Chlorprothixen

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 22.12.2011

Allgemeines

Chlorprothixen wird bei akuten Psychosen zur Reduzierung von Unruhe und Erregungszuständen sowohl auf der geistigen wie auf der körperlichen Ebene eingesetzt. Weiterhin wird es bei maniformen Syndromen (krankhaft gesteigerte Stimmungszustände) verabreicht. Die Patienten beruhigen sich nach Arzneimittelgabe, Aggressionen werden abgebaut und der Schlafzyklus normalisiert sich wieder.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Aggressionen reduzieren
  • Erregung reduzieren
  • Psychosen reduzieren
  • Schlaf fördern
  • Patienten beruhigen

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Chlorprothixen im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Chlorprothixen nicht verwendet werden?

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder verwandten Stoffen sollte Chlorprothixen nicht eingesetzt werden. Weiterhin sind im Koma liegende Patienten von einer Behandlung auszuschließen.

Chlorprothixen darf bei Leberschwäche und/oder Nierenfunktionsstörungen, Herzerkrankungen, verlangsamtem Herzschlag sowie bei niedrigem Blutdruck nur während ganz besonders strengen Vorsichtsmaßnahmen und bei ärztlicher Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses angewendet werden. Das Gleiche gilt bei der Parkinson-Krankheit, depressiven Erkrankungen, Hirnerkrankungen, Epilepsie (Anfallsleiden) und Schilddrüsenunterfunktion.

Weiterhin sollte dieser Wirkstoff nur eingeschränkt bei akuten Alkoholvergiftungen, Schlaf- oder Schmerzmittelüberdosierungen sowie Vergiftungen durch Psychopharmaka eingesetzt werden.

Bei Prostatavergrößerungen, Erkrankungen des blutbildenden Systems, niedriger Kaliumkonzentration im Blut, Störungen beim Wasserlassen, erhöhtem Augeninnendruck, Verengung des Magenausgangs, Phäochromozytom (Nebennierentumor) und angeborenen Herzrhythmusstörungen ist besondere Vorsicht geboten. Der Arzt wird in diesen Fällen individuell nach Art und Ausmaß der Erkrankung über eine Chlorprotixengabe entscheiden.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Es liegen bisher nur unzureichende Studien über fruchtschädigende Wirkungen von Chlorprotixen vor.

Mütter, die im letzten Schwangerschaftsdrittel den Wirkstoff einnehmen, gefährden ihre Neugeborenen durch Nebenwirkungen wie Bewegungsstörungen und Entzugserscheinungen. Diese können sich in Aufregung, Muskelverspannungen oder -schlaffheit, Zittern, Schläfrigkeit, Atemnot oder Störungen bei der Nahrungsaufnahme äußern. Solche Neugeborene müssen sorgfältig ärztlich überwacht werden.

Ob der Wirkstoff in die Muttermilch übergeht, ist ebenfalls nicht ausreichend erforscht. Deshalb sollten schwangere Frauen und stillende Mütter nicht mit Chlorprotixen behandelt werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Bei Kindern unter drei Jahren darf Chlorprothixen nicht eingesetzt werden. Bis zum 18. Lebensjahr sollte dieser Wirkstoff nur angewandt werden, wenn dies zwingend notwendig erscheint. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis ist vom Arzt sorgfältig abzuwägen.

Welche Nebenwirkungen kann Chlorprothixen haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Chlorprothixen. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Müdigkeit, zu niedriger Blutdruck, starker Blutdruckabfall beim Aufrichten, Aufsetzen und Aufstehen, Herzrasen, Mundtrockenheit, Verstopfung, Störungen beim Wasserlassen, Gefühl der verstopften Nase, Sehstörungen beim Erfassen von Gegenständen, vorübergehende Erhöhung der Leberwerte, Appetitsteigerung, Gewichtszunahme, Benommenheit.

