Neurocil 100mg

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 09.06.2011
Hersteller: Bayer Schering Pharma
Wirkstoff: Levomepromazin
Darreichnungsform: Filmtablette
Rezeptpflichtig

Wirkung

Neurocil 100mg enthält den Wirkstoff Levomepromazin. Zu beachten ist außerdem die besondere Wirkung von Neurocil 100mg.

Levomepromazin wird zur Dämpfung psychomotorischer Unruhe und Erregungszustände im Rahmen psychotischer Störungen eingesetzt. Weiterhin wird es bei akuten Erregungszuständen während krankhaft gesteigerter Stimmungszustände angewandt.

Außerdem kann Levomepromazin als Kombinationspartner bei der Behandlung von schweren und/oder chronischen Schmerzen verabreicht werden.

Levomepromazin als Injektionslösung (Ampullen) wird zur Akutbehandlung schwerer psychomotorischer Unruhe- und Erregungszustände bei psychotischen Störungen gegeben. Diese Anwendung direkt in den Blutkreislauf sollte aber nur während stationäre Behandlungsbedingungen im Krankenhaus erfolgen.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Levomepromazin sind vertiefende Informationen verfügbar:

Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Neuroleptika, zu welcher der Wirkstoff Levomepromazin gehört.

Anwendungsgebiete laut Herstellerangaben

  • Unruhe und Erregungszustände im Rahmen von seelischen Störungen (Psychosen)
  • akute Erregungszustände bei Phasen der Übersteigerung (Manie)
  • schwere und/oder chronische Schmerzen - zur Kombinationstherapie mit anderen schmerzhemmenden Medikamenten

Dosierung

Eine Behandlung außerhalb des Krankenhauses wird "einschleichend" mit 15 bis 30 Milligramm Levomepromazin/Tag begonnen. Dafür stehen Tropfen zur Verfügung. Später kann die Dosis vom Arzt bis auf 75 bis 150 Milligramm Levomepromazin/Tag gesteigert werden. Diese Dosierungen werden mit Filmtabletten zu 25 Milligramm erreicht.

Die Behandlung von Psychosen im Krankenhaus beginnt mit 75 bis 100 Milligramm Levomepromazin/Tag (drei- bis viermal täglich eine 25mg-Filmtablette); dann erfolgt eine Steigerung über 150 Milligramm Levomepromazin/Tag (dreimal zwei 25mg-Filmtabletten) auf bis zu 300 Milligramm Levomepromazin/Tag (dreimal eine 100mg-Filmtablette). Bei schweren Psychosen kann die Maximaldosis auch bei 600 Milligramm Levomepromazin/Tag liegen.

Schwere Schmerzzustände können im Krankenhaus mit zunächst 25, 50 und 75 Milligramm Levomepromazin/Tag behandelt werden. Anschließend, falls
erforderlich, kann der Arzt die Dosis langsam auf bis zu 300 Milligramm Levomepromazin täglich steigern. Hat schon vor der Neurocil-Behandlung eine Therapie mit starken Schmerzmitteln begonnen, können die Dosen dieser Präparate im Allgemeinen vermindert werden. Bei gleichzeitiger Gabe von Schlafmitteln wie Barbituraten oder manchen Schmerzmitteln wird der Arzt deren Dosis aufgrund der verstärkenden Eigenschaften des Medikaments im Allgemeinen mindestens halbieren.

Nehmen Sie die Filmtabletten mit ausreichend Flüssigkeit ein.

Sonstige Bestandteile

Folgende arzneilich nicht wirksame Bestandteile sind in dem Medikament enthalten:

  • Hypromellose
  • Magnesiumstearat
  • Maisstärke
  • mikrokristalline Cellulose
  • Titandioxid (E 171)
  • Croscarmellose-Natrium
  • Macrogol 4000

Nebenwirkungen

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Müdigkeit und Kreislaufstörungen beim Aufsetzen, Aufrichten und Aufstehen insbesondere zu Beginn der Behandlung; Blutdruckabfall, Herzrasen, EKG-Veränderungen (Erregungsleitungsstörungen).

