Frau hält verschiedene Antiallergika in der Hand.
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Antiallergikum: Antihistaminika und andere Allergiemittel

Von: Dr. rer. nat. Geraldine Nagel (Medizinredakteurin), Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 23.03.2023

Wer unter Heuschnupfen leidet, braucht meist ein Antiallergikum, um beschwerdefrei durch die Pollensaison zu kommen. Geeignet sind zum Beispiel Allergiemittel wie Antihistaminika oder Mastzellstabilisatoren. Welche Antiallergika es noch gibt, wie diese wirken und welche Nebenwirkungen möglich sind.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was ist ein Antiallergikum?

Als Antiallergikum bezeichnen Fachleute ein Medikament, das allergische Beschwerden, etwa im Rahmen einer Pollenallergie, unterdrückt, abschwächt oder den Symptomen vorbeugt. 

Zur Gruppe der Antiallergika zählen verschiedene Wirkstoffe, die einer Allergie entgegenzusteuern. Welches Medikament im Einzelfall hilft, richtet sich unter anderem nach:

  • Art der Allergie (z. B. Pollenallergie, Lebensmittelallergie, Nickelallergie)
  • Ort der allergischen Beschwerden (z. B. Augen, Atemwege, Haut)
  • Schwere der Symptome 
  • individuellem Leidensdruck

Antiallergikum: Welche Wirkstoffe gibt es?

Je nach Wirkstoff greift ein Antiallergikum in einen anderen Teil der allergischen Reaktion ein. Fachleute unterscheiden grob vier Arten:

  1. Wirkstoffe, die Histamin-Rezeptorenblockieren (wie z. B. H1-Antihistaminika, die den Histamin-H1-Rezeptor blockieren)
  2. Wirkstoffe, die Mastzellen stabilisieren (Mastzellstabilisatoren)
  3. Wirkstoffe, die Leukotrien-Rezeptorenblockieren (z. B. Montelukast)
  4. Wirkstoffe, die als Gegenspieler von Substanzen wirken, die an einer Allergie beteiligt sind (z. B. Glukokortikoide, Alpha-Sympathomimetika)

Welches Antiallergikum sich im Einzelfall am besten eignet, sollte mit einer*einem Ärztin*Arzt besprochen werden. Oft braucht es eine gewisse Zeit, bis sich bei einer Allergie herausstellt, welches Medikament in welcher Dosis die Beschwerden lindert.

H1-Antihistaminika

Arzneistoffe aus der Gruppe der H1-Antihistaminika schwächen die Wirkung von Histamin ab beziehungsweise heben diese auf.

Histamin ist ein körpereigener Botenstoff und wird im Körper unter anderem in den Mastzellen gespeichert. Während einer allergischen Reaktion setzen die Mastzellen das Histamin explosionsartig frei. Dadurch kommt es zu allergischen Symptomen, wie:

Wie wirken H1-Antihistaminika?

H1-Antihistaminika wirken, indem sie die Histamin-H1-Rezeptoren blockieren. Diese gibt es im Körper an vielen Stellen – etwa bei Mastzellen, Zellen der glatten Muskulatur (z. B. in den Bronchien) oder Nervenzellen.

Die Blockade verhindert, dass Histamin an die Rezeptoren andockt und eine Entzündungsreaktion vermittelt. Allergische Beschwerden lassen sich dadurch abschwächen oder abwenden. Auch bei chronischen Erkrankungen der Haut wie Nesselsucht (Urtikaria) gelten Antihistaminika als Mittel der Wahl.

H1-Antihistaminika unterteilt man in Wirkstoffe der 1. Generation und der 2. Generation, also in ältere und neuere Wirkstoffe. Eine 3. Generation gibt es genau genommen nicht. Dennoch findet der Begriff in Bezug auf bestimmte Antihistaminika manchmal Verwendung.

H1-Antihistaminika der 1. Generation

H1-Antihistaminika sind rezeptpflichtig und werden vor allem bei Allergien eingesetzt, zum Teil aber auch als Beruhigungsmittel oder als Mittel gegen Übelkeit. H1-Antihistaminika der 1. Generation haben den Nachteil, dass sie meist sehr müde machen. Denn sie blockieren nicht nur die Histamin-H1-Rezeptoren der Mastzellen, sondern auch andere H1-Rezeptoren im Körper.

Bei der Gabe solcher Wirkstoffe als Schlafmittel wird sich dieser Effekt zunutze gemacht. Bei der Anwendung der Wirkstoffe als Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen ist Müdigkeit eine teilweise erwünschte Begleiterscheinung.

