Topiramat

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 23.03.2014

Allgemeines

Topiramat wird bei Erwachsenen und Kindern ab zwei Jahren bei Epilepsie angewendet. Man gibt Topiramat entweder als alleiniges Arzneimittel (Monotherapie) bei neu aufgetretener Krankheit oder wenn von anderen Wirkstoffen umgestellt werden soll.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Übererregbarkeit von Nervenzellen vermindern
  • Krampfschwelle erhöhen
  • Epilepsien behandeln
  • epileptischen Anfällen vorbeugen
  • Migräneanfälle verhindern

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Topiramat im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Topiramat nicht verwendet werden?

Bei Überempfindlichkeit gegen Topiramat darf der Wirkstoff nicht angewendet werden.

Patienten mit erhöhtem Risiko für Nierensteine dürfen Topiramat nur unter besonderer Vorsicht und strenger ärztlicher Kontrolle erhalten. Ein solches erhöhtes Risiko besteht bei familiärer Veranlagung zu Nierensteinen, früher aufgetretenen Nierensteinen, erhöhtem Calciumwert im Urin und bei gleichzeitiger Einnahme von Arzneimitteln, die Steinbildung fördern.

Auch bei eingeschränkter Leberfunktion muss die Behandlung unter besonderer Vorsicht erfolgen. Bei Verdacht auf Übersäuerung des Körpers (metabolische Azidose) müssen die Blutwerte kontrolliert werden und gegebenenfalls die Azidose behandelt werden.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Topiramat darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, außer wenn es unbedingt erforderlich, also unverzichtbar ist, weil keine Therapiealternativen zur Verfügung stehen. Topiramat führt (wie viele andere Antiepileptika auch) besonders bei Einnahme im ersten Schwangerschaftsdrittel zu Schäden und Fehlbildungen beim Ungeborenen. Andererseits können in der Schwangerschaft stattfindende epileptische Anfälle durch den damit bei der Mutter (und daher dem Kind) einhergehenden Sauerstoffmangel das Ungeborene ebenfalls stark schädigen.

Topiramat geht in erheblichem Maße in die Muttermilch über. Wenn Topiramat angewendet werden muss, sollte deshalb nicht gestillt werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Kinder unter zwei Jahren dürfen keine Topiramat erhalten. Größere Kinder werden mit auf Alter und Gewicht abgestimmten Dosierungen behandelt.

Welche Nebenwirkungen kann Topiramat haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Topiramat. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Müdigkeit, Schwindel, Ataxie, Sprachstörungen, Sprechstörungen, Missempfindungen, Augenzittern, Benommenheit, Nervosität, Bewegungsverlangsamung, Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit, Appetitlosigkeit, Ängstlichkeit, Konzentrationsstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen, Depression, Übelkeit, Gewichtsverlust, Kopfschmerzen, Doppeltsehen, Sehstörungen.

Häufige Nebenwirkungen:
Psychosen, Aggressivität, Geschmacksveränderung,
Erregung, Wahrnehmungsstörungen, Stimmungsschwankung, Gefühlsschwankungen,
Koordinationsstörung, Gangstörung, Teilnahmslosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Schwäche, Mangel an weißen Blutkörperchen, Nierensteine, Zittern.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Selbstmordgedanken, Selbstmordversuche.

Seltene Nebenwirkungen:
Übersäuerung des Körpers (metabolische Azidose).
vor allem bei Kindern:
verminderte Schweißproduktion.

Sehr seltene und vereinzelte Nebenwirkungen:
Selbstmord, Gefäßverschluss, Leberentzündung, Leberversagen, Schleimhautreaktionen, Hautreaktionen (Erythema multiforme, Pemphigus [Blasenbildung], Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-Syndrom), Sehstörungen (akute Kurzsichtigkeit), Grüner Star.

Nebenwirkungen ohne Angabe von Häufigkeit:
Leberwerterhöhungen.

Besonderes:
Bei Kindern ab zwei Jahren:
Steigerung des Bewegungsdrangs (Hyperkinesien), Wahnvorstellungen, Verhaltensauffälligkeiten, Speichelfluss.