Häufige Nebenwirkungen:
Bewegungsstörungen (Zungen-Schlund-Krämpfe, Schiefhals, Kiefermuskelkrämpfe, Blickkrämpfe, Versteifung der Rückenmuskulatur), Parkinson-Syndrom (verminderte Mimik, Zittern, Steifheit, Bewegungsunfähigkeit, geschossartige Bewegungen), Bewegungsdrang, Unfähigkeit, sitzen zu bleiben (Akathisie) - eventuell Dosisreduktion und/oder die Gabe eines Antiparkinsonmittels erforderlich; Begleiterscheinungen wie Sehstörungen, Mundtrockenheit, Gefühl verstopfter Nase, Erhöhung des Augeninnendrucks, Stuhlverstopfung, Beschwerden beim Wasserlassen, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Appetitverlust.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Allergische Hautreaktionen (Juckreiz, Hautrötung), Lichtempfindlichkeit, (direkte Sonneneinstrahlung meiden), Pigmenteinlagerungen in Hornhaut und Linse, zeitweilige Leberfunktionsstörungen, Abflussstörungen der Galle, Gelbsucht, Unruhe, Erregung, Benommenheit, depressive Verstimmung, Bewegungsunlust und Antriebsschwäche, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Ausbrechen psychotischer Symptome, Verwirrtheit, Krampfanfälle des Gehirns, Regulationsstörungen der Körpertemperatur, spät auftretende Bewegungsstörungen vor allem im Mundbereich, die nach langfristiger Anwendung besonders bei Frauen und älteren Patienten auftreten.

Seltene Nebenwirkungen:
Lebensbedrohliches schweres neuroleptisches Syndrom mit Fieber über 40 °C, Muskelstarre und schwerer Allgemeinsymptomatik - sofortiges Absetzen des Arzneimittels erforderlich; Darmverschluss.

Sehr seltene Nebenwirkungen:
Bein- und Beckenvenenthrombosen, Menstruationsstörungen, Milchbildung an der nicht-stillenden Brust, Brustwachstum beim Mann, männliche Verweiblichung, sexuelle Funktionsstörungen, Gewichtszunahme, Blutzellschäden, Delir (Halluzinationen und Denkstörungen), Torsade de Pointes (Herzrhythmusstörungen mit Kammerflattern), Darmentzündung, QT-Intervall-Verlängerung im EKG, tödliche Herzrhythmusstörungen.

Besonderheiten:
Aufgrund einer möglichen Lichtempfindlichkeit ist während der Anwendung von Levomepromazin die direkte Sonneneinstrahlung zu meiden.

Häufig tritt innerhalb von zehn bis zwanzig Minuten nach einer Injektion in den Muskel eine Blutdrucksenkung auf, die vier bis sechs Stunden (gelegentlich bis zwölf Stunden) anhalten kann. In der Regel lässt die blutdrucksenkende Wirkung von Levomepromazin bei längerer Behandlung nach. Wird die Behandlung aber für mehrere Tage unterbrochen, kann die weitere Gabe erneut zu einer Blutdrucksenkung führen.

Nach einer Gabe direkt in den Blutkreislauf sowie bei Behandlungsbeginn mit höheren Dosen sollte der Patient wenigstens fünf bis sechs Stunden liegen. Bei Tagesdosen über 150 Milligramm ist eine Krankenhauseinweisung erforderlich.

Wechselwirkungen

Bei gleichzeitiger Anwendung von Levomepromazin mit opioiden Schmerzmitteln, Schlafmitteln, anderen Psychopharmaka sowie Alkohol können die beruhigende und atemhemmende Wirkung verstärkt werden. Die Konzentration von trizyklischen Antidepressiva im Blut und damit deren Wirkung wird durch Levomepromazin erhöht.

