Frau steht bei Patienten mit Dekubitus am Bett im Krankenhaus und hilft ihm bei der Lagerung.
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Dekubitus: Grade des Druckgeschwürs und Dekubitusprophylaxe

Von: Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 21.05.2024 - 09:45 Uhr

Ein Dekubitus ist ein Druckgeschwür, das infolge von langem Sitzen oder Liegen entsteht. Deshalb ist umgangssprachlich auch der Begriff Wundliegen geläufig. Durch dauerhaften Druck bilden sich offene, schmerzende Wunden mit teilweise freiliegenden Knochen. Welche Dekubitus-Grade es gibt, warum die Dekubitusprophylaxe so wichtig ist und was Betroffenen hilft, erfahren Sie hier.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Dekubitus

Ein Dekubitus wird in verschiedene Schweregrade (Grad 1 bis 4) eingeteilt, abhängig vom Zustand der Wunde und des zerstörten Gewebes.

Ein Dekubitus im Anfangsstadium erscheint als Hautrötung, die meist überwärmt ist, schmerzt und juckt. 

Ein Dekubitus am Gesäß wird durch Druckentlastung der betroffenen Hautstelle behandelt, etwa durch häufiges Umlagern und spezielle Kissen und Matratzen. Zudem sind eine professionelle Wundversorgung und Hautpflege, ausgewogene Ernährung und regelmäßige Kontrollen unerlässlich.

Was ist ein Dekubitus?

Bei einem Dekubitus liegt eine Schädigung der Haut und des darunter liegenden Gewebes vor. Auslöser ist dauerhafter Druck auf den entsprechenden Körperbereich, weshalb häufig bettlägerige Personen betroffen sind. Aber auch Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, entwickeln oft ein Dekubitalgeschwür im Gesäßbereich. Die Druckgeschwüre sind meist sehr schmerzhaft und können abhängig vom Grad zu einem vollständigen Gewebeverlust und offenliegenden Muskeln und Knochen führen.

Dekubitus: Typische Körperbereiche

Grundsätzlich kann sich ein Dekubitus an allen Körperstellen bilden, an denen die Haut direkt am Knochen liegt und nicht durch Muskeln oder Fettgewebe geschützt ist. Dazu zählen: 

  • Ferse
  • Zehen
  • Knöchel
  • Ellenbogen
  • Kreuzbein
  • Steißbein
  • Wirbelvorsprünge
  • Hinterkopf
  • Ohren
  • Rollhügel des Oberschenkelknochens (Knochenvorsprung am oberen Oberschenkelknochen, sog. Trochanter major)

Bei dauerhafter Rückenlage entsteht ein Druckgeschwür oft über dem Kreuzbein, am Ellenbogen oder an der Ferse. Der Rollhügel des Oberschenkels und die Fußknöchel sind hingegen eher bei Seitenlage betroffen.

Dekubitus: Grad 1 bis 4

Fachleute teilen einen Dekubitus in Grad 1 bis 4 ein:

  • Grad 1: Ein Dekubitus im Anfangsstadium lässt sich an einer Hautrötung erkennen, die auch nach Entlastung der betroffenen Stelle nicht verschwindet. Typischerweise ist im Grad 1 auch der entsprechende Hautbereich überwärmt.

  • Grad 2: In diesem Stadium zeigt sich ein oberflächliches Druckgeschwür mit einer Blase, oberflächlichen Wunden oder einer Abschürfung der Haut.

  • Grad 3: Ein Dekubitalgeschwür vom Grad 3 äußert sich durch eine Wunde, die durch alle Hautschichten bis in die Muskelschichten reicht. Teilweise ist die Haut bereits abgestorben (nekrotisch). 

  • Grad 4: Ein Dekubitus im letzten Grad 4 geht mit einer tiefen, bis zum Knochen reichenden Schädigung einher. Das betroffene Gewebe ist oftmals abgestorben und bläulich-schwarz verfärbt. Häufig sind auch Muskeln, Sehnen und Knochen zerstört.

