Leberversagen: Symptome, Ursachen und Behandlung
Leberversagen ist ein schweres Krankheitsbild, bei dem die Leber ihre lebenswichtigen Aufgaben zunehmend oder plötzlich nicht mehr nachgehen kann. Schmerzen im rechten Oberbauch, eine Gelbfärbung der Haut sowie vermehrte Blutungen können mögliche Anzeichen sein. Lesen Sie hier, welche weiteren Symptome auftreten können, welche Ursachen infrage kommen und wie ein Leberversagen behandelt wird.
FAQs: Häufige Fragen und Antworten zum Leberversagen
Häufig beginnt ein Leberversagen mit unspezifischen Beschwerden wie Völlegefühl, Bauchschmerzen oder Übelkeit. Im weiteren Verlauf können Hautveränderungen, Blutungsneigung oder Bewusstseinsstörungen auftreten.
Ein akutes Leberversagen kann innerhalb weniger Tage lebensbedrohlich verlaufen, beispielsweise durch Blutdruckabfall oder Multiorganversagen. Bei einem chronischen Leberversagen hängt die Lebenserwartung von der zugrunde liegenden Erkrankung und dem Krankheitsstadium ab.
Bei frühzeitiger Behandlung ist eine teilweise Erholung der Leberfunktion möglich. In fortgeschrittenen Fällen kann jedoch nur eine Lebertransplantation helfen.
Was ist ein Leberversagen?
Ein Leberversagen ist die schwerste Form einer Leberfunktionsstörung. Dabei ist die Leber nicht mehr in der Lage, ihre lebenswichtigen Aufgaben zu erfüllen – etwa die Entgiftung des Körpers oder die Bildung wichtiger Eiweiße.
Der Begriff "Leberversagen" wird häufig für den plötzlich auftretenden Funktionsverlust verwendet. Medizinisch wird jedoch zwischen verschiedenen Formen unterschieden:
akutes Leberversagen (ALV): Eine solche Leberinsuffizienz entwickelt sich innerhalb weniger Tage oder Wochen, meist ohne vorbestehende Lebererkrankung. Es handelt sich um einen lebensbedrohlichen Notfall, der intensivmedizinisch behandelt werden muss.
chronisches Leberversagen (CLV): Dieses entsteht schleichend über Monate oder Jahre, meist im Rahmen einer Leberzirrhose. Die Leber verliert ihre Funktion nach und nach.
akut-auf-chronisches Leberversagen (ACLF): Dabei kommt es zu einer akuten Verschlechterung bei bereits vorgeschädigter Leber, oft ausgelöst durch Infektionen, Alkohol oder Medikamente.
In allen Fällen werden Leberzellen geschädigt oder zerstört. Die Folge ist ein teilweiser oder vollständiger Ausfall zentraler Stoffwechselfunktionen, darunter die Entgiftung, die Blutzuckerregulation und die Eiweißproduktion.
Welche Aufgaben hat die Leber?
Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan und die größte Drüse im menschlichen Körper. Ihre wichtigsten Aufgaben sind:
- Produktion von Gallenflüssigkeit zur Fettverdauung
- Verarbeitung und Speicherung von Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten
- Bildung wichtiger Eiweiße, zum Beispiel für das Immunsystem und die Blutgerinnung
- Abbau von Medikamenten, Alkohol und anderen Schadstoffen
Leberversagen: Welche Symptome sind bei Leberinsuffizienz möglich?
Ein Leberversagen beginnt oft schleichend und bleibt zunächst unbemerkt. Erste Anzeichen sind meist unspezifisch, wie:
- Völlegefühl
- Übelkeit
- Blähungen
- Schmerzen im rechten Oberbauch
Im weiteren Verlauf können jedoch deutlichere und teils ernst zu nehmende Symptome auftreten:
Gelbsucht (Ikterus): Die Haut und Augen verfärben sich gelblich, da sich Stoffe ablagern, die von der Leber nicht mehr ausreichend abgebaut werden können.
Blutungsneigung: Kleine punktförmige Blutungen in der Haut (Petechien) oder blaue Flecken (Hämatome) können durch eine gestörte Blutgerinnung entstehen.
Bewusstseinsveränderungen (Enzephalopathie): Betroffene wirken verwirrt, müde oder benommen – in schweren Fällen kann es zum Koma kommen.
süßlich-fauliger Atemgeruch (Foetor hepaticus): Dieser typische Geruch weist auf den Anstieg von Ammoniak im Blut hin – oft bei beginnender Enzephalopathie.
