Dexamfetamin

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 11.06.2013

Allgemeines

Dexamfetamin dient der Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Der Wirkstoff wird bei Kindern und Jugendlichen ab sechs Jahren eingesetzt, wenn diese schon lange, aber erfolglos mit Methylphenidat und Atomoxetin in gerade noch verträglicher Höchstdosierung und nicht-medikamentösen Methoden behandelt wurden.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Gehirntätigkeit anregen
  • Aufmerksamkeit schärfen
  • Hungergefühl unterdrücken

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Dexamfetamin im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Dexamfetamin nicht verwendet werden?

Dexamfetamin darf nicht gegeben werden bei
  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder ähnliche Substanzen, die anregend wirken (Alpha-Symphathomimetika
  • Schilddrüsenüberfunktion oder Vergiftung mit Schilddrüsenhormonen (Thyreotoxikose)
  • Erwachsenen und Älteren, weil es keine Studien zu Sicherheit und Verträglichkeit mit ihnen gibt
  • schwerer Depression, Magersucht, Selbstmordneigung, Psychose-ähnlichen Beschwerden, schweren Störungen des Gefühlslebens, Übersteigerung, Schizophrenie, Psychopathie, Borderline-Persönlichkeitsstörung, auch in der Vorgeschichte
  • Tourette-Syndrom oder ähnlichen Bewegungsstörungen
  • bipolaren Störungen (Depression und Manie im Wechsel), die nicht gut durch Medikamente unterdrückt werden können
  • Herz-Kreislauferkrankungen einschließlich mittelschwerem und schwerem Bluthochdruck, Herzmuskelschwäche, Verschlusskrankheit der Arterien, Angina pectoris, Herzfehlern, die sich auf die Durchblutung auswirken, Herzmuskelschäden, Herzinfarkt, möglicherweise lebensbedrohenden Herzrhythmusstörungen, Erkrankungen mit Störungen des Mineralaustausches im Herzmuskel
  • Erkrankungen der Gehirngefäße wie zum Beispiel Risse, Aussackungen, Blutgefäßentzündung, Schlaganfall
  • der Stoffwechselkrankheit Porphyrie
  • Drogenabhängigkeit oder Alkoholismus, auch in der Vorgeschichte
  • gleichzeitiger Behandlung mit nichtselektiven, irreversiblen Monoaminoxidasehemmern (MAO-Hemmern) wie Tranylcypromin oder innerhalb von mindestens 14 Tagen nach Ende der Therapie mit diesen Wirkstoffen, da dann das Risiko einer Bluthochdruck-Krise besteht.
Nur mit größter ärztlicher Vorsicht darf der Wirkstoff eingesetzt werden bei
  • Patienten mit einer instabilen Persönlichkeit
  • Patienten, deren Gesundheitszustand durch Erhöhung des Blutdrucks oder des Pulsschlags beeinträchtigt werden könnte
  • Herz-Kreislauferkrankungen in der Vorgeschichte oder bei gleichzeitiger Behandlung mit Wirkstoffen, die den Blutdruck erhöhen
  • Epilepsie
  • seelischen Erkrankungen, Angst- und Spannungszustände oder Aufregung, weil sich diese verschlimmern können.
Hinweis:
Dexamfetamin darf nicht bei bestimmten vorbestehenden Herz- Kreislauferkrankungen verwendet werden, wenn nicht vorher der Rat eines Kinderkardiologen eingeholt wurde.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Es gibt nur begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Dexamfetamin bei schwangeren Frauen. In Tierstudien wurden allerdings Schäden an den Nachkommen festgestellt. Während der Schwangerschaft, insbesondere während der ersten drei Monate, darf Dexamfetamin daher nicht eingesetzt werden. Frauen im gebärfähigen Alter müssen wirksame Verhütungsmaßnahmen anwenden.

