Ethambutol

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 04.06.2012

Allgemeines

Ethambutol wird zur Behandlung der Tuberkulose eingesetzt, verursacht durch Erreger der Mykobakterien-Familie. Mycobacterium tuberculosis ist der häufigste Vertreter dieser Gruppe, Mycobacterium bovis, Mycobacterium microti und Mycobacterium africani sind seltener anzutreffen. Ethambutol dient dabei der Behandlung aller Formen und Stadien der Erkrankung, egal ob sie nur die Lunge oder auch andere Gewebe befallen hat. Voraussetzung ist eine Empfindlichkeit der Tuberkulose-Erreger gegen Ethambutol. Außerdem muss der Wirkstoff immer in Kombination mit weiteren gegen Tuberkulose wirksamen Substanzen eingesetzt werden.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Tuberkelbakterien in den Körperzellen abtöten
  • Zellwandaufbau der Tuberkelbakterien verhindern
  • Tuberkelbakterien außerhalb von Zellen abtöten
  • Tuberkelbakterien am Wachstum hindern

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Ethambutol im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Ethambutol nicht verwendet werden?

Ethambutol darf bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und bei vorbestehender Schädigung des Sehnervs nicht eingesetzt werden. Die Anwendung verbietet sich aber auch bei Augenschäden, die eine Kontrolle der Sehfähigkeit behindern, sowie bei Kindern unter sechs Jahren und Patienten, bei denen aus anderen Gründen eine zuverlässige Kontrolle der Sehfähigkeit noch nicht oder nicht mehr möglich ist.

Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Analyse durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf Ethambutol angewendet werden bei
  • Entzündungen des Sehnervs (äußern sich als Rot-Grün-Schwäche, Minderung der Sehkraft, Flimmern im Gesichtsfeld oder Einschränkung der Gesichtsfeldgrenzen)
  • Nierenfunktionsstörungen, da diese eine Dosisanpassung erfordern
  • Patienten mit Harnsäureüberschuss im Blut oder Gicht, weil es durch Ethambutol zu vermehrter Harnsäure-Freisetzung kommt.
Hinweis: Die Patienten müssen während der Behandlung ihre Sehfähigkeit laufend überprüfen (beispielsweise beim Zeitunglesen) und Veränderungen sofort dem behandelnden Arzt melden.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Ethambutol durchdringt den Mutterkuchen. Dennoch sind keine Hinweise auf schädigende Wirkungen von Ethambutol in normaler Dosierung auf die Schwangerschaft oder die Gesundheit des Un- und Neugeborenen bekannt. Tierexperimente haben für Ethambutol in hoher Dosierung allerdings schädliche Wirkungen gezeigt.

Ethambutol geht in die Muttermilch über. Die dort erreichten Konzentrationen entsprechen denen im mütterlichen Blut. Die Anwendung von Ethambutol in Schwangerschaft und Stillzeit sollte nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko durch den Arzt erfolgen.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Kinder dürfen erst ab dem sechsten Lebensjahr mit dem Wirkstoff behandelt werden. Erst in dieser Altersgruppe lassen sich Sehtests auf eine mögliche Beeinträchtigung des Sehsinns aussagekräftig durchführen.

Welche Nebenwirkungen kann Ethambutol haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Ethambutol. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Entzündung des Sehnervs (in Abhängigkeit von der Dosishöhe und der Länge der Fortsetzung der Therapie nach Auftreten erster Beschwerden und verstärkt bei Nierenfunktionsstörungen), erhöhte Harnsäurewerte im Blut (besonders bei Gichtpatienten).

Häufige Nebenwirkungen:
Taubheitsgefühl in Armen und Beinen, Kopfschmerzen, Schwindel, Verwirrtheitszustände, Orientierungsstörungen, Halluzinationen, Fingerzittern.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Nierenschäden, allergische Reaktionen (Ausschlag, Juckreiz, Fieber, Mangel an weißen Blutkörperchen), Störungen der Leberfunktion (besonders bei hohen Dosen), Blutbildveränderungen.

Seltene Nebenwirkungen:
schwere akute Überempfindlichkeitserscheinungen (allergischer Schock), Blähungen, Völlegefühl, Bauchbeschwerden, Übelkeit.

Vereinzelte Nebenwirkungen:
Lungenentzündung (auf allergischer Basis), Mangel an Neutrophilen Blutkörperchen, Stevens-Johnson-Syndrom.

Besonderheiten:
Treten schwere akute Überempfindlichkeitsreaktionen (beispielsweise Schock) auf, muss die Behandlung sofort abgebrochen werden und der Arzt muss die erforderlichen Notfallmaßnahmen einleiten.