Bauchwassersucht (Aszites): Bei fortgeschrittener Lebererkrankung kann sich Flüssigkeit im Bauchraum ansammeln, was sich in der Regel durch eine Bauchschwellung äußert.
Was sind Ursachen eines Leberversagens?
Die Ursachen unterscheiden sich, je nachdem, ob es sich um ein chronisches oder akutes Leberversagen handelt.
Chronisches Leberversagen: Mögliche Ursachen
Die häufigste Ursache für ein chronisches Leberversagen ist ein langjähriger übermäßiger Alkoholkonsum. Alkohol schädigt die Leberzellen dauerhaft und führt mit der Zeit zu einer Leberzirrhose, einer bindegewebigen Vernarbung des Lebergewebes. Infolgedessen kann die Leber ihre Funktionen nicht mehr aufrechterhalten.
Auch Virusinfektionen, insbesondere durch Hepatitis B, D und E, können ein Leberversagen auslösen. Seltener kommen Infektionen mit dem Cytomegalie-Virus oder dem Herpes-simplex-Virus als Auslöser infrage.
Weitere mögliche Ursachen für ein chronisches Leberversagen sind:
Autoimmunhepatitis: Dabei handelt es sich um eine durch das Immunsystem verursachte chronische Leberentzündung.
nicht-alkoholische Fettleberentzündung (NASH): Diese entsteht häufig in Zusammenhang mit Übergewicht, Diabetes oder Bluthochdruck.
Budd-Chiari-Syndrom: Durch ein Blutgerinnsel in den Lebervenen staut sich das Blut zurück, was die Leber langfristig schädigt.
Gallenwegserkrankungen: Zum Beispiel kann eine primäre biliäre Cholangitis (Gallenwegsentzündung) zu einer Leberinsuffizienz führen.
Leberkrebs: Auch bösartige Tumoren der Leber oder Tochtergeschwülste (Metastasen), die das Lebergewebe zerstören, können Leberversagen verursachen.
Was kann akutes Leberversagen auslösen?
Ein akutes Leberversagen entwickelt sich binnen kürzester Zeit, innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen. Oft tritt es bei ansonsten gesunden Menschen auf.
Mögliche Auslöser sind:
- Medikamente, insbesondere Paracetamol in Überdosierung, seltener auch bestimmte Antibiotika oder Antiepileptika
- Drogen wie Ecstasy oder andere leberschädigende Substanzen
- Pilzvergiftungen, zum Beispiel durch den Knollenblätterpilz
- HELLP-Syndrom, eine seltene Schwangerschaftskomplikation
- Morbus Wilson, eine erblich bedingte Störung des Kupferstoffwechsels mit Ablagerungen in der Leber
In circa 20 Prozent der Fälle bleiben die Ursachen für ein akutes Leberversagen trotz umfassender Diagnostik unklar.
Leberversagen: Maßnahmen zur Behandlung
Die Therapie richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad. In vielen Fällen ist eine intensivmedizinische Betreuung notwendig.
Zunächst werden die lebenswichtigen Funktionen stabilisiert:
- Flüssigkeits- und Elektrolytgabe per Infusion
- Zufuhr von Gerinnungsfaktoren
- Glucosegabe
- Blutdruckstabilisierung
- Hirndrucksenkung, beispielsweise mit dem Wirkstoff Mannitol, bei drohender Hirnschwellung
- Leberunterstützungsverfahren, wie die MARS-Therapie (spezielles Blutreinigungsverfahren zur Entlastung der Leber)
Je nach Auslöser kommen gezielte Maßnahmen zum Einsatz:
- antivirale Therapie bei einer Virushepatitis
- bei einer Paracetamolvergiftung wird frühzeitig das Gegenmittel Acetylcystein (sog. Antidot) verabreicht
- nach einer Knollenblätterpilzvergiftung können die Arzneimittel Penicillin und Silibinin eingesetzt werden
- bei akuten Vergiftungen sind oft zusätzlich eine Magenspülung und eine Blutwäsche (Plasmapherese) erforderlich
Wie kann ein Leberversagen diagnostiziert werden?
Ein Leberversagen lässt sich in der Regel durch eine Kombination aus Blutuntersuchungen und bildgebenden Verfahren feststellen. Je nach Verlauf und Ursache können weitere Untersuchungen erforderlich sein.
