Frau mit Schilddrüsenunterfunktion wird von einem Arzt untersucht.
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Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose): Symptome und Ursachen

Von: Till von Bracht (Medizinredakteur, M.A. Sportwissenschaften), Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 22.11.2022

Bei einer Schilddrüsenunterfunktion bildet das Organ weniger Hormone, als der Körper benötigt. Die Unterfunktion kann sich durch sehr unterschiedliche Symptome zeigen. Typisch sind beispielsweise eine Gewichtszunahme und Antriebslosigkeit. Welche Anzeichen sprechen noch für eine Schilddrüsenunterfunktion und wie sieht die Behandlung aus?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was ist eine Schilddrüsenunterfunktion?

Von einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) sprechen Fachleute, wenn die Schilddrüse (Thyreoidea) zu wenige Hormone produziert, die für den menschlichen Stoffwechsel essenziell sind. Fehlt es dem Körper an den Schilddrüsenhormonen Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3), kann das mit vielen Beschwerden einhergehen.

Eine Schilddrüsenunterfunktion entwickelt sich meist nach und nach, darum zeigen sich Symptome oft erst spät. Im Verlauf verstärken sich die Beschwerden in der Regel. Die Behandlung der Hypothyreose erfolgt grundsätzlich medikamentös, um den Mangel an Hormonen auszugleichen.

Hypothyreose: Häufigkeit

Die Hypothyreose zählt zu den häufigsten hormonellen Erkrankungen. Etwa 0,9 Prozent der deutschen Bevölkerung leidet unter einer Schilddrüsenunterfunktion, die einer Behandlung bedarf. Die Häufigkeit der Schilddrüsenunterfunktion nimmt mit dem Alter zu, Frauen sind dabei rund vier- bis fünfmal häufiger betroffen als Männer.

Rund eines von 5.000 Neugeborenen kommt mit einer Schilddrüsenunterfunktion zur Welt. Die angeborene Form ist sehr selten, kann jedoch geistige Beeinträchtigungen bedingen.

Schilddrüsenunterfunktion: Welche Symptome sind möglich?

Bei Erwachsenen entwickelt sich eine Hypothyreose meist schleichend. Anfangs bemerken Betroffene oft keine oder wenige Beschwerden. Symptome treten in der Regel erst bei einer stärkeren Unterfunktion auf und können individuell verschieden sein.

Es gibt jedoch einige für eine Schilddrüsenunterfunktion typische Symptome:

  • Leistungsabfall und Konzentrationsstörungen
  • Antriebslosigkeit
  • Müdigkeit und gesteigertes Schlafbedürfnis
  • Desinteresse
  • Appetitlosigkeit
  • Kälteempfindlichkeit
  • Verstopfung (Obstipation)
  • Gewichtszunahme
  • erhöhte Infektanfälligkeit
  • brüchiges, strohiges Haar
  • kühle, trockene, schuppige, blassgelbe Haut
  • brüchige Nägel
  • raue, heisere Stimme
  • frühzeitig einsetzende Arterienverkalkung (Arteriosklerose) aufgrund erhöhter Cholesterinwerte
  • verlangsamter Herzschlag (Bradykardie)
  • Zyklusstörungen (bei Frauen)
  • Störungen von Fruchtbarkeit, Libido und Potenz
  • abgeschwächte Muskeleigenreflexe

Bei rund der Hälfte der Patient*innen kommt es zu einer Struma, einer äußerlich sichtbar vergrößerten Schilddrüse.

Ein seltenes Symptom einer Schilddrüsenunterfunktion ist das Myxödem: Als Folge einer vermehrten Einlagerung bestimmter Substanzen (Eiweiß-Zucker-Säure-Verbindungen) in das Unterhautfettgewebe ist die Haut bei Menschen mit Hypothyreose häufig teigig aufgetrieben, besonders in der Region um die Augen und auf den Handrücken. Durch Myxödeme der Stimmbänder und der Zunge kann die Stimme rau und verwaschen klingen.

