Zu sehen ist ein mit einem Moskitonetz ausgestattetes Bett in einem Öko-Resort im tropischen Regenwald.
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Chagas-Krankheit

Von: Onmeda-Redaktion , Astrid Clasen (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 15.03.2018

Die Chagas-Krankheit ist eine vor allem in Mittel- und Südamerika vorkommende Infektionskrankheit, deren Auslöser ein winziger Parasit namens Trypanosoma cruzi ist. Entsprechend bezeichnet man die Erkrankung auch als amerikanische Trypanosomiasis.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Die Chagas-Krankheit gilt als sogenannte Zoonose (= zwischen Tier und Mensch übertragbare Erkrankung), denn: Der ursächliche Krankheitserreger kommt nicht nur beim Menschen vor, sondern auch bei Wild- und Haustieren.

Für die Übertragung der Chagas-Krankheit sind vor allem Raubwanzen verantwortlich, die sich von menschlichem und tierischem Blut ernähren: Gelangt ihr Kot auf die menschliche Haut, können die darin enthaltenen Trypanosomen über kleine Wunden (z.B. über Wanzenstiche) oder durch Schmierinfektion über die Schleimhäute in den menschlichen Körper gelangen. Weitere mögliche Infektionswege sind:

In ihrem Verlauf löst die Chagas-Krankheit verschiedene Symptome aus, anhand derer mehrere Stadien zu unterscheiden sind:

  • Zunächst tritt an der Eintrittsstelle der Erreger eine örtliche Reaktion auf (sog. Chagom); dann folgt die akute Phase der Chagas-Krankheit, in der beispielsweise folgende Symptome auftreten können:
  • In der anschließenden Latenzphase sind die Betroffenen beschwerdefrei.
  • Es folgt das chronische Stadium der Chagas-Krankheit, das unter anderem zu Herzbeschwerden führen kann.

Die Chagas-Krankheit wirkt sich in erster Linie auf Herz, Darm und Gehirn aus.

Zur Therapie der Chagas-Krankheit ist es wichtig, so schnell wie möglich Antibiotika zu verabreichen. Je früher dies geschieht, desto besser: In der akuten Phase der Erkrankung gelingt es so fast immer, die Erreger im Blut zu vernichten und die Infizierten zu heilen.

Je länger die Chagas-Krankheit schon besteht, umso weniger wirken die Antibiotika jedoch. Dann besteht die Behandlung vor allem darin, gezielt gegen die vorliegenden Symptome vorzugehen.

Eine schützende Impfung gegen Trypanosoma cruzi steht nicht zur Verfügung. Vorbeugend ist es daher vor allem bei Reisen im Hauptverbreitungsgebiet der Chagas-Krankheit wichtig, sich vor Wanzenstichen zu schützen. Das bedeutet: geeignete Kleidung tragen und Moskitonetze verwenden.

Definition

Die Chagas-Krankheit (auch Morbus Chagas oder amerikanische Trypanosomiasis genannt) ist eine durch den ParasitenTrypanosoma cruzi verursachte Infektionskrankheit, die vor allem in Mexiko, Mittel- und Südamerika verbreitet ist. Die Übertragung der Trypanosomen geschieht typischerweise durch Raubwanzen.

Da Trypanosoma cruzi überwiegend bei Tieren vorkommt, aber auch den Menschen infizieren kann, gehört die Chagas-Krankheit zu den sogenannten Zoonosen: Eine Zoonose ist eine zwischen Tier und Mensch übertragbare Erkrankung.

Benannt ist die Chagas-Krankheit nach dem brasilianischen Arzt Carlos Chagas, der die Erkrankung 1909 als Erster beschrieb. Untersuchungen an Mumien der präkolumbianischen Kulturen zeigen, dass bereits die Ureinwohner Lateinamerikas mit den ursächlichen Parasiten infiziert waren.

Häufigkeit

Die Chagas-Krankheit tritt mit größter Häufigkeit in ländlichen Gegenden Süd- und Mittelamerikas auf. Schätzungsweise sind weltweit etwa 7Millionen Menschen mit Trypanosoma cruzi infiziert.

