Ein Mädchen liegt im Krankenhausbett und wird von ihrer Mutter getröstet
Symbolbild: © Getty Images / Kupicoo

PIMS nach Corona: Symptome des Syndroms bei Kindern

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 21.11.2023

PIMS (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome) ist eine seltene, aber gefährliche Entzündungsreaktion des Körpers bei Kindern, die sich etwa zwei bis sechs Wochen nach einer Covid-19-Infektion zeigt. Ursache ist sehr wahrscheinlich eine Überreaktion des Immunsystems auf das Coronavirus. Lesen Sie mehr über Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten des PIM-Syndroms. 

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu PIMS

Es kann zwischen ein und sechs Wochen lang dauern, bis es nach einer Corona-Infektion zum Ausbruch der Symptome kommt. Bei den meisten Betroffenen tritt die Erkrankung nach etwa drei bis vier Wochen auf.

Die Erkrankung beginnt fast immer mit hohem, anhaltendem Fieber, häufig begleitet von Bauchschmerzen und Magen-Darm-Problemen.

Warum PIMS ausschließlich bei Kindern und jungen Menschen bis zum Alter von 21 Jahren auftritt, ist nicht bekannt. Fachleute vermuten jedoch, dass das Immunsystem junger Menschen eher zu einer überschießenden Reaktion neigt.

PIMS ist die Folge einer ungewöhnlichen Immunantwort auf das Coronavirus. Ist das Virus in den Körper eingedrungen, wird eine Reihe von Immunreaktionen im Körper in Gang gesetzt. Bei manchen Kindern bilden sich Autoantikörper, die sich gegen den eigenen Körper richten. In seltenen Fällen führt diese Immunreaktion nach einer Weile dazu, dass sich im Körper das Entzündungssyndrom entwickelt.

PIMS: Was ist das?

PIMS, auch als Multisystem Inflammatory Syndrome in Children (MIS-C) bekannt, ist eine Erkrankung, die erstmals 2020 in Zusammenhang mit Covid-19-Infektionen bei Kindern beschrieben wurde. Das Entzündungssyndrom beginnt häufig mit Fieber und Bauchschmerzen und tritt meist nach milden Verläufen oder sogar symptomlosen Corona-Infektionen auf.

Kinder mit PIMS müssen in einem Krankenhaus behandelt werden – die Mehrheit auf der Intensivstation. Die Erkrankung kann zu einem Schock mit niedrigem Blutdruck, Atemnot und Bewusstseinstrübung führen. Unbehandelt kann PIMS tödlich enden. Wird die Erkrankung behandelt, ist die Prognose jedoch gut.

Wie viele Kinder erkranken an PIMS?

Die Erkrankung ist sehr selten. Seit Auftreten des Coronavirus SARS-CoV-2 wurden in Deutschland 926 Fälle von PIMS gemeldet. Todesfälle gab es in Deutschland bisher nicht. Kinder und Jugendliche männlichen Geschlechts sind häufiger betroffen. Auch Übergewicht ist ein Risikofaktor. Die Zahl der erkrankten Kinder hat mit Auftreten der Omikron-Variante des Coronavirus abgenommen. (Stand: 11/2023).

PIMS und Kawasaki-Syndrom

PIMS ähnelt in vielen Punkten dem Kawasaki-Syndrom, das ebenfalls eine Entzündungsreaktion des Körpers auf vorausgegangene Infektionen ist. Zum Beispiel treten beim Kawasaki-Syndrom wie bei PIMS hohes Fieber, Hautausschläge und geschwollene Hände und Füße auf. Je nach Verlauf haben an PIMS erkrankte Kinder eins bis fünf Symptome von Morbus Kawasaki. Dennoch handelt es sich bei PIMS um ein eigenständiges Krankheitsbild.

Jedoch weisen die nach Covid-19 aufgetretenen Fälle Unterschiede zum Kawasaki-Syndrom auf. So klagen die erkrankten Kinder häufiger über starke Bauchschmerzen, Übelkeit und Durchfälle. Die beim Kawasaki-Syndrom häufig vorliegende Erdbeerzunge ist bei PIMS äußerst selten. Die Altersspanne ist bei PIMS zudem größer. Während am Kawasaki-Syndrom vor allem kleine Kinder erkranken, betrifft PIMS auch ältere Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre.

PIMS: Symptome bei Kindern erkennen

Folgende Symptome können bei PIMS auftreten: 

Bis auf Fieber müssen nicht alle Symptome auftreten.

Warum tritt PIMS auf?

Wie beim Kawasaki-Syndrom sind die Ursachen für PIMS noch nicht vollständig geklärt. Einen Zusammenhang zwischen Covid-19 und PIMS gibt es ganz offensichtlich, jedoch ist er kausal nicht belegt. Es ist unklar, aus welchen Gründen manche Kinder das Syndrom entwickeln. Fest steht: Es kann auch nach symptomfreien Infektionen auftreten. Das betrifft sogar die Mehrheit der an PIMS erkrankten Kinder. 

Überschießende Immunreaktion schädigt den Körper

Man geht davon aus, dass PIMS, wie das Kawasaki-Syndrom vermutlich auch, auf eine zeitverzögerte, aber überschießende Immunreaktion des Körpers auf ein Antigen zurückzuführen ist. Ein Antigen ist ein Molekül auf der Oberfläche eines Bakteriums oder Virus – in diesem Fall SARS-CoV2. Anhand des Antigens erkennt und bekämpft der Körper Krankheitserreger wie das Coronavirus.

