Glasknochenkrankheit: Bild eines Kindes mit gebrochenem Arm mit Gipsverband.
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Glasknochenkrankheit: Ursachen und Symptome bei Osteogenesis imperfecta

Von: Julia Heidorn (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 14.06.2024 - 09:30 Uhr

Die Glasknochenkrankheit ist eine erblich bedingte Erkrankung des Bindegewebes, bei der es häufig zu Knochenbrüchen kommt. Zudem können Betroffene unter Verformungen der Knochen leiden. Alles zu Therapie und Verlauf der Glasknochenkrankheit.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zur Glasknochenkrankheit

Bei der Glasknochenkrankheit hängt die Lebenserwartung vom Typ der Erkrankung und dem individuellen Verlauf ab. Während Säuglinge mit Typ II (Vrolik-Krankheit) meist um die Geburt herum sterben, können andere Betroffene bei adäquater Behandlung eine normale Lebenserwartung haben.

Die Glasknochenkrankheit führt unter anderem zu häufigen Knochenbrüchen, vor allem im Kindes- und Jugendalter, sowie zu Knochenverformungen.

Die Glasknochenkrankheit kann bislang nur symptomatisch behandelt werden, also ohne die Ursache der Erkrankung zu beheben. Zum Einsatz kommen verschiedene Medikamente, unter anderem Bisphosphonate.

Die Glasknochenkrankheit wird je nach Typ auf unterschiedlichem Weg vererbt. Grundsätzlich können sowohl die biologische Mutter als auch der biologische Vater die genetischen Mutationen an das Kind weitergeben.

Was ist die Glasknochenkrankheit?

Die Glasknochenkrankheit – auch Osteogenesis imperfecta (OI) – ist eine Erkrankung des Bindegewebes. Dabei ist die Knochenbildung, genauer gesagt die Herstellung von Kollagen, gestört. Durch die geringere Knochendichte brechen die Knochen leichter, sodass Betroffene unter häufigen Frakturen, vor allem im Kindes- und Jugendalter, und Deformierungen der Knochen leiden.

Osteogenesis imperfecta entsteht durch einen Gendefekt, der von einem oder beiden Elternteilen übertragen wurde. Es sind verschiedene Mutationen bekannt, die zur Entstehung der Glasknochenkrankheit führen.

Es handelt sich um eine seltene Erbkrankheit, von der etwa eine von 20.000 Personen betroffen ist. Der Krankheitsverlauf hängt davon ab, welcher der vier Typen der Glasknochenkrankheit vorliegt, variiert aber auch individuell.

Verschiedene Typen der Glasknochenkrankheit

Insgesamt gibt es vier verschiedene Typen der Osteogenesis imperfecta:

  • Typ I (van-der-Hoeve-Syndrom, Lobstein-Krankheit) verläuft in der Regel leicht und betrifft kaum das Skelettsystem. Im Vordergrund stehen eine gestörte Zahnbildung und Schwerhörigkeit.

  • Typ II (Vrolik-Krankheit) hat einen sehr schweren, in den meisten Fällen um die Geburt herum tödlichen Verlauf. Die betroffenen Säuglinge leiden bereits bei der Geburt unter vielen Knochenbrüchen und -verformungen.

  • Typ III verläuft zumeist schwer. Die Knochen sind dünn und gebogen, auch die Zahnbildung und Hörfähigkeit sind oft eingeschränkt.

  • Typ IV kann leicht bis mäßig schwer verlaufen. Hauptsächlich treten häufige Knochenbrüche auf, Verformungen hingegen sind selten.

Glasknochenkrankheit: Symptome der Osteogenesis imperfecta

Bei Menschen mit Glasknochenkrankheit kommt es häufig zu Knochenbrüchen. Die Frakturen treten bereits nach geringer Gewalteinwirkung auf. Nach Ablauf der Wachstumsphase im Erwachsenenalter werden Brüche seltener. Hier ähnelt die Erkrankung einer Osteoporose, also einer krankhaft verminderten Knochendichte.

