Ältere Frau mit Rückenschmerzen.
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Osteochondrose: Verschleißbedingte Rückenschmerzen

Von: Jenni Graf (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 28.11.2022

Bei Menschen mit der Diagnose Osteochondrose haben sich bestimmte Knochen und Knorpel verändert, typischerweise entlang der Wirbelsäule. Zu erkennen gibt sich die Erkrankung in den meisten Fällen durch Rückenschmerzen. Wo genau die Ursachen liegen und was die Symptome lindern kann.

Was ist Osteochondrose?

Unter den Begriff Osteochondrose fallen verschiedene Beschwerdebilder, die alle mit Veränderungen an Knorpeln und umliegenden Knochen einhergehen. In den meisten Fällen sind damit ganz bestimmte Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule gemeint – medizinisch ist die Rede von Osteochondrosis intervertebralis.

Diese Form der Osteochondrose betrifft eine oder mehrere Bandscheiben sowie die daran angrenzenden Wirbel: Knorpel, der eigentlich elastisch und beweglich bleiben sollte, regeneriert sich nicht mehr; knöcherne Strukturen breiten sich dagegen allmählich aus. Für betroffene Menschen bedeutet das häufig starke Schmerzen, langfristig kann sich die Beweglichkeit des Rückens vermindern.

Neben der Osteochondrosis intervertebralis gibt es auch Erkrankungsformen, die den Knorpel anderer oder sogar aller Gelenke betreffen. Seltener entwickelt sich Osteochondrose bereits im Jugendalter, zum Beispiel als juvenile Osteochondrosis dissecans. Hier zeigen sich krankhafte Knochenumbauprozesse meist im Kniegelenk.

Beschwerden bei Osteochondrose

Grundsätzlich kann eine Osteochondrose an jedem beweglichen Rückenabschnitt entstehen und dabei jeweils unterschiedliche Symptome verursachen. Besonders häufig zeigt sie sich im Bereich der Lendenwirbelsäule, die durch das Gewicht von Kopf und Rumpf ohnehin einer hohen Belastung ausgesetzt ist.

Typisches Symptom bei Osteochondrose sind Rückenschmerzen, die ohne eine passende Behandlung immer stärker werden. Einige Erkrankte berichten zudem von ausstrahlenden Schmerzen, beispielsweise in Richtung von Kopf, Nacken, Schultern, Armen oder Beinen. In vielen Fällen tragen die Schmerzen zu Schlafstörungen und einer Schonhaltung mit verkrümmter Wirbelsäule bei.

Je nach Fortschritt und Lokalisation der Osteochondrose können außerdem diese Beschwerden auftreten:

Bei Osteochondrose der Halswirbelsäule (HWS):

  • Verspannungen im Nacken und entlang der Schultern
  • eingeschränkte Beweglichkeit von Kopf und Hals
  • Schwindel
  • Kribbeln und/oder Taubheitsgefühle entlang der Arme und Hände
  • vorübergehende Lähmungen der Arme und Hände

Bei Osteochondrose der Brustwirbelsäule (BWS):

  • Verspannungen im oberen Rücken
  • eingeschränkte Beweglichkeit des oberen Rückens

Bei Osteochondrose der Lendenwirbelsäule (LWS):

  • Verspannungen im unteren Rücken
  • eingeschränkte Beweglichkeit des unteren Rückens sowie mitunter der Hüften
  • Kribbeln und/oder Taubheitsgefühle entlang der Beine und Füße
  • vorübergehende Lähmungen der Beine und Füße

Wie entsteht eine Osteochondrose?

Die Osteochondrosis intervertebralis entwickelt sich, weil sich die Bandscheiben zwischen den Wirbeln allmählich abnutzen. Ihre Aufgabe ist es eigentlich, als Stoßdämpfer zwischen den knöchernen Strukturen der Wirbelsäule zu dienen: Durch eingelagertes Wasser bleibt der Knorpel der Bandscheiben elastisch und verhindert, dass die Wirbel direkt aufeinander treffen. Er verteilt das auf der Wirbelsäule lastende Gewicht und erhält ihre Beweglichkeit.

Mit zunehmendem Alter – und aufgrund von Fehlbelastungen – fällt es den Bandscheiben schwerer, sich zu regenerieren. Sie werden allmählich dünner und federn Druck schlechter ab. Der Körper versucht nun, dem Verschleiß gegenzusteuern und die Stabilität der Wirbelsäule wiederherzustellen: Er bildet zusätzliches Knochengewebe an den Wirbelkörpern und vergrößert damit ihre Fläche. Je weiter die Osteochondrose voranschreitet, desto stärker wachsen diese sogenannten Spondylophyten an.

Spürbare Symptome entstehen zum einen, weil die Spondylophyten irgendwann aneinander reiben – und zum anderen, weil der neu gebildete Knochen den Wirbelkanal einengt (Spinalkanalstenose). Er drückt auf die dort verlaufenden Nerven und verursacht so Schmerzen und Funktionsausfälle.

Vereinfacht ausgedrückt verknöchert bei einer Osteochondrose allmählich der betroffene Abschnitt der Wirbelsäule, während sich der Knorpel zwischen den Wirbeln zurückbildet.

Bekannte Risikofaktoren für Osteochondrose

Abgesehen vom normalen Alterungsprozess gibt es einige Einflüsse, die die Wahrscheinlichkeit für eine Osteochondrose erhöhen. Werden die Bandscheiben über längere Zeit falsch oder zu stark belastet oder aber nicht optimal versorgt, fördert das ihre Abnutzung. Beschwerden treten mitunter deutlich früher auf als normalerweise.