Ursprünglich war die Chagas-Krankheit weitgehend auf Mittel- und Südamerika begrenzt. Inzwischen tritt sie aber zunehmend öfter auch in anderen Gebieten der Welt auf: Betroffen sind die USA, Kanada, mehrere europäische und ein paar westpazifische Länder. Hauptgrund für die Ausbreitung der Infektionskrankheit ist die zunehmende Mobilität der Menschen. In den USA beispielsweise leben schätzungsweise 300.000 infizierte Menschen, wobei es sich mehrheitlich um eingeschleppte Infektionen handelt.

Ursachen

Erreger

Ursache der Chagas-Krankheit (amerikanische Trypanosomiasis) ist ein bestimmter Krankheitserreger namens Trypanosoma cruzi. Der Erreger gehört (wie andere Trypanosomen auch) zu den Parasiten und fand sich ursprünglich nur bei Wildtieren. Später verbreitete er sich dann auch unter Haustieren (wie Hunde oder Katzen), die jedoch selbst nicht erkranken, und auf den Menschen.

Infektionsweg

Der für die Chagas-Krankheit typische Infektionsweg führt über Raubwanzen: Diese blutsaugenden Insekten sind vorwiegend nachts aktiv und halten sich tagsüber in Wandritzen und Dächern der Häuser versteckt. In ihrem Verdauungstrakt befinden sich die Krankheitserreger, die sie demnach mit ihrem Kot übertragen.

Eine einmal infizierte Wanze kann während ihres ganzen Lebens (zehn bis zwölf Monate) Trypanosomen übertragen. Auf welche Weise genau es zur Ansteckung mit der Chagas-Krankheit kommt, kann jedoch unterschiedlich sein.

Wenn die Raubwanzen einen Menschen stechen, um sich von seinem Blut zu ernähren (was v.a. an freien Körperstellen – wie im Gesicht – passiert), setzen sie infizierten Kot ab. So gelangen die Krankheitserreger auf die menschliche Haut, von wo aus sie wie folgt zur Chagas-Krankheit führen können:

  • indem die Erreger einfach über Wanzenstiche oder andere Hautverletzungen in den Körper des Menschen eindringen (zumal die Betroffenen den Insektenstich automatisch kratzen) oder
  • durch eine Schmierinfektion – also indem der Mensch den infektiösen Wanzenkot an seine Schleimhäute bringt (z.B. wenn er zunächst die gestochene Stelle kratzt und sich dann die Augen reibt).

In seltenen Fällen kann sich der Mensch auch durch Lebensmittel oder Getränke mit der Chagas-Krankheit anstecken, wenn diese mit Raubwanzenkot in Kontakt kamen und dadurch mit den Krankheitserregern verseucht sind.

Daneben ist die Chagas-Krankheit auch direkt oder indirekt von Mensch zu Mensch übertragbar: Zum einen kann eine Frau, die in der Schwangerschaft infiziert ist, die Krankheitserreger vor oder während der Geburt auf ihr Kind übertragen. Zum anderen besteht bei Organtransplantationen und Bluttransfusionen ein Infektionsrisiko. Um diesen Infektionsweg auszuschließen, sind in den meisten Blutbanken Südamerikas mittlerweile jedoch Tests auf entsprechende Antikörper im Spenderblut vorgesehen.

Inkubationszeit

Bei der Chagas-Krankheit beträgt die Inkubationszeit (d.h. die Zeit zwischen Infektion und Auftreten der ersten Symptome) bei der klassischen Übertragung durch Raubwanzen etwa 5 bis 14 Tage. Geschieht die Infektion durch eine Bluttransfusion, kann sich die Inkubationszeit auf bis zu sechs Wochen verlängern.

Symptome

Die Chagas-Krankheit (amerikanische Trypanosomiasis) löst verschiedene Symptome aus, anhand derer man zwei Phasen der Infektionskrankheit unterscheiden kann:

  • eine akute und
  • eine chronische Phase.

Zwischen diesen beiden Phasen verläuft die Chagas-Krankheit symptomfrei: Diese sogenannte Latenzphase kann unter Umständen Jahre andauern.

Akute Phase

In der ersten Phase verursacht die Chagas-Krankheit meist nur milde oder gar keine Symptome: Eine akute Phase mit Beschwerden tritt nur bei einem Drittel der Neuinfizierten (meist bei Kindern) auf. In dieser akuten Phase, die etwa ein bis zwei Wochen nach der Infektion beginnt, gelangen die ursächlichen ParasitenTrypanosoma cruzi in den Blutkreislauf (sog. Parasitämie) und überschwemmen den Organismus regelrecht.

