Das Bild zeigt Johanniskraut.
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Johanniskraut: Anwendung und mögliche Wechselwirkungen

Von: Onmeda-Redaktion, Dr. rer. nat. Geraldine Nagel (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 19.01.2022 - 14:04 Uhr

Johanniskraut (Hypericum perforatum L.) wird als Extrakt zum Einnehmen eine stimmungsaufhellende, stabilisierende und angstlösende Wirkung zugesprochen. Es soll sich dadurch auf leichte bis mittelschwere Depressionen günstig auswirken. Wer gleichzeitig andere Medikamente einnimmt, sollte jedoch mögliche Wechselwirkungen beachten – denn Johanniskraut kann einige Medikamenten unwirksam machen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Johanniskraut – pflanzlicher Stimmungs­aufheller

Die wichtigsten Inhaltstoffe von Johanniskraut sind:

  • Hyperforin
  • Hypericine
  • Flavonoide
  • Gerbstoffe (Tannine)
  • ätherische Öle

Für die stimmungsaufhellende Wirkung von Johanniskraut soll vor allem der Inhaltsstoff Hyperforin verantwortlich sein. Da Hyperforin jedoch einzeln nicht dieselbe Wirkung zeigt, geht man davon aus, dass erst mehrere Johanniskraut-Inhaltsstoffe im Zusammenspiel diesen Effekt haben.

Die Studienlage zur stimmungsaufhellenden, antidepressiven Wirkung von Johanniskraut ist widersprüchlich. Zwar weisen einige Studien solch einen Effekt nach – betrachtet man diese Studien genauer, halten diese jedoch wissenschaftlichen Kriterien oft nicht stand. Andere Studien zum Johanniskraut können dagegen keinen Effekt nachweisen oder wirken nur wenig besser als ein Placebo (Medikament ohne Wirkstoff).

Depressionen beruhen auf einer Verminderung verschiedener Botenstoffe (Neurotransmitter) im Gehirn wie Dopamin, Noradrenalin und Serotonin. Die Einnahme von Johanniskraut erhöht wahrscheinlich den Anteil dieser Stoffe, indem es deren Wiederaufnahme in die Nervenzellen hemmt – ähnlich wie bestimmte Antidepressiva dies tun. Die Botenstoffe bleiben so länger im schmalen Raum zwischen den Nervenzellen (dem sog. synaptischen Spalt) erhalten und können länger wirken. Außerdem soll Johanniskraut für eine weitere Ausschüttung von Botenstoffen sorgen. Mit einer regelmäßigen Anwendung von Johanniskraut-Präparaten lässt sich so möglicherweise der Nervenstoffwechsel günstig regulieren beziehungsweise stabilisieren.

Die Wirkung von Johanniskraut setzt allerdings nicht sofort ein, sondern erst nach etwa zwei bis drei Wochen – daher sollte man das Präparat nicht zu rasch absetzen. Eine nachhaltige Wirkung wird frühestens nach vier bis sechs Monaten erzielt.

Äußerlich kann Johanniskraut zudem als Öl zum Einsatz kommen. In dieser Form soll es Entzündungen hemmen und die Wundheilung fördern. Auch eine antibakterielle Wirkung wird dem Öl zugesprochen. Studien hierzu sind jedoch kaum vorhanden.

Anwendungsgebiete

Johanniskraut-Präparate finden vor allem Anwendung bei:

Es ist unklar, ob Johanniskraut bei schweren Depressionen wirksam ist. Bei schweren Depressionen soll Johanniskraut zudem ein eventuell vorhandenes Suizidrisiko erhöhen können. Eine Einnahme sollten Betroffene daher unbedingt erst mit dem Arzt absprechen.

Dosierung und Anwendung

Johanniskraut wendet man innerlich vor allem in Form von Tee oder Kapseln an. Teezubereitungen enthalten jedoch keine ausreichenden Wirkstoffmengen. Für eine stimmungsaufhellende Wirkung sind daher Kapseln vorzuziehen.