Schilddrüsenunterfunktion: Symptome bei älteren Personen

Gerade bei älteren Menschen mit einer Schilddrüsenunterfunktion sind häufig nur einige der möglichen Symptome vorhanden. Leichte Formen einer Hypothyreose werden daher oft übersehen. Ältere Menschen sollten darum auf eine Schilddrüsenunterfunktion getestet werden, wenn ihr körperlicher und geistiger Zustand nicht ihrem Alter entspricht oder wenn Wesensveränderungen, Depressionen und Gedächtnisstörungen auftreten.

Hypothyreose: Symptome bei Kindern und Neugeborenen

Neugeborene mit Hypothyreose weisen nach der Geburt folgende Symptome auf:

  • Trinkschwäche
  • Verstopfung (Obstipation)
  • Bewegungsarmut
  • längere Gelbfärbung der Haut ( Icterus prolongatus; verlängerter Neugeborenenikterus)

Kinder, deren Schilddrüsenunterfunktion nicht behandelt wird, können folgende Symptome entwickeln:

  • Kleinwuchs mit gedrungenem Körperbau
  • gestörtes Sprachvermögen
  • verzögerte Pubertät
  • herabgesetzte Intelligenz
  • Schwerhörigkeit
  • Sprachstörung

Schilddrüsenunterfunktion: Ursachen

Eine Schilddrüsenunterfunktion kann vielfältige Ursachen haben. Fachleute unterscheiden je nach Ursache zwischen drei Formen.

Primäre Hypothyreose

Wenn ein Defekt der Schilddrüse zu einer Schilddrüsenunterfunktion führt, handelt es sich um eine primäre Hypothyreose. Die Ursache liegt dann also im Organ selbst. Die primäre Unterfunktion zählt mit Abstand zu den häufigsten Formen.

Sie kann angeboren sein, zum Beispiel wenn die Schilddrüse komplett fehlt oder zu klein ist. Jedoch kann auch die Jodverwertung durch einen Genfehler gestört sein. Das heißt, dem Körper steht zwar genügend Jod zur Verfügung, er kann es jedoch nicht in die Schilddrüsenhormone einbauen.

Wesentlich häufiger wird die Schilddrüsenunterfunktion aber im Lauf des Lebens erworben. Die Ursache dafür ist meist ein Verlust oder eine Zerstörung von ursprünglich funktionsfähigem Schilddrüsengewebe, zum Beispiel nach:

Sekundären Hypothyreose

Eine sekundäre Hypothyreose liegt vor, wenn es aufgrund von Störungen der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), zum Beispiel durch Tumoren, zu einer Fehlversorgung der Schilddrüse mit dem Thyreoidea-stimulierenden-Hormon (TSH) kommt. Die Schilddrüse selbst ist dabei völlig intakt. Diese Form der Schilddrüsenunterfunktion ist sehr selten.

Tertiäre Hypothyreose

Bei der tertiären Hypothyreose liegt eine Störung des Hypothalamus vor, sodass nicht genügend Thyreotropin-Releasing-Hormone (TRH) produziert werden. Dadurch ist der Regelkreis zwischen Gehirn und Schilddrüse unterbrochen und die Schilddrüse wird nicht angeregt, Schilddrüsenhormone zu produzieren. Als Ursachen kommen Anlagedefekte, Tumoren oder Entzündungen infrage. Diese Form der Schilddrüsenunterfunktion kommt sehr selten vor.

Schilddrüsenunterfunktion: Wie erfolgt die Behandlung?

Eine Schilddrüsenunterfunktion wird mit Medikamenten behandelt, welche die nötigen Schilddrüsenhormone enthalten. Die jodhaltigen Schilddrüsenhormone T3 und T4 regen unter anderem den Zellstoffwechsel an und sind für ein normales Körperwachstum notwendig. Ein Wirkstoff, der bei einer Schilddrüsenunterfunktion häufig zur Behandlung eingesetzt wird, ist Levothyroxin (L-Thyroxin). 