Personen, die am Straßenverkehr teilnehmen oder aus anderen Gründen leistungsfähig bleiben müssen, dürfen Antihistaminika der 1. Generation aufgrund der sedierenden Wirkung nicht verwenden.

Folgende H1-Antihistaminika der 1. Generation werden zur Behandlung von allergischen Reaktionen und teilweise auch von Asthma bronchiale angewendet:

Um den ermüdeten Effekt zu umgehen, werden die meisten Wirkstoffe dieser Gruppe nur noch selten in Form von Tabletten oder anderen Arzneiformen eingesetzt, die im gesamten Körper wirken.

    Einige H1-Antihistaminika der 1. Generation haben eine große Bedeutung bei der Behandlung von allergischen Hautreaktionen, beispielsweise nach Insektenstichen. Hierfür eignen sich Cremes oder Gele, die H1-Antihistaminika enthalten. 

    Weitere Nebenwirkungen bei H1-Antihistaminika der 1. Generation

    Weitere mögliche Nebenwirkungen, die bei innerer Anwendung (z. B. als Tablette) auftreten können, sind:

    Bei äußerlicher Anwendung eines Antihistaminikums können örtlich begrenzte Überempfindlichkeitsreaktionen in Form von Hautveränderungen auftreten. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind dem Beipackzettel zu entnehmen.

    H1-Antihistaminika der 2. Generation und der 3. Generation

    H1-Antihistaminika der 2. Generation haben gegenüber den Wirkstoffen der 1. Generation eine veränderte chemische Struktur. Dadurch gelangen sie kaum oder gar nicht ins zentrale Nervensystem. Als Folge ist die ermüdende Wirkung nur noch gering oder gar nicht vorhanden. Trotzdem ist bei Einnahme immer mit einer herabgesetzten Reaktionsfähigkeit zu rechnen.

    Folgende H1-Antihistaminika der 2. Generation sind gebräuchlich und rezeptfrei erhältlich:

    • Cetirizin
    • Levocabastin
    • Loratadin
    • Terfenadin
    • Azelastin
    • Mizolastin
    • Ebastin
    • Levocetirizin
    • Desloratadin
    • Fexofenadin

    Diese werden manchmal auch als H1-Antihistaminika der 3. Generation bezeichnet.

    Mögliche Nebenwirkungen: H1-Antihistaminika der 2. und 3. Generation

    Als mögliche Nebenwirkungen können bei der Einnahme unter anderem auftreten:

    • Kopfschmerzen
    • Schwindelgefühl
    • Mundtrockenheit
    • Abgeschlagenheit

    Welche Nebenwirkungen noch möglich sind, kann der Packungsbeilage entnommen werden.

    Allergiemittel: Mastzellstabilisatoren

    Mastzellstabilisatoren zählen zu den eher schwach wirksamen Allergiemitteln. Diese Antiallergika bewirken, dass die Mastzellen im Körper weniger von dem Botenstoff Histamin ausschütten. 

    Wirkstoffe aus der Gruppe der Mastzellstabilisatoren helfen bei akuten allergischen Beschwerden nur wenig. Sie können diesen jedoch vorbeugen, indem sie Sofort- und Spätreaktionen verhindern, die durch die Freisetzung der Entzündungsmediatoren ausgelöst werden. Wurde Histamin jedoch bereits ausgeschüttet, können Mastzellstabilisatoren den nachfolgenden Auswirkungen von Histamin nicht entgegensteuern.

    Die Einnahme von Mastzellstabilisatoren sollte daher am besten bereits etwa eine Woche vor Beginn der allergischen Beschwerden begonnen werden und dann regelmäßig erfolgen, bis die allergische Belastung nachlässt.

    Sind bereits allergische Beschwerden vorhanden, können Mastzellstabilisatoren dazu dienen, einer weiteren Freisetzung von Histamin entgegenzuwirken.

    Wie werden Mastzellstabilisatoren angewendet?

    Mastzellstabilisatoren werden lokal angewendet, also dort, wo die allergischen Beschwerden auftreten. Das Allergiemittel ist in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich, wie in Form von Nasensprays, Augentropfen oder Sprays. Folgende Substanzen gehören zu dieser Wirkstoffklasse:

    Mastzellstabilisatoren: Welche Nebenwirkungen sind möglich?

    Bei der Anwendung von Mastzellstabilisatoren kann es zu Überempfindlichkeitsreaktionen kommen. Abhängig der Darreichungsform sind diese Nebenwirkungen möglich:

    Es sind weitere Nebenwirkungen möglich, die in der Packungsbeilage der Medikamente zu finden sind.