Bevor die Chagas-Krankheit ihre akute Phase erreicht, kann sich an der Eintrittsstelle der Erreger (am Wanzenstich) eine Schwellung bilden: Dieses typische Anzeichen für die Infektion, das sogenannte Chagom, kann bis zu zwei Monate bestehen. Liegt die Eintrittsstelle am Auge (weil der infektiöse Kot der Raubwanzen z.B. beim Kratzen des Wanzenstichs an die Finger und dann durch Reiben in die Augen gelangt ist), entwickelt sich eine Bindehautentzündung mit Schwellung der Augenlider. Zudem vergrößern sich die regionalen Lymphknoten. Diese drei Symptome zusammen bezeichnet man auch als Romaña-Syndrom.

Bei der Chagas-Krankheit sind folgende Symptome für die akute Phase typisch:

Die akute Phase der Chagas-Krankheit kann zu einem deutlich vergrößerten Herz führen. In einigen Fällen kann sich das Gehirn entzünden, sodass Krampfanfälle möglich sind. Die Symptome der akuten Phase klingen nach etwa vier Wochen wieder ab.

Latenzphase

Bevor die Chagas-Krankheit chronisch wird, verschwinden die akuten Symptome in der Regel. Diese symptomfreie Latenzphase zwischen der akuten und der chronischen Krankheitsphase kann mitunter mehrere (teils bis zu 20) Jahre andauern.

Wenn das Immunsystem geschwächt ist, zum Beispiel aufgrund einer HIV-Infektion, kann die Chagas-Krankheit jedoch auch während der Latenzphase erneut akute Symptome verursachen.

Chronische Phase

Verläuft die Chagas-Krankheit chronisch, können neue Symptome auftreten: Die chronische Phase unterscheidet sich in ihren Beschwerden typischerweise deutlich von der akuten Krankheitsphase. Der Grund: Während der chronischen Phase befinden sich kaum oder gar keine Parasiten im Blut, sondern stecken hauptsächlich im Herz und in der Muskulatur des Verdauungstrakts.

Allerdings entwickeln nur 10 bis 20 Prozent der Menschen mit Chagas-Krankheit chronische Symptome als Folge der anhaltenden Infektion. Dann kommt es zu:

Verantwortlich für diese Symptome ist meist ist eine chronische Herzmuskelentzündungen mit Herzvergrößerung. Häufig tritt in der chronischen Phase der Chagas-Krankheit ein plötzlicher Herztod ein. Die Infektionskrankheit kann bei aber auch durch die sich entwickelnde chronische Herzinsuffizienz tödlich enden.

Neben dem Herzen wirkt sich die Chagas-Krankheit in der chronischen Phase besonders auf die Verdauungsorgane aus: So überdehnen und vergrößern sich vor allem die Speiseröhre (Megaösophagus) und der Dickdarm (Megakolon) häufig.

Diagnose

In der akuten Phase der Chagas-Krankheit (amerikanische Trypanosomiasis) reicht zur Diagnose meist eine Blutuntersuchung: Im Blut kann der Arzt den ursächlichen Parasiten namens Trypanosoma cruzi direkt nachweisen. In seltenen Fällen findet sich der Krankheitserreger auch in den Lymphknoten – hierzu ist eine Gewebeentnahme (Biopsie) nötig. Gelingt der direkte Erregernachweis nicht, ist es möglich, die Parasiten im Blutserum anzureichern.

Während der chronischen Phase der Chagas-Krankheit befinden sich kaum oder gar keine Erreger im Blut. Daher sind hier andere Methoden nötig, um den Parasitenbefall nachzuweisen – zum Beispiel die sogenannte Xenodiagnose: Hierbei fixiert man im Labor gezüchtete Raubwanzen, die bisher nicht infiziert sind, auf der Haut, wo sie eine Blutmahlzeit nehmen können. Nach etwa vier Wochen prüft man dann den Verdauungstrakt der Raubwanzen auf den Erreger.

Um die Auswirkungen der Chagas-Krankheit zu ermitteln, kommen weitere Untersuchungen zum Einsatz:

Therapie

Bei der Chagas-Krankheit (amerikanische Trypanosomiasis) zielt die Therapie in der Anfangsphase (akute Phase) darauf ab, den Krankheitserreger zu bekämpfen: den ParasitenTrypanosoma cruzi.