Häufige Nebenwirkungen:
Gelbfärbung der Haut, Gallenstau, Hautstörungen bei Sonneneinstrahlung, Parkinson-ähnliche Symptome, Bewegungsstarre, allergische Hautreaktionen (Juckreiz, Rötung), Erregungsleitungsstörungen am Herzen, Glaukomanfälle (grüner Star), Hormonstörungen, Regelblutungsstörungen, Brustwachstum beim Mann, Milchbildung der Brust, Potenzverlust, verminderte Erregung (Libido), Müdigkeit, Verlängerung der Reaktionszeit, Störung der Speichelbildung, vermindertes Schwitzen.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Blutbildveränderungen (verminderte Zahl der weißen Blutkörperchen, Blutplättchenverminderung, Verminderung aller Zellarten im Blut), Erhöhung der Blutzuckerwerte, Krampfanfälle, Schilddrüsenunterfunktion.

Seltene Nebenwirkungen:
Hochgradige Verminderung der Granulozyten (Untergruppe der weißen Blutkörperchen), Zahnfleischentzündung, Mundschleimhautentzündung, Halsschmerzen, grippeähnliche Symptome, schweres neuroleptischen Syndrom (Fieber, Muskelstarre, Bewusstseinstrübung bis zum Koma), depressive Verstimmungen, Sprachstörungen, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen.

Sehr seltene Nebenwirkungen und Einzelfälle:
Beinvenenthrombose, Beckenvenenthrombose, EKG-Veränderungen, tödliche Herzrhythmusstörungen.

Besonderheiten:
Bei langanhaltender hochdosierter Gabe kann es zu Einlagerungen in Linse und Hornhaut des Auges kommen. Regelmäßige augenärztliche Kontrollen sind deshalb erforderlich.

Spätstörungen im Bereich der Kiefer- und Gesichtsmuskulatur, wurmartige und einschussartige Bewegungen der Arme und Beine können auch nach Beendigung einer Behandlung auftreten. Der Patient sollte darauf hingewiesen werden.

Welche Wechselwirkungen zeigt Chlorprothixen?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Bei zeitgleicher Anwendung von Medikamenten, wie zum Beispiel Mittel gegen Herzrhythmusstörungen, Antibiotika, Malariamittel sowie Histamingegenspieler, ist das Auftreten von Herzrhythmusstörungen zu befürchten. In Kombination mit Entwässerungsmitteln oder Antidepressiva sowie anderen Neuroleptika können diese Rhythmusstörungen ebenfalls ausgelöst werden. EKG-Kontrollen sind deshalb empfehlenswert.

In Verbindung mit Schlafmitteln oder Schmerzmitteln sowie Antihistaminika (allergielindernde Wirkung) und Psychopharmaka wird der beruhigende Effekt verstärkt. Es kann weiterhin zu einer Abflachung der Atmung kommen. Auch Antibiotika wie Colestin, Polymyxin B, Teicoplanin und Vancomycin erniedrigen in Kombination mit Chlorprothixen die Atemfrequenz. Die Patienten müssen deshalb sorgfältig überwacht werden.

Die Blutkonzentration von Chlorprothixen wird durch Carbamazepin (Antiepileptikum), Rifampicin (Tuberkulosemittel), Doxycyclin (Antibiotikum), Griseofulvin (Antipilzmittel), Phenylbutazon (nicht-steroidales Antirheumatikum), Phenobarbital (Hypnotikum) und Phenytoin (Antiarrhythmikum) deutlich erniedrigt. Eine Dosisanpassung ist in diesen Fällen individuell erforderlich.

Ebenso vermindert Rauchen die Chlorprothixenkonzentration im Blut. Die Wirkung von Chlorprothixen wird außerdem durch Kaffee oder Tee abgeschwächt. Deshalb sollte auf diese Genussmittel während einer Behandlung verzichtet werden.

In Verbindung mit Alkohol senkt dieser Wirkstoff den Blutdruck und erhöht die Alkoholwirkung. Ebenso erhöht Chlorprothixen die Wirkung von Antidepressiva und steigert deren Giftigkeit. Bei Kokainvergiftungen sind weiterhin verstärkte motorische Störungen möglich. Diese Patienten müssen extrem sorgfältig überwacht werden. Nach Möglichkeit ist weder Alkohol noch Kokain zu konsumieren.

