Epidermolysis bullosa: Was ist die Schmetterlingskrankheit?
Epidermolysis bullosa ist eine Hauterkrankung, bei der die Haut äußerst verletzlich ist, sodass sich bereits bei geringster Beanspruchung Blasen und Wunden bilden. Bei schweren Verlaufsformen sind auch die Schleimhäute betroffen, außerdem kann es zu Komplikationen an anderen Organen kommen. Lesen Sie hier, wie die Epidermolysis bullosa behandelt wird und wie die Prognose ist.
FAQ: Fragen und Antworten zur Schmetterlingskrankheit
Epidermolysis bullosa ist eine Erbkrankheit, bei der Mutationen an Genen entstehen, die ein bestimmtes Eiweiß bilden. In der Folge kommt es zu einem Funktionsverlust oder vollständigem Fehlen von Kollagen (ein Protein), das die Lederhaut (Dermis) mit der Oberhaut (Epidermis) verankert. Bei kleinsten Berührungen können sich dann bereits schmerzhafte Blasen bilden. Der Gendefekt zeigt sich jedoch auch durch Beschwerden an anderen Organen.
Wie alt Menschen mit Epidermolysis bullosa werden, ist individuell verschieden und abhängig vom Schweregrad. Manche Betroffene weisen eine normale Lebenserwartung auf, bei anderen mit schweren Verläufen ist sie verkürzt.
Derzeit ist Epidermolysis bullosa nicht heilbar. Jedoch stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, um einer Blasenbildung und möglichen Komplikationen gegenzusteuern.
Was ist Epidermolysis bullosa?
Epidermolysis bullosa (EB) ist eine seltene erbliche Krankheit, bei der Haut und Schleimhäute äußerst verletzlich sind. Da die einzelnen Hautschichten nicht so fest aneinanderhaften wie bei gesunden Menschen, bilden sich bereits bei geringster mechanischer Belastung schmerzhafte Blasen und verkrustende Wunden, beispielsweise durch Druck oder die Reibung von Kleidung. Umgangssprachlich ist die Epidermolysis bullosa als Schmetterlingskrankheit bekannt, da die Haut der Betroffenen so empfindlich wie die Flügel eines Schmetterlings ist.
Die Hauterkrankung macht sich in der Regel schon beim Neugeborenen oder Säugling bemerkbar, seltener erst im Kindes- oder Erwachsenenalter. Die Blasen können sich überall auf der Hautoberfläche und in der Mundhöhle bilden. In schweren Fällen sind auch die Schleimhäute der Atemwege, des Magen-Darm-Trakts und der Geschlechts- und Harnorgane betroffen.
Formen von Epidermolysis bullosa
Fachleute unterscheiden bei der EB vier verschiedene Unterformen oder Subtypen. Die Haut ist schichtartig aufgebaut, weshalb die krankhafte Spaltbildung zwischen diesen Schichten auf unterschiedlichen Ebenen erfolgen kann:
Bei der Epidermolysis bullosa simplex (EBS) geschieht die Spaltbildung innerhalb der Oberhaut (Epidermis), es bilden sich intraepidermale Blasen.
Bei der dystrophen Epidermolysis bullosa (DEB, auch rezessive dystrophe Epidermolysis bullosa, RDEB) erfolgt die Spaltbildung unterhalb der Basalmembran, also der Grenzschicht zwischen der Oberhaut und der darunter liegenden Lederhaut (Dermis), es bilden sich dermale Blasen.
Bei der Epidermolysis bullosa junctionalis (EBJ) spalten sich die Hautschichten innerhalb der Basalmembran, es entstehen sogenannte junktionale Blasen.
Das sehr seltene Kindler-Syndrom ist eine Mischform mit allen drei Blasentypen.
Welche Symptome treten bei Epidermolysis bullosa auf?
Typisch für die Erkrankung sind Blasen auf der Hautoberfläche. Brechen diese auf, entstehen offene Wunden und Krusten. Häufig benötigt die verletzte Haut mehrere Wochen, manchmal auch Monate, um abzuheilen. Blasen und Wunden verursachen oft erhebliche Schmerzen, besonders im Bereich der Augen und der Schleimhäute.