Zu den Risikofaktoren zählen daher unter anderem:

  • Übergewicht
  • Rauchen
  • Stoffwechselerkrankungen (zum Beispiel Diabetes)
  • Skoliose (von außen sichtbare Verformung der Wirbelsäule)
  • körperlich fordernde Berufe (zum Beispiel Handwerk, Krankenpflege)
  • ein Bandscheibenvorfall oder Wirbelbruch in der Vergangenheit
  • vorangegangene Operation(en) an den Bandscheiben

Darüber hinaus spielt Bewegungsmangel, zum Beispiel bei Menschen, die einer Bürotätigkeit nachgehen, eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Osteochondrose. Ist die Muskulatur von Rumpf und Rücken zu schwach ausgeprägt, um Wirbelsäule und Bandscheiben ausreichend zu entlasten, setzt auch hier der Knorpelverschleiß früher ein.

Osteochondrose erkennen

Wer den Verdacht hat, an Osteochondrose zu leiden, vereinbart am besten zeitnah einen Arzttermin. Um einen Bandscheibenvorfall und andere Erkrankungen auszuschließen, ist die ärztliche Einschätzung unerlässlich.

Die geschilderten Symptome liefern den ersten wichtigen Hinweis; die körperliche Untersuchung bestätigt meist die Diagnose. Letzte Unklarheiten räumen bei Bedarf bildgebende Untersuchungen aus. Röntgenaufnahmen und/oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglichen es, den Zustand der Bandscheiben, Wirbel und umliegenden Strukturen im Detail zu beurteilen.

Osteochondrose: Wie sieht die Behandlung aus?

Derzeit ist es nicht möglich, die Osteochondrose zu heilen. Eine individuell abgestimmte Behandlung kann aber den Fortschritt der Erkrankung bremsen und maßgeblich die Lebensqualität steigern.

Sport bei Osteochondrose

Wichtigster Grundpfeiler der Therapie sind passende Übungen für Rumpf und Rücken. Aus medizinischer Sicht empfehlen sich beispielsweise:

  • Physiotherapie
  • Wandern und (Nordic) Walking
  • Tanzen
  • Schwimmen
  • Radfahren
  • Yoga
  • Aerobic
  • Core Training

Regelmäßig ausgeführt, können solche Übungen und Sportarten die Muskulatur kräftigen und die Wirbelsäule entlasten. Sie wirken nicht nur einem Bewegungsmangel entgegen, sondern verhindern auch Schonhaltungen, die andernfalls häufig in einem Teufelskreis münden und die Erkrankung verschlimmern.

Kontaktsport und Sportarten mit ruckartigen Bewegungen – zum Beispiel Rudern, Badminton oder High-Impact Aerobic – sind bei Osteochondrose nicht geeignet. Sie können Schmerzen und Funktionsausfälle verstärken.

Schmerzen behandeln bei Osteochondrose

Um Rückenschmerzen und Verspannungen zu lindern, kommen Massagen, Wärmebehandlungen und Schmerzmittel zum Einsatz. Leiden Betroffene stark unter ihren Schmerzen, kann der*die Arzt*Ärztin muskelentspannende Wirkstoffe auch direkt in den Rücken spritzen. Gegebenenfalls wird irgendwann ein Stützkorsett notwendig, das den betroffenen Abschnitt der Wirbelsäule ruhig stellt.

Operative Therapie der Osteochondrose

Erzielen andere Methoden keine Besserung und sind Erkrankte im Alltag zunehmend eingeschränkt, ist unter Umständen eine Operation sinnvoll. Je nach Ausprägung und Schweregrad der Osteochondrose stehen dabei verschiedene Optionen zur Verfügung:

  • Einsetzen einer Prothese: Die nicht mehr funktionsfähige Bandscheibe wird durch eine Prothese ersetzt. Das schafft wieder mehr Platz zwischen den Wirbeln, der Rücken bleibt beweglich.
  • Erweiterung des Wirbelkanals: Verengt neu entstandenes Gewebe den Wirbelkanal, kann der*die Chirurg*in den Knochen vorsichtig abtragen und so Quetschungen der dort verlaufenden Nerven verhindern.
  • Wiederherstellung der normalen Wirbelform: Reiben vergrößerte Wirbelknochen aneinander, lässt sich ihre ursprüngliche Form in vielen Fällen operativ wiederherstellen.

Versteifung des betroffenen Abschnitts: Im Fall einer sehr weit fortgeschrittenen Osteochondrose bleibt manchmal keine andere Möglichkeit, als den erkrankten Teil der Wirbelsäule ganz oder teilweise zu versteifen. Das reduziert die Beweglichkeit auf Dauer, schafft im Hinblick auf die Schmerzen aber große Erleichterung.

Wie lange Betroffene nach einer Osteochondrose-Operation krankgeschrieben werden, hängt maßgeblich von der Operationstechnik ab. In der Regel ist mit einer Ausfallzeit von bis zu acht Wochen zu rechnen – bei körperlich fordernden Berufen sind bis zu sechs Monate möglich.

Osteochondrose effektiv vorbeugen

Menschen, die für eine Osteochondrose besonders gefährdet sind, können einiges tun, um die Erkrankung abzuwenden oder zumindest hinauszuzögern. Essenziell ist es dafür, sich regelmäßig zu bewegen und Risikofaktoren nach Möglichkeit auszuhebeln. Sport mit Fokus auf der Rumpf- und Rückenmuskulatur stärkt Bandscheiben und Wirbelsäule. Das Rauchen aufzugeben, Grunderkrankungen richtig zu behandeln und im privaten wie beruflichen Umfeld Fehlbelastungen zu vermeiden, schafft gute Bedingungen für einen langfristig gesunden Rücken.