Blutuntersuchungen: Dabei werden die Leberwerte (GOT, GPT), Bilirubin, Gerinnungsfaktoren sowie der Ammoniakspiegel bestimmt. Auffällige Werte können auf einen Ausfall der Entgiftungsfunktion oder eine gestörte Eiweißbildung hinweisen.
Ultraschalluntersuchung (Sonographie): Im Ultraschall kann eine vergrößerte Fettleber oder eine verkleinerte, vernarbte Leber (Hinweis auf eine Zirrhose) sichtbar werden.
Magenspiegelung (Gastroskopie): Bei Verdacht auf Ösophagusvarizen, also Krampfadern in der Speiseröhre, erfolgt eine endoskopische Untersuchung, um mögliche Blutungsquellen zu erkennen.
bildgebende Verfahren: Zum Beispiel erlauben eine Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) eine genauere Beurteilung von Organstruktur und Durchblutung.
Leberbiopsie: In unklaren Fällen kann eine Gewebeentnahme aus der Leber helfen, um die Ursache oder das Ausmaß der Leberschädigung genauer zu beurteilen.
Wie ist die Prognose eines Leberversagens?
Die Heilungschancen hängen vom Zeitpunkt der Diagnose und der zugrunde liegenden Ursache ab. Je früher die Therapie beginn, desto besser sind die Erfolgsaussichten. In einem frühen Stadium kann sich die Leber teilweise noch erholen.
Bei einem chronischen Leberversagen, besonders im Rahmen einer Leberzirrhose, hängt die Prognose vom Schweregrad der Leberschädigung ab.
Beim akuten Leberversagen helfen bestimmte Kriterien, das Risiko einzuschätzen. Eine eher ungünstige Prognose besteht bei:
- starkem Abfall der Gerinnungsfaktoren im Blut
- anhaltender Gelbsucht (länger als sieben Tage)
- stark erhöhte Bilirubinwerte
- einem Alter über 70 Jahre
Diese sogenannten King’s-College-Kriterien bestimmen die Schwere eines Leberversagens, um zu entscheiden, ob eine Lebertransplantation notwendig ist.
Bei chronischem Leberversagen wird das Ausmaß der Erkrankung häufig mit dem MELD-Score (Model for End-stage Liver Disease) bewertet. Er hilft, die Dringlichkeit einer Transplantation medizinisch nachvollziehbar einzustufen.
Welche Komplikationen können bei einem Leberversagen auftreten?
Ein Leberversagen betrifft nicht nur die Leber selbst, sondern kann sich auf viele Organe und Funktionen des Körpers auswirken. Im Verlauf kann es zu schweren und teils lebensbedrohlichen Folgeproblemen kommen – insbesondere, wenn die Erkrankung nicht frühzeitig erkannt und behandelt wird.
Zu den häufigsten Komplikationen zählen:
- erhöhte Blutungsneigung durch fehlende Gerinnungsfaktoren
- gefährliche Blutungen aus Krampfadern der Speiseröhre (Ösophagusvarizen)
- Bildung von Blutgerinnseln (Thrombosen), beispielsweise in der Pfortader
- Verwirrtheit bis hin zum Koma durch Ammoniakansammlung im Blut (hepatische Enzephalopathie)
- Hirnschwellung (Hirnödem) bei schwerer Enzephalopathie
- Unterzuckerung (Hypoglykämie) durch eine gestörte Zuckerspeicherung
- Störungen im Salzhaushalt, insbesondere ein Kaliumverlust
- erhöhte Infektionsgefahr durch ein geschwächtes Immunsystem
- Nierenversagen als Folge der gestörten Leberfunktion (hepatorenales Syndrom)
- Atemprobleme durch Wasser in der Lunge (Lungenödem) oder gestörten Sauerstoffaustausch (hepato-pulmonales Syndrom)
Wie kann man einem Leberversagen vorbeugen?
Die wichtigste Maßnahme zur Vorbeugung ist, Leberbelastungen frühzeitig zu vermeiden. Dazu gehört eine gesunde Ernährung, idealerweise mit wenig Zucker und Fett, um einer Verfettung der Leber vorzubeugen. Auch regelmäßige Bewegung und Gewichtsreduktion bei Übergewicht können helfen, das Risiko zu senken.
Weiterhin ist ein mäßiger Alkoholkonsum ratsam sowie der Verzicht auf Drogen wie Ecstasy oder andere lebertoxische Substanzen.