Ärztin klärt Frau über Sklerodermie auf.
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Sklerodermie: Symptome, Therapie und Verlauf

Von: Julia Heidorn (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 12.07.2024 - 09:26 Uhr

Als Sklerodermie werden Autoimmunerkrankungen bezeichnet, bei denen das Immunsystem das körpereigene Bindegewebe angreift. Je nach vorliegender Form betrifft die Erkrankung ausschließlich die Haut oder zusätzlich innere Organe wie die Nieren oder Lungen. Alles über Therapie und Prognose bei Sklerodermie.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten rund um Sklerodermie

Sklerodermie kann Hautveränderungen verursachen oder sich anfangs durch das Raynaud-Syndrom bemerkbar machen, eine plötzliche Weißfärbung der Finger oder Zehen.

Zirkumskripte Sklerodermie hat in der Regel keinen Einfluss auf die Lebenserwartung. Von 100 an progressiver systemischer Sklerodermie Erkrankten leben nach zehn Jahren noch 70 Personen.

Sklerodermie, die ausschließlich die Haut betrifft, ist in der Regel nicht gefährlich. Progressive systemische Sklerodermie verkürzt die Lebenserwartung bei Männern um durchschnittlich 16, bei Frauen um 34 Jahre. Der Krankheitsverlauf ist jedoch individuell.

Die Krankheit ist bislang nicht heilbar. Die Therapie dient daher der Symptomlinderung. Bei der Hälfte der Betroffenen bilden sich die Hautveränderungen innerhalb von zwei bis drei Jahren zurück.

Was ist Sklerodermie?

Sklerodermie ist ein Sammelbegriff für bestimmte Autoimmunerkrankungen. Das körpereigene Immunsystem greift das Bindegewebe an und löst dort eine vermehrte Neubildung (Fibrose) und Verhärtung (Sklerose) aus. Es handelt sich um eine Erkrankung des rheumatischen Formenkreises. Da sich die Immunreaktion gegen das Bindegewebe richtet, gehört die Sklerodermie zu den sogenannten Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen).

Fachleute unterscheiden zwei Formen:

  • zirkumskripte Sklerodermie oder Morphea: Die Erkrankung beschränkt sich auf die Haut und das Unterhautfettgewebe. Selten sind angrenzende Muskeln und Knochen mitbetroffen.

  • progressive systemische Sklerodermie (PSS): Bei dieser Form liegen auch eine Beteiligung der Blutgefäße und/oder Organe vor.

Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer. PSS tritt oft im Zusammenhang mit weiteren Autoimmunerkrankungen auf:

Sklerodermie: Symptome der Autoimmunerkrankung

Zirkumskripte Sklerodermie betrifft ausschließlich die Haut, progressive systemische Sklerodermie kann hingegen auch die inneren Organe schädigen. Entsprechend vielfältig sind die möglichen Symptome.

Wie zeigt sich zirkumskripte Sklerodermie?

Diese Form der Krankheit äußert sich in erster Linie durch Hautveränderungen. Wo diese auftreten und wie sie genau aussehen, ist abhängig davon, welcher Typ der Erkrankung vorliegt. Je nach Form können unter der Haut gelegene Muskeln und Knochen ebenfalls betroffen sein. Auch Schmerzen in den Gelenken sind mögliche Beschwerden.

  • Plaque-Typ: Die häufigste Form zeigt sich durch wenige kleine, runde bis ovale Herde, die vorwiegend am Rumpf auftreten. Nach dem Abheilen können eine sichtbare Ausdünnung oder Verdunklung der Haut zurückbleiben.

  • linearer Typ: Die Herde ähneln optisch einem Säbelhieb und zeigen sich insbesondere am Kopf und den Extremitäten. Diese Form tritt vor allem bei Kindern auf und kann Muskeln und Knochen mitbetreffen.

  • kleinmakulöser Typ (Morphea guttata): Maximal münzgroße Herde können über den ganzen Körper verteilt auftreten.

  • generalisierter (pansklerotischer) Typ: Die Herde finden sich am ganzen Körper. Zudem können Muskelschwund und eine dauerhafte Verkürzung der Muskeln zurückbleiben.

  • eosinophile Fasziitis: Diese Sonderform tritt vor allem nach Traumen auf, insbesondere an den Extremitäten. Entlang der Gefäße an den betroffenen Stellen zeigen sich Eindellungen.

