Pyrazinamid

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 19.06.2012

Allgemeines

Pyrazinamid dient der Therapie aller Arten von Tuberkulose, verursacht durch Mycobacterium tuberculosis. Der Wirkstoff wird je nach Empfindlichkeit der Erreger mit anderen Tuberkulose-Mitteln kombiniert.

Welchem Zweck dient dieser Wirkstoff?

  • Tuberkulose-Bakterien abtöten

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Pyrazinamid im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Pyrazinamid nicht verwendet werden?

Pyrazinamid darf nicht bei schweren Leberfunktionsstörungen, bei akuten Lebererkrankungen (beispielsweise Leberentzündung) sowie bis zu sechs Monate nach einer überstandenen Leberentzündung angewendet werden. Ebenso verbietet sich der Einsatz bei einer Allergie gegen Pyrazinamid.

Nur nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf Pyrazinamid angewendet werden bei
  • Patienten, die an Gicht leiden
  • herabgesetzter Nierenfunktion, hier darf der Einsatz nur zeitweilig erfolgen
  • Patienten mit regelmäßigem Alkoholgebrauch oder -missbrauch wegen der Gefahr vermehrter Leberschäden
  • Diabetikern, weil hier insbesondere hohe Dosierungen (die meist höher als die Standarddosierung liegen) zu Schwierigkeiten bei der Dosierung von Insulin führen.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Bei Pyrazinamid wurden in Tierexperimenten keine direkten oder indirekten schädlichen Auswirkungen auf Schwangerschaft, Entwicklung von Un-, Neugeborenem, Geburt oder Entwicklung der Jungen festgestellt. Allerdings gibt es keine hinreichenden Studien mit Schwangeren. Da Pyrazinamid zudem in die Muttermilch übergeht, sollte es in Schwangerschaft und Stillzeit nur nach strenger Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses durch den Arzt verwendet werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Auch Kinder können mit Pyrazinamid behandelt werden, sofern der Wirkstoff nach Körpergewicht dosiert wird.

Welche Nebenwirkungen kann Pyrazinamid haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Pyrazinamid. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Häufige Nebenwirkungen:
Appetitlosigkeit, Brechreiz, Übelkeit und Erbrechen, Sodbrennen, Krämpfe im Unterbauch, Gewichtsabnahme, erhöhte Leberwerte (Transaminasen), Leberfunktionsstörungen, Lichtempfindlichkeit der Haut, vermehrte Harnsäureausschüttung.

Seltene Nebenwirkungen:
Kopfschmerzen , Schwindel , Erregbarkeit, Schlaflosigkeit.

Sehr seltene Nebenwirkungen:
Störungen der Blutbildung, Blutarmut (sideroblastische Anämie), Stoffwechselstörungen (Porphyrie), Blutplättchenmangel, Beeinträchtigung der Nebennierenrindenfunktion, Beschwerden ähnlich dem Vitamin B6-Mangel (Pellagra), schwere Hautreaktion (Erythema multiforme), Nierengewebeentzündung (tubulointerstitielle Nephritis), Bluthochdruck.

Besonderheiten:
Vor und während der Behandlung haben regelmäßig etwa alle drei bis vier Wochen ärztliche Leber- und Nierenfunktionsprüfungen zu erfolgen. Bei leichter Vorschädigung der Leber und erhöhter Anfälligkeit (beispielsweise gleichzeitigem Alkoholmissbrauch) ist die Leberfunktion häufiger zu prüfen.

Ein Überschuss an Harnsäure kann bei entsprechend anfälligen Patienten zu Gelenkschmerzen führen. Deshalb sollte der Arzt die Harnsäurekonzentration im Blut regelmäßig alle drei bis vier Wochen bestimmen. Bei sehr hohen Harnsäurewerten im Blut kann eine Behandlung mit Gichtmitteln wie beispielsweise Benzbromaron notwendig werden.

Eine Pyrazinamid-Therapie kann Lichtempfindlichkeit der Haut auslösen. Die Patienten sollten sich deshalb keiner starken Sonneneinwirkung aussetzen.

Welche Wechselwirkungen zeigt Pyrazinamid?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Pyrazinamid geht mit folgenden Wirkstoffen unerwünschte Wechselwirkungen ein:
  • Acetylsalicylsäure (ASS)
  • Ascorbinsäure (Vitamin C)
  • jodhaltige Kontrastmittel für Röntgenuntersuchungen
  • Gichtmittel, welche die Ausscheidung von Harnsäure beeinflussen (wie beispielsweise Probenecid): die Ausscheidung sowohl der Harnsäure wie von Probenecid wird verzögert
  • orale Antidiabetika: Beschleunigung der Blutzuckersenkung
  • Rifampicin: verminderte Rifampicin-Wirkung durch geringere Blutkonzentrationen und verstärkte Ausscheidung
  • Alkohol: die Leberschädlichkeit wird verstärkt.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Vor und während der Behandlung sind regelmäßig etwa alle drei bis vier Wochen ärztliche Leber- und Nierenfunktionsprüfungen durchzuführen.
  • Der Arzt sollte besonders bei Empfindlichen die Harnsäurekonzentration im Blut regelmäßig alle drei bis vier Wochen bestimmen.
  • Das Medikament macht die Haut lichtempfindlich. Die Patienten sollten sich deshalb keiner starken Sonneneinwirkung aussetzen.
  • Das Medikament kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen soweit verändern, dass Autofahren, das Bedienen von Maschinen oder Arbeiten ohne sicheren Halt gefährlich sind. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol.
  • Die Bestimmung des Bilirubins, des Eisenwertes im Blut, der Harnsäure, der Gerinnung, der Leber- und Schilddrüsenwerte können durch das Medikament verfälscht werden.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Pyrazinamid?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Pyrazinamid enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Pyrazinamid

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Pyrazinamid. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen Antibiotika, Tuberkulose-Mittel, zu welcher der Wirkstoff Pyrazinamid gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Pyrazinamid

Pyrazinamid dient der Therapie aller Arten von Tuberkulose, verursacht durch Mycobacterium tuberculosis. Der Wirkstoff wird je nach Empfindlichkeit der Erreger mit anderen Tuberkulose-Mitteln kombiniert.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Pyrazinamid sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Pyrazinamid

Der Wirkungsmechanismus von Pyrazinamid gegen die Tuberkuloseerreger ist nicht bekannt. Im Bakterium wird die Subtanz aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Vitamin Nicotinamid durch ein passendes Enzym, die Nicotinsäureamidase, in die bakterienabtötende Form überführt.

Pyrazinamid besitzt im sauren pH-Bereich und damit auch im entzündeten Gewebe eine bakterienabtötende Wirkung, bevorzugt gegen langsam wachsende Tuberkuloseerreger. Nach kurzer Einwirkung der Substanz (etwa sechs Stunden) ist die Ruheperiode, in der die Bakterien langsamer wachsen, länger als bei anderen Tuberkulose-Mitteln.

Im Reagenzglas ist Pyrazinamid kaum oder überhaupt nicht wirksam gegen die meisten Stämme von Mycobacterium bovis (Rindertuberkulose) und gegen die sogenannten atypischen Mykobakterien. Erreger, die gegen Pyrazinamid unempfindlich sind, sind gegen kein anderes Tuberkulose-Mittel resistent als Morphazinamid, einen chemischen Verwandten des Pyrazinamid.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.