Weitere mögliche Symptome sind:

  • Verformungen der langen Röhrenknochen, beispielsweise des Oberschenkel- oder Oberarmknochens
  • Wirbelkörperkompressionsfrakturen, also Brüche von Wirbelkörpern
  • übermäßige Beweglichkeit (Hypermobilität) der Gelenke
  • schwache Sehnen und Bänder
  • verminderte Spannung der Muskulatur (Muskelhypotonie)
  • Kleinwuchs

Abhängig vom vorliegenden Typ der Erkrankung können auch ein gestörter Zahnaufbau sowie Schwerhörigkeit auftreten. Bei etwa der Hälfte der Patient*innen mit Glasknochen liegt eine Blaufärbung der Skleren vor, also der Bindegewebsschicht um den Augapfel.

Glasknochenkrankheit: Ursachen der häufigen Knochenbrüche

Die Glasknochenkrankheit entsteht durch eine genetische Veranlagung. Wie genau die Erkrankung vererbt wird, ist abhängig vom Typ. Die Krankheit kann sowohl von der biologischen Mutter als auch vom biologischen Vater vererbt werden. Obwohl bereits mehrere verschiedene Mutationen bekannt sind, die die Glasknochenkrankheit auslösen können, ist noch keine ursächliche Behandlung möglich.

Wie wird die Glasknochenkrankheit diagnostiziert?

Um die Glasknochenkrankheit festzustellen, ist meistens eine körperliche Untersuchung ausreichend. Ergänzend dazu können Blut- und Gentests vorgenommen werden.
Schwere Fälle sind bereits im Mutterleib bei Vorsorgeuntersuchungen zu erkennen. Ansonsten zeigen sich die ersten Symptome, wenn das betroffene Kind aktiver wird, sich beispielsweise aufrichtet oder die ersten Schritte macht.

Bei akuten Brüchen kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz, wie:

Welche Behandlung hilft bei Glasknochenkrankheit?

Die Glasknochenkrankheit kann nur symptomatisch behandelt werden. Die Beschwerden sollen also gelindert werden, eine Heilung ist jedoch nicht möglich.

Zum Einsatz kommen verschiedene Medikamente:

  • Bisphosphonate hemmen den Abbau der Knochensubstanz, regulieren so den Calciumhaushalt und werden selbst in die Knochen eingebaut.

  • Fluor stimuliert den Knochenaufbau und wird ebenfalls für die Knochensubstanz benötigt.

  • Calcitonin verbessert den Calciumgehalt der Knochen und sorgt so dafür, dass die Substanz möglichst stabil bleibt.

  • Vitamin D (Calciferole) verbessert die Mineralisierung der Knochen.

Bei mehr als zwei Knochenbrüchen pro Jahr erfolgt in der Regel eine intravenöse Bisphosphonat-Therapie. Das gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche. Bei Erwachsenen ähnelt die Behandlung der von Osteoporose.

Zusätzlich zur Langzeittherapie müssen auch akut auftretende Knochenbrüche versorgt werden. Diese Behandlung ist abhängig von der Lokalisation und dem Schweregrad der Verletzung. Da Knochenbrüche bei der Glasknochenkrankheit selten verschoben sind, ist oft eine Ruhigstellung der Fraktur ausreichend.

Physiotherapie ist für alle Betroffenen wichtig. Sie unterstützt dabei, nach Knochenbrüchen wieder gesunde Bewegungsabläufe zu erlernen. Doch auch für den Muskelaufbau ist Physiotherapie entscheidend. Dadurch verbessert sich die Beweglichkeit und der Aufbau von Knochensubstanz wird angeregt.

Glasknochenkrankheit: Verlauf und Lebenserwartung

Die Glasknochenkrankheit verläuft sehr individuell. Insbesondere die Form der Erkrankung hat Einfluss darauf: Bei Typ II (Vrolik-Krankheit) sterben die betroffenen Säuglinge oft bereits um die Geburt herum. Viele andere Betroffene haben bei adäquater Behandlung jedoch keine eingeschränkte Lebenserwartung.

Zudem bedeutet die Glasknochenkrankheit oft eine verminderte Lebensqualität: Betroffene können unter chronischen Schmerzen und vermehrtem Knorpelverschleiß (Arthrose) leiden. Gegebenenfalls sind sie auf Mobilitätshilfen wie Krücken oder einen Rollator angewiesen. Die körperlichen Beschwerden und notwendige Schonung stellen auch eine große psychische Belastung dar.