Dexamfetamin tritt in die Muttermilch über. Ein Risiko für den Säugling kann nicht ausgeschlossen werden. Falls der Arzt die Fortführung der Therapie für erforderlich hält, muss abgestillt werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Der Wirkstoff darf nicht bei Kindern unter sechs Jahren angewendet werden. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Dexamfetamin wurde in dieser Altersgruppe nicht nachgewiesen.

Welche Nebenwirkungen kann Dexamfetamin haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Dexamfetamin. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Nebenwirkungen ohne Angabe der Häufigkeit:
Herzmuskelerkrankungen, Herzinfarkt, Herzklopfen, Herzrasen, Erhöhung des Blutdrucks, Pupillenerweiterung, Sehstörungen, Bauchkrämpfe, Darmentzündung aufgrund einer Durchblutungsstörung, Durchfall, Mundtrockenheit, Übelkeit, Brustschmerz, Tod durch Herz-Kreislauf-Zusammenbruch, verlangsamtes Wachstum, Körperüberwärmung, Überempfindlichkeitsreaktionen (einschließlich Blutgefäßschwellung und allergischer Schock), plötzliche Todesfälle, Körperübersäuerung, Essensverweigerung, Gewichtsabnahme, Muskelgewebezerfall (Rhabdomyolyse), Gangunsicherheit, ungezielte Bewegungen von Armen und Gesicht, Konzentrationsstörungen, Krämpfe, Benommenheit, Muskelzuckungen im Gesicht, Schmeckstörung, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Überaktivität, übertriebene Reflexe, Hirnblutung, malignes
neuroleptisches Syndrom, Schlaganfall, Zittern, Tourette-Syndrom, aggressives Verhalten, Angst, Verwirrtheit, Delirium, Depression, Drogenabhängigkeit, Verstimmung, Gefühlsschwäche, Übersteigerung, Wahnvorstellungen, Beeinträchtigungen der Leistungen in Hirnleistungstests, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, veränderte Libido, Nervosität, Nachtangst, Zwangsverhalten, Panikzustände, Verfolgungswahn, Psychose (oder -ähnliche Reaktionen), Ruhelosigkeit, nervöses Zucken (Tics), Nierenschädigung, Impotenz, Haarausfall, Hautausschlag, Schwitzen, Nesselsucht.

Seltene Nebenwirkungen:
Verminderung des Blutdrucks, Herz-Kreislauf-Zusammenbruch, Entzündung von Blutgefäßen im Gehirn.

Vereinzelte Nebenwirkungen:
Bei einer Vergiftung trat vorübergehende Hyperaktivität auf, zusammen mit Körperüberwärmung, Übersäuerung und Tod durch Herz-Kreislauf-Zusammenbruch.

Besonderheiten:
Kommt es während der Behandlung zu schweren Kopfschmerzen, Taubheitsgefühl, Schwäche, Lähmungen und Beeinträchtigungen der Bewegung, des Sehens, Sprechens, der Sprache oder des Gedächtnisses, kann es sich um Zeichen einer Minderdurchblutung im Gehirn handeln. Es ist sofort ein Arzt zu befragen.

Die Behandlung mit Dexamfetamin kann besonders bei Behandlungsbeginn und bei Dosisveränderungen das Auftreten oder die Verschlimmerung von aggressivem Verhalten fördern. Patienten, die diese Verhaltensänderungen zeigen, benötigen gegebenenfalls eine Änderung der Dosierung.

Möglicherweise fördert Dexamfetamin eine Selbstmordneigung. Die Patienten müssen daher von ihren Angehörigen sorgfältig überwacht werden, manchmal ist auch ein Behandlungsabbruch nötig.

Wenn es durch die Behandlung zu Krampfanfällen kommt oder bei Epilepsie die Anfallshäufigkeit zunimmt, wird der Arzt Dexamfetamin absetzen.