Symptome bei Epidermolysis bullosa simplex
Als mildeste und häufigste Form der Erkrankung gilt die Epidermolysis bullosa simplex. Hier bilden sich die Blasen überwiegend an den Händen und Fußsohlen, manchmal auch am gesamten Körper. Häufig bessert sich die Blasenbildung im Jugend- oder Erwachsenenalter. Viele Patient*innen haben vermehrt Hornhaut auf den Handinnenflächen und den Fußsohlen (Hyperkeratose), die Fingernägel sind zum Teil verdickt und es kommt zu Pigmentstörungen. Wunden heilen bei der Epidermolysis bullosa simplex meist ohne Narbenbildung ab, da nur die obere Hautschicht betroffen ist.
Wie äußert sich die dystrophe Epidermolysis bullosa?
Bei der dystrophen Epidermolysis bullosa entstehen die Blasen bevorzugt an Händen, Füßen, Ellenbogen und Knien, bei manchen Betroffenen aber auch weitläufig in anderen Bereichen. Bei einer schwer verlaufenden Unterform, der rezessiven dystrophen Epidermolysis bullosa (REBD), sind oft schon bei der Geburt Blasen vorhanden, und die Schleimhäute des Magen-Darm-Trakts, der Harnorgane und der Atemwege sind stark in Mitleidenschaft gezogen.
Da sich die Blasen in der tiefergelegenen Dermis bilden, bleiben nach dem Abheilen Narben zurück. Durch die fortschreitende Narbenbildung kommt es häufig zu Fehlbildungen. So wachsen beispielsweise Finger und Zehen mit der Zeit zusammen oder die Zunge verwächst mit dem Mundboden. Zähne, Finger- und Zehennägel sind bei vielen Betroffenen nicht normal ausgebildet.
Beschwerden bei Epidermolysis bullosa junctionalis
Bei der Epidermolysis bullosa junctionalis bilden sich die oft großflächigen Blasen vor allem an Händen, Füßen, Knien, Ellenbogen und Kopf, aber auch Magen-Darm-Trakt, Augen und Harnorgane können betroffen sein. Junktionale Blasen heilen in der Regel ohne Narben ab, es kommt jedoch oft zu Pigmentstörungen oder einer Verdünnung der Haut. Auch Zähne und Nägel weisen häufig Anomalien auf. Es gibt zudem eine besonders schwere Verlaufsform mit Blasenbildung am gesamten Körper, bei der die betroffenen Kinder zum Teil bereits im Säuglingsalter versterben.
Wie äußerst sich das Kindler-Syndrom?
Das Kindler-Syndrom ist sehr selten. Die Haut der Kinder, mehrheitlich Mädchen, bildet meist schon ab der Geburt sehr leicht Blasen und ist sehr sonnenempfindlich. Auf der Haut bilden sich dunkle Flecken, zunächst nur unter Sonneneinstrahlung, später auch unabhängig davon. Besonders an Händen und Füßen wird die Haut im Krankheitsverlauf zunehmend dünner. Fast immer sind beim Kindler-Syndrom die Schleimhäute betroffen.
Was sind die Ursachen von Epidermolysis bullosa?
Die Epidermolysis bullosa ist eine Erbkrankheit: Die Ursache liegt also – unabhängig vom Subtyp – immer in einer veränderten Erbinformation. So ist beispielsweise bei einigen Krankheitsformen die Kollagenbildung gestört, da das für die Kollagenbildung verantwortliche Gen einen Defekt (Mutation) aufweist. Kollagen ist ein Protein, das der Haut Stabilität verleiht.
Auch alle anderen Gendefekte, die zur EB führen, betreffen die Produktion von Proteinen, die für die Struktur und Stabilität der Oberhautzellen und ihre Anheftung an die Lederhaut unerlässlich sind. Sind diese Proteine defekt, können sich die verschiedenen Hautschichten leicht gegeneinander verschieben und zu der für die Schmetterlingskrankheit typischen Blasenbildung führen.
