Ein fasst sich beim Treppensteigen an den Rücken.
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Spinalkanalstenose (Wirbelkanalstenose)

Von: Dr. rer. nat. Geraldine Nagel (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 20.09.2019

Eine Spinalkanalstenose kann äußerst schmerzhaft sein. Je nachdem, welcher Abschnitt der Wirbelsäule betroffen ist, können die Symptome unterschiedlich ausfallen. Welche Behandlung hilft?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Spinalkanalstenose (Wirbelkanalstenose)

Was ist eine Spinalkanalstenose?
Eine Spinalkanalstenose (auch spinale Stenose, Spinalstenose oder Wirbelkanalstenose genannt) ist eine Verengung des Wirbelkanals bei einem oder mehreren Wirbeln. Je nach Ausmaß der Verengung entsteht Druck auf das Rückenmark und die darin verlaufenden Nerven, sodass es zu Beschwerden kommen kann. Ein verengter Wirbelkanal ohne begleitende Symptome hat hingegen keinen Krankheitswert und bedarf keiner Behandlung.

Besonders häufig tritt eine Spinalkanalstenose im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS, lumbale Spinalkanalstenose) oder Halswirbelsäule (HWS, zervikale Spinalkanalstenose) auf.

Spinalkanalstenose: Ursachen

Für eine Spinalkanalstenose, also einen verengten Wirbelkanal, kann es unterschiedliche Ursachen geben.

Am häufigsten entsteht eine Spinalkanalstenose als Folge von Verschleißerscheinungen. Mit zunehmendem Alter schreiten degenerative Prozesse im Körper fort. Dabei kann sich das Gewebe in den Wirbeln verdicken oder verknöchern und den Wirbelkanal einengen. Veränderungen der Facettengelenke können den Platz im Wirbelkanal ebenfalls verringern. Wird der Raum, durch den das Rückenmark führt, immer schmaler, nimmt der Druck auf die Nerven zu.

Erkrankungen wie Arthrose, Bandscheibenschäden oder rheumatoide Arthritis gehen mit entzündlichen Prozesse einher. Diese können ebenfalls zur Entstehung einer Spinalkanalstenose beitragen und die Einengung von Nerven begünstigen.

Andere mögliche Ursachen für eine Spinalkanalstenose sind:

Wirbel und Wirbelkanal

Um zu verstehen, wie es zu den Beschwerden bei einer Spinalkanalstenose kommt, hilft es, ein wenig über die Anatomie zu wissen. Die Wirbelsäule besteht aus einer Reihe aufeinandergesetzter Wirbel. Zur Vorderseite des Körpers hin liegt bei jedem Wirbel der bauchige Wirbelkörper und zur Rückseite des Körpers hin der Wirbelbogen. Die Wirbel sind durch Muskeln und Bänder miteinander verbunden. Zwischen den beweglichen Wirbeln liegt wie eine Art Puffer jeweils eine Bandscheibe (außer zwischen erstem und zweitem Halswirbel).

Jeder Wirbel hat ein Loch, den sogenannten Wirbelkanal oder Spinalkanal, durch welchen das Rückenmark verläuft. Das Rückenmark ist Teil des zentralen Nervensystems – es verbindet das Gehirn mit den restlichen Körperbereichen. Vom Rückenmark aus verzweigen sich Nervenfasern von Ober- und Unterseite eines Wirbels ausgehend sowie durch kleine Öffnungen im Wirbel heraus. So entstehen Verbindungen zwischen Gehirn, Rückenmark und Muskeln und ermöglichen eine Reiz- und Signalweiterleitung.

Spinalkanalstenose: Symptome

Ein verengter Wirbelkanal geht nicht automatisch mit Beschwerden einher. Erst, wenn ausreichend Druck auf das Rückenmark entsteht, ruft eine Spinalkanalstenose Symptome hervor. Diese betreffen meist

Mögliche Beschwerden bei einer Spinalkanalstenose sind zum Beispiel:

Oft lassen die Schmerzen nach, wenn man sitzt oder den Rücken leicht nach vorn beugt (wie z.B. beim Radfahren, Aufstützen auf einen Einkaufswagen). Denn dabei bekommen die Nerven im Wirbelkanal wieder mehr Raum beziehungsweise lässt der Druck auf die eingeengten Nerven nach. Die Taubheitsgefühle können jedoch unabhängig davon bestehen bleiben.

Bei einer Spinalkanalstenose im LWS-Bereich zeigen Betroffene häufig einen typischen Gang: Nach kurzem Gehen bleiben sie aufgrund der Schmerzen stehen und verweilen einige Minuten in leicht vorgebeugter Haltung beziehungsweise müssen sich hinsetzen, ehe sie wieder eine kurze Strecke gehen können. Bergaufgehen ist für Betroffene oft angenehmer als bergabgehen, da bergauf der Oberkörper meist leicht nach vorn geneigt wird.

Manche Betroffene haben bei einer akuten Spinalkanalstenose auch beim Schlafen beziehungsweise Liegen Beschwerden und versuchen deshalb sitzend zu schlafen.