Erwachsene mit einer ausgeprägten (manifesten) Hypothyreose müssen regelmäßig und dauerhaft Schilddrüsenhormone einnehmen, um eine ausreichende Konzentration zu erreichen. Die Behandlung mit Schilddrüsenhormonen beginnt gewöhnlich mit einer niedrigen Dosis, die dann langsam gesteigert wird. Der Hormonstatus sollte in regelmäßigen Abständen mithilfe einer Blutuntersuchung überprüft werden, um die Dosis, wenn nötig, anpassen zu können. Nebenwirkungen der Tabletten treten bei korrekter Dosierung in der Regel nicht auf.

Behandlung bei Neugeborenen

Besteht eine angeborene Schilddrüsenunterfunktion, müssen die fehlenden Hormone umgehend ersetzt werden, damit die Entwicklung des Gehirns und anderer Organe nicht beeinträchtigt wird. Dank des Neugeborenen-Screenings erkennen Ärzt*innen die angeborenen Formen der Schilddrüsenunterfunktion heute in den ersten Tagen nach der Geburt, sodass die Behandlung umgehend beginnen kann. Betroffene müssen die Hormone lebenslang regelmäßig einnehmen.

Schilddrüsenunterfunktion: Was gilt es bei der Ernährung zu beachten?

Menschen mit Hypothyreose müssen bei der Ernährung einige Punkte berücksichtigen. Vor allem auf eine ausreichende Zufuhr von Jod über die Nahrung sollte der Fokus gelegt werden. Seefisch und jodiertes Speisesalz eignen sich hierbei besonders. Gleichermaßen spielt Selen eine entscheidende Rolle, das ebenso in Seefisch, aber auch in Paranüssen oder Hülsenfrüchten steckt.

Anders sieht es beispielsweise bei Soja und Sojaprodukten aus, welche die Jodaufnahme im Körper hemmen können. Weiterhin sollte auf eine zucker- und fettarme Ernährungsweise gebaut werden, um entzündliche Prozesse im Körper nicht zu fördern.

Schilddrüsenunterfunktion: Diagnose

Um eine Unterfunktion der Schilddrüse zu diagnostizieren, stellen Ärzt*innen im Rahmen der Anamnese beispielsweise zunächst Fragen zu den genauen Beschwerden, Vorerkrankungen, Erkrankungen in der Familie und den genauen Essgewohnheiten. Dann wird die Halsregion rund um die Schilddrüse abgetastet, um mögliche Vergrößerungen bereits beurteilen zu können. Dann schließen sich weitere Untersuchungen an.

Schilddrüsenunterfunktion: Blutuntersuchung

Besonders wichtig sind Bluttest der Schilddrüsenhormone (Schilddrüsenwerte). Darüber hinaus ist auch das von der Hirnanhangsdrüse produzierte TSH ein entscheidender Faktor. 

  • Ein normaler TSH-Wert schließt Störungen der Schilddrüse aus, ein erhöhter Wert bestätigt eine Hypothyreose.
  • Ein erniedrigter Wert des freien Thyroxins bestätigt eine Schilddrüsenunterfunktion.

Da oft eine bestimmte Form der Schilddrüsenentzündung, die Hashimoto-Thyreoiditis, Ursache einer Unterfunktion der Schilddrüse ist, sollte eine Blutprobe auf das Vorhandensein spezieller Antikörper untersucht werden. Sie entstehen im Rahmen dieser Autoimmunerkrankung und heißen TPO-Antikörper und Thyreoglobulin-Antikörper. 

Die Schilddrüsenwerte geben außerdem einen Aufschluss darüber, welche Form einer Schilddrüsenunterfunktion vorliegt.