Allerdings beschränkt sich die Funktion der Proteine nicht alleine auf die Haut: Einige von ihnen spielen auch in anderen Geweben eine wichtige Rolle. Dadurch kommt es neben den typischen Hautsymptomen oft zu Komplikationen an anderen Organen, wie beispielsweise Lunge und Nieren oder aber auch den Muskeln.
In der Regel ist für die Hauterkrankung nicht nur ein einziges fehlerhaftes Gen verantwortlich: Stattdessen müssen mehrere Mutationen zusammenkommen, damit die Erkrankung ausbricht. Fachleute gehen davon aus, dass zusätzlich Umwelteinflüsse von Bedeutung sind.
Wie erfolgt bei Epidermolysis bullosa die Diagnose?
Ein Verdacht auf Schmetterlingskrankheit ergibt sich bei der Begutachtung der Haut in der Regel schon aufgrund des Erscheinungsbildes. Auch die Familienanamnese, also die Krankengeschichte der Eltern und anderer naher Verwandter, liefert manchmal wichtige Hinweise, da es sich um eine Erbkrankheit handelt.
Meist schließt sich an die körperliche Untersuchung die Entnahme einer Hautprobe an, die Fachleute mikroskopisch auf die typische Spaltbildung zwischen den einzelnen Hautschichten untersuchen. Auch die für den Zusammenhalt der Hautschichten wichtigen Strukturproteine lassen sich in der Gewebeprobe anfärben und dadurch sichtbar machen. Hieraus ergeben sich bereits erste Hinweise auf die Unterform der EB.
Abschließend wird in der Regel eine Genanalyse durchgeführt und das Erbmaterial des erkrankten Kindes auf entsprechende Gendefekte untersucht. Dies ist nicht nur wichtig, um die Diagnose endgültig zu bestätigen, sondern auch, um die Unterform eindeutig zu bestimmen.
Wie sieht die Behandlung bei Epidermolysis bullosa aus?
Die Epidermolysis bullosa ist bis heute nicht heilbar. Allerdings gibt es verschiedene Maßnahmen und Therapieansätze, mit denen sich die Blasenbildung und die daraus entstehenden Komplikationen zurückdrängen lassen. Besonders wichtig ist es,
- die Wunden täglich zu versorgen und Verbände zu wechseln,
- Schmerzen durch geeignete Medikamente so gut wie möglich zu reduzieren,
- neue Verletzungen zu verhindern und
- mögliche Komplikationen (wie zum Beispiel Wundinfektionen, Narbenbildung oder Mangelernährung durch Schmerzen bei der Nahrungsaufnahme) zu erkennen und ärztlich behandeln zu lassen.
Um neue Verletzungen zu verhindern, ist ein sehr behutsamer Umgang mit den betroffenen Kindern erforderlich, da bereits leichte Berührungen Blasen verursachen können. Hilfreich ist außerdem locker sitzende, weiche Kleidung, unter Umständen auch falsch herum getragen, um Druck und Reibung durch die Nähte zu verhindern. Es ist empfehlenswert, alle Schilder vor dem Tragen zu entfernen. Auch sollte die Kleidung der Temperatur angemessen sein, da Schwitzen die Blasenbildung fördert.
Bei Säuglingen ist es eventuell erforderlich, Windeln zusätzlich abzupolstern, besonders im Bereich der Hüfte und Taille. Bei schwereren Verläufen helfen speziell gepolsterte oder luftgefüllte Matratzen, den Druck auf die Haut zu verringern.
Bei der Wundversorgung sollten nur sterile und nicht-haftende Verbandsmaterialien verwendet werden. So lassen sich locker aufgebrachte Wundauflagen anstelle von Klebebändern gut mit Verbandhaltern fixieren. Zur Druckentlastung ist es ratsam, Blasen steril aufzustechen, ohne allerdings die Wunde schützende Haut danach zu entfernen. Unter Umständen sind desinfizierende Bäder erforderlich. Feuchtigkeitsspendende Lotionen schützen die Haut vor dem Austrocknen und können die Blasenbildung verringern.