Spinalkanalstenose: Diagnose

Bei einer Spinalkanalstenose geben in der Regel bereits die Beschwerden erste Hinweise auf die Diagnose. Um herauszufinden, ob diese wirklich die Ursache der Beschwerden ist, wird der Arzt den Betroffenen auch zu seiner Krankengeschichte befragen. Im Anschluss erfolgt eine körperliche Untersuchung, bei welcher sich der Arzt neben Reflexen und Muskelkraft auch Bewegungsabläufe näher anschaut.

Verschiedene Untersuchungen können bei der Diagnosefindung helfen, wie etwa:

Hinweis: Bei MRT- oder CT-Aufnahmen werden relativ häufig Verengungen des Wirbelsäulenkanals als Zufallsbefund festgestellt (insbesondere bei älteren Menschen im LWS-Bereich), ohne dass diese mit Beschwerden verbunden sind. Der Befund an sich hat ohne Beschwerden jedoch keinen Krankheitswert.

Spinalkanalstenose: Therapie

Eine Spinalkanalstenose erfordert erst dann eine Behandlung, wenn Beschwerden auftreten. Oberstes Ziel der Therapie ist es, Schmerzen zu lindern. Um die Wirbelsäule im akuten Stadium im Liegen zu entlasten, kann eine Stufenlagerung ratsam sein – also das Lagern der Unterschenkel auf einem höheren Polster, sodass Unterschenkel und Oberschenkel zueinander einen rechten Winkel bilden.

Schmerzlinderung durch Medikamente

Bei einer Spinalkanalstenose wird die Schmerztherapie stufenartig an das Ausmaß der Schmerzen angepasst.

Mittel der ersten Wahl sind in der Regel entzündungshemmende Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR, wie Ibuprofen, Paracetamol).

Abhängig von den Beschwerden können zudem Mittel gegen Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen) oder auch muskelentspannende Mittel (Muskelrelaxanzien) zum Einsatz kommen.

Je nach Situation kommen Spritzen mit entzündungshemmenden und schmerzlindernden Wirkstoffen wie Kortison oder anderen Glukokortikoiden infrage. Der Wirkstoff wird dafür in den schmalen Raum um den Rückenmarkskanal herum injiziert und hilft dabei, entzündetes Gewebe abschwellen zu lassen. Die Nerven bekommen so wieder mehr Platz.

Bei sehr starken Schmerzen wird der Arzt opioidhaltige Schmerzmittel erwägen.

Physiotherapie, physikalische Therapie, Bewegung

Bei einer Spinalkanalstenose kommt häufig Physiotherapie zum Einsatz. Damit lassen sich zum einen Verspannungen auflösen, die oft als Folge der Schmerzen auftreten, und zum anderen Muskeln aufbauen. Der Muskelaufbau hilft dabei, den Körper zu stabilisieren und die Wirbelsäule zu entlasten.

Ziel der physiotherapeutischen Übungen bei einer Spinalkanalstenose ist es vor allem, den Rücken aktiv aufzurichten beziehungsweise einer zunehmenden Lordose entgegenzuwirken. Darunter versteht man eine stärker werdende Krümmung der Wirbelsäule im Bereich der Lendenwirbel und Halswirbel zur Körpervorderseite hin.

Physikalische Therapiemaßnahmen wie Wärmetherapie oder Elektrotherapie können die Behandlung unterstützen.

Generell sollten Betroffene mit Spinalkanalstenose versuchen, körperlich aktiv zu bleiben. Hierbei gilt es jedoch, Bewegungsarten beziehungsweise körperliche Aktivitäten zu finden, die nicht erneut Schmerzen und andere Beschwerden auslösen oder verstärken.

Entlastung durch Operation

Sofern konservative Maßnahmen wie Medikamente und Physiotherapie zu keiner Besserung führen, die Schmerzen zunehmen oder Nervenschäden befürchtet werden müssen, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden. Mithilfe eines (oft minimalinvasiven) chirurgischen Eingriffs lässt sich der Spinalkanal erweitern, sodass die eingeengten Nerven vom Druck entlastet werden und die Beschwerden nachlassen.

Spinalkanalstenose: Verlauf

Je nach Ausmaß der Erkrankung kann eine Spinalkanalstenose den Alltag und die Lebensqualität stark einschränken. Mit der richtigen Behandlung lassen sich die Schmerzen und anderen Beschwerden jedoch in der Regel lindern. Auf diese Weise gelingt es vielen Betroffenen, dennoch ein aktives Leben zu führen und (angepasst) körperlich aktiv zu bleiben. Heilbar im eigentlichen Sinne ist eine Spinalkanalstenose bislang nicht.

Eine schwache Körpermuskulatur kann die Stabilität der Wirbelsäule beeinträchtigen und Beschwerden dadurch verstärken. Deshalb ist es wichtig, körperliche Aktivitäten nicht aufzugeben, sondern sie an die eigenen Beschwerden anzupassen. Dinge, die Schmerzen oder andere Beschwerden auslösen oder diese verschlimmern, darf und sollte man also durchaus meiden, aber dafür auf Alternativen ausweichen. Fragen Sie im Zweifel Ihren Arzt, welche Bewegungsformen für Sie ratsam sind.