Pillen fallen aus einer Dose
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Hilft Aspirin bei Corona?

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 29.10.2020

Aspirin gilt vielen als Allheilmittel. Könnte es tatsächlich auch bei Covid-19 helfen? Eine Studie deutet genau darauf hin.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Die Studie

Ob bei Schmerzen und Fieber oder zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen – Acetylsalicylsäure (ASS) kann vieles. Sie wirkt schmerzlindernd, blutverdünnend und entzündungshemmend. Nun haben Forscher herausgefunden, dass der Wirkstoff offenbar auch Komplikationen bei schweren Verläufen von Covid-19 vorbeugt. Eine Arznei, die viele Menschen zu Hause im Arzneischrank haben, während die ganze Welt fieberhaft nach einem wirksamen Medikament sucht, dass die Symptome von Covid-19 lindern kann.

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Die Wissenschaftler der University of Maryland School of Medicine in Baltimore werteten die Krankenakten von 412 Probanden aus. Die Patienten im Durchschnittsalter von 55 Jahren waren mit schweren Covid-19- Erkrankungen in ein Krankenhaus gekommen. 314 von ihnen erhielten kein Aspirin. 98 Patienten nahmen bereits vor ihrer Infektion mit SARS-CoV-2 das Schmerzmittel zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen täglich niedrig dosiert (81 mg) ein.

Die Patienten, die Aspirin nahmen, hatten ...

  • ... ein um 44 Prozent geringeres Risiko, künstlich beatmet zu werden.
  • ... ein um 43 Prozent geringeres Risiko, auf eine Intensivstation zu kommen.
  • ... ein um 47 Prozent geringeres Risiko, im Krankenhaus zu sterben.
  • ... keine Blutungen oder Thrombosen während ihres Krankenhausaufenthaltes.

Das ist umso erstaunlicher, weil die Ausgangslage der Patienten, die Acetylsalicylsäure eingenommen hatten, schlechter war als die der anderen Probanden. Schließlich hatten sie das Medikament überhaupt nur genommen, weil sie Vorerkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzproblemen hatten. Damit gehörten sie zur Risikogruppe.

Die Wissenschaftler folgern daraus, dass der in Aspirin enthaltene Wirkstoff Acetylsalicylsäure bei schweren Covid-19-Verläufen hilfreich sein kann. Ein Beweis für die Wirksamkeit von Aspirin bei Covid-19 ist die Studie noch nicht. Die Forscher merken an, dass weitere Studien nötig seien, um die Ergebnisse zu untermauern. Bis dahin sei "vorsichtiger Optimismus" angebracht. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nannte die Ergebnisse auf Twitter jedoch "klar". Eine Studie zur Bestätigung sei sinnvoll.

Fazit

Warum Acetylsalicylsäure bei Covid-19 hilft, ist noch nicht klar. Vermutlich liegt es an der blutverdünnenden Wirkung von ASS. Ärzte empfehlen Patienten, die einen durch Blutgerinnsel verursachten Schlaganfall oder Herzinfarkt hatten, häufig niedrig dosierte Acetylsalicylsäure. Durch den Blutverdünner sollen weitere Gerinnsel verhindert werden. Covid-19 erhöht das Risiko von Blutgerinnseln. Die Folge davon können Herzinfarkte, Schlaganfälle, multiples Organversagen und schließlich der Tod sein. Möglicherweise hilft der Wirkstoff also, solche durch Covid-19 hervorgerufenen Gerinnsel zu verhindern. Auch unabhängig von Covid-19 sind Thrombosen ein häufiges Phänomen bei Patienten, die lange liegen müssen. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass blutverdünnende Medikamente einen positiven Einfluss bei Covid-19-Patienten haben.

Allerdings kann die langfristige Einnahme des Wirkstoffs schwere Nebenwirkungen wie Blutungen haben. Deswegen ist es auch keine gute Idee, das Kopfschmerzmittel ohne ärztliche Rücksprache über längere Zeit hinweg einzunehmen. Menschen mit einem erhöhten Blutungsrisiko dürfen Aspirin beispielsweise nicht ohne Weiteres einnehmen. Der Wirkstoff kann zudem mit anderen Medikamenten wechselwirken.