Tabelle: Einteilung anhand der Schilddrüsenhormone

 TSH (TSH basal)Thyroxin (frei)
latente Hypothyreoseerhöhtnormal
manifeste Hypothyreoseerhöhtzu niedrig

Weitere Untersuchungen bei Verdacht auf Hypothyreose

Unter Umständen veranlassen Ärzt*innen weitere Untersuchungen, wie zum Beispiel:

  • Ultraschall: Mithilfe einer Ultraschalluntersuchung (Sonographie) kann die Beschaffenheit der Schilddrüse überprüft und festgestellt werden, ob beispielsweise Knoten vorliegen.

  • Szintigraphie: Bei der Schilddrüsenszintigraphie wird Patient*innen ein schwach radioaktiver Stoff verabreicht, der sich im Organ ablegt. Durch ein spezielles Aufnahmegerät (Gamma-Kamera) können so Knoten und andere Auffälligkeiten sichtbar gemacht werden.

  • Gewebeprobe (Biopsie): Manchmal wird aus der Schilddrüse eine Gewebeprobe entnommen und in einem Labor untersucht, um Entzündungen und Tumoren auszuschließen.

Schilddrüsenunterfunktion: Frühzeitige Diagnose bei Neugeborenen

Bei einer angeborenen Schilddrüsenunterfunktion wird die Diagnose dank einer gesetzlichen Bestimmung heutzutage meist sehr früh gestellt: Bei jedem Neugeborenen wird zwischen dem dritten und fünften Lebenstag die Schilddrüsenfunktion untersucht. Dabei wird mithilfe einiger Tropfen Blut, die aus der Ferse entnommen werden, die Konzentration der Schilddrüsenhormone bestimmt.

Schilddrüsenunterfunktion: Verlauf und Prognose

Bislang ist eine Schilddrüsenunterfunktion nicht heilbar. Rechtzeitig diagnostiziert und entsprechend behandelt, ist für gewöhnlich mit einem unkomplizierten Verlauf zu rechnen: Leistungsfähigkeit oder Lebensdauer sind in keiner Weise eingeschränkt. In der Regel ist hierzu jedoch eine lebenslange Behandlung notwendig. 

Komplikationen bei einer Unterfunktion der Schilddrüse

Eine unbehandelte Unterfunktion der Schilddrüse kann bei Erwachsenen seltener Komplikationen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder aber Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma verursachen. 

Wird eine Schilddrüsenunterfunktion bei Babys rechtzeitig mit Medikamenten behandelt, ist die Entwicklung des Säuglings nicht gefährdet. Eine angeborene Schilddrüsenunterfunktion kann jedoch unbehandelt zu Komplikationen führen: Kinder mit einer unbehandelten angeborenen Hypothyreose bleiben geistig zurück und zeigen eine Entwicklungsstörung.

Eine ungenügend behandelte oder nicht erkannte Schilddrüsenunterfunktion kann in seltenen Fällen im Verlauf zum sogenannten Myxödemkoma führen, das etwa durch akute Stressfaktoren, wie eine Operation oder ein Infekt, ausgelöst wird. Anzeichen hierfür sind:  

  • Schwäche
  • Reglosigkeit
  • niedrigen Blutdruck (Hypotonie)
  • Untertemperatur
  • verlangsamte oder zu oberflächliche Atmung (Hypoventilation) 

In diesem Fall ist sofort intensivmedizinische Behandlung notwendig.

Lässt sich einer Schilddrüsenunterfunktion vorbeugen?

Es ist nicht möglich, einer Schilddrüsenunterfunktion vorzubeugen. Verursacht ein starker Jodmangel die Hypothyreose, können Betroffene durch die konsequente Verwendung jodierter Speisesalze die Jodversorgung verbessern. Es wird empfohlen, zudem zweimal wöchentlich Seefisch zu essen, da dieser viel Jod enthält. Um den täglichen Bedarf sicher zu decken, kann nach ärztlicher Rücksprache auch die Einnahme von Jodpräparaten sinnvoll sein. Aber Achtung: In Schwangerschaft und Stillzeit gelten andere Richtwerte für den Jodbedarf.