Bei Farbsehstörungen, aber auch ohne Beschwerden, sollte vor und während der Therapie eine regelmäßige Untersuchung beim Augenarzt erfolgen.

Welche Wechselwirkungen zeigt Ethambutol?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Die Wirksamkeit von Ethambutol wird durch Aluminiumhydroxid und ähnliche säurehemmende Mittel verzögert und/oder seine Aufnahme in den Körper vermindert. Eine Wirkungsabschwächung kann sich auch durch den Hilfsstoff Spermin und Magnesium ergeben.

Mit Disulfiram behandelte chronische Alkoholiker weisen bei gleichzeitiger Therapie mit Ethambutol ein erhöhtes Risiko für Sehschäden auf.

Ethambutol reagiert bei ausreichender Konzentration im Blut mit Phentolamin und gibt falsch positive Testbefunde bei der Diagnostik von Tumoren der Nebennierenrinde (Phäochromozytom).

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Bei Verschlechterung der Sehfähigkeit ist sofort der behandelnde Arzt zu verständigen.
  • Bei schweren allergischen Reaktionen muss der Arzt die Behandlung sofort abbrechen und Notfallmaßnahmen einleiten.
  • Das Medikament kann falsch positive Testbefunde auf Tumore der Nebennierenrinde (Phäochromozytom) erzeugen.
  • Das Medikament kann das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass Autofahren oder das Bedienen von Maschinen gefährlich sind.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Ethambutol?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Ethambutol enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Ethambutol

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Ethambutol. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen Antibiotika, Tuberkulose-Mittel, zu welcher der Wirkstoff Ethambutol gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Ethambutol

Ethambutol wird zur Behandlung der Tuberkulose eingesetzt, verursacht durch Erreger der Mykobakterien-Familie. Mycobacterium tuberculosis ist der häufigste Vertreter dieser Gruppe, Mycobacterium bovis, Mycobacterium microti und Mycobacterium africani sind seltener anzutreffen. Ethambutol dient dabei der Behandlung aller Formen und Stadien der Erkrankung, egal ob sie nur die Lunge oder auch andere Gewebe befallen hat. Voraussetzung ist eine Empfindlichkeit der Tuberkulose-Erreger gegen Ethambutol. Außerdem muss der Wirkstoff immer in Kombination mit weiteren gegen Tuberkulose wirksamen Substanzen eingesetzt werden.

Ethambutol wird auch versuchsweise ganz zu Beginn einer Tuberkulosebehandlung verwendet, wenn man noch nicht weiß, gegen welche Antibiotika der Erreger möglicherweise nicht mehr empfindlich (resistent) ist. So kommt Ethambutol auch zum Einsatz, wenn die Krankheit wieder aufgeflammt ist.

Ferner ist Ethambutol ein Reservemedikament bei nachgewiesener Resistenz der Erreger gegen einen oder mehrere andere Wirkstoffe, die standardmäßig miteinander kombiniert werden.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Ethambutol sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Ethambutol

Ethambutol gehört zur Wirkstoffgruppe der Tuberkulose-Mittel. Seine antibakterielle Wirksamkeit ist in Abhängigkeit von der Wirkstoffkonzentration wachstumshemmend bis abtötend. Ethambutol wirkt sowohl auf Mykobakterien, die sich außerhalb von Körperzellen aufhalten, als auch auf solche, die sich beispielsweise in Fresszellen (Makrophagen) "verstecken". Im letzteren Fall sind zur Wirksamkeit siebenmal höhere Konzentrationen an Ethambutol nötig. Die Rate der gegen Ethambutol unempfindlichen Erreger der Gattung Mycobacterium tuberculosis liegt bei nur etwas über zwei Prozent und ist von Region zu Region unterschiedlich. So ist der Wirkstoff fast überall eines der Mittel der ersten Wahl. Er kommt auch bei Unverträglichkeit anderer Tuberkulose-Mittel oder bei Wiederholungsbehandlungen zum Einsatz, die durch Resistenzen gegen andere Wirkstoffe nötig werden.

Die Angaben über den Wirkungsmechanismus sind unterschiedlich. Mykobakterien nehmen Ethambutol schnell auf, wenn Ethambutol Kulturen hinzugefügt wird, die stark anwachsen. Der Wirkstoff stört die Produktion des Zellwandbausteins Mykolsäure aus Lipiden und damit den Aufbau von Zellwänden sowohl in Phasen schnellen Wachstums als auch in ruhenden Erregern. So ist der Wirkungsmechanismus unabhängig von der Wachstumsphase. Eine deutliche Wachstumshemmung findet erst nach 24 Stunden statt. Ethambutol unterstützt die Wirkung von anderen Tuberkulose-Mitteln wie Isoniazid und Rifampicin.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.