Kardiomyopathie: Frau mit Luftnot und Brustschmerzen
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Kardiomyopathie: Symptome, Ursachen und Therapie

Von: Claudia Dechamps (Medizinautorin und Redakteurin)
Letzte Aktualisierung: 31.08.2023

Die Kardiomyopathie ist eine chronische Erkrankung des Herzmuskels, die in jedem Alter auftreten kann. In vielen Fällen ist sie genetisch bedingt. Menschen mit familiärer Vorbelastung sollten daher besonders bei Symptomen wie Luftnot und Leistungsschwäche aufmerksam sein. Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Zusammenfassung

  • Definition: Bei einer Kardiomyopathie verändert sich der Herzmuskel und die Pumpleistung des Herzes sinkt. 
  • Symptome: Luftnot bei körperlichen Anstrengungen, Leistungsabfall und Müdigkeit sowie plötzliches Herzstolpern können erste Symptome sein. 
  • Ursachen: In vielen Fällen ist die Kardiomyopathie erblich bedingt. Sie kann aber auch durch eine vorangegangene Entzündung des Herzmuskels entstehen. 
  • Diagnose: Ein EKG, das die Herzströme misst, und bildgebende Verfahren, wie Ultraschall oder MRT, geben Aufschluss über eine vorliegende Kardiomyopathie.
  • Behandlung: In erster Linie werden zur Behandlung der Kardiomyopathie Betablocker eingesetzt. Seit einiger Zeit ist bekannt, dass auch Diabetes-Medikamente einen positiven Einfluss auf die Kardiomyopathie haben können. 
  • Verlauf: Die Kardiomyopathie hat einen chronischen Verlauf. Eine möglichst früh einsetzende Behandlung verbessert die Lebensqualität. 

Was ist eine Kardiomyopathie?

Unter dem Begriff Kardiomyopathie werden alle Erkrankungen zusammengefasst, bei denen der Herzmuskel geschädigt ist. 

Bei allen Formen der Kardiomyopathie kommt es zu einer strukturellen Veränderung des Herzmuskels, welche die normale Herzfunktion beeinflussen kann. Die Leistungsfähigkeit verringert sich allmählich – die Folgen können etwa eine Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen sein.

Medizinisch wird zwischen primären (die Erkrankung geht vom Herz aus) und sekundären (die Herzerkrankung wird von einer anderen Krankheit ausgelöst) Kardiomyopathien unterschieden.

Verschiedene Formen der Kardiomyopathie

Primäre Kardiomyopathien werden in drei Formen unterteilt:

  • hypertrophe Kardiomyopathie
  • dilatative (kongestive) Kardiomyopathie
  • restriktive Kardiomyopathie 

Dazu gibt es Unterformen wie die ischämische Kardiomyopathie und die Tako Tsubo Kardiomyopathie oder Stresskardiomyopathie, auch Broken-Heart-Syndrom genannt. Die ischämische Kardiomyopathie ist eine Durchblutungsstörung des Herzens, meist als Folge verstopfter Herzgefäße. Tako Tsubo wird durch Stress ausgelöst. 

Manche Kardiomyopathien können zu Herzrhythmusstörungen führen, dann ist medizinisch von einer arrhythmogenen Kardiomyopathie die Rede. 

Kardiomyopathie: Hohe Dunkelziffer

Dabei gehört die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) zu den häufigsten Formen, etwa einer von 500 Menschen erkrankt daran.

Generell kann eine Kardiomyopathie in jedem Lebensalter auftreten, auch Kinder können sie bekommen. Da die hypertrophe Kardiomyopathie symptomlos verläuft, nimmt man an, dass die Erkrankungsraten wesentlich höher liegen und über 70 Prozent der Fälle unentdeckt bleiben. 

Kardiomyopathie: Symptome und Anzeichen

Eine Kardiomyopathie macht sich mit verschiedenen Anzeichen bemerkbar. Betroffene zeigen zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr Symptome, zunächst bei akuter körperlicher Belastung.

Je nach Art der Herzmuskelerkrankung kommt es zu verschiedenen Beschwerden, welche unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Die Anzeichen einer hypertrophen Kardiomyopathie sind typische Beschwerden einer Herzschwäche:

  • Atemnot bei Anstrengungen
  • Müdigkeit und verminderte Leistungsfähigkeit
  • Brustschmerzen
  • Herzklopfen, Herzstolpern
  • Schwindel und Ohnmachtsanfälle 

Die Ohnmachtsanfälle können auch bei körperlicher Anstrengung plötzlich auftreten. Zudem kann es zu Flüssigkeitsansammlungen in Lunge und in Armen und Beinen kommen.