Um eine antidepressive Wirkung zu erzielen, empfehlen Experten die tägliche Einnahme von mindestens 600 bis 900 Milligramm Johanniskraut.

Die Dosis des gewählten Präparats ist ausschlaggebend für die Wirkung – die Konzentrationsangaben auf der Packung sollte man deshalb genau studieren, hier gibt es teils große Unterschiede. Johanniskraut-Kapseln aus dem Drogeriemarkt oder Supermarkt sind oft viel zu niedrig dosiert, um überhaupt eine Wirkung zu haben, oder enthalten nicht das Echte Johanniskraut, sondern andere Johanniskraut-Arten, deren Wirkung meist nicht untersucht ist. Höher dosierte Präparate mit den korrekten Inhaltsstoffen erhält man in der Apotheke. Einige Johanniskraut-Präparate sind auch verschreibungspflichtig.

Eine Wirkung tritt bei Johanniskraut in der Regel erst nach etwa zwei bis drei Wochen ein. Ist nach vier Wochen noch keine Besserung zu bemerken oder verschlechtert sich der Zustand sogar, sollte man einen Arzt zurate ziehen.

Äußerlich kann Johanniskraut als Öl Anwendung finden. In der traditionellen Medizin kommt das Öl zum Beispiel bei leichten Hautverletzungen oder leichten Verbrennungen zum Einsatz. Wie wirksam dies ist, ist fraglich.

Nebenwirkungen und Wechselwirkungen

Nebenwirkungen

Im Allgemeinen ist Johanniskraut gut verträglich. Dennoch sind Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen, wie zum Beispiel:

Johanniskraut macht sonnenempfindlich

Aus Tierversuchen ist bekannt, dass Johanniskraut eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht hervorrufen (sog. Photosensibilisierung) und zu schweren, verbrennungsähnlichen Hautreaktionen führen kann. Beim Menschen scheint dies jedoch eher selten aufzutreten. Um sicherzugehen, sollten sich jedoch insbesondere hellhäutige Menschen während der Anwendung von Johanniskraut-Präparaten vorsichtshalber vor Sonneneinstrahlung beziehungsweise UV-Strahlung schützen.

Bei schweren Depressionen nicht zu empfehlen

Johanniskraut ist bei schweren Depressionen wahrscheinlich nicht wirksam – hier ist unbedingt Rücksprache mit dem Arzt zu empfehlen, anstatt sich auf eine Selbstmedikation zu verlassen. Auch während der SchwangerschaftoderStillzeit sowie bei depressiven Erkrankungen von Kindern sollte der Arzt zurate gezogen werden.

Wechselwirkungen

Johanniskraut kann die Wirkung von gleichzeitig eingenommenen Medikamenten abschwächen und diese unter Umständen wirkungslos machen. Wer regelmäßig andere Medikamente nimmt, sollte daher eine Johanniskraut-Einnahme besser vorab mit dem Arzt absprechen.

Wechselwirkungen sind zum Beispiel bekannt für eine Kombination von Johanniskraut mit:

 

 

 

Johanniskraut und die "Pille"

Auch Wechselwirkungen zwischen Johanniskraut und hormonellen Verhütungsmitteln (z.B. die "Pille", Verhütungspflaster, Verhütungsring) sind nicht ausgeschlossen: Johanniskraut soll die Wirkung von hormonellen Verhütungsmitteln – wie etwa der Pille – abschwächen beziehungsweise das Risiko für Zwischenblutungen erhöhen.

Hierzu gibt es jedoch widersprüchliche Studienergebnisse und einige Experten halten es für eher unwahrscheinlich, dass Johanniskraut die Wirkung der Pille derart stört, dass es tatsächlich zu einer ungewollten Schwangerschaft kommt. Wer sichergehen will, sollte während der Johanniskraut-Anwendung dennoch zusätzlich zur Pille verhüten (z.B. mit Kondomen).