Die Wirkung von Medikamenten, die den Blutdruck senken, kann bei gleichzeitiger Anwendung von Levomepromazin verstärkt werden. Eine Ausnahme ist der Wirkstoff Guanethidin.

Muskarinrezeptor-Antagonisten können zusammen mit Levomepromazin zu einem medikamentös bedingten Delirium führen.

Die kombinierte Anwendung von Levomepromazin mit Dopaminagonisten (beispielsweise Levodopa gegen Parkinson, aber auch die Magenmittel Metoclopramid, Bromoprid und Alizaprid, führt zu deren verminderter Wirksamkeit.

Bei kombinierter Anwendung mit Alpha-Sympatholytika wie beispielsweise Adrenalin und seinen chemischen Verwandten kann es zum weiteren Blutdruckabfall kommen (Adrenalin-Umkehr). Alpha-Sympathomimetika wie Phenylephrin und Noradrenalin hingegen können einen durch Levomepromazin hervorgerufenen niedrigen Blutdruck ausgleichen.

Die gleichzeitige Anwendung von Levomepromazin zusammen mit dem AntiepileptikumPhenytoin kann die Verstoffwechselung von Phenytoin verändern. Dadurch kann es zu Vergiftungen mit Phenytoin kommen.

Phenothiazine wie Levomepromazin können in Verbindung mit Polypeptid-Anbiotika (Capreomycin, Colistin, Polmyxin B) die Atemfunktion stark hemmen.

Die Reaktion auf das Hormon Gonadorelin (wird bei Patienten mit einem Mangel an Sexualhormonen angewendet) kann durch Levomepromazin abgeschwächt werden.

Die Behandlung mit Levomepromazin kann das Ergebnis eines Phenylketonurie-Tests verfälschen (falsch-positive Ergebnisse).

Zu vermeiden ist die gleichzeitige Anwendung von Wirkstoffen, die
  • wie Levomepromazin bestimmte Herzrhythmusstörungen hervorrufen (Verlängerung des QT-Intervalls) wie die Antiarrhythmika Klasse IA oder III, Makrolid-Antibiotika, Malaria-Mittel, H1-Antihistaminika (gegen Allergien), Antidepressiva, andere Neuroleptika)
  • zu einem Kaliummangel im Blut führen (beispielsweise bestimmte Entwässerungsmittel)
  • den Abbau von Levomepromazin in der Leber hemmen können, weil es dadurch zu Überdosierungen kommen kann.

Gegenanzeigen

Levomepromazin darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und gegen andere Psychopharmaka aus den Unterklassen der Thioxanthene oder Phenothiazine sowie bei Fehlfunktionen des Knochenmarks und damit verbundenen Blutbildungsstörungen.

Levomepromazin darf nur vom Arzt nur mit besonderer Vorsicht verordnet werden bei
  • Unverträglichkeit von Neuroleptika (malignes neuroleptisches Syndrom)
  • akuter Vergiftung mit opioiden Schmerzmitteln, Schlafmitteln, Antidepressiva, Neuroleptika, Beruhigungsmitteln oder Alkohol
  • Mangel an weißen Blutkörperchen oder anderen Blutbildungsstörungen
  • Krebsformen, deren Wachstum durch das Hormon Prolaktin gefördert werden (beispielsweise Brustkrebs)
  • Leber- und Nierenfunktionsstörung
  • Vorschädigung des Herzens
  • sehr niedrigem Blutdruck oder Blutdruckabfall bei Körperlageveränderung
  • epileptischen Anfällen
  • Parkinson-ähnlichen Beschwerden, die keine Nebenwirkungen von Medikamenten sind
  • grünem Star (Glaukom), Störungen des Wasserlassens, Verengungen des Magenausgangs und gutartiger Vergrößerung der Vorsteherdrüse (Prostatahypertrophie)
  • Kaliummangel im Blut
  • Herzrhythmusstörungen (besonders bei angeborenem langem QT-Syndrom und verlangsamtem Herzschlag) und Erkrankungen der Herzkranzgefäße (Angina pectoris).

