Anaphylaktischer Schock (allergischer Schock)
Ein anaphylaktischer Schock (allergischer Schock) entwickelt sich innerhalb von wenigen Sekunden bis Minuten. Ohne sofortige Hilfe kann er einen lebensbedrohlichen Verlauf nehmen.

Inhaltsverzeichnis
Was ist ein anaphylaktischer Schock?
Ein anaphylaktischer Schock ist die schwerste Form einer allergischen Reaktion.
Unter dem Begriff "Anaphylaxie" verstehen Mediziner generell eine akute allergische Reaktion, die in verschiedenen Körperbereichen Symptome hervorruft, wie
- der Haut,
- den Atemwegen,
- dem Magen-Darm-Trakt und
- dem Herz-Kreislauf-System.
Ein allergischer Schock ist die stärkst mögliche allergische Reaktion. Meist wird er ausgelöst durch Allergene wie Insektengift, Nahrungsmittel oder Medikamente, auf die der Betroffene besonders heftig allergisch reagiert. Ein allergischer Schock ist lebensbedrohlich und kann ohne Hilfe innerhalb kurzer Zeit zum Herz-Kreislauf-Stillstand führen.
Ein anaphylaktischer Schock zeigt sich meist bereits wenige Sekunden bis etwa 20 Minuten nach dem Kontakt mit dem Allergen (wie nach einem Wespenstich). Typische Symptome sind zum Beispiel:
- heftige Kreislaufbeschwerden
- Übelkeit
- Erbrechen
- Atemnot
- Herzrasen
- Angst
- trockener Mund
- Zungenbrennen
- Juckreiz
- Hautausschläge
- Quaddeln
- Hautschwellungen
Die typischen Symptome, die ein allergischer Schock hervorruft, entstehen dadurch, dass
- sich die Blutgefäße weiten,
- sich Wasser im Gewebe einlagert,
- der Blutdruck fällt,
- der Puls abflacht und
- die Organe schlechter durchblutet werden.
Der Betroffene kann schließlich das Bewusstsein verlieren.
Eine anaphylaktische Reaktion lässt sich dabei in vier Schweregrade einteilen.
Anaphylaktische Reaktion: Schweregrade
Grad | Symptome |
---|---|
Grad I: | Haut: Juckreiz, Hautrötung, Quaddeln, Schwellungen |
Grad II: | Haut: Juckreiz, Hautrötung, Quaddeln, Schwellungen Magen-Darm-Bereich: Übelkeit, Bauchkrämpfe, Erbrechen Atemwege: laufende Nase, Heiserkeit, Atemnot Herz-Kreislauf-System: Herzrasen, Butdruckabfall, Herzrhythmusstörungen |
Grad III: | Haut: Juckreiz, Hautrötung, Quaddeln, Schwellungen Magen-Darm-Bereich: Erbrechen, Stuhldrang, unwillkürlicher Stuhlabgang Atemwege: Kehlkopfschwellung, erschwertes bzw. asthmaähnliches Atmen durch Verkrampfen der Bronchialmuskulatur, Blaufärbung der Haut (Zyanose) Herz-Kreislauf-System: Schock (Organe beginnen, zu versagen) |
Grad IV: | Haut: Juckreiz, Hautrötung , Quaddeln, Schwellungen Magen-Darm-Bereich: Erbrechen, Stuhldrang, unwillkürlicher Stuhlabgang Atemwege: Atemstillstand Herz-Kreislauf-System: Herzstillstand |
Ohne rechtzeitige Therapie kann ein anaphylaktischer Schock tödlich verlaufen. Rufen Sie daher bei den ersten Anzeichen den Notarzt (112)!
Anaphylaktischer Schock: Ursachen
Die Ursache für einen anaphylaktischen (allergischen) Schock ist in der Regel eine Typ-I- oder Typ-2-Allergie. Betroffene können einen anaphylaktischen Schock entwickeln, wenn sie in Kontakt mit dem Allergen – also der Substanz, auf die sie allergisch reagieren – kommen.
Folgende Auslöser sind am häufigsten Ursache für einen anaphylaktischen Schock:
- Nahrungsmittel (z.B. Erdnüsse), vor allem bei Kindern
- Insektenstiche (z.B. Wespenstich), besonders bei Erwachsenen
- Medikamente, vor allem Antibiotika (z.B. Penicillin)
- Latex
Ein allergischer Schock kann auch im Rahmen einer sogenannten Hyposensibilisierung auftreten. Bei dieser speziellen Form der Allergie-Therapie erhält der Betroffene das auslösende Allergen über einen längeren Zeitraum in allmählich steigender Dosis. Um sicherzugehen, dass es zu keiner übersteigerten allergischen Reaktion kommt, sollten Betroffene deshalb nach dem Verabreichen der Dosis für mindestens 30 Minuten unter ärztlicher Beobachtung beziehungsweise in der Arztpraxis bleiben.
Aber auch Kontrastmittel bei Röntgenuntersuchungen oder bestimmte Medikamente, die per Spritze verabreicht werden (z.B. Schmerz- oder Betäubungsmittel), kommen als Auslöser eines anaphylaktischen Schocks infrage. Hier liegt jedoch oft keine allergische Reaktion im eigentlichen Sinne vor – es handelt sich vielfach um einen nichtallergischen beziehungsweise pseudoallergischen Mechanismus, der zugrunde liegt. Auch wenn das Ursachengeschehen ein anderes ist, muss der anaphylaktische Schock in diesen Fällen dennoch genauso rasch behandelt werden.