Die das Gehirn und Nervensystem betreffenden Nebenwirkungen nehmen in Häufigkeit und Schwere im Laufe der Zeit ab. Diese Nebenwirkungen lassen sich aber auch durch eine langsame Dosissteigerungen vermeiden.

Besonders bei Kindern, aber auch Erwachsenen, kann Topiramat die Körpertemperatur erhöhen und die Schweißproduktion hemmen. Es muss daher besonders bei warmem Wetter und sportlicher Betätigung auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.

Anscheinend erhöht die Einnahme des Wirkstoffes die Selbstmordneigung, deshalb sind die Patienten sorgfältig zu überwachen.

Welche Wechselwirkungen zeigt Topiramat?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Durch die Antiepileptika Phenytoin und Carbamazepin wird Topiramat in seiner Blutkonzentration und Wirkung vermindert. Eventuell muss die Dosierung des Topiramats angepasst werden. Auf der anderen Seite steigert Topiramat die Blutkonzentration und Wirkung von Phenytoin. Gegebenenfalls muss die Phenytoin-Dosis verringert werden.

Bei Digoxin (Herzglykosid) ergibt sich mit Topiramat eine geringe Senkung der Blutkonzentration, die möglicherweise jedoch für den Patienten nicht von Bedeutung ist. Bei Neuanwendung von Topiramat sollten die Digoxin-Blutkonzentrationen jedenfalls kontrolliert werden.

Topiramat senkt auch die Blutkonzentration von Ethinylestradiol (in oralen Kontrazepiva, "Pille"). Es ist möglich, dass die verhütende Wirkung dadurch eingeschränkt wird. Sicherheitshalber sollten zusätzliche empfängnisverhütende Mittel angewendet werden.

Hydrochlorothiazid (zur Wasserausscheidung) erhöht die Blutkonzentration von Topiramat und verstärkt die Wirksamkeit. Die Kombination von Hydrochlorothiazid und Topiramat senkt die Kaliumkonzentration im Blut stärker, als es Hydrochlorothiazid alleine tun würde. Die Patienten raegieren dadurch möglicherweise empfindlicher auf Herzglykoside.

Auf orale Antidiabetika ("Zuckertabletten") wirkt Topiramat unterschiedlich. Metformin wird in seiner Blutkonzentration und Wirkung gesteigert, senkt aber im Gegenzug die Blutkonzentration und Wirkung des Topiramats. Pioglitazon dagegen wird in seiner Blutkonzentration und Wirkung durch Topiramat verringert.

Einige Arzneimittel steigern in Zusammenwirken mit Topiramat das Risiko für Nierensteine. Dazu gehören Acetazolamid (gegen grünen Star), Triamteren (wasserausscheidend), Zonisamid (Antiepileptikum) und Vitamin C in hohen Mengen.

Carboanhydrase-Hemmer (Mittel gegen grünen Star) sowie Sultiam oder Zonisamid können bei gleichzeitiger Einnahme mit Topiramid möglicherweise in ihren Nebenwirkungen verstärkt werden. Diese bestehen vor allem in einer Ansäuerung des Körpers (metabolische Alkalose).

In Wechselwirkung mit Alkohol und anderen müde machenden Wirkstoffen kann die durch Topiramat verursachte Dämpfung der Reaktionsfähigkeit und der Wachheit noch verstärkt werden.

Topiramat beschleunigt oder verzögert außerdem den Abbau der Wirkstoffe Amitriptylin (Antidepressivum), Haloperidol (Psychopharmakon) und Propranolol (Betablocker). Propranolol erhöht außerdem leicht die Konzentration des Topiramats. Auswirkungen dieser Reaktionen sind bislang nicht nachgewiesen.