Dekubitus: Symptome von Druckgeschwüren

Ein erstes Anzeichen für einen Dekubitus im Anfangsstadium ist eine Hautrötung, die auch dann bestehen bleibt, wenn kein Druck auf die Hautstelle ausgeübt wird. Auch Wassereinlagerungen (Ödeme) sind mögliche erste Symptome. In einem solchen frühen Stadium bemerken Betroffene den Dekubitus häufig nicht. 

Breitet sich das Druckgeschwür ohne Behandlung weiter aus, sind tiefe, bis zu den Knochen reichende Wunden möglich. Betroffene leiden dann meist unter Symptomen, wie 

  • Brennen,
  • Juckreiz und
  • starken Schmerzen im betroffenen Körperbereich.

Infiziert sich der Dekubitus mit Krankheitserregern wie Bakterien, sind ein fauliger Geruch, eitriges, austretendes Sekret, Fieber und Schüttelfrost möglich.

Dekubitusprophylaxe: Maßnahmen zur Vorbeugung

Eine frühzeitige und umfassende Dekubitusprophylaxe ist besonders wichtig, um einer langwierigen Behandlung und schmerzhaften Geschwüren vorzubeugen. Entscheidend bei der Dekubitusprophylaxe ist unter anderem, ständigen Druck auf die Körperbereiche zu vermindern. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen: 

  • Mobilisation bzw. Lagewechsel
  • Hilfsmittel zur Druckentlastung, etwa spezielle Matratzen oder Kopfkissen
  • Pflegemaßnahmen

Dekubitusprophylaxe: Mobilisation und Lagewechsel

Bettlägerige Patient*innen sollten sich, wenn möglich, regelmäßig bewegen und auch die Liegeposition im Bett wechseln. Hilfreich kann es etwa sein, ein paar Schritte im Zimmer oder Flur zu gehen oder sich auf die Bettkante zu setzen.

Bettlägerige Personen, die sich selbst nur wenig oder gar nicht bewegen können, benötigen hingegen meist Hilfe bei der Mobilisation. Wie oft ein Lagewechsel oder eine Mobilisierung durchgeführt werden sollte, ist individuell und hängt auch vom Dekubitus-Grad ab. Nachteile wie starke Schmerzen sollte das medizinische Pflegepersonal stets beachten. 

Dekubitus: Prophylaxe durch Matratzen und Kissen 

In manchen Fällen können zur Dekubitusprophylaxe auch spezielle Matratzen und Kissen zum Einsatz kommen. Diese Hilfsmittel dienen der Druckminimierung und sollen gezielt Körperbereiche entlasten. Sie ersetzen jedoch nicht den regelmäßigen Lagewechsel. 

Zu den druckentlastenden Hilfsmitteln zählen etwa: 

  • Dekubitus-Kissen, -Auflagen und -Matratzen, meist aus Kunststoff oder Gel
  • Wechseldruckmatratzen 

Welche Hilfsmittel sich am besten zur Dekubitusprophylaxe eignen, ist individuell. Auch ob die betroffene Person etwa im Rollstuhl sitzt oder bettlägerig ist, beeinflusst die vorbeugenden Maßnahmen. 

Bei einem besonders hohen Risiko für die Entstehung eines Dekubitus, können spezielle Anti-Dekubitus-Systeme mit Wechseldruckmatratzen zum Einsatz kommen. Die einzelnen Kammern der Matratzen werden abwechselnd mit Luft befüllt, um so die Lage der Person zu verändern. Das spezielle System kann Körperbereiche, die vermehrt Druck ausgesetzt sind, selbst erkennen und durch die Luftanpassung automatisch entlasten. Zudem informiert das System das Pflegepersonal, wenn ergänzende Maßnahmen nötig sind, um einem Wundliegen vorzubeugen.

Weitere Pflegemaßnahmen zur Dekubitusprophylaxe

Auch durch eine sorgfältige Pflege können einige Risikofaktoren für ein Dekubitalgeschwür verringert werden. Beispiele sind:

  • Hautpflege: Um die Widerstandsfähigkeit der Haut zu erhalten, sollte diese weder zu trocken noch zu feucht sein. Empfehlenswert sind seifenfreie Waschlotionen und das regelmäßige Eincremen mit Wasser-in-Öl-Lotionen.

  • Ernährung: Eine Mangelernährung begünstigt Druckgeschwüre. Wichtig ist deshalb, dass die Ernährung von bettlägerigen Personen ausgewogen ist und sie ausreichend trinken.