Falls bei Ihnen eine Kontrastmittelallergie bekannt ist, setzen Sie vor einer Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel unbedingt die behandelnden Ärzte (auch den Radiologen) darüber in Kenntnis. So kann der Arzt bereits im Vorfeld auf eine andere Untersuchungsmethode oder ein anderes Kontrastmittel ausweichen.
Auch bei einer bereits bekannten Penicillinallergie sollten Sie unbedingt daran denken, Ihren Arzt darüber zu informieren: Der Arzt auf kann dann auf ein alternatives Antibiotikum zurückgreifen.
Wichtig zu wissen: Ein anaphylaktischer Schock kann auch scheinbar "harmlose" Ursachen haben. So kann es zum Beispiel bei einer Erdnussallergie bereits durch winzigste Mengen Erdnuss zum allergischen Schock kommen.
Anaphylaktischer Schock: Diagnose
Ein anaphylaktischer Schock (allergischer Schock) ist in der Regel daran zu erkennen, dass kurz nach einem auslösenden Ereignis – wie einem Insektenstich oder einer Kontrastmittel-Injektion – typische Symptome auftreten, wie:
- Hautausschläge, Quaddeln (Nesselsucht),
- Gesichtsrötung ("Flush")
- Juckreiz,
- Kreislaufbeschwerden, Herzrasen,
- Übelkeit und Erbrechen,
- trockener Mund, Zungenbrennen,
- Atemnot, Angst
Ein allergischer Schock ist ein lebensbedrohlicher Zustand und erfordert eine rasche Behandlung durch einen Notarzt (112).
Der Arzt stellt bei einem anaphylaktischen Schock anhand der typischen Anzeichen die Diagnose, misst Puls und Blutdruck und beginnt unverzüglich mit der Therapie. In der Klinik können weitere Untersuchungen folgen (wie Blutuntersuchungen, EKG) und Behandlungen folgen.
Anaphylaktischer Schock: Therapie
Ein anaphylaktischer Schock (allergischer Schock) ist ein Notfall und erfordert eine sofortige Therapie durch einen Notarzt. Sofern möglich, ist es wichtig, den Kontakt zum auslösenden Allergen sofort zu stoppen (z.B. eine Kontrastmittel-Infusion).
Bringen Sie den Betroffenen bei einem anaphylaktischen Schock in die sogenannte Schocklage (Körper flach, Beine angehoben) und rufen Sie den Notarzt (112)! Bei starken Atemproblemen kann anstelle der Schocklage eine Lagerung mit aufrechtem Oberkörper jedoch besser sein. Sollte es zum Atemstillstand kommen, beginnen Sie mit Wiederbelebungsmaßnahmen und führen Sie diese bis zum Eintreffen des Rettungswagens fort.
- Mehr zum Thema: Erste Hilfe bei anaphylaktischem Schock
Der Notarzt legt einen Zugang in eine Vene, über die er verschiedene Medikamente verabreicht, wie:
- Adrenalin
- Dopamin, Noradrenalin oder Vasopressin
- Flüssigkeit (z.B. Plasmaersatzlösung, Elektrolytlösung)
- Antihistaminika (z.B. Clemastin, Dimetinden)
- Glukokortikoide (z.B. Kortison, Prednisolon)
Zusätzlich gibt der Arzt teilweise Beta-2-Sympathomimetika. Diese Substanzen erweitern die Bronchien und sind hilfreich, wenn der anaphylaktische Schock dazu führt, dass die Atemwege zuschwellen. Außerdem erhält der Betroffene Sauerstoff über eine Sauerstoffmaske.
Nach der Notfall-Behandlung muss der Betroffene unverzüglich auf der Intensivstation einer Klinik untersucht und weiterbehandelt werden, da sich die anaphylaktische Reaktion wiederholen kann.
Manchen Menschen ist bereits bekannt, dass bei ihnen – zum Beispiel nach Insektenstichen – eine starke allergische Reaktion auftritt, die zu einem anaphylaktischen Schock führen kann. Für diese Menschen ist es sinnvoll, ein Notfallset bei sich zu führen. Es enthält einen sogenannten Autoinjektor, mit dem sich der Betroffene im Notfall (direkt nach einem Wespenstich etc.) selbst Adrenalin in den Oberschenkelmuskel spritzen kann.
Neben dem Autoinjektor gehören zum Notfallset noch weitere Medikamente wie ein Glukokortikoid-Präparat und ein Antihistaminikum. So kann sich der Betroffene schnell selber helfen beziehungsweise durch eine Begleitperson sofort versorgt werden – vor allem in Situationen, in denen eine rasche notärztliche Hilfe nicht möglich ist. Wer ein solches Notfallset mit sich führt, sollte sich die Gebrauchsanleitung gut durchlesen und offene Fragen mit dem Arzt oder Apotheker klären.
ICD-10-Diagnoseschlüssel:
Hier finden Sie den passenden ICD-10-Code zu "Anaphylaktischer Schock (allergischer Schock)":
Onmeda-Lesetipps:
- Erste Hilfe bei einem anaphylaktischen Schock
- Allergie: Wenn das Immunsystem überreagiert
- Forum Allergie & Asthma
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Anaphylaxie. Online-Informationen des Pschyrembel: www.pschyrembel.de (Stand: 13.6.2017)
Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2017
Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2016
Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
Trautmann, A., Kleine-Trebbe, J.: Allergologie on Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart 2013
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) et al.: Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. AWMF Leitlinien-Register Nr. 061/025 (Stand: 1.12.2013)
Henne-Bruns, D., Barth, H.: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2012
Letzte inhaltliche Prüfung: 28.11.2017
Letzte Änderung: 12.01.2021