Dexamfetamin hat ein hohes Suchtpotential und wird auch häufig missbraucht. Die Patienten sollten daher von ihren Angehörigen und dem Arzt sorgfältig hinsichtlich Zweckentfremdung, Missbrauch und Fehlgebrauch überwacht werden. Chronischer Missbrauch von Dexamfetamin kann zu abnehmender Wirkung (Toleranz), sehr schwerer seelischer Abhängigkeit und schweren sozialen Auswirkungen führen. Anzeichen sind schwere Hautausschläge, ausgeprägte Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, Überaktivität und Persönlichkeitsveränderungen. Im Vergiftungsfall treten Psychosen auf.

Das Behandlungsende oder eine Dosisverminderung einer starken und längerfristigen Anwendung von Dexamfetamin kann zu Entzugsbeschwerden führen. Dazu gehören Verstimmung, Abgeschlagenheit, lebhafte und unangenehme Träume, Schlaflosigkeit oder Schläfrigkeit, Appetitzunahme, Verlangsamung oder Beschleunigung seelischer Empfindungen, Unfähigkeit, Freude und Lust zu empfinden, und Verlangen nach dem Wirkstoff. Das Behandlungsende darf daher nur mit langsam verminderten Dosierungen ("ausschleichend") angestrebt werden.

Welche Wechselwirkungen zeigt Dexamfetamin?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wegen des möglichen Auftretens einer Bluthochdruck-Krise darf der Wirkstoff nicht bei Patienten angewendet werden, die gleichzeitig oder während der vorangegangenen zwei Wochen mit Antidepressiva aus der Wirkstoffgruppe der nichtselektiven, irreversiblen MAO-Hemmer behandelt werden oder wurden (beispielsweise Trancylpromin).

Die gleichzeitige Anwendung von trizyklischen Antidepressiva kann das Risiko für Nebenwirkungen am Herz-Kreislauf-System erhöhen. Mittel zur Verengung der Blutgefäße sollten zusammen mit Dexamfetamin wegen eines möglichen Blutdruckanstiegs vorsichtig angewendet werden, da sich ihre Wirkungen gegenseitig verstärken. Dexamfetamin kann die Wirkung von Blutdrucksenkern wie Guanethidin abschwächen. Gleiches gilt für Betablocker: Hier kann bei gleichzeitiger Anwendung schwerer Bluthochdruck auftreten.

Im Gegenzug können Betablocker sowie die die Antidepressiva Lithium und Phenothiazin und der Blutdrucksenker Methyldopa die Effekte von Dexamfetamin abschwächen.

Die gleichzeitige Anwendung von Haloperidol (gegen Psychosen) schwächt die gehirnanregende Wirkung von Dexamfetamin. Bei gleichzeitiger Anwendung kann es zu akuten Bewegungsstörungen der Gesichts- und Zungenmuskulatur kommen.

Stoffe, die den Säuregrad (pH-Wert) im Magen-Darm-Kanal senken, wie die Blutdrucksenker Guanethidin und Reserpin, Glutaminsäure, Salzsäure, Vitamin C, Fruchtsaft und ähnliches, führen zu einer verminderten Aufnahme von Dexamfetamin in den Körper. Stoffe, die den Urin ansäuern (beispielsweise Ammoniumchlorid oder Natriumdihydrogenphopsphat), führen zu einer vermehrten Ausscheidung von Dexamfetamin im Urin, was die Wirksamkeit vermindert.

Das Alkohol-Entwöhnungsmittel Disulfiram (in Deutschland nicht mehr auf dem Markt) kann die Verstoffwechselung und die Ausscheidung des Wirkstoffs hemmen. Stoffe, die den pH-Wert im Magen-Darm Kanal erhöhen wie Natriumbicarbonat ("Bullrichsalz") führen zu einer gesteigerten Aufnahme von Dexamfetamin in den Körper. Stoffe, die den pH-Wert im Urin erhöhen wie die Entwässerungsmittel Acetazolamid und einige Thiazide, hemmen die Ausscheidung des Wirkstoffs über die Niere. Alle diese Effekte haben höhere Blutkonzentrationen an Dexamfetamin und damit eine längere sowie verstärkte Wirksamkeit zur Folge.

