind durch die dazwischen liegenden Bandscheiben vor Abnutzung geschützt. Rutscht eine Bandscheibe aus ihrer natürlichen Position und drückt gegen einen Nerv, kann das zu Schmerzen und weiteren Beschwerden führen (z.B. Taubheitsgefühle oder Kribbeln in den Beinen).
Psychosomatische Ursachen
Kreuzschmerzen können auch psychosomatische Ursachen haben oder sich durch seelische Einflüsse verstärken.
Der Begriff psychosomatisch umfasst die aus dem Griechischen stammenden Wörter psyche für Seele und soma für Körper. Psychosomatische Erkrankungen gehen also mit körperlichen Beschwerden einher, die aufgrund seelischer Befindlichkeiten, Probleme oder Krankheiten auftreten. Andersherum können körperliche Beschwerden auch psychische Probleme nach sich ziehen.
Das vegetative Nervensystem bildet eine Brücke zwischen Psyche und Körper. Daher kann sich bei Angst- oder Stresssituationen der Herzschlag beschleunigen und die Durchblutung steigern. Wird der Kreislauf derart zu lange belastet, können psychosomatische (auch: somatoforme) Störungen auftreten. Äußern sich diese in dauerhaften Schmerzen, etwa Kreuzschmerzen, so wird wiederum eine Stresssituation geschaffen und ein Teufelskreis beginnt.
Wer Gefühle wie Aggression, Wut oder Trauer unterdrückt, hat ein bis zu 7-fach höheres Risiko für Rückenschmerzen, vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule. Eine ausschließliche Behandlung der Schmerzen ist in diesem Fall selten erfolgreich.
Kreuzschmerzen: Symptome
Je nachdem, wodurch die Kreuzschmerzen entstehen, treten sie links, rechts oder mittig im Bereich von Kreuzbein und Lendenwirbelsäule auf. Häufig strahlen die Schmerzen außerdem bis ins Gesäß und in die Beine aus. Oft ist die Rückenmuskulatur stellenweise oder großflächig verspannt. Außerdem können zu den typischen Kreuzschmerzen weitere Symptome hinzukommen:
- Taubheitsgefühle
- verminderte Reflexe
- Lähmungserscheinungen
- Missempfindungen
- Harn- oder Stuhlinkontinenz, d.h. Urin und Kot können nicht zurückgehalten werden
Achtung: Harn- und/oder Stuhlinkontinenz im Rahmen von Kreuzschmerzen sind ein medizinischer Notfall und müssen sofort behandelt werden)
Kreuzschmerzen: Diagnose
Kreuzschmerzen können anhand der typischen Beschwerden im unteren Rücken diagnostiziert werden. Allerdings sind weitere Untersuchungen hilfreich, um der genauen Ursache der Schmerzen auf den Grund zu gehen:
- Bei Verdacht auf die angeborene Bechterew-Krankheit ergibt eine Röntgenuntersuchung ein typisches Bild. Gleichzeitig ist eine Blutuntersuchung sinnvoll, um nach dem Gewebsantigen HLA-B27 zu suchen. Diese Eiweißvariante kommt bei Morbus Bechterew-Patienten statistisch häufiger vor als bei Gesunden.
- Besteht der Verdacht, dass Morbus Crohn hinter den Kreuzschmerzen steckt, kann der Arzt das mitihlfe einer Spiegelung (Endoskopie) des Magen-Darm-Trakts überprüfen. Dabei entnimmt er kleine Gewebstücke (Biopsien), die er im Labor feingeweblich (histologisch) untersuchen lässt. Außerdem kann eine Spezialröntgenuntersuchung der Dünndarmpassage sinnvoll sein.
- Ob das Iliosakralgelenk die Kreuzschmerzen auslöst, zeigt der sogenannte Mennell-Handgriff. Mit dieser Untersuchungstechnik kann der Arzt feststellen, ob bestimmte Bewegungen im Iliosakralgelenk schmerzhaft sind, was wiederum darauf hin deutet, dass das Gelenk entzündet oder blockiert ist.