Treten infolge der Schmetterlingskrankheit Ekzeme oder starker Juckreiz auf, kommen zur Behandlung unter Umständen entzündungshemmende Glukokortikoide zum Einsatz. Besteht die Gefahr, dass Finger oder Zehen im Krankheitsverlauf zusammenwachsen, helfen besondere Verbandsmaterialien, dies zu verhindern. Kommt es dennoch zu Verwachsungen, ist manchmal eine Operation erforderlich, um die Funktion von Händen und Füßen wieder zu verbessern. Das Gleiche gilt, wenn es durch das Narbengewebe zu Bewegungs- und Funktionseinschränkungen im Bereich der Gelenke kommt.
Da die tägliche Behandlung und Versorgung von Kindern mit Epidermolysis bullosa aufwendig und anspruchsvoll ist, sollten Eltern nicht zögern, sich umfassend durch das betreuende medizinische Fachpersonal beraten zu lassen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Um Komplikationen rechtzeitig zu erkennen und eine Therapie einleiten zu können, sind außerdem regelmäßige dermatologische, zahnärztliche sowie kinderärztliche oder internistische Kontrolluntersuchungen wichtig.
Wie ist der Verlauf bei Epidermolysis bullosa?
Der Krankheitsverlauf ist individuell sehr unterschiedlich und hängt darüber hinaus maßgeblich von der Unterform ab. Während beispielsweise die Epidermolysis bullosa simplex oft relativ mild verläuft und die Beschwerden mit zunehmendem Alter abnehmen, ist die Prognose bei einer Epidermolysis bullosa junctionalis deutlich schlechter. Sie kann bei schwerem Verlauf schon im Säuglingsalter zum Tod führen. Allgemein sind schwere Krankheitsverläufe bei der EB häufig mit einer verkürzten Lebenserwartung verbunden.
Außerdem sind bei der Hauterkrankung zahlreiche Komplikationen möglich, die die Prognose beeinflussen. Einige davon stehen direkt mit den wiederkehrenden Verletzungen und der starken Narbenbildung in Zusammenhang. Bei anderen handelt es sich um Begleiterkrankungen, da die veränderte Erbinformation sich auch auf andere Gewebe und Organe auswirkt:
- Zusammenwachsen und Versteifen von Fingern und Zehen
- Verhärtung und Verkürzung von Muskeln, Sehnen und anderen Weichgeweben und damit einhergehende Bewegungs- und Funktionsstörungen
- Verkleinerung der Mundöffnung und Verengung der Speiseröhre
- Verengung der Harnröhre und Blasenfunktionsstörungen
- Deformierte Nägel, Verlust von Nägeln
- Haarausfall
- Infektion der offenen Wunden mit Rötung, Schmerzen, Nässen sowie unter Umständen Eiterbildung und Geruchsentwicklung
- Mangelernährung und Wachstumsstörungen
- Blutarmut (Anämie)
- Austrocknung (Dehydration), trockene Haut
- Erhöhtes Risiko für Hautkrebs
- Zahnanomalien
- Fehlbildungen des Skeletts
- Augenprobleme wie geschwollene Lider, starke Lichtempfindlichkeit, Abrieb der Hornhaut, eingeschränkte Sehfähigkeit bis hin zum Erblinden
- Erkrankungen des Herzmuskels
Lässt sich der Epidermolysis bullosa vorbeugen?
Da es sich um eine Erbkrankheit handelt, lässt sich der Epidermolysis bullosa nicht vorbeugen. Ist die Erkrankung in einer Familie bereits bekannt, ist es für Eltern mit Kinderwunsch deshalb unter Umständen sinnvoll, eine genetische Beratung in Anspruch zu nehmen. Denn anhand des Mutationstyps lässt sich bereits im Vorfeld bestimmen, wie hoch das Erkrankungsrisiko für das Kind ist.
Außerdem lässt sich auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern und nach einer ausführlichen genetischen Beratung bereits beim Ungeborenen feststellen, ob es von der Erbkrankheit betroffen ist.