Cannabinoide

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 19.07.2011

Allgemeines

Cannabinoide sind die Inhaltsstoffe des Hanfkrautes (der gesamten Pflanze mit Blütenständen), das in Form eines Dickextraktes bei Patienten mit mittelschweren bis schweren Krämpfen aufgrund von multipler Sklerose angewendet wird.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Wirkung der Nervenbotenstoffe verändern
  • Muskelzusammenziehungen verhindern
  • Krämpfe lösen

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Cannabinoide im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Cannabinoide nicht verwendet werden?

Cannabinoide dürfen nicht angewendet werden bei
  • Patienten mit Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • einer bekannten oder vermuteten Schizophrenie oder einer anderen Psychose in der eigenen Vorgeschichte oder in der Familie
  • schweren Persönlichkeitsstörungen oder anderen erheblichen psychiatrischen Störungen mit Ausnahme einer Depression, die mit ihrem zugrundeliegenden Zustand (Multiple Sklerose) in Verbindung steht.
Nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko durch den Arzt sowie unter seiner Kontrolle darf der Wirkstoff eingesetzt werden bei
  • Patienten mit einer schweren Herz-Kreislauf-Erkrankung
  • Epilepsie
  • Patienten mit erheblicher Leber- oder Nierenfunktionsstörung, weil die Wirkung von Hanfkraut übermäßig verstärkt oder verlängert sein kann
  • vorangegangenem Suchtmittelmissbrauch wegen der Neigung, den Wirkstoff ebenfalls zu missbrauchen.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Es liegen keine ausreichenden Studien beim Menschen hinsichtlich der Wirkung von Cannabinoiden auf die Fortpflanzung vor. Obwohl bei Tieren keine Wirkung auf die Fruchtbarkeit beobachtet wurde, ergab die Forschung, dass diese Inhaltsstoffe von Hanfkraut die Spermienbildung beeinträchtigen. Weibliche, gebärfähige Patienten und männliche Patienten mit einer gebärfähigen Partnerin sollten für eine verlässliche Verhütung über die Dauer der Therapie und drei Monate nach Beendigung der Therapie sorgen.

In Hinblick auf die beachtlichen Mengen von Cannabinoiden, die wahrscheinlich in die Muttermilch gelangen, und die möglichen Entwicklungsstörungen bei Kindern darf der Wirkstoff bei stillenden Müttern nicht angenwedet werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Cannabinoide werden zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen unter 18 Jahren nicht empfohlen, da es keine ausreichenden Studien zur Sicherheit und zur Wirksamkeit in dieser Altersgruppe gibt.

Welche Nebenwirkungen kann Cannabinoide haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Cannabinoide. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Schwindelanfälle, Müdigkeit.

Häufige Nebenwirkungen:
Essensverweigerung (einschließlich verminderter Appetit), erhöhter Appetit, Depression, Verwirrung, Störung der Selbstwahrnehmung, übersteigerte Stimmung, Gedächtnisverlust, Gleichgewichtsstörung, Aufmerksamkeitsstörung, Sprechstörung, Schmeckstörung, Trägheit, Gedächtnisstörung, Schläfrigkeit, verschwommenes Sehen, Drehschwindel, Verstopfung, Durchfall, Mundtrockenheit, Zungenschmerz, Mundschleimhautaphthen, Übelkeit und Erbrechen, Schwäche, Trunkenheitsgefühl, allgemeines Unbehagen, Sturz.
bei Verwendung in Form eines Mundsprays:
Unbehagen und Schmerzen in der Mundhöhle, Schmerzen an der Verwendungsstelle.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Rachenkatarrh, Halluzination (auch Hören und Sehen betroffen), Sinnestäuschungen, Verfolgungswahn, Selbstmordgedanken, Wahnvorstellungen, Ohnmacht, Herzklopfen, Herzrasen, Bluthochdruck, Hustenreiz, Bauchschmerzen.
bei Verwendung in Form eines Mundsprays:
Mundschleimhautverfärbung, Mundschleimhautstörung, Mundschleimhautabschälung, Mundschleimhautentzündung, Zahnverfärbung, Reizung an der Verwendungsstelle.