Die überschießende Immunreaktion hat zur Folge, dass sich die Abwehrkräfte nicht mehr nur gegen den Erreger richten, sondern auch körpereigene Organe angreifen – ähnlich einer Autoimmunerkrankung. Dafür spricht, dass der Krankheitsbeginn mit dem Maximum der Antikörperproduktion zusammenfällt. Solche Überreaktionen des Immunsystems sind oft genetisch veranlagt und kommen in manchen Familien gehäuft vor. Anders als bei Autoimmunerkrankungen verläuft PIMS jedoch akut und nicht chronisch.

Wie lässt sich PIMS nachweisen?

Kinder mit Verdacht auf PIMS werden in ein Krankenhaus eingewiesen. Die meisten Kinder kommen jedoch zunächst mit einer anderen Diagnose als PIMS ins Krankenhaus. Häufig liegt zunächst ein Verdacht auf Erkrankungen wie Kawasaki-Syndrom, Magen-Darm-Erkrankungen, Fieber unklarer Ursache oder Blutvergiftung (Sepsis) vor. Daher gilt es zunächst, andere mögliche Erkrankungen auszuschließen.

Für die Diagnose von PIMS erfolgen neben einer körperlichen Untersuchung eine Blutuntersuchung und ein Corona-Test.

Um schließlich PIMS als Diagnose festzulegen, müssen folgende sechs Kriterien erfüllt sein:

  • Alter der*des Betroffenen liegt zwischen 0 und 19 Jahren
  • Fieber, das mindestens drei Tage lang anhält
  • Anzeichen einer Erkrankung von mindestens zwei Organen (Haut/Schleimhäute/Augen, niedriger Blutdruck oder Schock, Herzerkrankung, Blutgerinnungsstörungen, akute Magen-Darm-Beschwerden)
  • eine Blutuntersuchung ergibt erhöhte Entzündungswerte (bestimmt werden BSG, CRP oder Procalcitonin)
  • es gibt keine andere Erklärung für die Beschwerden (etwa eine Sepsis oder ein bakterieller Infekt)
  • eine Covid-19-Infektion kann mittels PCR-Test oder Antikörpertest nachgewiesen werden oder es bestand Kontakt zu einer infizierten Person

Wie wird PIMS behandelt?

Da sich PIMS und Kawasaki-Syndrom sehr ähneln und rund 50 Prozent der PIMS-Patient*innen auch die Symptome des Kawasaki-Syndroms aufweisen, ist die Behandlung fast identisch. Es gilt, zunächst die Entzündung zu hemmen und Komplikationen zu vermeiden.

Die Therapie umfasst zum einen die Gabe von Immunglobulinen (Antikörpern) ins Blut, um die Immunreaktion zu vermindern. Und zum anderen erhalten die betroffenen Kinder Acetylsalicylsäure (ASS), um die Blutgerinnung zu hemmen und so Folgeschäden wie Aneurysmen und Herzinfarkte zu verhindern.

Häufig kommen außerdem Kortikosteroide zur Hemmung der Entzündung zum Einsatz. Bei einem Schockzustand oder bei Blutdruckabfall kann Vasopressin als blutdrucksteigerndes Mittel verabreicht werden. Gegebenenfalls kommen auch Antibiotika zum Einsatz.

Bei Bedarf werden Patient*innen beatmet, selten ist eine ECMO erforderlich. Dabei übernimmt eine Maschine vorübergehend die Funktion der Lunge. Um sicherzugehen, dass sich keine Spätfolgen entwickelt haben, ist nach der Genesung eine regelmäßige Nachsorge nötig.

PIMS: Komplikationen und Prognose

Die Prognose ist bei PIMS sehr gut, sofern die Erkrankung behandelt wird. Todesfälle sind äußerst selten und in der Regel werden die Kinder wieder ganz gesund. Offenbar sind die Organe nur sehr selten so schwer geschädigt, dass Langzeitschäden zurückbleiben.

Wurde PIMS adäquat behandelt, sind die Kinder und Jugendlichen nach sechs Monaten in der Regel symptomfrei. Allerdings ist bei rund 45 Prozent von ihnen die Belastbarkeit herabgesetzt. Rund 20 Prozent entwickeln psychische Probleme.

Komplikationen bei ausbleibender Behandlung

Bleibt die Erkrankung unbehandelt, kann vor allem das Herz in Mitleidenschaft gezogen werden. So können die Herzklappen geschädigt werden und Koronaraneurysmen auftreten. Dabei handelt es sich um Aussackungen an den Herzkranzgefäßen. In seltenen Fällen führen diese Komplikationen zum Tod.

PIMS vorbeugen

Am effektivsten lässt sich PIMS vorbeugen, indem eine Covid-19-Erkrankung verhindert wird. Kinder ab sechs Monaten können gegen das Coronavirus geimpft werden. Die Ständige Impfkommission (STIKO) rät allerdings nur Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren zu einer Impfung, die etwa aufgrund einer Vorerkrankung ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 haben. Nach ärztlicher Absprache können jedoch auch Kinder ohne STIKO-Empfehlung geimpft werden.

Des Weiteren hilft die sogenannte AHA+L-Regel dabei, sich vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen:

  • Abstand halten (mindestens 1,50 Meter)
  • Hygiene beachten (gründliches Händewaschen mit Seife und/oder Benutzen von Hände-Desinfektionsmittel)
  • Atemschutzmasken (FFP2-Masken) tragen
  • Lüften (In geschlossenen Räumen regelmäßig und für mindestens 5 Minuten)