Ein Mädchen liegt mit ihrem Teddy in einem Krankenhausbett
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Kawasaki-Syndrom

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 10.09.2021

Das Kawasaki-Syndrom ist eine seltene Erkrankung unklarer Ursache, die fast ausschließlich bei kleinen Kindern auftritt und mit hohem Fieber einhergeht. Dabei entzünden sich die Blutgefäße und es können mehrere Organe in Mitleidenschaft gezogen werden, im schlimmsten Fall ist das Herz betroffen. Häufig geht dem Kawasaki-Syndrom eine Infektion voraus. Im Zuge der Corona-Pandemie treten vermehrt Fälle auf, die dem Kawasaki-Syndrom ähneln. Lesen Sie alles über Symptome, Behandlung und Verlauf der Erkrankung.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Kawasaki-Syndrom: Was ist das?

Beim Kawasaki-Syndrom (auch mukokutanes Lymphknoten-Syndrom oder Morbus Kawasaki) entzünden sich die kleinen und mittelgroßen Blutgefäße im Körper. Betroffen sind vor allem die arteriellen – also sauerstoffführenden – Blutgefäße, die von der Aorta abgehen. Sehr selten ist die Aorta selbst entzündet. Die betroffenen Kinder haben hohes Fieber und sehr häufig weitere Symptome wie Hautausschlag und geschwollene Lymphknoten.

Durch die Gefäßentzündungen können sich sackartige Ausstülpungen (Aneurysmen) in den Gefäßen bilden. Dadurch kann es zu Thrombosen kommen oder Gefäße können reißen. Unbehandelt kann es zu einer Schädigung der Herzkranzgefäße und zu einem Herzinfarkt kommen.

In Deutschland sterben allerdings nur sehr wenige Kinder an einem Kawasaki-Syndrom, die Heilungschancen sind bei entsprechender Behandlung sehr gut. Spätfolgen sind jedoch nicht ausgeschlossen.

Zu 85 Prozent erkranken Kinder bis zu einem Alter von fünf Jahren am Kawasaki-Syndrom. Seltener erkranken ältere Kinder und extrem selten Erwachsene. In Deutschland erkranken etwa neun von 100.000 Kindern. In Japan liegt die Inzidenz deutlich höher, nämlich bei 322 von 100.000 Kindern.

Kawasaki-Syndrom: Ursachen

Es deutet vieles darauf hin, dass das Kawasaki-Syndrom durch Infektionen mit Bakterien oder Viren getriggert wird. Bewiesen werden konnte ein Zusammenhang bislang jedoch nicht. Erreger können beim Ausbruch der Erkrankung nicht mehr nachgewiesen werden.

Man geht jedoch davon aus, dass das Kawasaki-Syndrom eine überschießende Immunreaktion auf ein Antigen ist. Ein Antigen ist ein Molekül auf der Oberfläche etwa eines Bakteriums oder Virus, anhand dessen unser Körper Krankheitserreger erkennt und bekämpft. Solche Überreaktionen des Immunsystems sind häufig genetisch veranlagt und kommen in manchen Familien gehäuft vor. Anders als bei anderen Autoimmunerkrankungen verläuft das Kawasaki-Syndrom jedoch akut und nicht chronisch.

Vermutlich kommen mehrere Faktoren zusammen:

  • Eine vorangegangene Infektion
  • Genetische Veranlagung
  • Externe Faktoren, zum Beispiel Umwelteinflüsse

Corona und Kawasaki-Syndrom

Im Zuge der Corona-Pandemie sind vermehrt Fälle des Kawasaki-Syndroms auch in Europa aufgetreten, sodass ein Zusammenhang zwischen Covid-19 und der Immunreaktion angenommen wird. Diese weisen allerdings Unterschiede zum klassischen Kawasaki-Syndrom auf, sodass man mittlerweile von einer eigenständigen Erkrankung ausgeht, dem PIMS. Das Syndrom wird ebenfalls durch ein überschießendes Immunreaktion hervorgerufen. Im Gegensatz zum Kawasaki-Syndrom erkranken daran jedoch vor allem ältere Kinder. Außerdem scheint es weniger eine Gefäßentzündung als eine systemische Erkrankung zu sein, die den ganzen Körper betrifft.

Benannt ist das Kawasaki-Syndrom nach dem japanischen Arzt Kawasaki, der die Krankheit 1967 erstmals beschrieb.

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Kawasaki-Syndrom: Symptome

Hauptsymptom des Kawasaki-Syndroms ist hohes Fieber über 39°oder sogar 40° Celsius, das mindestens fünf Tage lang anhält und in der Regel nicht auf fiebersenkende Mittel oder Antibiotika anspricht.

