Tetracycline

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 27.09.2007

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "Tetracycline" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Tetracycline sind Antibiotika, die zur Behandlung von vielen durch Tetracyclin-empfindliche Bakterien verursachte Infektionskrankheiten eingesetzt werden. Dazu gehören:
  • Entzündungen der Nieren und der ableitenden Harnwege (Harnwegsinfektionen)
  • Entzündungen der oberen und unteren Atemwege, etwa Bronchitis oder Lungenentzündung
  • Hautinfektionen wie Akne
  • Infektionen des Magen-Darm-Traktes
  • Bakterielle Augeninfektionen
  • Infektionen der Genitalorgane durch Chlamydien
  • Borreliose.
In Ausnahmefällen werden Tetracycline zudem gegen Malaria-Erreger eingesetzt, die gegen Chloroquin unempfindlich geworden sind.

Zur Gruppe der Tetracycline gehören die Wirkstoffe Doxycyclin, Minocyclin, Chlortetracyclin, Oxytetracyclin und Tetracyclin.

Wirkung

Tetracycline hemmen die Herstellung von Eiweißen in den Bakterien. Der Bauplan für die Eiweiße ist in der Erbinformation, der strickleiterförmigen DNA, enthalten. Eiweiße bestehen aus einer langen Kette von verschiedenen so genannten Aminosäuren. Art und Gestalt des entstehenden Eiweißes werden durch die Abfolge der Aminosäuren bestimmt, die in der Erbinformation festgelegt ist. Soll ein bestimmtes Eiweiß hergestellt werden, wird der entsprechende DNA-Abschnitt in Ribonukleinsäure (RNA) übersetzt. Diese bringen die Information zu kleinen Organellen in den Bakterienzellen, den so genannten Ribosomen. Die Ribosomen gleiten an der Ribonukleinsäure entlang, lesen die Information ab und hängen die darin vorgegebenen Aminosäuren aneinander. Die Tetracycline unterbinden den Kontakt zwischen den Eiweiß aufbauenden Ribosomen und den Transportmolekülen, die die dazu nötigen Aminosäuren heranschaffen. Aus Mangel an "Baumaterial" werden lebenswichtige Eiweiße nicht gebildet und die Vermehrung der Mikroorganismen wird gehemmt (bakteriostatische Wirkung). Der Effekt der Tetracycline auf die Ribosomen von Bakterien ist um ein Vielfaches größer als auf Ribosomen von Säugetieren, also auch auf die des Menschen. Dadurch ist diese Stoffklasse wenig giftig.

Tetracycline haben ein breites Wirkungsspektrum; besonders hervorzuheben ist ihre Wirksamkeit gegen Borrelien, Chlamydien, Mykoplasmen, Rickettsien, Propionibakterien, Brucellen, Yersinien und Cholera-Erreger. Allerdings nimmt die Zahl Tetracyclin-unempfindlicher Bakterienstämme zu, so dass sie in den letzten Jahren viel von ihrer Bedeutung bei der Behandlung von Infektionskrankheiten eingebüßt haben.

Tetracycline sollten während der Schwangerschaft und der Stillzeit sowie bei Kindern unter neun Jahren nicht angewendet werden, da sie unumkehrbare Knochen- und Zahnschäden hervorrufen können. Tetracycline erhöhen die Lichtempfindlichkeit der Haut, weshalb während der Anwendung intensive Sonnenbestrahlung vermieden werden muss. Da Tetracycline auch die Vermehrung der zur natürlichen Darmflora gehörigen Bakterien stören, rufen sie häufig Magen-Darm-Beschwerden hervor. Die dadurch ausgelösten Durchfälle können die Wirksamkeit oraler Verhütungsmittel ("Pille") beeinträchtigen. Auch Kopfschmerzen und gelegentliche Störungen der Leber- oder Nierenfunktion sind Nebenwirkungen der Tetracycline.

Mineralstoffe wie Calcium, Aluminium, Magnesium und Eisen behindern die Aufnahme von Tetracyclinen in den Körper. Daher sollten Tetracyclin-haltige Arzneimittel niemals mit Milch, Milchprodukten, säurebindenden Mitteln, mineralstoffhaltigen Vitamintabletten und Eisenpräparaten eingenommen werden.