Dexamfetamin seinerseits beeinflusst auch die Wirkung anderer Substanzen. So kann es die Wirkung von Noradrenalin verstärken. Die Aufnahme von Antiepileptika wie Phenobarbital, Phenytoin, Primidon oder Ethosuximid in den Körper kann verzögert werden. Die schmerzhemmende Wirkung von Morphin kann durch gleichzeitige Anwendung von Dexamfetamin verstärkt werden, während es den atemunterdrückenden Effekt vermindert.

Alkohol kann die Nebenwirkungen aller Psychopharmaka einschließlich Dexamfetamin verstärken. Daher dürfen Patienten während des Behandlungszeitraums keinen Alkohol zu sich zu nehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Zu Behandlungsende muss das Medikament mit langsam verminderter Dosis und bei sorgfältiger ärztlicher Überwachung abgesetzt werden.
  • Das Medikament ist nicht für Kinder unter sechs Jahren, aber auch nicht zur Behandlung von Erwachsenen und Älteren geeignet.
  • Das Medikament hat ein hohes Suchtpotential, daher muss die Einnahme von den Angehörigen sorgfältig überwacht werden.
  • Eine vorhandene Selbstmordneigung kann zunehmen, daher sind die Patienten von ihren Angehörigen und einem Arzt sorgfältig zu überwachen.
  • Treten bei der Behandlung Krämpfe neu auf oder verschlimmern sich, muss die Behandlung mit dem Medikament beendet werden.
  • Bei Kopfschmerzen, Lähmungserscheinungen oder Hirnleistungsstörungen während der Behandlung ist sofort ein Arzt zu befragen.
  • Während der Behandlung mit dem Medikament darf auf keinen Fall Alkohol getrunken werden.
  • Das Medikament darf nur in zweiwöchigem Abstand zu MAO-Hemmern angewendet werden.
  • Das Medikament kann vom Arzt nur auf einem speziellen Betäubungsmittel (Btm)-Rezept verordnet werden.
  • Das Medikament darf nur von Kinderärzten eingesetzt werden, die Erfahrung in der Behandlung von ADHS haben.
  • Das Medikament kann die Fähigkeit zum Autofahren und der Maschinenbedienung beeinträchtigen.
  • Das Medikament kann bei Drogentests zu einem positiven Amphetamin-Ergebnis führen.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Dexamfetamin?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Dexamfetamin enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Dexamfetamin

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Dexamfetamin. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Alpha-Sympathomimetika, zu welcher der Wirkstoff Dexamfetamin gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Dexamfetamin

Dexamfetamin dient der Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Der Wirkstoff wird bei Kindern und Jugendlichen ab sechs Jahren eingesetzt, wenn diese schon lange, aber erfolglos mit Methylphenidat und Atomoxetin in gerade noch verträglicher Höchstdosierung und nicht-medikamentösen Methoden behandelt wurden.

Die Behandlung muss unter Aufsicht von einem Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern erfolgen. Die Diagnose sollte auch von einem solchen Spezialisten gestellt werden und auf einer vollständigen Aufklärung der Vorgeschichte und einer Untersuchung des Patienten fußen. Sie darf sich nicht allein auf das Vorhandensein eines oder mehrerer Symptome stützen.

Eine Behandlung mit Dexamfetamin ist nur bei wenigen Kindern mit ADHS angebracht, und der Entscheidung zur Anwendung dieses Wirkstoffs muss eine sehr sorgfältige Einschätzung der Schwere und Dauer der Beschwerden des Kindes in Bezug auf sein Alter vorausgehen.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Dexamfetamin sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Dexamfetamin

Dexamfetamin gehört zur Wirkstoffgruppe der Alpha-Sympathomimetika. Es wirkt ausschließlich anregend im Gehirn. Es steigert die Aufmerksamkeit, unterdrückt aber auch das Hungergefühl.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.