  • Morphea profunda: Fachleute diskutieren, ob es sich bei dieser Form um eine Variante der eosinophilen Fasziitis handelt. Sie betrifft das Fettgewebe unter der Haut und kann Gelenk- und Muskelschmerzen auslösen.

  • atrophisierende Spätform: Hier treten fliederfarbene Herde am Rumpf auf.


Systemische Sklerodermie: Symptome zu Beginn und im Verlauf

PSS ist eine fortschreitende Erkrankung. Das bedeutet, dass sich ihr Erscheinungsbild im Verlauf der Erkrankung verändert und immer wieder neue Symptome dazukommen.

Bei mehr als neun von zehn Betroffenen ist das Raynaud-Syndrom das erste Anzeichen der PSS. Dabei handelt es sich um eine plötzlich auftretende Weißfärbung von Fingern und/oder Zehen, selten auch der gesamten Hand oder den Fuß und Unterschenkel entlang bis zum Knie. Auch die Nase kann betroffen sein.

Schmerzhafte Hautveränderungen zeigen sich bei sechs von zehn Betroffenen. Die Hauterscheinungen können sowohl begrenzte Bereiche als auch den ganzen Körper betreffen.

Weitere Symptome, die zu Erkrankungsbeginn auftreten können, sind

  • Flüssigkeitsansammlungen und dadurch bedingte Schwellungen (Ödeme) in den Fingern oder Händen
  • Dunkelfärbung der Haut
  • Erweiterung von Blutgefäßen an der Hautoberfläche (Teleangiektasien)
  • Veränderungen des Nagelfalzes

Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann die Haut wachsartig werden. Darüber hinaus ist es möglich, dass die Finger dünner werden und dauerhaft gekrümmt sind. Zudem kann es zum Absterben (Nekrose) von Gewebe an den Fingern können.

Später kann sich auch das Gesicht verändern, die Nase beispielsweise spitzer werden, der Mund kleiner. Betroffene weisen zunehmend ein Maskengesicht auf, da die Haut aufgrund der Bindegewebsveränderungen nicht mehr so beweglich ist. Entzündungen und Schmerzen in den Gelenken sind ebenfalls möglich.

Organbeteiligung bei Sklerodermie

Während die zirkumskripte Sklerodermie vorwiegend die Körperoberfläche betrifft, kann die progressive systemische Form auch zu Schäden an den inneren Organen führen.

Bei fast allen PSS-Betroffenen treten Bewegungsstörungen der Speiseröhre auf, sodass es zu Schluckbeschwerden und Reflux kommt. Auch der Verdauungstrakt kann in Mitleidenschaft gezogen werden. Mögliche Folgen sind etwa eine verringerte Nährstoffaufnahme und Verdauungsstörungen.

Sieben von zehn Betroffenen leiden unter Problemen mit den Lungen, die sich etwa in Form von Atemnot zeigen können. Auch das Herz und die Nieren können betroffen sein. Nierenprobleme äußern sich beispielsweise durch Bluthochdruck. Bei rund einer von zehn betroffenen Personen kommt es zu einer sogenannten renalen Krise mit rapide abfallender Nierenfunktion.

Seltener sind das Nervensystem und der Bewegungsapparat mitbetroffen, was beispielsweise zu

  • Kopfschmerzen,
  • Krampfanfällen,
  • kognitiven Einschränkungen,
  • Entzündungen der Sehnenscheiden oder zu
  • Angriffen des Immunsystems auf die Muskulatur führen kann.

Ursachen: Woher kommt Sklerodermie?

Bei einer Sklerodermie greift das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe an. Die genauen Ursachen sind abschließend noch nicht geklärt. Möglicherweise sind eine erbliche Veranlagung und/oder Umweltfaktoren wie zurückliegende Infektionen an der Entstehung beteiligt.

Bei PSS kann zudem der sogenannte Mikrochimärismus eine Rolle spielen. Nach einer Schwangerschaft verbleibt eine geringe Menge an Körperzellen des Fötus im Körper der Mutter zurück. Dabei handelt es sich um Zellen eines "fremden" Organismus, die das Immunsystem der Mutter abstoßen kann. So kann es zu einer Immunreaktion kommen, die dem Prinzip der Abstoßung eines Spenderorgans entspricht.

Wie stellt man Sklerodermie fest?