Besonderheiten:
Es kommt häufig zu schwachen oder mäßigen Schwindelanfällen. Diese treten meistens in den ersten Wochen der Behandlung auf.

Es besteht das Risiko von vermehrten Stürzen bei Patienten, deren Muskelsteifigkeit vermindert wurde und deren Muskelstärke nicht ausreicht, um Haltung und Gang aufrechtzuerhalten. Zusätzlich zu einem erhöhten Sturzrisiko könnten die Nebenwirkungen im Gehirn eine Auswirkung auf verschiedene Aspekte der persönlichen Sicherheit haben, wie etwa bei der Zubereitung von Mahlzeiten und heißen Getränken.

Welche Wechselwirkungen zeigt Cannabinoide?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Vorsicht ist geboten bei Beruhigungs- und Schlafmitteln (hier vor allem den Benzodiazepinen) und Substanzen mit möglicherweise müde machender oder muskelerschlaffender Wirkung, da es zu Wirkungsverstärkung kommen kann.

Obwohl es nicht mehr Nebenwirkungen bei Patienten gab, die bereits gegen ihre Krämpfe andere Substanzen anwenden, sollte bei der begleitenden Verwendung von Cannabinoid-Präparaten mit solchen Wirkstoffen (besonders Baclofen) vorsichtig umgegangen werden, da es zur Verminderung der Muskelspannung und der Muskelkraft kommen kann, was ein größeres Risiko von Stürzen zur Folge hat.

Bei Cannabinoiden kann es zu Wechselwirkungen mit Alkohol kommen, wodurch die Bewegungssteuerung, Konzentration und die Fähigkeit zur schnellen Reaktion beeinträchtigt wird.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Während der Therapie mit dem Medikament und drei Monate danach muss einer Schwangerschaft zuverlässig verhütet werden.
  • Während der Behandlung darf kein Alkohol getrunken werden.
  • Das Medikament gehört zu den Betäubungsmitteln und darf daher vom Arzt nur auf einem speziellen Rezept verordnet werden.
  • Während der Anwendung des Medikaments dürfen Patienten kein Fahrzeug lenken und keine gefährlichen Maschinen bedienen, wenn es ihnen ihr Arzt nicht ausdrücklich erlaubt hat.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Cannabinoide?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Cannabinoide enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Cannabinoide

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Cannabinoide. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen , zu welcher der Wirkstoff Cannabinoide gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Cannabinoide

Cannabinoide sind die Inhaltsstoffe des Hanfkrautes (der gesamten Pflanze mit Blütenständen), das in Form eines Dickextraktes bei Patienten mit mittelschweren bis schweren Krämpfen aufgrund von multipler Sklerose angewendet wird.

So dienen die Cannabinoide als Zusatzbehandlung für eine Verbesserung von Beschwerden, die während eines Therapieversuchs mit dem Wirkstoff gut gelindert werden konnten, was zuvor bei anderen krampflösenden Medikamenten nicht der Fall war.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Cannabinoide sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Cannabinoide

Im Gehirn finden sich Strukturen (Rezeptoren), an die sich die Cannabinoide, die Inhaltsstoffe der Hanfpflanze, binden können, da sie körpereigenen Substanzen (Endocannabinoiden) ähneln. Indem die Cannabinoide an Nervenden die sogenannten CB1- und CB2-Rezeptoren besetzen, greifen sie in die Übertragungswege der Nervenreize ein. So können sie beispielsweise die Wirkung des Nervenbotenstoffs Glutamat hemmen, der Muskelzusammenziehungen auslöst.

Wie die Opioide gehören die Cannabinoide zu den Betäubungsmitteln, weil sie eine körperliche und seelische Abhängigkeit (Sucht) erzeugen können.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.