Ursachen der Kardiomyopathie

Kardiomyopathien können durch unterschiedliche Ursachen hervorgerufen werden. Ein Großteil der Erkrankungen ist genetisch bedingt.

Bei der hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) liegt eine familiäre Veranlagung vor, die den Herzmuskel der linken Herzkammer dicker werden lässt. Das Blut kann nicht mehr gut aus der Herzkammer in die Hauptschlagader gepumpt werden.

Zahlreiche Gründe für dilatative Kardiomyopathie

Bei der dilatativen (kongestiven) Kardiomyopathie pumpt das Herz nicht mehr ausreichend, weil Herzkammern und -vorhöfe erweitert sind. Auslöser können zahlreiche Faktoren sein, wie: 

  • Infektionen
  • Stoffwechselstörungen
  • angeborene neuromuskuläre und neurologische Störungen 
  • Rheumatoide Arthritis, Autoimmunerkrankungen
  • Drogen, Psychopharmaka, Chemotherapie
  • Tumoren 

Auch eine vorangegangene Herzmuskelentzündung (Myokarditis) kann Ursache für eine sich entwickelnde dilatative oder kongestive Kardiomyopathie sein.

Gründe für eine Tako Tsubo Kardiomyopathie

Akuter Stress kann die dilatative Kardiomyopathie auslösen, dann sprechen Mediziner*innen von Tako Tsubo Kardiomyopathie oder Stresskardiomyopathie. Die Erkrankung trifft meist Frauen in der postmenopausalen Phase.

Die Tako Tsubo Kardiomyopathie kann im akuten Stadium durchaus ernste Komplikationen zeigen, die Symptome sind ähnlich einem Herzinfarkt und setzen bei akuter emotionaler Stressbelastung ein. Der Herzmuskel heilt jedoch nach kurzer Zeit wieder völlig aus. 

Ursachen für restriktive Kardiomyopathie oft unklar

Bei der restriktiven Kardiomyopathie sind die Ursachen oft nicht herauszufinden, meist tritt sie als Folge einer anderen systemisch oder genetisch bedingten Krankheit auf. An Ursachen kommen infrage: 

 

  • Genetische Krankheiten (Morbus Gaucher, Fabry-Syndrom)
  • Stoffwechselerkrankungen

Infolge der Erkrankung verändern sich die Herzkammern. Bindegewebe lagert sich im Herzmuskel ein und macht ihn unbeweglicher, dadurch sinkt die Pumpleistung des Herzes. 

Wie erfolgt die Diagnose einer Kardiomyopathie?

Wer Luftnot – auch im Ruhezustand, plötzlichen Leistungsabfall, Schwindel oder Herzklopfen bei sich beobachtet, sollte sich in ärztliche Behandlung begeben. 

Im ersten Anamnesegespräch werden die Symptome und Beschwerden besprochen. Von Interesse ist zudem, ob es familiäre Herzerkrankungen und plötzliche Herztode in der Familie gibt.

Dem Gespräch folgt eine körperliche Untersuchung. Bereits beim Abhören mit dem Stethoskop lassen sich Unregelmäßigkeiten feststellen, ein dritter Herzton (normal sind zwei) ist zu hören, mitunter ist auch das Rauschen der Mitralklappen zu vernehmen. 

Diagnose-Verfahren festigen Verdacht auf Herzmuskelerkrankung

Um die Diagnose zu stellen, gibt es verschiedene Verfahren: 

  • Elektrokardiographie (EKG): Mit der Elektrokardiographie (EKG) werden die Herzströme gemessen. Unregelmäßigkeiten lassen sich so feststellen.

  • Echokardiografie: Die Echokardiografie ist eine Ultraschalluntersuchung des Herzes, sie gibt in Echtzeit Blutfluss, Pumpleistung und Arbeit des Herzmuskels wieder. Die Pumpleistung des Herzes und die veränderte Größe lassen sich gut am Ultraschall ablesen.  

  • Magnetresonanztomografie (MRT): Mit der Magnetresonanztomographie (MRT) lassen sich sehr präzise Bilder des Herzmuskels anfertigen. Das MRT dient in den meisten Fällen dazu, eine Diagnose zu bestätigen oder die Ursache der Veränderungen herauszufinden. 

  • Myokardbiopsie: Mit einer Myokardbiopsie lassen sich Strukturveränderungen des Muskelgewebes nachweisen. Während einer Herzkatheteruntersuchung wird dazu eine winzige Gewebeprobe entnommen. Die Myokardbiopsie gehört zur erweiterten Diagnostik, sie ist keine Routineuntersuchung. 