Sklerodermie – insbesondere die zirkumskripte Form – führt zu charakteristischen Hautveränderungen. In diesem Fall ist zur Diagnose eine Hautbiopsie notwendig. Dazu wird unter lokaler Betäubung ein kleines Stück Haut entfernt und anschließend in einem Labor untersucht.

Zur Diagnose von PSS sind hingegen zahlreiche Untersuchungen notwendig. Darüber hinaus muss festgestellt werden, ob und welche Organe beteiligt sind. Zum Einsatz können daher unter anderem folgende Untersuchungen kommen:

  • Blut- und Urintests
  • Untersuchung des Nagelfalzes unter einem Mikroskop
  • Lungenfunktionstests
  • bildgebende Untersuchungen wie Ultraschall, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT)
  • Elektrokardiogramm (EKG)
  • Herzkatheteruntersuchung
  • Speiseröhrendruckmessung (Ösophagusmanometrie), Röntgen der Speiseröhre
  • Darmspiegelung
  • Entnahme von Nervenwasser aus dem Rückenmarkskanal (Liquorpunktion)
  • Messung der Nervenleitgeschwindigkeit

Welche Untersuchungen zur Diagnose und auch zur mindestens jährlich stattfindenden Verlaufskontrolle notwendig sind, entscheidet die*der behandelnde Ärztin*Arzt anhand der vorliegenden Symptome.

Welche Therapie hilft gegen Sklerodermie?

Je nachdem, um welche Erkrankungsform es sich handelt, stehen verschiedene Behandlungsmaßnahmen zur Auswahl.

Therapie von zirkumskripter Sklerodermie

Neben Physiotherapie kommen insbesondere fettende Salben zum Einsatz. Der Plaque-Typ wird mit Kortison als Salbe oder Injektion in die betroffene Stelle behandelt. Alternativ kann Calcipotriol zum Einsatz kommen, ein Derivat von Vitamin D.

Gegebenenfalls kann es notwendig sein, Medikamente oral einzunehmen. Verordnet werden Kortison und unter Umständen ergänzend Methotrexat (MTX), welches das Zellwachstum hemmt. Eine weitere Behandlungsoption ist eine Lichttherapie mit UV-Licht.

In schweren Fällen kann eine plastisch-chirurgische Behandlung erfolgen.

Behandlung von progressiver systemischer Sklerodermie

PSS lässt sich bislang nur symptomatisch, aber nicht ursächlich behandeln. Das bedeutet, die Beschwerden können gelindert, die Erkrankung aber nicht geheilt werden.

Wie genau die Therapie aussieht, hängt von den auftretenden Symptomen ab. Zum Einsatz kommen unter anderem:

  • Ergotherapie
  • Akupunktur
  • TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation)
  • Blutdrucksenker
  • Kortison
  • Immunsuppressiva, die die Aktivität der Abwehrkräfte hemmen
  • nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) gegen Schmerzen

In sehr schweren Fällen kann bei starken Geschwüren an den Fingern eine Amputation notwendig sein.

Selbsthilfe bei Sklerodermie

Ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung können Betroffene den Krankheitsverlauf durch Veränderungen ihres Lebensstils positiv beeinflussen:

  • Rauchverzicht
  • Ausdauertraining auf Freizeitsportniveau
  • gründliche Mundhygiene
  • ausreichend warme Umgebung, dicke Kleidung
  • Beweglichkeitstraining und Selbstmassagen des Gesichts

Prognose und Verlauf bei Sklerodermie

Die beiden Formen der Autoimmunerkrankung haben sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe und Prognosen.

Bei zirkumskripter Sklerodermie ist die Prognose in der Regel günstig. Ein Übergang in PSS ist zwar möglich, aber selten. Bei der Hälfte der Betroffenen bilden sich die Hautveränderungen innerhalb von zwei bis drei Jahren zurück. Die Lebenserwartung ist nicht verkürzt, jedoch kann die Lebensqualität der Betroffenen eingeschränkt sein.

Bei Patient*innen mit PSS ist die Prognose ungünstiger. Sie ist abhängig vom individuellen Krankheitsverlauf und den dadurch entstehenden Organschäden. Fünf Jahre nach der Diagnose leben noch 85 von 100 Betroffenen, nach zehn Jahren 70 von 100. Im Schnitt ist die Lebenserwartung bei Frauen um 34 Jahre verkürzt, bei Männern um 16 Jahre.