Beim Mennell-Handgriff drückt der Arzt auf beide Darmbeinschaufeln, während sich der Patient auf dem Bauch liegt oder in Seitenlage das oben liegende Bein nach hinten überstreckt. Ist das Iliosakralgelenk Grund für die Beschwerden, so ist dieser Handgriff schmerzhaft.
Radiologische Untersuchungsmethoden beinhalten:
- konventionelles Röntgen des Beckens
- bei der Frage nach Entzündungen oder Tumoren Spezialuntersuchungen wie
- nuklearmedizinische Untersuchungen wie die Knochenszintigraphie
Kreuzschmerzen: Therapie
Kreuzschmerzen werden zunächst konservativ mit Physiotherapie und Medikamenten behandelt. Unter bestimmten Umständen ist aber auch ein chirurgischer Eingriff nötig:
- Wenn die konservative Therapie erfolglos bleibt.
- Wenn ein akuter Notfall besteht (z.B. wenn vortretendes Bandscheibengewebe einen Nerv abdrückt).
Medikamentöse Therapie
Kreuzschmerzen mit infektiöser Ursache werden mit Antibiotika (etwa mit Tetrazyklinen bei Chlamydieninfektion) behandelt, um zu verhindern, dass sich chronische Kreuzschmerzen wie beim Morbus Reiter ausbilden.
Entstehen die Kreuzschmerzen durch rheumatische Erkrankungen, werden Steroiden eingesetzt, etwa als Kortisonpräparate in Tablettenform oder als Injektionen in die betroffenen Gelenke. Nicht-steroidalen Antirheumatika wirken zudem gegen die Entzündungen.
Degenerativ bedingte Kreuzschmerzen können neben Physiotherapie und Schmerzmitteln durch
- Calcium,
- Vitamin D und eventuell
- Calcitonin
verbessert werden, ähnlich einer Osteoporosebehandlung.
Bei sehr starken Schmerzen können Lokalanästhetika, die direkt am Schmerzort injiziert werden, die Beschwerden lindern und die Beweglichkeit wiederherstellen.
WennTumoren die Kreuzschmerzen verursachen, müssen diese so gezielt wie möglich behandelt werden, während die Schmerzen mithilfe von Medikamenten gelindert werden. Auch Tochtergeschwulste (Metastasen) im Knochen können Kreuzschmerzen auslösen. Diese lassen sich durch Bisphosphonate lindern. Die Wirkstoffe dämmen den weiteren Knochenabbau ein und stärken den Knochen durch Calciumeinbau. Calcium und Vitamin D können diesen Prozess unterstützen.
Physiotherapie
Physiotherapie spielt bei der Therapie von Kreuzschmerzen eine große Rolle. Es gibt vielfältige physiotherapeutische Möglichkeiten, welche der Therapeut bei Rücken- beziehungsweise Kreuzschmerzen einsetzen kann:
- Wärmeanwendungen (z.B. Fangopackungen)
- manuelle Therapie, um Gelenk-Blockierungen zu lösen Muskeln zu lockern
- Reflexzonenbehandlung
- Unterwassergymnastik
- Kurzwellentherapie
- Ultraschall- beziehungsweise Reizstrombehandlungen
Zielder Physiotherapie ist es, die Schmerzen zu beseitigen und die Gelenkfunktion wiederherzustellen. Dafür ist es wichtig, die Muskeln zu kräftigen – Schon- und Fehlhaltungen sollten vermieden werden, da diese Kreuzschmerzen meist verstärken.
Alternative Maßnahmen
Alternative Maßnahmen können die Therapie von Kreuzschmerzen ergänzen, aber nicht ersetzen.
Alternativ zur Schulmedizin lassen sich mittels Entspannungsübungen, wie sie etwa beim Yoga oder der progressiven Muskelentspannung praktiziert werden, die Muskeln lockern und damit auch Schmerzen lindern. Auch durch Akupunktur ist eine gute symptomatische Schmerzbehandlung möglich.