Chlorprothixen schwächt die Wirkung von Dopamin (Alpha-Sympathomimetikum), Guanethidin (Antihypertonikum), Levodopa (Parkinsonmittel) und Phenylephrin (Alpha-Sympathomimetikum) ab. Die Wirkung von blutdrucksenkenden Mitteln kann dagegen verstärkt sein. Dies muss bei den Dosierungen der einzelnen Medikamente beachtet werden.

In Verbindung mit Lithium (Psychopharmaka) kann es zu Körpertemperaturerhöhung und Bewusstseinsstörungen kommen. Äußere Anzeichen hierfür sind Zittern, Müdigkeit und Mundtrockenheit. Auf diese Symptome sollte besonders geachtet werden.

Chlorprothixen ist weiterhin in der Lage, mit gerinnungshemmenden Arzneimitteln zu interagieren und deren Wirkung zu verstärken. Die Wirkung von anticholinerg wirkenden (die Wirkung von Acetylcholin hemmenden) Medikamenten kann ebenfalls verstärkt werden.
Eine Hormonbehandlung mit Gonadorelin kann dagegen abgeschwächt sein. In all diesen Fällen müssen Dosierungen durch den behandelnden Arzt individuell angepasst werden.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Eine Anwendung zusammen mit Alkohol ist zu vermeiden.
  • Vorsicht beim Führen von Maschinen und im Straßenverkehr ist erforderlich.
  • Blutbildkontrollen sind regelmäßig erforderlich.
  • Leber- und Nierenwertkontrollen in regelmäßigen Abständen sind sinnvoll.
  • Eine Kontrolle des Kaliumwertes im Blut ist erforderlich.
  • Epileptische Anfälle sind aufgrund erhöhter Krampfbereitschaft möglich.
  • Vorsicht ist bei Patienten mit Herz- und Gefäßerkrankungen geboten.
  • Es können Störungen des Bewegungsablaufes auftreten.
  • Das Reaktionsvermögen kann vermindert sein.
  • Häufiges Stolpern ist möglich.
  • Das Scharfsehen kann reduziert sein.
  • Ein starker Blutdruckabfall ist möglich.
  • Eine Beeinträchtigung an der aktiven Verkehrsteilnahme ist möglich.
  • Die Maschinenbedienung kann beeinträchtigt sein.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Chlorprothixen?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Chlorprothixen enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform
überzogene Tabletten
überzogene Tabletten

So wirkt Chlorprothixen

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Chlorprothixen. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Neuroleptika, zu welcher der Wirkstoff Chlorprothixen gehört.

Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Chlorprothixen

Chlorprothixen wird bei akuten Psychosen zur Reduzierung von Unruhe und Erregungszuständen sowohl auf der geistigen wie auf der körperlichen Ebene eingesetzt. Weiterhin wird es bei maniformen Syndromen (krankhaft gesteigerte Stimmungszustände) verabreicht. Die Patienten beruhigen sich nach Arzneimittelgabe, Aggressionen werden abgebaut und der Schlafzyklus normalisiert sich wieder.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Chlorprothixen sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Chlorprothixen

Chlorprothixen ist ein typisches Neuroleptikum. Es gehört, wie der Prototyp Chlorpromazin, zu den Phenothiazinen und besitzt auch dieselbe Wirkungsweise. Die sedierende Wirkung von Chlorprothixen ist jedoch höher als die von Chlorpromazin.

Chlorprothixen blockiert die Dopamin-Andockstellen im zentralen Nervensystem. Zusätzlich zu der Bindungsstellenblockade wird auch die Freisetzung und die Weitergabe von Dopamin gehemmt. Dies führt zu einem beruhigenden und antipsychotischen Effekt.

Zusätzlich hemmt Chlorprothixen die peripheren Wirkungen der Katecholamine (Botenstoffe für Nerven) sehr stark. Dadurch entsteht eine Verminderung des Antriebs. So normalisieren sich zum Beispiel krankhaft gesteigerte Stimmungszustände und abnorme Erregungen.

Im Weiteren hat Chlorprothixen eine besonders ausgeprägte anticholinerge Wirkung. Der Botenstoff Acetylcholin wird also sehr stark gehemmt und die Erregungsübertragung blockiert.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.