Dazu sind Antibiotika mit Wirkstoffen wie Nifurtimox und Benznidazol geeignet: Diese Medikamente vernichten die Trypanosomen im Blut und können so die Chagas-Krankheit in ihrer akuten Phase fast immer erfolgreich heilen.

Beide Präparate nimmt man über den Mund ein. Die Behandlung der Chagas-Krankheit dauert mindestens sieben Wochen, kann aber im Bedarfsfall auch bis zu drei Monate dauern. Aufgrund der Giftigkeit (Toxizität) der Medikamente ist es ratsam, sich anfangs möglichst in einem Krankenhaus behandeln zu lassen.

Die Wirksamkeit der Antibiotika-Behandlung lässt jedoch nach, je länger die Chagas-Krankheit schon besteht. In der chronischen Phase ist es dann nicht mehr möglich, die Krankheit durch Bekämpfung der Erreger zu heilen: Wenn die Parasiten bereits Veränderungen am Herzmuskel oder Darm ausgelöst haben, bleiben diese durch Antibiotika unbeeinflusst. Die chronische Phase macht demnach eine gezielte Therapie der vorliegenden Symptome nötig.

Verlauf

Für den Verlauf der Chagas-Krankheit (amerikanische Trypanosomiasis) ist es entscheidend, wie schnell die Behandlung beginnt: Je früherAntibiotika gegen den ursächlichen ParasitenTrypanosoma cruzi zum Einsatz kommen, desto besser. In der akuten Phase gelingt es fast zu 100 Prozent, alle Erreger im Blut zu vernichten und die Betroffenen zu heilen.

Komplikationen

Setzt die Behandlung der Chagas-Krankheit zu spät ein und kommt es im Verlauf der Infektion zu Herzveränderungen, ist die Prognose ungünstiger: In dem Fall können lebensbedrohliche Komplikationen durch Herzrhythmusstörungen, Lungenödeme oder arterielle Embolien entstehen.

Zu den in der akuten Phase der Chagas-Krankheit möglichen Komplikationen gehören in erster Linie Gehirnentzündungen und Herzmuskelentzündungen, die besonders bei Kindern schwerwiegend verlaufen können: Die Sterblichkeit ist in der akuten Phase besonders bei Säuglingen und Kleinkindern hoch und erreicht in einigen Regionen bis zu zehn Prozent.

Verläuft die Chagas-Krankheit chronisch, stehen andere Komplikationen im Vordergrund: Die chronische Phase ist vor allem durch einen erweiterten Herzmuskel mit thromboembolischen Ereignissen gekennzeichnet.

Neben dem Herz beeinträchtigt die Chagas-Krankheit gelegentlich auch bestimmte Nervenzellen (Ganglienzellen) der Muskulatur des Verdauungstrakts. Diese Nervenschädigung verursacht eine Störung der Darmbewegungen, sodass sich der Darminhalt aufstaut. Die Verdauungsorgane, vor allem der Darm und die Speiseröhre, überdehnen und vergrößern sich – die Folge sind sogenannte Megaorgane. Ohne Operation führt diese Komplikation meist zum Tod durch einen Darmdurchbruch oder eine Bauchfellentzündung.

Vorbeugen

Der Chagas-Krankheit (amerikanische Trypanosomiasis) vorbeugen bedeutet in erster Linie: nach Möglichkeit Wanzenstiche vermeiden! Der Grund: Der verantwortliche ParasitTrypanosoma cruzi gelangt hauptsächlich über blutsaugende Raubwanzen in den menschlichen Körper.

Tragen Sie daher vor allem bei Aufenthalten im Verbreitungsgebiet der Chagas-Krankheit geeignete Kleidung und verwenden Sie Moskitonetze, um sich vor Raubwanzen zu schützen.

Allgemein ist es zum Schutz vor der Chagas-Krankheit vor allem wichtig, die Überträgerinsekten mit Insektiziden zu bekämpfen. Um zu verhindern, dass sich Raubwanzen in Dächern und Wänden der Häuser einnisten, sind außerdem die Wohnverhältnisse in den betroffenen Ländern (v.a. auf dem Land) zu verbessern. Auch das Risiko, das von infizierten Haustieren ausgeht, ist bei der Bekämpfung der Erkrankung zu bedenken.

Eine vorbeugende Impfung gegen die Chagas-Krankheit steht bislang nicht zur Verfügung.