Bei leichten Kreuzschmerzen oder Schmerzen aufgrund von Verspannungen hilft häufig schon Wärme. Empfehlenswert sind:
- Bäder mit Kräuterzusätzen: Diese sollten nicht länger als 15 Minuten dauern, eventuell mit anschließender Ruhezeit. Die Wassertemperatur sollte ungefähr der Körpertemperatur entsprechen, keinesfalls wärmer. Ist die Muskulatur aufgewärmt, können Sie in der Badewanne leichte Dehn- und Streckübungen durchführen.
- Regelmäßiges Schwimmen im Warmwasserbecken kann Kreuzschmerzen lindern.
- Sauna (Menschen mit Herz-Kreislauf-Beschwerden, Schilddrüsenüberfunktion oder akuten Infektionen sollten aber auf Saunagänge verzichten beziehungsweise diese vorher mit ihrem Hausarzt abklären.)
- Warme Güsse: Für etwa zehn bis 15 Minuten mit einem harten Wasserstrahl auf die Hauptschmerzpunkte zielen.
- Wärmepackungen (Fango, Paraffin und Moorschlamm).
- Feuchtwarme Kompressen, Heizkissen und Wärmestrahler sind beliebte Hausmittel.
- Wärmeumschläge: In der Apotheke erhältliche Wärmeumschläge erhitzen sich durch chemische Prozesse selbstständig auf 40 Grad Celsius und halten diese Temperatur über mehrere Stunden. Die Wärme lindert die Schmerzen und kann die Therapie auf natürliche Art unterstützen, sodass in vielen Fällen die Einnahme von Schmerzmitteln reduziert werden kann.
- Wärmepflaster: Wärmepflaster enthalten zum Beispiel den Wirkstoff Capsaicin, welcher die Haut reizt, die Durchblutung anregt und hierüber die Therapie fördert. Das Pflaster darf nicht mit Schleimhäuten in Verbindung kommen, da es diese schwer reizen kann.
Kreuzschmerzen: Verlauf
Abhängig von Ursache und Behandlung verlaufen Kreuzschmerzen sehr unterschiedlich. In vielen Fällen gehen die Schmerzenschnell vorbei oder bessern sich durch eine Therapie oder kurzzeitiges Schonen.
Achten Sie auf Ihre (Rücken-)Gesundheit, damit die Kreuzschmerzen nicht erneut auftreten.
Bei etwa jedem zehnten Betroffenen verlaufen die Kreuzschmerzen chronisch, zum Beipsiel wenn eine Grunderkrankung mit chronischen Verlauf die Ursache ist, etwa Morbus Reiter.
Häufig liegt auch eine sogenannte Schmerzspirale vor. Dabei bewirken Schmerzen beim Betroffenen Stress, schmerzhafte Muskelverspannungen sowie eine Schonhaltung, Bewegung wird weitgehend vermieden. Der Nervenstoffwechsel stellt sich auf den Schmerz ein (Schmerzgedächtnis). All das fördert einen chronischen Verlauf der Rückenschmerzen. Entstehen chronische Kreuzschmerzen, hilft eine gezielte Behandlung, die Schmerzen zu lindern und trotz Rückenschmerzen aktiv zu sein.
Kreuzschmerzen: Vorbeugen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit denen Sie Kreuzschmerzen vorbeugen können:
- Bewegen Sie sich regelmäßig.
- Vermeiden Sie Übergewicht.
- Versuchen Sie, Fehlhaltungen und Fehlbelastungen zu umgehen.
So treten Rückenschmerzen und Kreuzschmerzen oft erst gar nicht auf.
Bestehen bereits Kreuzschmerzen, können Sie durch vorsichtige Bewegung häufig weiteren Schäden vorbeugen und die Beschwerden lindern – fragen Sie hierzu Ihren Arzt.