  • Sauberkeit: Das Bett sollte frei von Schmutz wie Essensresten sein, um beispielsweise Infektionen vorzubeugen.

  • Bettwäsche: Das Pflegepersonal sollte die Bettwäsche regelmäßig wechseln, insbesondere bei stark schwitzenden und inkontinenten Patient*innen. Zudem ist atmungsaktive Bettwäsche ohne Knöpfe oder Reißverschlüsse ratsam, da diese potenzielle Druckstellen sind.

  • Inkontinenzprodukte: Bei Inkontinenz können spezielle Produkte, etwa atmungsaktive Auflagen, Einlagen oder Wäsche, sinnvoll sein.

Darüber hinaus gibt es sowohl für Pflegepersonal als auch für Angehörige spezielle Kurse. Inhalt solcher Kurse sind die speziellen Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe, Techniken zur richtigen Lagerung, Wundversorgung und auch, welche Anzeichen für einen Dekubitus sprechen. 

Dekubitus: Ursachen und Risikofaktoren

Ein Dekubitus kann bei längerer Druckeinwirkung auf die Haut entstehen. Durch dauerhaftes Liegen oder Sitzen werden kleine Blutgefäße geschädigt und durch den Druck zusammengepresst. In der Folge wird der entsprechende Hautbereich schlechter durchblutet und mit Sauerstoff versorgt. Schließlich kann das Gewebe absterben (Nekrose), die Haut wird dünner und es entsteht eine offene Wunde. 

Auch Scherkräfte, die etwa beim Herunterrutschen oder Hochziehen im Bett wirken, können ein Dekubitalgeschwür verursachen. Möglich ist das, wenn sich Gewebeschichten verschieben und so Blutgefäße schädigen. 

Risikofaktoren: Was begünstigt Wundliegen?

Es gibt verschiedene Faktoren, die das Risiko eines Dekubitus erhöhen. Dazu zählen: 

  • mangelnde Pflege: Pflegebedürftige Menschen, die auf Windeln angewiesen sind und so häufig feuchte Haut haben, sind anfälliger für Druckgeschwüre. Neben Urin und Kot fördert auch starkes Schwitzen offene Wunden.

  • herabgesetztes Schmerzempfinden: Betroffene mit Krankheiten wie Diabetes mellitus, Durchblutungsstörungen oder aber Lähmungen bemerken häufig nicht, dass ein Körperteil übermäßigem Druck ausgesetzt ist.

  • Übergewicht: Menschen mit Übergewicht (Adipositas) liegen sich schneller wund, da sie einer höheren Druckbelastung ausgesetzt sind. 

  • schlechter Ernährungszustand: Bei einer Mangelernährung mit starkem Untergewicht ist die Haut oft schlecht durchblutet und sehr dünn. Auch fehlende Fettpolster erhöhen das Dekubitusrisiko.

  • Alter: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Druckgeschwüre aufgrund einer schwächeren Herzleistung und durch Störungen der Durchblutung sowie des Nervensystems. Auch die Haut verliert an Elastizität und Widerstandskraft, was Wundliegen zusätzlich begünstigt.

  • Hautkrankheiten: Dauerhafte Reizungen oder Entzündungen der Haut können einen Dekubitus fördern.

Dekubitus: Therapie bei Druckgeschwüren

Ein Dekubitus erfordert eine umgehende Behandlung, um eine chronische Wunde zu verhindern. Wichtig ist insbesondere, dass der Druck auf die betroffene Körperstelle sofort reduziert wird.

Betroffene müssen regelmäßig, mindestens alle zwei Stunden, umgelagert werden. Sofern es Patient*innen möglich ist, sollten sie auch selbst die Position, etwa vom Sitzen ins Liegen, immer wieder wechseln. Auch Hilfsmittel wie Kissen und Matratzen sollten eingesetzt werden.

Die weitere Behandlung richtet sich nach dem Dekubitus-Grad. Beim Grad 1 genügt es neben der Druckentlastung oftmals schon, die Haut zu pflegen und den weiteren Verlauf zu beobachten.