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Über die Anwendung von Levomepromazin liegen keine ausreichenden Erfahrungen über die Wirkung auf das Ungeborene vor. Dieser Wirkstoff sollte darum nicht im ersten Schwangerschaftsdrittel eingesetzt werden. Im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel sollte eine Behandlung nur bei zwingender ärztlicher Begründung unter Berücksichtigung des Risikos für Mutter und Kind erfolgen. Es muss die niedrigste wirksame Dosis verabreicht werden. Zur Verhinderung von Schäden oder Entzugssymptomen beim Neugeborenen sollte Levomepromazin in den letzten zehn Tagen der Schwangerschaft gar nicht mehr angewendet werden. Mütter, die im letzten Schwangerschaftsdrittel den Wirkstoff einnehmen, gefährden ihre Neugeborenen durch Nebenwirkungen wie Bewegungsstörungen und Entzugserscheinungen. Diese können sich in Aufregung, Muskelverspannungen oder -schlaffheit, Zittern, Schläfrigkeit, Atemnot oder Störungen bei der Nahrungsaufnahme äußern. Solche Neugeborene müssen sorgfältig ärztlich überwacht werden.

Falls Levomepromazin einer Patientin im gebärfähigem Alter verschrieben wird, ist diese darauf hinzuweisen, sich unverzüglich mit ihrem Arzt in Verbindung zu setzen, wenn ein Schwangerschaftswunsch besteht oder eine Schwangerschaft vermutet wird.

Levomepromazin geht in die Muttermilch über. Sollte eine Therapie unverzichtbar sein, muss die Mutter abstillen. Ansonsten ist von einer Behandlung in dieser Zeit abzuraten.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sollten nicht mit diesem Wirkstoff behandelt werden. Es liegen keine dokumentierten Erfahrungen zur Dosierung bei Kindern und Jugendlichen in diesem Alter vor.

Warnhinweise

  • Das Medikament kann das Reaktions- und Sehvermögen so weit beeinträchtigen, dass Autofahren und Maschinenbedienung gefährlich sind.
  • Die Behandlung mit dem Medikament kann das Ergebnis eines Tests auf Phenylketonurie verfälschen (falsch-positive Ergebnisse).
  • Es sind regelmäßige ärztliche Kontrollen von Blutbild, EKG, Leber- und Nierenwerten und dem Blutkaliumwert erforderlich.
  • Die direkte Sonneneinstrahlung ist zu vermeiden.
  • Es besteht während der Behandlung eine verstärkte Alkoholwirkung, daher ist Alkoholgenuss während der Behandlung verboten.
  • Vorsicht bei Patienten mit bekanntem malignem neuroleptischem Syndrom.
  • Bei schweren Nervenbeschwerden muss die Therapie beendet werden und es ist ein Arzt aufzusuchen.
  • Es darf keine Selbstmedikation mit anderen Arzneimitteln erfolgen.
  • Die Dosierung des Medikaments darf nicht plötzlich verändert werden und das Therapie-Ende muss bei langsam verminderter Dosierung erfolgen.

Arzneimittel können allergische Reaktionen auslösen. Anzeichen hierfür können sein: Hautrötung, Schnupfen, Juckreiz, Schleimhautschwellung, Jucken und Rötung der Augen, Verengung der Atemwege (Asthma). In seltenen Fällen kann es zum allergischen Schock mit Bewusstlosigkeit kommen.

Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend einen Arzt.

Packungsgrößen

Packungsgröße und Darreichungsform
Wirkstoffgehalt (Dosierung pro Stück Filmtablette)
50 Stück Filmtabletten
100 Milligramm Levomepromazin
100 Stück Filmtabletten
100 Milligramm Levomepromazin

Vergleichbare Medikamente

Folgende Tabelle gibt einen Überblick über Neurocil 100mg sowie weitere Medikamente mit dem Wirkstoff Levomepromazin (ggf. auch Generika).

Medikament
Darreichungsform
Filmtabletten
Filmtabletten
Tropflösung

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.