Hinzu kommen mindestens vier der fünf weiteren Symptome:

  • Bindehautentzündung an beiden Augen
  • Hautausschlag
  • Vergrößerte Halslymphknoten
  • Veränderungen der Mundschleimhaut, Lippen und Zunge (sogenannte Erdbeer- oder Himbeerzunge) mit Rötungen, Rissen und/oder Krustenbildung
  • Schwellungen und Rötungen an Handflächen und Fußsohlen, gefolgt von Abschuppungen nach etwa zwei Wochen

Hinzukommen können:

Insgesamt machen erkrankte Kinder einen sehr geschwächten Eindruck. Bei Säuglingen können weitere Symptome neben Fieber manchmal gänzlich fehlen.

Kawasaki-Syndrom: Diagnose

Es gibt keinen Test, der das Kawasaki-Syndrom nachweisen könnte. Die Diagnose erfolgt aufgrund der oben genannten Symptome.

Eine Blutuntersuchung kann jedoch weitere Hinweise liefern. So zeigt sich zumeist ein erhöhter CRP-Wert (Entzündungsmarker). Typischerweise finden sich außerdem besonders viele noch nicht ausgereifte weiße Blutkörperchen, eine vermehrte Zahl von Blutplättchen (Thrombozytose) und eine verminderte Anzahl von roten Blutkörperchen (Anämie). Zudem kann der BSG-Wert (Blutsenkung) erhöht sein. Bei einigen Patient*innen zeigen sich außerdem Veränderungen der Leberwerte.

Im Urin kann sich darüber hinaus eine erhöhte Menge an Eiweiß finden (Proteinurie). Veränderungen des Herzens lassen sich mit einer Echokardiografie darstellen.

Kawasaki-Syndrom: Therapie

Die Erkrankung ist akut und würde auch ohne Therapie vorübergehen. Allerdings können dabei Komplikationen und Folgeschäden auftreten, weshalb eine geeignete Behandlung im Krankenhaus wichtig ist, um Aneurysmen der Koronararterien zu vermeiden.

Zu Beginn ist die Ursache der Symptome häufig unklar. Viele Patient*innen bekommen Antibiotika, weil die Symptome an eine Infektion denken lassen, jedoch schlagen die in der Regel nicht an.

Ist die Diagnose gesichert, bekommen die Betroffenen als Standardtherapie Immunglobuline ins Blut verabreicht, um die Entzündung zu vermindern und Komplikationen am Herzen zu verhindern. In 85 Prozent der Fälle schlägt die Behandlung an. Meist zeigt sich dadurch rasch eine Besserung und das Fieber geht binnen ein bis zwei Tagen zurück.

Ist das Herz in Mitleidenschaft gezogen oder schlägt die Therapie nicht an, kann zusätzlich die Gabe von Kortikosteroiden notwendig sein. Immunsuppressiva können darüber hinaus die überschießende Reaktion des Immunsystems hemmen.

Außerdem müssen die Betroffenen Acetylsalicylsäure (ASS) einnehmen, um die Blutgerinnung zu hemmen und so Spätfolgen zu verhindern.

Nach der Behandlung mit Immunglobulinen darf elf Monate lang keine Impfung mit einem Lebendimpfstoff erfolgen.

Kawasaki-Syndrom: Verlauf und Prognose

Die Symptome entwickeln sich innerhalb von zehn Tagen und bilden sich dann spontan von selbst zurück. Unbehandelt kann die Erkrankung jedoch zu schweren Komplikationen am Herzen führen.

Eine mögliche Komplikation der Erkrankung ist die Bildung von Aneurysmen. Sie entwickeln sich häufig in der zweiten bis vierten Woche und kommen bei unbehandelten Patient*innen in einem Viertel der Fälle vor. Zu einem Herzinfarkt kommt es in 1,2 Prozent der Fälle.

Durch die Behandlung mit Immunglobulinen lassen sich solche Komplikationen jedoch meist vermeiden und die Betroffenen werden wieder ganz gesund. Bekommen die Betroffenen die richtige Behandlung, tritt ein Aneurysma in nur 5 Prozent der Fälle auf. Die Sterblichkeit liegt mittlerweile bei unter 0,5 Prozent und Rückfälle sind äußerst selten.

Eine weitere mögliche, aber sehr seltene Komplikation ist die Herzklappeninsuffizienz.

Unerlässlich ist die richtige Nachsorge. Je nachdem, ob Veränderungen am Herzen bereits feststellbar waren, ist eine regelmäßige echokardiografische Kontrolle nötig.