Weil die hypertrophe Kardiomyopathie kaum mit Symptomen verbunden ist, wird sie oft nur als Zufallsbefund entdeckt, wenn Betroffene über Atemnot beim Sport, Brustschmerzen oder Müdigkeit klagen. Bei jungen Personen, die intensiv Sport betreiben, ist die hypertrophe Kardiomyopathie häufig verantwortlich für plötzlichen Herztod.  

Kardiomyopathie: Behandlung mit Medikamenten und OP

Die Therapie einer Kardiomyopathie richtet sich generell nach der zugrunde liegenden Ursache und ihrer Ausprägung. Bei milden Symptomen reicht oft eine konservative Behandlung mit Medikamenten aus, in schweren Fällen kann ein chirurgischer Eingriff notwendig sein.

Medikamente bei Kardiomyopathie

In erster Linie werden Betablocker eingesetzt, sie helfen, die Beschwerden zu lindern. Bei der Wahl des Medikaments geht es darum, die Patient*innen gut einzustellen, Begleiterscheinungen wie Gerinnungsprobleme oder Wasseransammlungen werden mit sogenannten Antikoagulanzien oder Diuretika therapiert. 

Neu zugelassen zur Behandlung der hypertrophen Kardiomyopathie ist ein Medikament, das die Myosinbildung des Herzmuskels moduliert. Der Myosininhibitor senkt die Kontraktilität des Herzmuskels und verbessert die Herzleistung. Studien zeigen, dass der Myosinhemmer sich als gut verträglich erweist, wenig Nebenwirkungen besitzt und die Lebensqualität und Beschwerdebilder der behandelten Patient*innen signifikant verbessert.

Der medizinischen Forschung gelingen immer neue Fortschritte in der Behandlung der Kardiomyopathien. So konnte in Studien festgestellt werden, dass ursprünglich für Diabetes entwickelte Medikamente gute Erfolge bei der hypertrophen Kardiomyopathie zeigten. Diese sogenannten SGLT2-Inhibitoren wirken sowohl bei Diabetes-Erkrankten wie bei Menschen, die nicht an Diabetes leiden. 

Wann eine Operation bei einer Kardiomyopathie nötig ist

Wenn die Betroffenen auf die medikamentöse Therapie nicht ansprechen und die Symptome sich nicht bessern, kann eine Myektomie in Betracht kommen. Das ist ein minimalinvasiver, chirurgischer Eingriff, bei dem Teile des verdickten Herzmuskels entfernt werden. 

Eine andere Form des Eingriffs ist die Alkoholablation. Dabei wird über einen Herzkatheter Alkohol in kleine Bereiche des Herzmuskels injiziert, um sie auf diese Weise zu veröden. Der Blutfluss im Herz wird dadurch verbessert und der Eingriff ist schonender als eine Herzoperation. 

Herztransplantation nur in schweren Fällen

Im Falle eines stark verdickten Herzmuskels kann es sinnvoll sein, einen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator einzusetzen. Das ist ein sehr kleiner, elektrischer Impulsgeber, der bei drohenden Herzrhythmusstörungen, ähnlich einem Herzschrittmacher, unter die Haut implantiert wird und den Herzrhythmus überwacht. 

Die Herztransplantation kann in schweren Fällen einer dilatativen Kardiomyopathie notwendig werden, wenn auch mit einer optimalen medikamentösen und medizintechnischen Therapie keine Verbesserung der Lebensqualität mehr erreicht werden kann.

Kardiomyopathie: Verlauf und Prognose

Patient*innen mit Kardiomyopathie dürfen keinen Hochleistungssport betreiben oder lange, intensive Trainingseinheiten absolvieren. Gegen eine moderate, sportliche Betätigung im Freizeitbereich ist prinzipiell nichts einzuwenden, allerdings sollten die Betroffenen das vorher mit ihren behandelnden Fachärzt*innen abklären. 

Mit einer passend eingestellten Medikamentierung und regelmäßigen Kontrollen ist eine gute Lebensqualität möglich. Die Betroffenen sollten einen gesunden Lebensstil pflegen, auf ihr Gewicht achten und übermäßigen Alkoholgenuss vermeiden.

Viele hypertrophe Kardiomyopathien sind genetisch bedingt und hängen mit Mutationen des Myosin-Gens zusammen. Weil die Wahrscheinlichkeit, die Erkrankung weiterzuvererben etwa bei 50 Prozent liegt, sollten sich Betroffene untersuchen und bei einer eventuellen Familienplanung beraten lassen.