Topiramat hemmt das Enzym Carboanhydrase, das die Schweißabsonderung regelt. Wird der Wirkstoff zusammen mit weiteren, die Carboanhydrase hemmenden Substanzen eingenommen (beispielsweise den AntiepileptikaZonisamid oder Sultiam), kann es leicht zu einer Überhitzung des Körpers kommen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Das Medikament beeinträchtigt die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva ("Pille") - es sollten zusätzliche verhütende Maßnahmen angewendet werden.
  • Bei Anzeichen von Nierensteinen (wie Nierenkolik, Flankenschmerzen) während der Behandlung mit dem Medikament ist sofort zum Arzt zu gehen.
  • Während der Einnahme des Medikaments ist auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten, um Nierensteinen und einer Überhitzung des Körpers vorzubeugen.
  • Gewichtsverluste während der Behandlung müssen eventuell durch hochkalorische Nahrung ausgeglichen werden.
  • Bei plötzlich auftretenden Sehstörungen während der Behandlung ist sofort ein Arzt zu befragen.
  • Anscheinend erhöht die Einnahme des Medikaments die Selbstmordneigung, deshalb sind die Patienten vom Arzt und ihren Angehörigen sorgfältig zu überwachen.
  • Das Reaktionsvermögen kann durch das Medikament so weit beeinträchtigt sein, dass Autofahren und das Bedienen von Maschinen gefährlich sind.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Topiramat?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Topiramat enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

So wirkt Topiramat

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Topiramat. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen Antiepileptika, Migränemittel, zu welcher der Wirkstoff Topiramat gehört.

Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Topiramat

Topiramat wird bei Erwachsenen und Kindern ab zwei Jahren bei Epilepsie angewendet. Man gibt Topiramat entweder als alleiniges Arzneimittel (Monotherapie) bei neu aufgetretener Krankheit oder wenn von anderen Wirkstoffen umgestellt werden soll.

Topiramat kann auch mit anderen Antiepileptika kombiniert werden. Bei Erwachsenen und Kindern ab zwei Jahren werden so Anfälle, die nur einen Teil des Gehirns betreffen (partielle oder fokale Anfälle), behandelt. Das gilt auch dann, wenn sich diese Anfälle später auf das gesamte Gehirn ausdehnen (sogenannte sekundär generalisierte Anfälle). Ferner können Anfälle behandelt werden, die von vornherein das ganze Gehirn betreffen (primär generalisierte tonisch-klonische Anfälle oder Grand-Mal-Anfall), Schließlich hilft Topiramat auch bei speziellen epileptischen Anfälle im Kindesalter (zum Beispiel beim Lennox-Gastaud-Syndrom).

Topiramat wird außer bei Epilepsie auch noch auf anderen Anwendungsgebieten eingesetzt. Allerdings ist der Erfolg solcher Therapieversuche nicht durch ausreichende Untersuchungen gesichert. Beispiel für solche Therapieversuchsmöglichkeiten sind Appetitunterdrückung bei Fettsucht, Schmerzlinderung bei Nervenschmerzen (Neuropathie) oder bestimmte Arten der Depression (Bipolare Manien).

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Topiramat sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Topiramat

Topiramat ähnelt chemisch dem Zucker Fruktose und unterscheidet sich daher von allen anderen Wirkstoffe aus der Gruppe der Antiepileptika. Von der Wirkung her ähnelt Topiramat in mancher Hinsicht Carbamazepin und Phenytoin, sein genauer Wirkungsmechanismus ist jedoch noch nicht bekannt.

Drei Eigenschaften scheinen für die antiepileptische Wirkung ausschlaggebend zu sein:
  • Topiramat vermindert die Häufigkeit, mit der Nervenzellen Reize weiterleiten können
  • es hemmt die erregende Wirkung des Botenstoffes Glutaminsäure
  • es erhöht deutlich die hemmende Aktivität des Neurotransmitters Gamma-Aminobuttersäure (GABA) im Gehirn.

Weiterhin hat Topiramat einen gewissen Einfluss auf Calciumkonzentrationen und auf das Enzym Carboanhydrase. Die Wirkung auf die Carboanhydrase ist verantwortlich für die mögliche Nebenwirkung der Nierensteinbildung.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.