    Hemmstoffe für Leukotrien-Rezeptoren als Allergiemittel

    Hemmstoffe für Leukotrien-Rezeptoren (Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten, LTRA) entkrampfen die Muskulatur der Bronchien und hemmen allergische Entzündungsreaktionen der Bronchialschleimhaut. Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten werden vor allem zur Dauertherapie bei Asthma bronchiale eingesetzt, aber auch bei allergischem Schnupfen.

    Leukotrien sind körpereigene Botenstoffe, die ähnlich wie Histamin innerhalb von Sekunden aus verschiedenen Körperzellen (z. B. Mastzellen) freigesetzt werden und allergische beziehungsweise entzündliche Reaktionen hervorrufen können. Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten blockieren die entsprechenden Rezeptoren und verhindern, dass Leukotrien freigesetzt werden.

    Ein häufig verwendeter Leukotrien-Rezeptor-Antagonist ist der Wirkstoff Montelukast. Mögliche Nebenwirkungen sind unter anderem:

    Hemmstoffe für Allergie-vermittelnde Botenstoffe

    Hemmstoffe für Allergie-vermittelnde Botenstoffe verhindern nicht die Ursache der allergischen Reaktion (wie die Ausschüttung von Histamin), sondern die Wirkung dieser Botenstoffe (also die entzündlichen Prozesse).

    Zu diesen funktionellen Antagonisten zählen:

    Glukokortikoide als Allergie-Medikamente

    Glukokortikoide (Kortikosteroide) wirken sehr gut antiallergisch, da sie an mehreren Stellen in den Mechanismus der allergischen Reaktion eingreifen können. In hohen Dosierungen können Glukokortikoide Entzündungsreaktionen unterdrücken. Zu den Glukokortikoiden zählt auch Kortison, die inaktivierte Form von Kortisol.

    Glukokortikoide setzt man vor allem ein bei:

    Häufig verwendete Glukokortikoide sind zum Beispiel die Wirkstoffe Budesonid und Mometason.

    Wendet man Glukokortikoide richtig an, sind nur geringe Nebenwirkungen zu erwarten. So kann es etwa zu einer vorübergehenden Mundtrockenheit, leichten Pilzinfektionen oder Heiserkeit kommen. Nach Absetzen der Medikamente verschwinden die Nebenwirkungen in der Regel wieder.

    Alpha-Sympathomimetika

    Alpha-Sympathomimetika wirken an den Alpha-Rezeptoren der Gefäße und ahmen dort körpereigene Substanzen nach. Sie eignen sich für eine örtliche Therapie an der Bindehaut des Auges und Nasenschleimhaut. Alpha-Sympathomimetika sind vor allem in Nasensprays oder Nasentropfen enthalten, wirken abschwellend und sind rezeptfrei.

    Häufig verwendete Wirkstoffe aus der Gruppe der Alpha-Sympathomimetika sind:

    Vor allem in Form von Nasentropfen oder -sprays führen diese Wirkstoffe dazu, dass die Nasenschleimhäute abschwellen und die Nebenhöhlen besser belüftet werden.

    Wer abschwellende Nasensprays oder Nasentropfen nimmt, sollte unbedingt darauf achten, diese ohne ärztlichen Rat nicht länger als etwa 7 bis maximal 10 Tage am Stück anzuwenden. Anderenfalls drohen ein Gewöhnungseffekt und Schädigungen der Nasenschleimhäute. Vor der Verwendung sollte stets die Packungsbeilage gelesen werden.

    Beta-2-Sympathomimetika

    Beta-2-Sympathomimetika wirken an den Beta-2-Rezeptoren der Gefäße und ahmen dort körpereigene Substanzen nach. Sie erweitern die Bronchien und werden deshalb vor allem bei akuten Asthma-Anfällen eingesetzt. Die Wirkstoffe, zum Beispiel Terbutalin, Fenoterol oder Salbutamol, inhaliert man dabei in der Regel als Spray.

    Beta-2-Sympathomimetika können zu verschiedenen Nebenwirkungen führen, zum Beispiel zu Herzklopfen, Zittern oder Unruhe.

    Theophyllin

    Der Wirkstoff Theophyllin wirkt stark bronchienerweiternd und kommt häufig zum Einsatz, um Asthma-Anfällen vorzubeugen. Wird Theophyllin überdosiert, kann es zu Krämpfen und zu einem unregelmäßigen Herzschlag kommen.

    Adrenalin

    Adrenalin kommt vor allem in der Notfallmedizin zum Einsatz, etwa um bei einem anaphylaktischen Schock den Blutdruck beziehungsweise die Kreislauffunktion aufrechtzuerhalten. Der körpereigene Stoff verengt unter anderem die Blutgefäße und wirkt bronchienerweiternd.