Behandlung fortgeschrittener Dekubitus-Grade

Bei einem Dekubitus mit fortgeschrittenerem Grad müssen offene Wunden gepflegt und geschützt werden. Hierfür können sterile, feuchte Wundauflagen und Verbände zum Einsatz kommen, die regelmäßig gewechselt werden müssen. Um einer zusätzlichen Infektion mit Bakterien vorzubeugen, wird die Wunde regelmäßig gereinigt und desinfiziert. Ab einem Dekubitus vom Grad 3 entfernt das medizinische Personal zudem auch abgestorbenes Gewebe mit einer Pinzette oder Skalpell (Débridement).

Bei starken Schmerzen erhalten Betroffene in der Regel Schmerzmittel wie Ibuprofen oder betäubende Analgetika. Im Fall einer bakteriellen Infektion ist unter Umständen eine Therapie mit Antibiotika nötig. Diese werden meist per Infusion verabreicht.

Hat das Wundliegen großflächige oder tiefe Wunden verursacht, kann in manchen Fällen ein operativer Eingriff mit Hauttransplantation erforderlich sein. 

Diagnose: Dekubitus rechtzeitig erkennen

Einen Dekubitus können medizinisches Fachpersonal und Ärzt*innen in der Regel mit bloßem Auge erkennen. Vor allem, wenn Patient*innen lange gelegen oder gesessen haben, es zu Rötungen und Schädigungen der Haut an typischen Stellen wie Ferse, Knöchel oder Ellenbogen kommt, ist ein Dekubitus wahrscheinlich. Einen ersten Anhaltspunkt liefert der Fingertest. Dabei drücken Fachleute den Finger in die gerötete Hautstelle. Bleibt diese rot und wird nicht weiß, wie bei gesundem Gewebe, spricht das möglicherweise für einen Dekubitus.

Um die Diagnose zu sichern, werden Patient*innen gründlich untersucht. Auch wird kontrolliert, wie tief das Druckgeschwür ist und ob es sich bereits ausgedehnt hat. Unter Umständen wird ein Gewebeabstrich entnommen und im Labor hinsichtlich eines Erregerbefalls untersucht. Auch eine Blutuntersuchung kann veranlasst werden. 

Bei einem fortgeschrittenen Dekubitus mit Beteiligung der Knochen ordnen Ärzt*innen meist bildgebende Verfahren wie eine Röntgenuntersuchung an, um den Schweregrad der Schädigung genauer beurteilen zu können.

Verlauf und Prognose bei einem Dekubitus

Auch bei einer konsequenten Behandlung dauert es häufig viele Monate, bis ein Dekubitus abheilt. Kleinere Druckgeschwüre heilen in manchen Fällen innerhalb weniger Wochen ab. Wichtig ist, dass Betroffene, Angehörige, Pflegepersonal und Ärzt*innen eng zusammenarbeiten, um den Heilungsverlauf positiv zu beeinflussen. Auch nach vollständiger Heilung besteht ein erhöhtes Risiko für ein erneutes Wundliegen (Rezidiv).

Mögliche Komplikationen

Ein Dekubitus kann im weiteren Verlauf verschiedene Komplikationen mit sich bringen:

  • Nekrose: Ohne rechtzeitige und konsequente Behandlung kann das betroffene Gewebe absterben. Dieses muss dann chirurgisch entfernt werden.

  • Infektion: Geraten Erreger wie Bakterien in die offene Wunde, kann das verschiedene Folgen wie eine Knochenmarkentzündung (Osteomyelitis) haben. Breiten sich Krankheitserreger über die Blutbahnen im Körper aus, kann es auch zu Knochenabszessen, einer Lungenentzündung oder schlimmstenfalls einer Blutvergiftung (Sepsis) kommen.

  • Wundheilungsstörung: Bei einem großflächigen Druckgeschwür verliert der Körper vermehrt Nährstoffe und Eiweiß. Das fördert eine Mangelernährung, die wiederum die Wundheilung negativ beeinflusst.

Ein Dekubitus wirkt sich häufig auch negativ auf die psychische Gesundheit Betroffener aus. Ständige, starke Schmerzen und ein übelriechender Geruch aus der Wunde können sehr belastend sein. Mitunter entwickeln sie Angststörungen oder Depressionen.